"numquam abrogata"?
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"numquam abrogata"?

Kirchenrechtliche Reflexionen ĂŒber das Motu Proprio "Summorum Pontificum" Papst Benedikts XVI.

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"numquam abrogata"?

Kirchenrechtliche Reflexionen ĂŒber das Motu Proprio "Summorum Pontificum" Papst Benedikts XVI.

About this book

Sowohl Papst Benedikt XVI. als auch Papst Franziskus haben sich zur Frage der Wiederzulassung der liturgischen Feiern nach dem Missale von 1962 geĂ€ußert. Ging es jenem dabei um eine Integration traditionalistischer Kreise in die lateinische Kirche und um eine - seiner Meinung nach - notwendige Verbesserung der liturgischen Ästhetik, so Letzterem um eine dem aggiornamento dienende Feier der Heilsgeheimnisse der Kirche.Seit dessen Enzyklika Evangelii gaudium ist etwas Ruhe eingekehrt. Die theologischen und rechtlichen Fragen bleiben freilich offen und verdienen eine vertiefte Untersuchung. Dem hat sich Christian Binder detailliert in seiner Quellenanalyse zugewandt und das FĂŒr und Wider in dieser Diskussion einander kritisch gegenĂŒbergestellt und in eine eigene Stellungnahme mĂŒnden lassen. Die Arbeit bietet nicht nur eine auch fĂŒr den fachlichen Laien gut verstĂ€ndliche Analyse der Quellen, sondern auch eine darauf basierende engagierte Positionsbestimmung, mit der die fachwissenschaftliche Diskussion bereichert wird.

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Information

Publisher
Echter
Year
2017
Print ISBN
9783429039905
eBook ISBN
9783429063047
Kapitel 1: Das Motu Proprio Summorum Pontificum
Das Motu Proprio beginnt mit der grundlegenden Feststellung, dass
„die Sorge der PĂ€pste [
] es bis zur heutigen Zeit stets gewesen [sei], dass die Kirche Christi der Göttlichen MajestĂ€t einen wĂŒrdigen Kult darbringt, „zum Lob und Ruhm Seines Namens“ und „zum Segen fĂŒr Seine ganze heilige Kirche.““5
Es sei also der Grundsatz zu wahren, dass von jeder Teilkirche die gemĂ€ĂŸ der Überlieferung empfangenen GebrĂ€uche eingehalten werden, um eine unversehrte Weitergabe des Glaubens zu ermöglichen – das Gesetz des Betens (lex orandi) der Kirche entspreche ihrem Gesetz des Glaubens (lex credendi)6. Es folgt ein geschichtlicher Abriss mitsamt der ErwĂ€hnung der PĂ€pste, die nach Ansicht Papst Benedikts XVI. eine derartige Sorge walten ließen. Dieser beginnt bei Gregor dem Großen, der die in Rom gefeierte Form der heiligen Liturgie festgelegt und bewahrt habe, fĂŒhrt weiter ĂŒber Pius V., der „den ganzen Kult der Kirche erneuerte“ und die PĂ€pste der folgenden Jahrhunderte, die sich um eine „Erneuerung oder [
] Festlegung der liturgischen Riten und BĂŒcher bemĂŒhten“. Das Zweite Vatikanische Konzil habe schließlich „den Wunsch zum Ausdruck [gebracht], dass die gebotene Achtsamkeit und Ehrfurcht gegenĂŒber dem Gottesdienst wiederhergestellt und den Erfordernissen unserer Zeit angepasst werden sollte.“7 Papst Paul VI. habe dann – von diesem Wunsch des Konzils geleitet – „die reformierten und zum Teil erneuerten liturgischen BĂŒcher im Jahr 1970 fĂŒr die lateinische Kirche approbiert.“8 In der Folge sei jedoch der Umstand in den Vordergrund gerĂŒckt, dass „in manchen Gegenden nicht wenige GlĂ€ubige den frĂŒheren liturgischen Formen [anhingen]“. „Geleitet von der Hirtensorge fĂŒr diese GlĂ€ubigen“ habe Papst Johannes Paul II. im Jahr 1984 mit dem Indult Quattuor abhinc annos bereits eine Vollmacht zum Gebrauch des Römischen Messbuchs von 1962 erteilt und seine dementsprechenden Absichten mittels des Motu Proprio Ecclesia Dei im Jahr 1988 nochmals betont9. „Die instĂ€ndigen Bitten dieser GlĂ€ubigen“, die den frĂŒheren liturgischen Formen weiterhin anhĂ€ngen, seien nun auch der Auslöser fĂŒr die folgenden Bestimmungen dieses Apostolischen Schreibens. Papst Benedikt XVI. legt nun zuallererst fest, dass das „von Paul VI. promulgierte Römische Messbuch [
] die ordentliche Ausdrucksform der Lex orandi der katholischen Kirche des lateinischen Ritus“ sein soll, wĂ€hrend „das vom heiligen Pius V. promulgierte und vom seligen Johannes XXIII. neu herausgegebene Römische Messbuch [
 ] außerordentliche Ausdrucksform derselben Lex orandi der Kirche“ sein soll. Es soll nun also zwei Anwendungsformen des „einen Römischen Ritus“ geben, ohne eine Spaltung der Lex credendi der Kirche herbeizufĂŒhren10.
Nun folgt die fĂŒr diese Arbeit grundlegende Formulierung: Benedikt XVI. erlaubt es, „das Messopfer nach der vom seligen Johannes XXIII. promulgierten und niemals abgeschafften Editio typica des Römischen Messbuchs als außerordentliche Form der Liturgie der Kirche zu feiern“. Die Messe von 1962 wird an dieser Stelle also als „niemals abgeschafft“11 – im Lateinischen: numquam abrogata12 – bezeichnet. Im darauf folgenden Teil des Motu Proprio verweist Benedikt XVI. darauf, dass die durch die vorangegangenen Dokumente Quattuor abhinc annos und Ecclesia Dei aufgestellten Bedingungen fĂŒr den Gebrauch des Missale von 1962 folgendermaßen ersetzt werden13: Jeder katholische Priester des lateinischen Ritus hat nun das Recht selbst zu entscheiden, ob er in Messen ohne Volk das alte oder das neue Missale gebraucht – eine diesbezĂŒgliche Erlaubnis vom Apostolischen Stuhl oder vom jeweiligen Ordinarius ist nicht mehr erforderlich14. Ebenso erhalten nun die Gemeinschaften der Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften des apostolischen Lebens das Recht, zwischen den beiden Formen der Messe frei zu wĂ€hlen15. Die relevanteste Neuregelung bezieht sich jedoch auf die Feier der Messe mit Gemeinde:
„In Pfarreien, wo eine Gruppe von GlĂ€ubigen, die der frĂŒheren liturgischen Tradition anhĂ€ngen, dauerhaft existiert, hat der Pfarrer deren Bitten, die heilige Messe nach dem im Jahr 1962 herausgegebenen Römischen Messbuch zu feiern, bereitwillig aufzunehmen.“16
Die Feier der alten Messe kann hierbei sowohl an den Werktagen, als auch an Sonntagen und Festen stattfinden – ebenso zu besonderen Gelegenheiten, wie etwa Trauungen und BegrĂ€bnisfeiern. Priester, die die alte Form der Messe feiern, mĂŒssen dazu jedoch geeignet sein. Sollte ein Pfarrer der Bitte von Laien nach der Feier der Messe von 1962 nicht entsprechen, soll der Diözesanbischof in Kenntnis gesetzt werden und – falls auch dieser dem Wunsch der Laien nicht entsprechen sollte – soll dies der PĂ€pstlichen Kommission Ecclesia Dei mitgeteilt werden17. Pfarrer können nun – aber mĂŒssen nicht – „die Erlaubnis geben, dass bei der Spendung der Sakramente der Taufe, der Ehe, der Buße und der Krankensalbung das Ă€ltere Rituale verwendet wird, wenn das Heil der Seelen dies nahelegt“. Die gleiche Regelung gilt fĂŒr Bischöfe bei dem Sakrament der Firmung. Nicht zuletzt erhalten Priester und Diakone das Recht, das Römische Brevier des Jahres 1962 zu gebrauchen18.
Die PĂ€pstliche Kommission Ecclesia Dei erhĂ€lt die Aufgabe, ĂŒber die Beachtung und Anwendungen dieses Motu Proprio zu wachen. In Kraft treten sollen diese Bestimmungen zum 14. September 200719. Kurz zusammengefasst stellt Papst Benedikt XVI. mittels der Bestimmungen des Motu Proprio Summorum Pontificum die im Jahr 1962 bestehenden liturgischen Formen der Riten – insbesondere auch die Form der Messe von 1962 – mit den nachfolgenden weitestgehend gleich.
5 Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Motu Proprio Summorum Pontificum, 519.
6 Vgl. ebd., 519f.
7 Ebd., 520.
8 Ebd., 520f.
9 Vgl. ebd.
10 Vgl. ebd., 521.
11 Ebd.
12 Benedikt XVI., Litterae apostolicae. «Motu proprio» datae. De usu extraordinario antiquae formae Ritus Romani, in: AAS 99 (2007), 779.
13 Vgl. Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Motu Proprio Summorum Pontificum,...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titelblatt
  3. Urheberrecht
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Kapitel 1: Das Motu Proprio Summorum Pontificum
  7. Kapitel 2: Überblick ĂŒber den Forschungsstand
  8. Kapitel 3: Interpretationslinien der numquam abrogata-Formulierung
  9. Kapitel 4: Mögliche Intentionen und BeweggrĂŒnde Papst Benedikts XVI
  10. Kapitel 5: Entwicklungen und Tendenzen der letzten Jahre
  11. Kapitel 6: Fazit und Schlusswort
  12. Quellen
  13. Literatur