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Ein Landgut in Schlesien
Die fast 700jährige Geschichte der Erbscholtisei Nieder Mois im Kreis Neumarkt
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Ein Landgut in Schlesien
Die fast 700jährige Geschichte der Erbscholtisei Nieder Mois im Kreis Neumarkt
About this book
Dargestellt wird die Geschichte eines Bauerngutes in Niederschlesien, das von etwa 1300 bis ins Jahr 2000 bestanden hat. Dabei werden aufgrund der relativ guten Quellenlage zu diesem Landgut, das lange Zeit zum Kloster Leubus gehört hat, viele sozial- und gesellschaftsgeschichtliche Aspekte beleuchtet.Einen Schwerpunkt bildet die besondere rechtliche Stellung einer Scholtisei, die zwischen Liegnitz und Breslau gelegen hat, und des Dorfschulzen im Wandel der Jahrhunderte.
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Information
Zur Scholtisei gehörige Rechte
Mit einer Scholtisei erwarb man aber nicht nur Äcker, Wiesen und ein Amt, sondern auch das Recht auf diverse Einkünfte. Im Kaufvertrag ausdrücklich genannt werden das Recht, Bier zu brauen und Malz herzustellen und der örtlichen Brauerei die Materialien zu liefern („Kretschamverlag“80), und zwar ohne dafür Steuern zu zahlen. Man sollte den Wert dieses Rechts nicht zu gering ansetzen, denn erstens wurde in der frühen Neuzeit erheblich mehr Bier konsumiert als heute – Biersuppe mit Roggenbrot, Butter, Kümmel, Salz und Zucker gab es quer durch alle sozialen Schichten üblicherweise zum Frühstück – und zweitens waren lokale Brauerein nötig, da das Bier bis um 1900 nur selten in Flaschen abgefüllt worden ist – man holte sich eine Kanne frisch aus der Brauerei. Die diversen Biersteuern („Biergeld“) waren generell eine, wenn nicht die wichtigste Verbrauchssteuer und damit eine der wichtigsten Einnahmequellen der Landesherren, denen die Abgaben eigentlich zustanden. Tatsächlich haben die Landesherren dieses Recht aber oft an Grundherren wie die Klöster verpfändet oder verkauft.81 Ähnlich einzuordnen ist auch das der Scholtisei zustehende Recht, Branntwein zu brennen und auszuschenken. Auch das eine sichere Einnahmequelle, denn wenn der Scholz selbst keinen Schnaps brennen wollte und keinen Gasthof betrieb,82 dann konnte er das Recht gegen Zahlung eines Geldbetrages verpachten.83 Das gleiche gilt für den zur Scholtisei gehörenden „freien Salzhandel“. Das Recht, Salz zu gewinnen oder mit Salz zu handeln, stand ursprünglich auch dem Landesherren zu. Wenn es hier vom Kloster an die Scholtisei übertragen wird, dann heißt auch das nicht, dass der Scholz selbst sich mit dem in damaliger Zeit lukrativen Salzhandel84 beschäftigt hätte – das Recht dazu allerdings stellte für ihn eine Geldquelle dar, genau so wie das im Kaufvertrag zugesicherte Schlachtrecht und das Backrecht.
Geschlachtet hat in der fraglichen Zeit nicht jeder auf seinem Hof. Auch kleinere Gemeinden hatten ein „Schlachthaus“, in dem alle ihr Vieh schlachten mussten – manchmal war das nur ein Raum im Wohnhaus des Schlächters.85 Das Recht, ein solches Schlachthaus für das ganze Dorf zu betreiben, stand also in Nieder Mois wie auch anderswo dem Scholzen zu, der es wohl verpachtet hat.
Bei Backrecht wiederum ging es nicht darum, Backwaren für den Verkauf herzustellen (das war Sache der Bäckerinnungen), sondern um das damals allgemein übliche Backen von Brot für den eigenen Bedarf: Zwar durfte meist jeder das Brot, das er für sich und seine Familie brauchte, selbst backen, oft aber musste er dies in einem bestimmten Backofen tun. Wer das Recht hatte, diesen „Zwangsofen“ zu betreiben, konnte für jedes gebackene Brot einen Obolus verlangen – auch dies eine sichere Einnahmequelle.86
Es ist anzunehmen, dass zu der Scholtisei Nieder Mois auch das Recht, eine Mühle zu betreiben, gehört hat, die „Zwangsmühle“ für alle Bewohner des Ortes. Ausdrücklich erwähnt ist das in diesem Kaufvertrag nicht, aber eine „Rossmühle“ – also eine von Pferden angetriebene Mühle – und es liegt nahe, dass damit auch der Zwang verbunden war, dort sein Mehl mahlen zu lassen. 1669 hat zur Scholtisei Nieder Mois eine Malzmühle, also eine Spezialmühle zum Schroten von Getreide, gehört87 – wahrscheinlich die erwähnte „Rossmühle“. Der Leisebach, der durch den Ort fließt, führte zu wenig Wasser, um eine Mühle zu betreiben, aber erst im 19. Jahrhundert werden deswegen in Ober und Nieder Mois je eine Windmühle errichtet, letztere auf einem zur Scholtisei Nieder Mois gehörenden Grundstück, und zwar in Erbpacht.88
Alle erwähnten Rechte gehören seit je zu einer Scholtisei,89 sind aber nicht unumstritten, denn ab und zu versuchen die Landesherren, die damit verbundenen Einkünfte für sich selbst zurück zu gewinnen. In diesen Zusammenhang gehört es beispielsweise, dass 1670 das „königliche Amt zu Breslau“ – also die Verwaltungsbeamten von Kaiser Leopold I., dem in seiner Eigenschaft als böhmischer König ja auch das Herzogtum Breslau gehörte – bezweifelten, ob die Scholzen von Nieder und Ober Mois tatsächlich das Braurecht besäßen. Die Überprüfung ist für die beiden Scholzen offensichtlich positiv ausgefallen.90 Brauerei und Dorfschenke („Kretscham“) gehörten in Nieder Mois zusammen; Brau-, Brenn- und Schankrecht standen weiterhin dem Scholzen zu91 und vom 30jährigen Krieg (wie die Situation vorher war, lässt sich den Quellen nicht eindeutig entnehmen92 ) bis 1839 sind Brauerei und Dorfschenke nachweisbar ein Teil der Scholtisei gewesen.
Franz Häusler starb schon nach wenigen Jahren, seine fünf minderjährigen Kinder erhielten einen Vormund, nämlich ihren Stiefvater. Die Witwe von Franz Häusler nämlich, Barbara Häusler, Tochter eines ehemaligen Erbscholzen aus dem benachbarten Peicherwitz (Pichorowice), heiratete wieder und regelte deshalb im Dezember 1696 ihre finanziellen Verhältnisse. Für den jüngsten Sohn Johannes, der später nach „Vergnügung93 der anderen Geschwister“ die Scholtisei übernehmen sollte,94 erbat sie von Abt das Recht, die Scholtisei schon vorzeitig zu übernehmen, was dieser 1698 auch zugestand. In dem Vertrag wurde genau aufgezählt, was jedem der 5 Kinder zustand:
(…) vermacht und verspricht gedachte Frau Barbara einem jedweden Kinde Vatertheil95 130 Thlr. Einem jeden Sohne 4 Tische Hochzeit96 wie auch ein gutes Brautkleid des gleichen ein Pferd jedoch wenn einer oder der andere selbiges nicht haben will soll er dafür bekommen 30 Thlr. Den Töchtern soll jede einen Abend auf 4 Tische als Züchten97 und morgens ein Frühstück ausgerichtet werden, jeder 3 Kühe, einen damastenen, einen raschenen98 und einen achtdrattenen99 Rock samth den fürtüchern100, wie auch ein taffentes101 Vortuch eine Juppe102 von gutem Zeug ein Gebett Bette ein Ober und Unterbeth zwei Pfühle103 dazu jeder 2 mal überziehen und 30 Kloben104 Flachs, zwei Betttücher eines von flächsen105 das andere von wollener Leinwand, 3 Tischtücher und 2 Handtücher. Diese alle und jede unbenannte Sache sollen den Kindern zu ihren sicheren Händen ausgesetzt werden, ohne ihren in Gott ruhenden Vater verlassenen Mobiliar, was an Kleidung, Leinwandt und weißer Wäsche und was es immer den Namen haben möchte hierentgegen auch was noch von ihrem Vater Erbteil zu erobern sein möchte, soll dergestalt den Kindern in ihrer Gewalt und Vermögen kommen ganz ungehindert nach der Mutter tötlichem Abgang (…)106
Die Scholtisei wurde nun vom Stiefvater der Kinder bewirtschaftet, der auch das Scholzenamt verwaltete. Der jüngste Sohn, Johannes Haeusler, muss bis 1726 warten, bis er die Wirtschaft sel...
Table of contents
- Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung
- Die ersten Scholzen „czu nedir moys“
- „Freihufen“
- Gerichtsfälle – Eingriffe des Klosters
- Gegenreformation
- Zur Scholtisei gehörige Rechte
- Schlesische Kriege
- Dienste und Abgaben
- Das Ende der Klosterherrschaft
- Die Ackerseparation
- Erbrecht und Versorgung
- Die Brandkatastrophe
- Neubauten
- Der Amtsvorsteher
- Unruhen und Schuldenkrise
- Der Erbscholz als Ortsbauernführer
- Traditionspflege und Modernisierungen
- Eroberung durch sowjetische Truppen
- Nach 1945
- Quellen
- Impressum