Grundfragen des Staatskirchen- und Religionsrechts
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Grundfragen des Staatskirchen- und Religionsrechts

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Grundfragen des Staatskirchen- und Religionsrechts

About this book

Das 21. Jahrhundert stellt ganz neue Herausforderungen an die bisher bewĂ€hrten Systeme der Zusammenarbeit von Staat und Religionsgemeinschaften. Das gilt in besonderer Weise auch auf der Ebene des europĂ€ischen Integrationsprozesses.Das hier vorgelegte Lehr- und Studienbuch richtet sich an alle, die im Überschneidungsbereich von Staat und Religionsgemeinschaften tĂ€tig sind oder dies zu tun beabsichtigen. Es geht um die KlĂ€rung der Grundfragen dieses Rechtsgebietes auf der Basis der religionsrechtlichen PrĂ€missen und der europĂ€ischen und nationalen Rechtsprechung. Religionsfreiheit, Kirchenfinanzierung, Beteiligung der Religionsgemeinschaften am öffentlichen Leben, Theologie und Religionsunterricht im Wettbewerb mit sĂ€kularen Sinngebungsunterrichten, die Integration weiterer Religionen in das bestehende und fortzuentwickelnde System, die GrundzĂŒge des kirchlichen Dienstes und Arbeitsrechts, das aktuelle Thema des Kirchenasyls sowie weitere Kernfragen werden erlĂ€utert und als Hilfestellung zur eigenen Standortbestimmung angeboten. In einem Anhang finden sich alle wichtigen staatlichen und kirchlichen dieses Rechtsgebiet betreffenden Rechtsvorschriften.

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Information

Kapitel 1: Normative Grundlagen fĂŒr das deutsche Religionsrecht – heute nur noch deutsches Recht?
Trotz aller Probleme mit denen die EuropĂ€ische Union in den zurĂŒckliegenden Jahren und auch gegenwĂ€rtig zu kĂ€mpfen hat, sie berĂŒhren das Feld des Religions- und Staatskirchenrechts nicht. Es ist eine Tatsache, dass die politischen HandlungstrĂ€ger in nahezu allen Rechtbereichen eine Harmonisierung und Rechtsangleichung der Bestimmungen anstreben. Trotz aller bestehender Unterschiede in den Details der Verfassungen der Mitgliedsstaaten wird man jedoch bereits, ohne hier harmonisieren zu mĂŒssen, die essentiellen Freiheitsrechte ĂŒberall als gegeben ansehen dĂŒrfen. Freilich sagt das noch nichts ĂŒber das jeweilige VerhĂ€ltnis von Staat und Religionsgemeinschaften aus. Auf dieser verfassungsrechtlichen Ebene ist es ohnehin fraglich, ob eine Harmonisierung unbedingt erstrebenswert erscheint, oder ob nicht gerade hier unterschiedliche Konzeptionen im Lichte der jeweiligen historischen Entwicklungen bewahrenswert sind. Das gilt umso mehr, als diese Entwicklungen teilweise auch zur besonderen nationalen IdentitĂ€t des Staatsvolkes gehören. Schließlich bleibt daran festzuhalten, dass die Art. 94 und 95 EG (Art. 100 und 100a EGV), teilweise fortgeschrieben in Art. 73 b des Maastricht-Vertrages, eine Harmonisierung und Rechtsangleichung vor allem fĂŒr den wirtschaftsrechtlichen Bereich vorgesehen haben.22 FĂŒr das Staatskirchenrecht sind heute also nicht mehr nur nationale Gesetze fĂŒr die Religionsgemeinschaften, VertrĂ€ge zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften und die jeweilige nationale höchstrichterliche Rechtsprechung maßgeblich, sondern auch europarechtliche Vorschriften, Vereinbarungen und Judikatur.
1. Nationales Recht
An erster Stelle steht freilich wegen der fortdauernden nationalen SouverĂ€nitĂ€t das nationale Recht, das hier in einem ersten Überblick vorgestellt werden soll. Die normativen Grundlagen des Staatskirchenrechts in Deutschland finden sich im Verfassungsrecht von Bund und LĂ€ndern und im einfachen Gesetzesrecht, ebenfalls auf Bundes- und Landesebene, welches die verfassungsrechtlichen Grundbestimmungen nĂ€her ausfaltet. Aufgrund der Vielfalt der landesrechtlichen Bestimmungen in den jeweiligen Verfassungen, wird auf deren nĂ€here Darstellung verzichtet. Sie orientieren sich, soweit die Landesverfassungen jĂŒnger als das Grundgesetz sind, ohnehin an dessen Maßstab. Soweit sie Ă€lter sind enthĂ€lt das Grundgesetz lediglich in der sog. „Bremer Klausel“ des Art. 141 GG einen Abweichungsvorbehalt, der aber ausschließlich auf Art. 7 GG (Religionsunterricht) bezogen ist.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik spricht staatskirchenrechtliche Themen unter drei Rubriken an. Im Abschnitt ĂŒber die Grundrechte werden jene religionsrechtlichen Bestimmungen zur Sprache gebracht, die unverĂ€nderbar den Grundrechtsbestand der Verfassung ausmachen. Es sind:
  • Art. 3 Abs. 3 GG: Gleichheitsgrundsatz
  • Art. 4 GG: Religionsfreiheit
  • Art. 7 Abs. 2 und 3 GG: konfessioneller Religionsunterricht
Im Teil „Der Bund und die LĂ€nder“ legt die Verfassung grundlegend in Art. 30 GG die religionsrechtliche Kompetenz der LĂ€nder im föderalen Verfassungsstaat fest: „Die AusĂŒbung der staatlichen Befugnisse und die ErfĂŒllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der LĂ€nder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulĂ€ĂŸt.“
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Zuweisung der Kulturhoheit als „KernstĂŒck der Eigenstaatlichkeit der LĂ€nder“ hervorgehoben.23
  • Art. 30 GG: Kompetenzverteilung zwischen Bund und LĂ€ndern („Kulturhoheit der LĂ€nder“)
  • Art. 70 Abs. 1 GG: Ausschließliche Gesetzgebung der LĂ€nder
  • Art. 70 Abs. 2 GG: Abgrenzung der GesetzgebungszustĂ€ndigkeit
  • Art. 73 GG: Ausschließliche ZustĂ€ndigkeit des Bundes
  • Art. 74 GG: Konkurrierende Gesetzgebung
  • Art. 75 GG: Rahmengesetzgebung des Bundes
Zudem ist in diesem Abschnitt der Verfassung gem. Art. 33 Abs. 3 GG das Verbot der religiösen Diskriminierung verankert.24 Sein Kern wird aber grundrechtlich bereits ĂŒber Art. 3 und 4 GG abgesichert. Art. 33 Abs. 3 S. 2 GG wird als grundrechtsgleiches Recht verstanden, das Schrankenvorbehalten unterliegt. So sind zwar grundsĂ€tzlich konfessionsgebundene StaatsĂ€mter verboten, dieses Verbot erstreckt sich jedoch nicht auf theologische Hochschullehrende, Religionslehrer und Religionslehrerinnen sowie Geistliche und pastorale Dienste und deren Folgedienste in der Anstaltsseelsorge.25
Die „Übergangs- und Schlussbestimmungen“ sind aus religionsrechtlicher Perspektive besonders wichtig, weil hier der Weimarer religionsrechtliche Verfassungskompromiss, soweit das Grundgesetz es nicht selbst regelt, ĂŒber Art. 140 in das Grundgesetz als Grundgesetzbestandteil inkorporiert wird. Dabei handelt es sich um folgende Normen:
Art. 136 WRV: Konkretisierung der individuellen Religionsfreiheit
Art. 137 WRV: Stellung der Religionsgemeinschaften
Art. 138 WRV: Vermögensfragen
Art. 139 WRV: Sonn- und Feiertage
Art. 141 WRV: MilitÀr- und Anstaltsseelsorge
Art. 141 GG: „Bremer Klausel“
Geht es in dieser ersten Übersicht um eine Bestimmung der unabdingbaren Kernnormen des deutschen Staatskirchenrechts, so ist der Art. 4 ĂŒber das Grundrecht der Religionsfreiheit und der Art. 137 ĂŒber die Stellung der Religionsgemeinschaften im sĂ€kularen Verfassungsstaat hervorzuheben. Alle ĂŒbrigen Bestimmungen entfalten in einem engeren oder weiteren Zusammenhang diese beiden verfassungsrechtlichen Grundbestimmungen.26 Die inkorporierten Artikel haben keinen niedrigeren Rang als die ĂŒbrigen Artikel des Grundgesetzes, sondern sind vollgĂŒltiges Verfassungsrecht. Ihre Inkorporation in das Grundgesetz war eine Art „Verlegenheitslösung“, weil man sich auf der Herrenchiemsee-Konferenz nicht auf eine Neuformulierung dieses Rechtskomplexes einigen konnte, sich trotz aller Differenzen jedoch bewusst war, dass es einer Regelung bedurfte. Die in ihrer Substanz bewĂ€hrten Weimarer Religionsartikel erschienen in diesem Fall als Ausweg aus den stockenden Verhandlungen. Die inkorporierten Artikel standen in der Weimarer Reichsverfassung nicht im Bereich von Grundrechten, sondern im Abschnitt ĂŒber die „Religion und Religionsgesellschaften“. Es handelt sich um die Art. 135-141; zwei Artikel dieses Abschnitts wurden 1949 nicht in das Grundgesetz inkorporiert. Art. 135 WRV hatte die Religionsfreiheit behandelt. Seine Inkorporation war wegen Art. 4 GG obsolet. Art. 140 WRV hatte gelautet: „Den Angehörigen der Wehrmacht ist die nötige freie Zeit zur ErfĂŒllung ihrer religiösen Pflichten zu gewĂ€hren.“ Diese Bestimmung wurde fĂŒr ĂŒberflĂŒssig angesehen, weil man 1949 nicht damit rechnete, dass es in dem neuen Staat nach der Ordnung des Grundgesetzes je wieder ein MilitĂ€r geben wĂŒrde. Außerdem war die Seelsorge in der Armee fĂŒr den Fall der Wiederbewaffnung ĂŒber das Reichskonkordat hinreichend abgesichert.
Der Unterschied zwischen den Grundrechten und dem ĂŒbrigen Verfassungsrecht liegt vor allem auf der Ebene der Möglichkeit der juristischen Einklagbarkeit verletzter Rechte. Im Falle der Verletzung von Grundrechten (Art. 1-19 GG), besteht fĂŒr jeden betroffenen BĂŒrger und in einigen FĂ€llen auch fĂŒr jeden Betroffenen unabhĂ€ngig von der deutschen StaatsbĂŒrgerschaft, die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 4a GG). Das Gleiche gilt fĂŒr die sog. grundrechtsgleichen Rechte, wie z.B. Art. 33 Abs. 3 S. 2 GG. Wir unterscheiden in diesem Feld die sog. Jedermannsrechte und die BĂŒrgerrechte. Jedermannsrechte lassen sich durch Klauseln wie: „Jedermann, jeder, alle Menschen, oder niemand“ kennzeichnen. Dazu werden auch Freiheitsrechte gerechnet, die ohne personale EinschrĂ€nkung gewĂ€hrt oder gewĂ€hrleistet werden.27 BĂŒrgerrechte und BĂŒrgerpflichten, die in der verfassungsrechtlichen Literatur auch als „Deutschenrechte“ bezeichnet werden, stehen folglich nur jenen zu, die die deutsche StaatsbĂŒrgerschaft besitzen. Dabei handelt es sich weitgehend um bĂŒrgerliche Partizipationsrechte und – pflichten.28
Bei einer Verletzung der Rechte aus Art. 140 GG b...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titelblatt
  3. Urheberrecht
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. EinfĂŒhrung: Ein neues VerstĂ€ndnis braucht das Staatskirchenrecht
  7. Kapitel 1: Normative Grundlagen fĂŒr das deutsche Religionsrecht – heute nur noch deutsches Recht?
  8. Kapitel 2: Was kommt nach den Auseinandersetzungen ĂŒber die SuperioritĂ€t und InferioritĂ€t von Institutionen? Aussagen des katholischen Lehramtes zum VerhĂ€ltnis von Religion und Staat
  9. Kapitel 3: Eckpfeiler des deutschen Staatskirchenrechts: Trennung, NeutralitÀt, ParitÀt und Toleranz
  10. Kapitel 4: Religionsfreiheit
  11. Kapitel 5: Erziehung und Bildung
  12. Kapitel 6: Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften
  13. Kapitel 7: Kirchliches Dienst- und Arbeitsrecht
  14. Kapitel 8: Kirche und Geld
  15. Kapitel 9: Bischofsernennungen in der katholischen Kirche im Rahmen des deutschen Staatskirchenrechts
  16. Kapitel 10: Kirchenasyl oder Asyl in Kirchen – Recht oder geduldete Gewohnheit?
  17. Schlusswort
  18. Anhang: Wichtige Gerichtsentscheidungen zum Religionsrecht
  19. Anhang: Rechtsvorschriften in AuszĂŒgen
  20. Quellen und Literatur in Auswahl
  21. Stichwortverzeichnis