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Das andere Volk Gottes
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Das kirchliche Binnenleben kennt für sie verschiedene Namen: 'Taufschein-Christen' oder auch 'Fernstehende'. Gleichzeitig spielt ihre Existenz in vielen Pastoralplänen kaum eine Rolle. Die Studie versucht, diesem Großteil der Getauften eine Stimme zu geben und schlägt damit Brücken zu denjenigen, die auch zum Volk Gottes gehören, jedoch innerhalb des gemeindlichen Lebens selten zu finden sind.Daraus ergibt sich ein wesentliches Desiderat für die Pastoralentwicklung: Diese muss zunehmend im Plural gedacht werden und sollte darin neu in der Volk-Gottes-Theologie des II. Vatikanums verortet sein.
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Information
TEIL II KRITERIOLOGIE: LEITLINIEN FÜR EINE THEOLOGISCHE EINORDNUNG DER POSTMODERNEN VOLKSKIRCHE
1. Perspektive Gemeinde
1.1 Einführung: Der Befund vor dem Hintergrund der Gemeindekirche
Wie selbstverständlich erscheint aus binnenkirchlicher Perspektive der im ersten Teil rekonstruierte Typus des Kirchenmitglieds eines postmodernen Volkschristen als defizitär: Denn hinsichtlich dessen, was die Kirche eigentlich für diese Menschen möchte und wie sie ihnen gegenüber mitsamt ihrer Botschaft verstanden werden will, ist die Weise der Teilnahme dieser ChristInnen an kirchlichen Vollzügen – wie man vielleicht formulieren würde – arg abgeschwächt, zu gering, zu wenig engagiert und entspricht in keinem Fall einschlägig-pastoralen Erwartungen. Dabei handelt es sich offenbar um ein vielfach unreflektiertes Gefühl, mit dem man allerdings innerkirchlich in jedem Fall Recht zu haben beansprucht. Bei näherer Betrachtung findet diese Empfindung eines uneigentlichen Kircheseins ihre inneren Bilder und Entsprechungen allerdings vorwiegend, wiewohl gewiss nicht ausschließlich, in der jüngsten Kirchengeschichte des deutschsprachigen Kulturraums während der Epoche, die mit dem Abschluss des II. Vatikanischen Konzils 1965 ihren Ausgang findet.
Dabei soll mit dieser These nicht ein Verhalten ausgeblendet werden, das in Gestalt eines oben beschriebenen „kulinarischen Ritualgebrauchs“ die kirchliche Infrastruktur augenscheinlich nur für eigene Selbstinszenierungen nutzt und so aufseiten der pastoral Verantwortlichen Unverständnis bzw. Hilflosigkeit hervorruft.187
In diesem ersten Abschnitt des zweiten Teils soll es jedoch in erster Linie um eine zunächst unvoreingenommen zu ermittelnde Relation zwischen postmodernen Kirchlichkeitsformen, wie sie oben kairologisch deutlich wurden, und den pastoraltheologischen Idealen der Nachkonzilszeit gehen, die merklich bis heute innerkirchlich fortwirken. Dieser Weg erweist sich insbesondere deshalb als geboten, weil man das benannte Phänomen einer innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft gestuften Teilnahme an kirchlichen Vollzügen in den Konzilstexten nahezu vergeblich sucht.188 Entsprechend scheint die Theologie der Kirchenkonstitution des II. Vatikanischen Konzils, Lumen Gentium, etwaige Stufungen der Kirchenmitgliedschaft eher mit dem Hauptaugenmerk auf nicht katholische christliche Kirchen und Gemeinschaften bzw. nichtchristliche Religionen hin zu reflektieren.
Zuvor hatte die oben von Michael Ebertz als „Gnadenanstalt“ definierte vorkonziliare Kirche die sogenannten ‚lauen Christen’ offenbar nach entsprechenden Bekehrungsaufforderungen, dem Entscheid bzw. Gericht Gottes überlassen. Wichtig waren in erster Linie die drei sichtbaren und damit objektiv feststellbaren Bande von Glaubensbekenntnis, Sakramentengemeinschaft wie die Anerkenntnis kirchlicher Leitung und Gemeinschaft, die Lumen Gentium 14 in Anlehnung an die kontroverstheologisch motivierte Lehre Robert Bellarmins von den „tria vincula“ aufnimmt.189
Ganz offenkundig scheint erst nach bzw. mit Aufkommen der nachkonziliaren Gemeindetheologie und des Gemeindebildes der Synode der Deutschen Bistümer in Würzburg (1971-1975) auch eine praktisch-theologische Reflexion dessen einzusetzen, was nun angesichts einer nicht erreichten Totalidentifikation und - integration aller Katholiken in das Leben der nunmehr katholischerseits wiederentdeckten Gemeinde theologisch zu denken und praktisch zu tun sei. Die nachkonziliare Pastoral der Gemeindekirche muss folglich mit dem Phänomen der Getauften, aber nicht in der Gemeinde engagierten ChristInnen mehr Anfragen an das eigene Selbstverständnis verbinden, als dies die klassisch vorkonziliare Kirche tat. Denn in ihr waren die Kriterien der Kirchenzugehörigkeit neben entsprechenden Sanktionsanordnungen klar und allenthalben nachvollziehbar geregelt.
In den nachkonziliaren Überlegungen erhalten hingegen die verschiedenen Größen der Vergemeinschaftung im Glauben (Gemeinde und Gruppe) einen neuen, nahezu heilsentscheidenden Stellenwert (vgl. dazu unten II 1.2.1 und II 1.3.3). Eine zuvor individualisierte Heilssorge findet sich daher innerhalb dieser Epoche zumeist durch ein gemeinschaftliches Weg- und Gruppenbewusstsein abgelöst.
Darum sind die Gründe für eine sicherlich vielfach empfundene Anstößigkeit des oben als Kairologie überschriebenen Befundes in erster Linie in jenen Konzeptionen zu suchen, die seinerzeit das Kirchesein für den deutschen Kulturraum – in ihrer Lesart infolge der Ekklesiologie des II. Vatikanums – normativ festzuschreiben beanspruchten. Diese Konzeptionen gilt es nun näher zu betrachten, um gleichsam eine der wichtigsten Folien für das eher ungreifbare Gefühl von Ratlosigkeit angesichts einer nachkonziliar unintendierten Logik von Kirchenmitgliedschaft sichtbar werden zu lassen. So nur kann die empfundene Anstößigkeit in ihren inneren Strukturen kontrastierend deutlich werden. Und nur so können aber auch Gründe für die Unangemessenheit einer gegenwärtig ausschließlich gemeindepastoral orientierten Pastoralorganisation ansichtig gemacht werden.
Insgesamt wird zu zeigen sein, dass eine wie auch immer geartete Bekehrung der postmodernen Volkschristen zum Konzept der nachkonziliaren Gemeindekirche aus vernünftigen Gründen nicht zu erwarten ist. Illustrierend wird dies anhand verschiedener Skizzen bereits früher erfolgter Reflexion unserer Problematik sichtbar, wie sie namhafte Pastoraltheologen der Nachkonzilszeit in deutlicher Anerkenntnis der Virulenz dieser Thematik unternommen haben.
1.2 Die theoretische Grundlegung der Gemeindekirche
1.2.1 Die Gemeindetheologie: Kirche ist Gemeinde190
Mit dem Begriff der Gemeindetheologie verbindet sich zentral der Name des ehemaligen Wiener Pastoraltheologen Ferdinand Klostermann. Als Mitglied der vorbereitenden päpstlichen Kommission für das Laienapostolat des II. Vatikanischen Konzils hat er direkt nach Abschluss des Konzils mit seinem Werk „Prinzip Gemeinde“ die praktisch-theologische Reflexion über den Begriff der Gemeinde bzw. über das insgesamt gemeindliche Wesen der Kirche als vorrangiges Aufgabenfeld der Pastoraltheologie seiner Zeit ausgewiesen:
„Wenn nun die Kirche wirklich vom Wesen her Gemeinde […] ist, dann muß das nicht nur Konsequenzen für das kirchliche Leben, sondern auch für eine Pastoraltheologie haben, die nichts sein will als eine Theologie dieses Lebens, dann wird Gemeinde auch zu einem Prinzip, zu einem Ursprungsgrund der Pastoraltheologie, vielleicht in gewissem Sinn auch zu ihrem Ordnungsprinzip.“191
Damit war gewissermaßen direkt im Windschatten des Konzils der Begriff der Gemeinde zum Hauptreflexionsgegenstand der nachkonziliaren Pastoraltheologie geworden. Wie stark seinerzeit der Trend zu solcher Akzentuierung wie die Anziehungskraft des Gemeindebegriffs waren, beschreibt Klostermann im Jahr 1979 in einem für unseren Zusammenhang vielsagenden Rückblick auf die ersten Jahre nach dem Konzil:
„Das Wort „Gemeinde“ hat wie über Nacht katholisches Heimatrecht bekommen. Der Verfasser erinnert sich noch an ein Referat, das er vor gut 10 Jahren […] gehalten hat und in dem er das Wort „Gemeinde“ verwendete. In der Diskussion meinte dann ein anwesender Jesuit, Gemeinde sei eigentlich eine eher protestantische Vokabel, die man im katholischen Bereich vermeiden sollte. Als der Verfasser vor vier Jahren ein Buch über eine Theologie kirchlicher Strukturreform und den konkreten Entwurf einer Kirche für heute und morgen veröffentlichen wollte, schlug der Verlag den Titel: „Gemeinde – Kirche der Zukunft“ vor. Auf den Einwand, der Titel entspräche eigentlich nicht dem Inhalt […], wurde erwidert: Wenn Gemeinde nicht im Titel vorkommt, kann man das Buch nicht verkaufen. […] Gemeinde ist wie über Nacht eine katholische Vokabel, ja geradezu eine katholische Modevokabel geworden.“192
Sehr eindrucksvoll erfasst Klostermann den Geist der Nachkonzilszeit, in dessen Dynamik auch die Entwicklung des Begriffs der Gemeinde und seine Reflexionen erfolgten. Die katholische Wiederentdeckung der Gemeinde wurde so zu einer der wichtigsten wie folgenstärksten Neuorientierungen, wenn nicht sogar zu einer Signatur der katholischen Kirche im deutschen Sprachraum dieser Zeit. Dies erscheint aus heutiger Perspektive umso erstaunlicher, als der Begriff Gemeinde allenfalls an einer Stelle der Konzilsdokumente direkt auszumachen ist.193 Ganz offenkundig verfügte für die katholische Genese des Gemeindegedankens wie für seine damalige Popularität der Zeitgeist dieser Epoche über einen nicht zu unterschätzenden Einfluss.
Insgesamt versteht sich die Konzeption der Gemeindetheologie innerhalb dieses Kontextes als logische Konsequenz der Ekklesiologie des II. Vatikanums. Interessant nur, dass es in den hier zitierten Grundlagentexten immer um den Nachweis des „gemeindlichen Wesens der Kirche“ geht, wobei Hinweise auf die Konzilsdokumente nahezu völlig ausfallen.194 Offenbar wurden solche Begriffsidentitäten bzw. entsprechende Kohärenzen vorausgesetzt. Die Gemeindlichkeit wird so ihrerseits offenbarungstheologisch aus der Hl. Schrift hergeleitet.
Als aufschlussreich erweist es sich nun, die theologischen Grundlagen und Argumentationslinien der Gemeindetheologie nachzuzeichnen. Verständlich wird die Gemeindetheologie hierbei vorab, wenn man den pastoralpraktischen Kontext bedenkt, innerhalb dessen und von dem sie sich abzugrenzen versucht: die Volkskirche. Für das Konzept der Volkskirche stand als Organisationsform die Pfarrei – für den neuen Entwurf die Gemeindekirche. Der ausgegebene Slogan „Unsere Pfarreien müssen zu Gemeinden werden!“ wird fortan für eine ganze Bewegung kennzeichnend: Mit der Pfarrei verband sich zunehmend die Haltung einer betreuenden, subjektabgewandten Pastoral, die sich ekklesiologisch im Begriff der vorkonziliaren „societas perfecta“ fassen lässt; die Gemeinde stand dagegen für eine Konzeption, die, weil bei der gleichen Würde aller Getauften ansetzend, das Subjektsein der Getauften als Fundament einer erneuerten Pastoral legte.195
Klostermann argumentiert:
„Kürzlich hat N. Greinacher im Anschluß an die Gedanken M. Webers die „Gemeindekirche“ als die dem gegenwärtigen Kairos entsprechende Sozialform für die Kirche der nächsten Zukunft postuliert, die die Sozialform der „Volkskirche“ ablösen soll. Denn zufolge der Interdependenz zwischen Kirche und Gesellschaft hat die Kirche im Lauf der Geschichte verschiedene Sozialformen angenommen: von der Form der Sekte über die Bruderschaftskirche zur Anstaltskirche und zur Volkskirche, deren Ende sich aber nunmehr allenthalben ankündigt.“196
Die Gemeindekirche wird folglich als die dem Kairos der damaligen Zeit angemessene Sozialform der Kirche postuliert. Mit ihrer Konzeption reagiert die Pastoraltheologie auf die Auflösung des katholischen Milieus, die zeitgleich soziologisch greifbar wurde. Und sie tut dies durchaus kreativ, innovativ und für ihre Zeit in weiten Teilen erfolgreich. Neben diese soziologische Außenseite stellt Klostermann eine theologische Argumentation, von der im Weiteren zu handeln sein wird. Zunächst allerdings definiert er die Gemeinde, indem er im besten Wortsinn sagt, was sie nicht ist:
„Wenn wir im Folgenden von Gemeinde reden, meinen wir damit weder die politisch-iuridische, noch die kirchlich-kanonistische Verwaltungseinheit Gemeinde […], aber auch nicht deren „soziale Wirklichkeit“, sondern zunächst etwas völlig anderes, nämlich was theologisch unter „Gemeinde“ zu verstehen ist, was die Offenbarung unter der Gemeinde Gottes und seines Christus […] versteht.“197
An dieser Stelle nun setzt die nähere theologische Argumentation Klostermanns ein. Von der Offenbarung her soll die Gemeinde als die wesentliche Form von Kirche hergeleitet werden, um insgesamt „theologisch nach dem gemeindlichen Wesen der Kirche“ zu fragen.198 Der Begriff der Offenbarung wird mit dem Zeugnis des Neuen Testaments gleichgesetzt. Hierbei stellt er zunächst fest, dass auch die Sozialform der Gemeindekirche in der Offenbarung nicht zu finden sein wird, da sie ja gerade vom Kairos her gefordert sei, um damit die Sozialgestalt der Volkskirche abzulösen. Und dennoch: Bei al...
Table of contents
- Cover
- Titel
- Impressum
- DANK
- ZUM GELEIT – STATT EINES VORWORTES:
- INHALTSVERZEICHNIS
- LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS
- 0. EINLEITUNG
- TEIL I: KAIROLOGIE DAS ANDERE VOLK GOTTES: DIE POSTMODERNE VOLKSKIRCHE
- TEIL II KRITERIOLOGIE: LEITLINIEN FÜR EINE THEOLOGISCHE EINORDNUNG DER POSTMODERNEN VOLKSKIRCHE
- TEIL III PRAXEOLOGIE: VORAUSSETZUNGEN UND KONKRETIONEN, POSTMODERNEN VOLKSCHRISTEN EVANGELISIEREND ZU BEGEGNEN