Einführung in die gebrauchsbasierte Kognitive Linguistik
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Einführung in die gebrauchsbasierte Kognitive Linguistik

Elisabeth Zima

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  1. 365 pages
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Einführung in die gebrauchsbasierte Kognitive Linguistik

Elisabeth Zima

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Dieses Lehrbuch führt in Grundlagen und aktuelle Themen der gebrauchsbasierten Kognitiven Linguistik ein. Behandelt werden sowohl Modelle, Konzepte und Theorien der Kognitiven Semantik als auch Grammatikmodelle wie die Kognitive Grammatik und die Konstruktionsgrammatiken. Auch neuere Entwicklungen wie die kognitiv-linguistische Forschung zur Multimodalität, die Kognitive Poetik und die Anwendung kognitiv-linguistischer Erkenntnisse im Sprachunterricht werden vorgestellt. Jedes Kapitel enthält zahlreiche deutschsprachige Beispielanalysen, Aufgaben und weiterführende Literaturhinweise. Als erste umfassende deutschsprachige Einführung in die Kognitive Linguistik eignet sich dieses Lehrbuch besonders für den Einsatz im Bereich der Germanistik und der Allgemeinen Sprachwissenschaft.

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Information

Publisher
De Gruyter
Year
2021
ISBN
9783110665680

1 Einleitung

1.1 Zum Gegenstandsbereich dieses Buchs

Das vorliegende Buch bietet eine Einführung in die gebrauchsbasierte Kognitive Linguistik (gemeinhin abgekürzt mit Großbuchstaben als KL bzw. Englisch CL für Cognitive Linguistics in Abgrenzung zu anderen kognitiv orientierten Disziplinen der Linguistik wie etwa der Generativen Grammatik). Sie hat sich in den letzten 45 bis 50 Jahren im stark diversifizierten Feld der sprachwissenschaftlichen Forschungsrichtungen und -traditionen als eigenständiges Paradigma gefestigt und etabliert. Das Buch richtet sich primär an (Quer-)EinsteigerInnen in das Gebiet, so zum Beispiel an Studierende, die zwar bereits über einige sprachwissenschaftliche Grundkenntnisse verfügen, mit dem Label „Kognitive Linguistik“ jedoch keine oder eine nur sehr vage Vorstellung verbinden. In diesem Sinn liegt das Ziel dieser Einführung darin, die Grundannahmen, Konzepte, Methoden, Forschungsfragen und Forschungsfelder der Kognitiven Linguistik vorzustellen, anhand von konkreten Studien und Datenbeispielen zu veranschaulichen und zur kritischen Auseinandersetzung damit einzuladen.
Doch was ist eigentlich „Kognitive Linguistik“ und was bedeutet „gebrauchsbasiert“? Die Geschichte der gebrauchsbasierten Kognitiven Linguistik beginnt in den frühen 1970er Jahren. Teilweise unabhängig voneinander und teilweise in engem Gedankenaustausch miteinander stehend, begannen zu dieser Zeit einige LinguistInnen ihre wachsende Unzufriedenheit mit dem damals vorherrschenden Paradigma zu artikulieren: der Generativen Grammatik nach Noam Chomsky. Diese Unzufriedenheit betraf in dieser frühen Phase in erster Linie kognitive Grundannahmen (dazu explizit Kapitel 2). Dazu gehörte die Annahme, Sprache sei als ein eigenständiges, angeborenes Modul im Gehirn verortet. Aber auch die postulierte Vorrangstellung der Syntax gegenüber der Semantik und die starre Ausrichtung auf die Kompetenz eines „idealen Sprechers/Hörers“ als alleiniges Erkenntnisinteresse der Linguistik stieß früh auf Skepsis, vor allem bei jenen LinguistInnen, die die strikte Ablehnung der Untersuchung des realen Sprachgebrauchs (der sogenannten Performanz) für falsch hielten. Dieser Sprachgebrauch wurde im Generativismus als fehlerbehaftet bzw. defizitär betrachtet. Man ging davon aus, dass er die Kompetenz von SprecherInnen, d.h. ihr mental verankertes Sprachsystem, nur unzureichend wiedergebe. Seine Untersuchung galt deshalb als irreführend und sinnlos (Chomsky 1965).
Ronald W. Langacker, einer der federführenden Begründer der gebrauchsbasierten Kognitiven Linguistik, formuliert diese tiefe Unzufriedenheit mit diesem in den 1960er und -70er Jahren vorherrschenden linguistischen Paradigma explizit als Beweggrund für die Entwicklung seiner Theorie der Kognitiven Grammatik (Cognitive Grammar):
Meine eigene Unzufriedenheit mit den dominanten Trends in der aktuellen Theorie ist tiefgreifend. Sie geht bis zur tiefsten Ebene der Prinzipien: Auffassungen darüber, was Sprache ist und womit sich die Sprachwissenschaft beschäftigen solle … Ob zu Recht oder zu Unrecht, ich kam schon vor einiger Zeit zu der Einsicht, dass die konzeptuelle Basis der Sprachwissenschaft auf Treibsand gebaut war, und der einzige Ausweg darin liege, nochmal von vorne zu beginnen, auf stabilerem Untergrund. (Langacker 1987a: v, Übersetzung E.Z.)1
Der Ursprung bzw. eher der Entstehungsanlass der Kognitiven Linguistik liegt also insofern in der Generativen Grammatik, als dass sie zu ihr eine – kognitiv plausible – Alternative sein will. Ungeachtet der Wichtigkeit der Entstehungsgeschichte der Kognitiven Linguistik, die in Teil 1 dieser Einführung intensiver thematisiert wird, soll die Darstellung ihrer Prämissen, Theorien, Forschungsfelder und Methoden in diesem Buch jedoch in positiver Weise erfolgen und somit nicht in konsequenter Abgrenzung zu anderen linguistischen Denkschulen, wie etwa dem Generativismus. Tatsächlich fällt diese Abgrenzung auch nicht immer leicht, nicht zuletzt für eher formal orientierte Grammatikmodelle der Kognitiven Linguistik, die nicht primär gebrauchsorientiert sind (wie etwa die Sign-Based-Construction Grammar von Sag 2012, Sag, Boas & Kay 2012; für einen Überblick siehe Ziem & Lasch 2013 und Hoffmann & Trousdale 2013). Der Grund dafür, dass sie hier unterbleibt, ist jedoch nicht die Schwierigkeit des Unterfangens, sondern vielmehr die Tatsache, dass eine solche komparative Darstellung der nunmehr fast 50-jährigen Entwicklungsgeschichte der Kognitiven Linguistik und ihrer wissenschaftlichen Eigenständigkeit in keinem Fall gerecht werden würde. Die Kognitive Linguistik ist nicht einfach das Gegenmodell zum Generativismus, sondern ein inzwischen voll etabliertes und seit einigen Jahrzehnten eigenständiges Forschungsfeld. Dabei beschreitet sie in vielen Belangen keine durchwegs neuen Wege, sondern sie besinnt sich auf einige vor der generativistischen Wende bereits etablierten Annahmen und Theorien zurück. Die epistemologischen Wurzeln der Kognitiven Linguistik sind die Gestaltpsychologie und der europäische Strukturalismus. Darauf soll im Abschnitt zu den Grundannahmen der Kognitiven Linguistik noch näher eingegangen werden (Teil 1 dieser Einführung).
Tatsächlich ist die Kognitive Linguistik auch kein einheitliches Forschungsparadigma, sondern unter ihrem Hut vereint sich eine recht große Fülle teilweise sehr unterschiedlicher Ansätze mit spezifischen Erkenntnisinteressen. Diesen Hut bilden vor allem einige geteilte Grundannahmen zur Interdependenz von Sprache und allgemeinen, nicht sprachspezifischen kognitiven Fähigkeiten (mehr dazu in Kapitel 3), und das Bekenntnis zu einigen selbstauferlegten „Verpflichtungen“ (commitments). Dazu gehören in erster Linie das „generalization commitment“ und das „cognitive commitment“ (Lakoff 1990), die in jüngster Zeit zudem um das „social commitment“ ergänzt wurden (Geeraerts 2016). Diesen drei Verpflichtungen zufolge, die von einigen AutorInnen auch als Prämissen bezeichnet werden, sollten Kognitive LinguistInnen stets im Blick behalten, dass ihre Theorien, Analysen und Modelle kognitiv plausibel und mit gesicherten Erkenntnissen der Kognitions- und Neurowissenschaften vereinbar sein müssen, sowie gleichzeitig der Tatsache Rechnung tragen müssen, dass Sprache kein abstraktes, rein kognitives Regelsystem ist, sondern untrennbar an ihren Gebrauch in sozialer Interaktion gebunden ist. Zentrales Element ist dabei ihr Bekenntnis zur Gebrauchsbasiertheit. Damit ist die Annahme gemeint, dass SprecherInnen sprachliche Strukturen aus dem Sprachinput, dem sie ausgesetzt sind, ableiten und dadurch erwerben. Dabei greifen sie auf allgemeine, basale und nicht-sprachspezifische kognitive Fähigkeiten zurück, wie etwa der Mustererkennung. Sprache ist demnach nicht angeboren und sprachliche Strukturen sind nicht kognitiv vorangelegt (wie dies die Generative Grammatik proklamiert), sondern der Erwerbsprozess ist (sprach)gebrauchsbasiert.
Diese Grundprinzipien der Kognitiven Linguistik machen sie nicht nur zu einer prinzipiell stark interdisziplinär ausgerichteten Forschungsausrichtung, sondern zu einer sprachwissenschaftlichen Disziplin, die den hohen Anspruch an sich selbst stellt, den Untersuchungsgegenstand nicht a priori zu begrenzen, sondern Sprache in ihrer gesamten Komplexität zu beschreiben und holistische Erklärungsmodelle anzubieten. Es kann deshalb nicht überraschen, dass die Kognitive Linguistik in ihrer noch relativen kurzen Geschichte ihrem eigenen Anspruch und der Komplexität des Untersuchungsgegenstands bis dato sicherlich nur in Teilbereichen gerecht wird. Tatsächlich ist das Feld trotz des beachtlichen Fortschritts in den letzten 45–50 Jahren und trotz der Tatsache, dass die Forschungsgemeinschaft kontinuierlich wächst und gut vernetzt ist, in weiten Teilen noch unbearbeitet. Im besten Fall ist diese Einführung also auch Einstieg in eigene Forschung auf diesem jungen und spannenden Gebiet. Dieser Einstieg kann jedoch nur auf der Basis eines guten Rüstzeugs gelingen. Es ist deshalb erklärtes Ziel dieses Buchs, als ersten Schritt auf dem Gebiet der gebrauchsbasierten Kognitiven Linguistik einführendes Wissen zu vermitteln, nachhaltiges Verständnis zu ermöglichen und nicht zuletzt Neugierde zu wecken.

1.2 Aufbau des Buchs

Die vorliegende Einführung in die gebrauchsbasierte Kognitive Linguistik ist in vier größere thematische Abschnitte gegliedert. Kapitel 1 des ersten Teils widmet sich der Entstehungsgeschichte der Kognitiven Linguistik und situiert sie innerhalb des stark diversifizierten Feldes sprachwissenschaftlicher Paradigmen, Theorien und Modelle des 20. und 21. Jahrhunderts. Dieser bewusst kurz gehaltene historische Überblick dient als Grundlage für das daran anschließende Kapitel 2, in dem einige epistemologische Grundannahmen und Basisprinzipien der Kognitiven Linguistik dargelegt werden. Teil 2 und Teil 3 sind den zwei großen Forschungsbereichen der KL gewidmet, nämlich den verschiedenen Ansätzen innerhalb der Kognitiven Semantik einerseits und den kognitiv-linguistischen Grammatiktheorien andererseits. In Teil 4 werden abschließend einige interdisziplinäre Anwendungsfelder der Kognitiven Linguistik vorgestellt.

1.3 Empfehlungen zum Gebrauch des Buchs

Das vorliegende Buch richtet sich primär an Studierende und Lehrende von Einführungs- bzw. Grundlagenkursen aus dem Themenspektrum der Kognitiven Linguistik. Es ist bewusst einführend gehalten und konzentriert sich auf die Vorstellung von Basisprinzipien, Konzepten, Theorien, Methoden und Anwendungsfeldern. Dabei wird eine rein synchrone Perspektive eingenommen. Sprachwandelphänomene bleiben in dieser Einführung größtenteils ausgeklammert. Die Einführung spiegelt in diesem Punkt den Forschungsfokus der Autorin wieder. Das zeigt sich auch daran, dass an einigen Stellen im Buch Brücken zur Interaktionalen Linguistik bzw. zur Gesprächsforschung geschlagen werden.
Jedes Kapitel enthält bibliographische Hinweise zur vertieften Auseinandersetzung mit den präsentierten Inhalten. Je nach thematischem Schwerpunkt von einzelnen Lehrveranstaltungen oder Kursen wird explizit empfohlen, Primärtexte (zumeist aus dem Englischen) hinzuzuziehen. Zu Ende jedes Kapitels werden die wichtigsten Punkte nochmal in Kurzform zusammengefasst und einige mögliche Übungen zur Anwendung und Vertiefung der gelernten Inhalte vorgeschlagen. Es finden sich dort zudem Hinweise auf weiterführende Literatur.
Da es sich an ein deutschsprachiges Publikum richtet und wahrscheinlich vorzugsweise in germanistischen Kontexten verwendet werden wird, wurden – wo immer möglich und sinnvoll – deutsche Beispiele und Arbeiten zum Deutschen zur Veranschaulichung von theoretischen Konzepten und Modellen herangezogen. Da die überwältigende Mehrheit der kognitiv-linguistischen Studien jedoch auf Englisch und zum Englischen publiziert wurden, konnte diesem Anspruch allerdings nicht immer bzw. nicht immer uneingeschränkt entsprochen werden. Zitate aus englischsprachigen Primärwerken wurden nur dann übersetzt, wenn Sie im Fließtext eingebettet sind. Viele Übersetzungen sind dabei relativ frei, um das Verständnis und den didaktischen Nutzen zu vergrößern. Das englische Originalzitat wird zusätzlich immer in Fußnoten angeführt. Englische Zitate, die lediglich in Fußnoten oder Infoboxen vorkommen, wurden hingegen nicht übersetzt.
Für eine Vielzahl von englischen Fachbegriffen werden deutsche Übersetzungen bzw. Alternativen angeboten. Manche Begriffe wurden jedoch aus dem Englischen übernommen, vor allem dann, wenn deutsche Alternativen dem Verständnis eher abträglich zu sein schienen.
Das Buch enthält darüber hinaus eine für ein Einführungswerk vielleicht etwas ungewöhnliche Fülle an Literaturverweisen. Sie dienen nicht nur als Quellennachweise, sondern hoffentlich auch als Anreiz, an geeigneter Stelle und bei Interesse an einer tiefergehenden Auseinandersetzung weitere Primär- und Sekundärliteratur heranzuziehen. Darüber hinaus können sie dazu dienen, die LeserInnen mit den Akteuren, die das Feld der Kognitiven Linguistik definieren und gestalten, vertraut zu machen.
Das Buch enthält auch einige Informationsfelder, die über spezifische Symbole am Seitenrand gekennzeichnet sind. Das Symbol
weist dabei auf zusätzliche Informationen hin. Diese dienen der Vertiefung des aktuellen Themas. In den mit
gekennzeichneten Boxen werden Zusammenhänge erläutert und nähere Erklärungen gegeben. Das Symbol
weist auf Schwierigkeiten und Ungereimtheiten hin.

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