Niemand sollte vor seinem Tod sterben
eBook - ePub

Niemand sollte vor seinem Tod sterben

Ein Mutmachbuch fĂŒr Schwerkranke und ihre Angehörigen

  1. 140 pages
  2. English
  3. ePUB (mobile friendly)
  4. Available on iOS & Android
eBook - ePub

Niemand sollte vor seinem Tod sterben

Ein Mutmachbuch fĂŒr Schwerkranke und ihre Angehörigen

About this book

Wenn man schwer kranke Menschen danach fragt, wann sie sich erstmals ihrer Endlichkeit bewusst wurden, so berichten diese nicht etwa von Krankenhausaufenthalten und Medikamenteneinnahmen. Sie schildern die Momente, wo ihnen bewusst wurde, im Job nicht mehr auf dem alten Niveau mithalten zu können; sie berichten ĂŒber Situationen, in denen sie eigene Hobbies und Interessen aus gesundheitlichen GrĂŒnden aufgeben mussten und vor allem: ĂŒber Erlebnisse, in denen sie das erste Mal sozial ausgegrenzt oder diskriminiert wurden. Dieser Prozess eines sozialen Sterbens kann aufgrund des medizinischen Fortschritts ganze Lebensjahrzehnte von Menschen bestimmen. Carolin Tillmann hat mit Menschen in genau diesen Situationen gesprochen und die wichtigsten HĂŒrden in ihrem Lebens- und Arbeitsalltag aufgedeckt. Sie fragt: Was können diese Menschen tun, um sich LebensqualitĂ€t zu erhalten, welche Teilhabemöglichkeiten gibt es und wie kann das soziale Umfeld UnterstĂŒtzung bieten? Ein authentischer Ratgeber, der tiefe Einblicke in Lebenswelten eröffnet, vor denen wir alle gern die Augen verschließen.

Frequently asked questions

Yes, you can cancel anytime from the Subscription tab in your account settings on the Perlego website. Your subscription will stay active until the end of your current billing period. Learn how to cancel your subscription.
At the moment all of our mobile-responsive ePub books are available to download via the app. Most of our PDFs are also available to download and we're working on making the final remaining ones downloadable now. Learn more here.
Perlego offers two plans: Essential and Complete
  • Essential is ideal for learners and professionals who enjoy exploring a wide range of subjects. Access the Essential Library with 800,000+ trusted titles and best-sellers across business, personal growth, and the humanities. Includes unlimited reading time and Standard Read Aloud voice.
  • Complete: Perfect for advanced learners and researchers needing full, unrestricted access. Unlock 1.4M+ books across hundreds of subjects, including academic and specialized titles. The Complete Plan also includes advanced features like Premium Read Aloud and Research Assistant.
Both plans are available with monthly, semester, or annual billing cycles.
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Yes! You can use the Perlego app on both iOS or Android devices to read anytime, anywhere — even offline. Perfect for commutes or when you’re on the go.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Yes, you can access Niemand sollte vor seinem Tod sterben by Carolin Tillmann in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Personal Development & Self Improvement. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.

Information

Kapitel 1
Warum Kranksein kein individuelles Problem ist
Begleitbild zu Kapitel 1
Chronische Krankheit ist ein Thema, das uns aus mehreren GrĂŒnden alle etwas angeht: Gesunde wie Kranke, Angehörige wie Betroffene, Profis wie Laien, Junge wie Alte. Jemand, der sich bis vor wenigen Monaten bester Gesundheit erfreute, erkrankt scheinbar plötzlich an Krebs oder ein Unfall verĂ€ndert das Leben von einer Minute zur nĂ€chsten und bringt Behinderung und Krankheit mit sich. Menschen, die gesund sind und denken, dass Krankheit mit ihnen nichts zu tun hat, wiegen sich in einer scheinbaren Sicherheit. Der amerikanische Literaturwissenschaftler Lennard J. Davis spricht im Hinblick auf nicht beeintrĂ€chtigte Menschen von »temporarily able-bodied« (TAB)1, also von »vorĂŒbergehend nicht eingeschrĂ€nkten Körpern/Menschen«. Er verwendet den Begriff, um zu verdeutlichen, wie zerbrechlich und unbestĂ€ndig ein unbeeintrĂ€chtigter und gesunder Körper sein kann. Davis unterstreicht damit, dass Gesundheit nichts ist, was uns definitiv ein Leben lang erhalten bleibt, wenn wir uns denn nur richtig verhalten. Ganz im Gegenteil, steht es zum grĂ¶ĂŸten Teil nicht in unserer Macht, unseren Körper vor Krankheit zu bewahren und zu schĂŒtzen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass wir am eigenen Leibe mit Krankheit konfrontiert werden, steigt mit dem Lebensalter. Dass diese Konfrontation mit Krankheit fĂŒr uns alle zugenommen hat, hat unter anderem mit dem medizinischen Fortschritt zu tun. Der technische und medizinische Fortschritt findet seinen Ausdruck in einer immer grĂ¶ĂŸer werdenden Vielfalt an zur VerfĂŒgung stehenden diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten. Krankheiten, die vor Jahrzehnten unheilbar waren, sind heute heilbar; zumindest aber lĂ€sst sich in vielen FĂ€llen die Lebenszeit mit solchen Erkrankungen verlĂ€ngern.
Seit vielen Jahren ist bekannt, dass der medizinische Fortschritt es in zunehmenden Maße erlaubt, den Tod von schwerkranken Menschen hinauszuschieben.2 Doch was bedeutet dies eigentlich fĂŒr die Menschen, die heutzutage chronisch erkranken? Die vielen neuen Möglichkeiten wecken Hoffnungen, die natĂŒrlich ihre Berechtigung haben. Dennoch hat das lĂ€ngere Leben mit (schwerer) Krankheit nicht ausschließlich positive Seiten. LĂ€nger leben zu können, sagt nichts ĂŒber die LebensqualitĂ€t und die verĂ€nderte Lebenssituation aus, die dann fĂŒr Kranke zum Alltag wird. Insofern ist Krankheit etwas, mit dem wir frĂŒher oder spĂ€ter alle konfrontiert werden: entweder am eigenen Körper oder bei Menschen, die wir lieben und die uns nahestehen. Sich deren Lebenssituation bewusst zu machen, kann UnterstĂŒtzungsmöglichkeiten aufzeigen, uns verdeutlichen, wo wir aktiv werden sollen und mĂŒssen oder welche Vorsorge wir treffen sollten fĂŒr den Fall, selbst zu erkranken.
Gesund oder krank: LÀnger leben und lÀnger sterben
Seit der zweiten HÀlfte des 20. Jahrhunderts haben sich drastisch verlÀngerte SterbeverlÀufe ergeben, die sich historisch erstmalig als eigene Phase vom Tod entkoppelt haben.3 Wie ist es möglich, dass wir einerseits lÀnger leben können und andererseits sich die SterbeverlÀufe deutlich verlÀngern?
Um diesen zunĂ€chst paradox anmutenden Zusammenhang zu verstehen, mĂŒssen wir das Sterben genauer betrachten. WĂ€hrend in frĂŒheren Zeiten eine schwere Erkrankung meist in nicht allzu langer Zeit zum Tode fĂŒhrte, so können Menschen heutzutage zum Teil mit schwersten Erkrankungen viel lĂ€nger leben. Eine schwere Erkrankung ist nicht in jedem Fall ein in kurzer Frist wirksames Todesurteil. Die Frage, weshalb sich vor dem Hintergrund dieser positiven Entwicklung das Sterben verlĂ€ngert, ist damit noch nicht beantwortet.
DafĂŒr ist es hilfreich, verschiedene Formen des Sterbens zu unterscheiden: Wir beobachten das physiologische, das psychologische und das soziale Sterben. Das physiologische Sterben betrifft den Verlust körperlicher Funktionen und damit das, was allgemein unter Sterben verstanden wird: Der Körper, der zunehmend seiner Kraft beraubt wird, bis er schließlich tot ist. Unter dem Begriff des psychischen Sterbens ist der Verlust von Bewusstsein und verschiedener Teile des Ichs zu verstehen, wie sie etwa bei Demenz auftreten können.4 Abgegrenzt davon muss das soziale Sterben betrachtet werden, ein Vorgang, den ich fĂŒr ein zentrales Problem des Lebens mit schwerer chronischer Erkrankung halte. Hierbei handelt es sich, wie der Begriff unschwer vermuten lĂ€sst, um einen sozialen Prozess. Soziales Sterben beinhaltet den Verlust von Rollen, von Anerkennung und sozialen Teilhabechancen.5 Das soziale Sterben kann im Alltag bedeuten, dass ein kranker Mensch wegen seiner Erkrankung seine BerufstĂ€tigkeit einschrĂ€nken oder im schlimmsten Falle ganz aufgeben muss; dass Treffen mit Freunden seltener möglich sind oder Besucher kaum empfangen werden können; dass sich der Freundeskreis verkleinert und berufliche Anerkennung ausbleibt. Weiterhin können die Rollen, in die man als gesunder Mensch selbstverstĂ€ndlich schlĂŒpft, etwa als Partnerin, Freundin, LebensgefĂ€hrtin, Arbeitskollegin, Elternteil, Ratgeberin oder UnterstĂŒtzerin, plötzlich nicht mehr in vollem Umfang ausgefĂŒllt werden. Schwer krank sein bedeutet, viel Zeit, Kraft und Energie fĂŒr Termine bei Ärzten, Therapeuten und in KrankenhĂ€usern aufzuwenden, bei anderen Dingen mĂŒssen entsprechend Abstriche gemacht werden.
Das soziale Sterben ist im Hinblick auf verlĂ€ngerte SterbeverlĂ€ufe und im Hinblick auf Benachteiligung von zentraler Bedeutung. Soziales Sterben kann zu einem viel frĂŒheren Zeitpunkt einsetzen als der eigentliche Prozess des körperlichen Sterbens. Eine unheilbare Krankheit, die nur langsam fortschreitet und nicht unmittelbar tödlich ist, kann dennoch dazu fĂŒhren, dass der Prozess des sozialen Sterbens beginnt. Wie schnell und intensiv sich dieser Prozess vollzieht, hĂ€ngt davon ab, wie stark sich die EinschrĂ€nkungen durch die Erkrankung im Einzelfall bemerkbar machen. Es gibt schwere Erkrankungen, bei denen Betroffene bis kurz vor ihrem Tod sozial sehr eingebunden und aktiv sind; das soziale Sterben setzt in diesem Fall erst spĂ€t ein. Umgekehrt gibt es FĂ€lle, in denen die KrankheitsaktivitĂ€t ĂŒber Jahre zunimmt und das soziale Sterben schleichend eintritt, was auch die Berichte von Betroffenen in Kapitel drei verdeutlichen.
Sie fragen sich vielleicht, ob die Wortwahl des Sterbens in diesen FĂ€llen nicht zu hart ist. Nein, das ist sie nicht. Es ist lĂ€ngst ĂŒberfĂ€llig, bei diesem Thema einen Begriff zu wĂ€hlen, der Inhalt und Konsequenzen dieses Prozesses fĂŒr die Betroffenen angemessen beschreibt. Im Laufe des Buches werden sie hoffentlich ein anderes, ein neues VerstĂ€ndnis von diesem besonderen und – außerhalb philosophischer Debatten – selten benutzen Begriff des Sterbens und der sozialen Benachteiligung gewinnen.
Die Auseinandersetzung mit Sterben, egal in welcher Form, fĂŒhrt uns natĂŒrlich unsere eigene Verletzlichkeit, Zerbrechlichkeit und Endlichkeit vor Augen. Sterben ist immer noch eines der Tabuthemen unserer Zeit. Der Prozess des Sterbens endet mit dem Tod. Wenn wir die Zeitung aufschlagen oder zufĂ€llig im Internet entdecken, dass eine uns bekannte Person verstorben ist, so erschĂŒttert uns dies hĂ€ufig. Einige wĂŒrden den Tod und das Sterben am Liebsten nicht nur aus dem Bewusstsein, sondern aus dem Leben an sich verbannen: »Wir werden nicht mehr leiden und nicht mehr sterben mĂŒssen. So verspricht es Ray Kurzweil, Pionier in der Forschung zu kĂŒnstlicher Intelligenz und Kopf der transhumanistischen Bewegung.«6
Dabei kommen wir zu aufschlussreichen Erkenntnissen, wenn wir uns die verĂ€nderte Bedeutung von Sterben und Tod in Bezug auf das eigene Leben vor Augen fĂŒhren. Wir sind verfĂŒhrt, diese Themen zu umgehen und hinauszuschieben. FrĂŒher oder spĂ€ter bleibt es uns jedoch nicht erspart, uns mit dem Sterben und dem Tod auseinanderzusetzen. Diejenigen, die von Krankheit direkt oder indirekt betroffen sind, können sich der Auseinandersetzung zu keiner Zeit entziehen. Schwerkranken wird die eigene Begrenztheit immer wieder vor Augen gefĂŒhrt, sie haben nicht die Wahl, das Thema aus ihrem Leben zu streichen oder zu verschieben; und das ist nicht auf die Ebene gesundheitlicher Probleme begrenzt. In diesem Buch wird der Begriff des sozialen Sterbens wie eine Art Brennglas genutzt. Aus der Perspektive des Verlustes von sozialer Teilhabe, Anerkennung und Rollen wird greifbar, worunter chronisch schwerkranke Menschen – neben ihren unmittelbaren Krankheitssymptomen – leiden. Dieser Fokus auf die soziale Dimension von Krankheit rĂŒttelt zunĂ€chst wach, macht nachdenklich und schmerzt vielleicht auch. Dies lĂ€sst sich jedoch nicht vermeiden: ZunĂ€chst muss ein Problem diagnostiziert werden, bevor Behandlungsmöglichkeiten angeboten werden können. Ich lade Sie ein, sich dem Thema im Laufe dieses Buches immer mehr zu nĂ€hern, so dass es nicht nur seinen Schrecken verliert, sondern wir die Punkte entdecken, an denen wir selbst ansetzen können – unabhĂ€ngig davon, in welcher konkreten Lebenssituation wir uns befinden.
Gesundheitssystem: Hauptsache, der Euro rollt
Neben dem Problem der eingeschrĂ€nkten oder sich verringernden sozialen Teilhabe gibt es weitere wichtige Themen, die kranke Menschen ebenso beschĂ€ftigen wie diejenigen, die sie begleiten. Darunter an erster Stelle: das Gesundheitssystem, welches mit seinen zahlreichen Anlaufstellen die teils berechtigte Hoffnung auf Diagnostik, Therapie und bestmögliche Behandlung schĂŒrt.
In Zeiten, in denen die Privatisierung im Gesundheitswesen voranschreitet und Ärzte zunehmend dazu gedrĂ€ngt werden, unter strikt wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu handeln, sollten und mĂŒssen Patienten sehr achtsam sein. Sich bedingungslos einem System anzupassen, das wie ein privates Wirtschaftsunternehmen funktioniert und auf Profit ausgerichtet ist, kann insbesondere fĂŒr kranke Menschen gefĂ€hrlich werden. Wenn von der Ökonomisierung in KrankenhĂ€usern die Rede ist, geht es nicht um eine Verbesserung betriebswirtschaftlicher AblĂ€ufe, um Leistungen fĂŒr Patienten effektiver und kostengĂŒnstiger anzubieten. Es geht um das Gegenteil: Es sollen Bedingungen geschaffen werden, die einen hohen Gewinn fĂŒr die Krankenhausbetreiber ermöglichen.7 Ärzte werden dabei in ein immer engeres Korsett gezwĂ€ngt, welches selbst Kernbereiche Ă€rztlichen Handelns formt. Mediziner in allen Funktionen, besonders aber diejenigen in Leitungsfunktionen, sind von dieser Entwicklung stark betroffen. So existieren beispielsweise sogenannte »ChefarztvertrĂ€ge«, die oftmals ein vergleichsweise »geringes« Festgehalt und eine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg der Einrichtung beinhalten. Sogar die VerlĂ€ngerung von befristeten Ă€rztlichen ArbeitsvertrĂ€gen kann vom sogenannten wirtschaftlichen Erfolg der Ärzte abhĂ€ngen.8 Ärztliches Verhalten soll durch Anreize in Form von finanziellen Zulagen gesteuert werden. Die Warnung der Zentralen Ethikkommission der BundesĂ€rztekammer, dass Ärzte sich zunehmend in ihren Denk- und Verhaltensweisen an ökonomischen Gesichtspunkten orientieren könnten, verhallt ungehört, denn ebendies entspricht ja den politischen Absichten.9
Die technikfixierte Medizin bietet scheinbar unzĂ€hlige diagnostische und therapeutische Möglichkeiten, um dem kranken Menschen die richtige Diagnose und bestmögliche Therapie angedeihen zu lassen. Problematisch scheint dabei nur, dass Ärzte lediglich fĂŒr das bezahlt werden, was sie tun; eine sinnlose oder wenig erkenntnisreiche Untersuchung zu unterlassen, wird nicht bezahlt. Die Leistung eines Mediziners wird nicht an dem Gesundheitsstatus seines Patienten gemessen. Die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten verlocken somit geradezu, nicht nur das wissenschaftliche Erkenntnisinteresse im Hinblick auf das Wohl der Patienten zu befriedigen, sondern auch der Bilanz des eigenen Gesundheitsbetriebes zu dienen. DurchgefĂŒhrte Untersuchungen können abgerechnet werden, nicht durchgefĂŒhrte Untersuchungen werden hingegen nicht honoriert.
Wir mĂŒssen uns daher fragen, ob Ärzten innerhalb des real existierenden Gesundheitssystems nicht falsche Anreize geboten werden und welche Konsequenzen das fĂŒr einen kranken und hilfebedĂŒrftigen Menschen hat.
Eigentlich – so die graue Theorie – sollte sich die medizinische Indikation, also die Entscheidung fĂŒr bestimmte diagnostische und therapeutische Maßnahmen, ausschließlich am Wohle des Patienten orientieren. Dem steht mittlerweile allerdings etwas Entscheidendes im Wege: der Euro, der rollen muss! Die Fehlanreize eines Gesundheitssystems, in dem Geld grundsĂ€tzlich nur fĂŒr das gezahlt wird, was auch gemacht wird, liegen auf der Hand: Es werden Untersuchungen durchgefĂŒhrt, die nicht ausschließlich und unbedingt darauf abzielen, dem Wohle des Patienten zu dienen. Den Patienten droht eine Überbehandlung, die sie zusĂ€tzlichen Risiken aussetzt. Es ist sogar möglich, dass die Fehlanreize die Diagnose beeinflussen, wenn KrankenhĂ€user pauschal nach der Krankheit der Patienten bezahlt werden, denn dies fĂŒhrt dazu, dass lukrative Diagnosen plötzlich viel hĂ€ufiger gestellt werden.10 Selbst die BundesĂ€rztekammer rĂ€umt ein, dass immer mehr ökonomische Zielvorgaben in diesen Prozess einfließen: Infolgedessen werden Ärzte verleitet, auf notwendige Maßnahmen zu verzichten und finanziell ertragreichere Diagnostiken und Behandlungen vorzunehmen, obwohl deren Notwendigkeit nicht offenkundig ist.11
Hier setzen auch die hÀufig angebotenen Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) an. Zu diesen individuellen Gesundheitsleistungen zÀhlen alle nicht zum festgeschriebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen g...

Table of contents

  1. Sorge um die Resozialisierung der Sterbenden
  2. Inhalt
  3. Vorbemerkung
  4. Einleitung
  5. Kapitel 1
  6. Kapitel 2
  7. Kapitel 3
  8. Kapitel 4
  9. Kapitel 5
  10. Zwischen Gesundsein-Wollen und Gesundsein-Sollen
  11. Kapitel 6
  12. Literaturverzeichnis
  13. Endnoten
  14. Epilog