Zen im richtigen Leben
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Zen im richtigen Leben

60 Lehren über Einfachheit, Dankbarkeit und Glück

  1. 160 pages
  2. English
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  4. Available on iOS & Android
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Zen im richtigen Leben

60 Lehren über Einfachheit, Dankbarkeit und Glück

About this book

In lebensnahen Geschichten und Beispielen aus ihrem alltäglichen Erleben beschreibt die angesehene, hochbetagte japanische Zen-Meisterin Shundo Aoyama Roshi Alternativen zu unserem oft hektischen, von Konkurrenz bestimmten modernen Leben. Ihr Buch ist ein überzeugendes Plädoyer für eine Kultur der Einfachheit und Entschleunigung, des Innehaltens und der Langsamkeit. Die Leserinnen und Leser erfahren darüber hinaus vieles über dastraditionelle und moderne Japan - über Klöster, Tempel, Religionen und das alltägliche Leben - aus der Sicht einer klugen, lebenserfahrenen Frau.

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Information

Year
2021
eBook ISBN
9783958834989
Edition
1

ERSTES BUCH

ZUM ANDEREN UFER KOMMEN

Schön sein

Die Leute gehen in der Welt herum und ahnen gar nicht, wie unbestechlich ihr Aussehen das Leben verrät, das sie bisher geführt haben. Diese Blöße von Gesicht und Körper kann verstören, ja, Angst einjagen. Was immer wir seit dem Tag unserer Geburt gedacht, gesagt oder getan haben, Gesicht, Körper und Persönlichkeit wurden durch all das geprägt. So kann eine Person mit klarem Auge mit einem einzigen Blick unsere gesamte Lebensgeschichte erkennen.
Es war, glaube ich, der US-Präsident Abraham Lincoln, der sagte, ab dem vierzigsten Lebensjahr seien wir selber dafür verantwortlich, wie schön wir nach außen wirken. In den Jahren danach kann man nicht mehr hinter Kosmetik oder Kleidern verstecken, wie Gesicht und Körper wirklich aussehen. Es ist, als seien sie ständig mit einem unsichtbaren Meißel bearbeitet worden, seit dieser Mensch seinen ersten Atemzug getan hat.
Der japanische Dichter und Kalligraph Yaichi Aizu (1881–1956) schrieb einmal an einen Bekannten: »Mein Freund, bei allem, was ich denke und tue, bemühe ich mich um Umsicht und um Ruhe im Herzen. Meine Hoffnung ist, dass das auf lange Sicht zu einer Schönheit von innen führt.« Das berührt mich sehr und ich würde gerne auch auf diese Weise alt werden.

Ein Hauch aus dem Paradies

Ich halte inne bei meiner Gartenarbeit und betrachte einen kleinen Vogel über mir, der laut in die Stille zwitschert. Da weht ein frischer Luftzug von den Japanischen Alpen herunter und trocknet mir den Schweiß auf den Augenbrauen. In diesem Augenblick steigt Freude in mir auf, Freude am Leben und Freude an der Arbeit. Da kommt eine alte Frau und sagt im Vorbeigehen: »Der Wind ist kalt heute, nicht wahr?«
»Welches Haus kann den hellen Mond nicht willkommen heißen oder den frischen Wind?« heißt es im Hekigan-roku [auf Chinesisch Bi Yan Lu, Die Niederschrift von der smaragdenen Felswand]. Der helle Mond und der frische Wind erreichen jedes Haus. Empfindet man den Wind als frische Brise oder als herzlosen kalten Windstoß? Der Unterschied liegt nicht im Wind an sich, sondern in der Person und ihrer Wahrnehmung. Jemand hat mir gesagt, dass so ein kühler Luftzug auch »Paradieshauch« genannt wird.
Vor vielen Jahrhunderten fragte Zhouzhou den Chan-Meister Nanquan, ob er den Weg suchen solle, und Nanquan antwortete: »Wenn du das machst, bist du nicht mehr eins mit dem Weg« [Mumonkan, Beispiel 19]. Was wir Paradies, Reines Land, Glück, Dharma, Erwachen oder Erleuchtung nennen, können wir nie außerhalb von uns selbst suchen. Wir können es nur finden, weil es schon immer in uns ist.

Es schwappt nur, wenn es nicht voll ist

Ich war zu einer Teezeremonie in einem nahegelegenen Tempel eingeladen. Als ich dort den Raum betrat, sah ich in der Tokonoma-Nische ein Rollbild hängen. Es zeigte einen Flaschenkürbis und eine Zeile des japanischen Zen-Meisters Rōsen Takashina (1876–1968): »Es schwappt nur, wenn es nicht voll ist.« Welch hintergründiger Humor.
Wenn man einen Flaschenkürbis schüttelt, der vollständig mit Sake gefüllt ist, gibt er keinen Ton von sich. Ist aber nur noch wenig Sake darin und man schüttelt, dann schwappt das Wenige hin und her. Menschen gleichen ein wenig solchen Kürbissen. Wer sich seiner selbst wirklich bewusst ist, bleibt in jeder Lebenslage ruhig und ist nicht aus der Ruhe zu bringen. Wer dagegen geschäftig herumrennt, sich beklagt und sich entschuldigt, zeigt damit, dass er oder sie etwas mehr Weisheit brauchen könnte.
Einmal fuhr ich in einem kleinen Boot einen Fluss hinunter, da fiel mir etwas ein, was ganz ähnlich ist: Am Oberlauf ist der Fluss flach, die Oberfläche unruhig und man hört gut, wie das Wasser dahinfließt. Am Unterlauf ist der Fluss breit und das Wasser tief. Dort ist die Oberfläche sanft und ruhig und das Fließen kaum vernehmbar.
Die Worte auf diesem Rollbild kommen mir immer dann in den Sinn, wenn ich mich über etwas beklagen möchte.

Die Pferdebremse

Eines Tages sprach ich in meinem Zimmer mit einer Frau, die laut schluchzte und ständig sagte, dass sie sterben wolle. Da bemerkte ich eine Pferdebremse, die ständig verzweifelt versuchte, nach draußen zu kommen. Immer wieder flog sie mit aller Kraft gegen das Fenster, fiel benommen zu Boden, erholte sich wieder – und donnerte gleich darauf wieder gegen die gleiche Stelle am Fenster. Da fiel mir der Zen-Meister Fūgai (1568–1654) ein und ich erzählte der Frau eine Geschichte über ihn:
Ein wohlhabender Mann besuchte Meister Fūgai in dessen schäbigem Tempel in Osaka und klagte über seine Probleme. In diesem Augenblick flog eine Bremse herein und stürzte sich immer wieder auf das Fenster. Fūgai beobachtete die Bremse intensiv und wirkte, als hörte er seinem Besucher überhaupt nicht zu.
Da bemerkte der ungeduldige Geldmensch mit beißendem Spott: »Ihr scheint eine Vorliebe für Bremsen zu haben.« Da antwortete Fūgai: »Verzeihung. Es ist alles bloß so furchtbar traurig für die arme Bremse. Dieser Tempel ist berüchtigt für seine Baufälligkeit. Tatsache ist, dass es hier jede Menge Löcher gibt, durch die die Bremse hinausfliegen könnte. Sie aber rennt sich immer an ein und derselben Stelle den Kopf ein, weil sie sich darauf versteift, genau auf diesem Weg nach draußen zu kommen. Wenn sie so weitermacht, ist das ihr Tod. Aber nicht nur diese Bremse ist so zu bedauern.«

Lieben

Einmal hatte ich auf einer Reise für eine Bekannte sorgfältig ein Andenken ausgesucht. Ich schenkte es ihr und wollte ihr damit eine Freude machen. Wie sie reagierte, hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Sie sagte nämlich: »Ich selbst brauche es nicht. Aber ich nehme es gerne an, es wird ein schönes Geschenk für jemand anders sein.« Da platzte es aus mir heraus: »Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich es Ihnen nicht gegeben.«
Noch im Sprechen bemerkte ich meinen Irrtum. Es ist schrecklich, wenn wir im Geist etwas festhalten wollen, was wir bereits hergegeben haben. Ich hatte nicht bedingungslos geschenkt, hatte nicht sagen können: »Fühlen Sie sich ganz frei. Sie können es wegwerfen oder weiterschenken. Hauptsache, Sie haben es angenommen.«
Ich empfand Dankbarkeit und dachte: Welch ein Glück, dass ich die Lehren des Buddha hören durfte. So kann ich diesen Teil an mir erkennen, der an Besitztümern haftet. – Rabindranath Tagore hat sinngemäß gesagt: »Möge dir meine Liebe nicht zur Last werden. Ich liebe dich und ich erwarte von dir keine Gegenliebe.«
Tagore liebte und gab ohne Bedingung, und trotzdem sorgte er sich, ob er die geliebte Person womöglich belasten könnte. Ich wurde rot vor Scham, als mir bewusst wurde, wie weit ich von Tagore entfernt war.

Sich in andere hineinversetzen

Eine ältere Dame kam regelmäßig in den Tempel und sang im Tempelchor mit, und das war, wie sie mir einmal erzählte, ihre größte Freude. Eines Tages war sie nicht da. Als die Gruppe das nächste Mal Chorprobe hatte, fragte ich sie, was vorgefallen war.
»Ach«, sagte sie, »ich hatte mich gerade zum Weggehen fertig gemacht und wollte hinaus. Da kam eine Dame und wollte mich besuchen. Sie fragte, ob ich gerade hätte gehen wollen. Hätte ich Ja gesagt, wäre sie umgekehrt und heimgegangen. Nun hatte sie sich aber schon die Mühe gemacht und war hergekommen. Deshalb dachte ich, das wäre doch schade, und sagte: ›Nein, Sie kommen genau richtig. Ich bin gerade nach Hause gekommen. Kommen Sie doch herein.‹ Das tat sie, und ich konnte nicht zur Probe kommen.«
Was hätte ich in einer solchen Situation gesagt? »Es tut mir so leid, dass Sie sich herbemüht haben, aber ich bin gerade am Gehen«? Oder: »Ich bin gerade am Gehen, aber es macht nichts, wenn ich ein bisschen zu spät komme, kommen Sie doch herein«? Oder irgendeine andere Floskel, bei der ich vor allem an mich dachte? Diese alte Dame brachte mich intensiv zum Nachdenken, weil sie so taktvoll und aufmerksam war.

Wir sind uns gegenseitig Eltern, Kinder und Geschwister

Zen-Meister Bankei lebte im 17. Jahrhundert in Japan, von 1622–1693. Er war berühmt, aber entgegen der Tradition setzte er keine Zen-Koans ein. Es gibt eine schöne Geschichte über ihn:
Eines Tages kam eine Frau zu Meister Bankei und klagte über ihre Schwiegertochter. »Hmmm«, sagte Bankei, »Ist das so? Was Sie nicht sagen!« Er sog ihre Klagen auf wie Löschpapier die Tinte. Als sie fertig war, sagte er: »Vor langer Zeit waren Sie selbst Schwiegertochter. Ging es Ihnen damals nicht ganz ähnlich wie Ihrer Schwiegertochter jetzt? Betrachten Sie sie nicht als Person, mit der Sie nichts zu tun haben. Ihre Schwiegertochter bewegt sich genau dort, wo Sie früher gegangen sind, ihr Leben erweitert gewissermaßen das Ihre in die Vergangenheit.« Bankei hatte all ihre Klagen angehört und das brachte ihr Seelenruhe. Deshalb wurde sie bei seinen Worten ruhig.
Einige Zeit später kam die Schwiegertochter zu Meister Bankei und beschwerte sich über die Schwiegermutter. Bankei hörte sich wieder geduldig alles an und sagte dann: »Eines Tages werden Sie selbst Schwiegermutter sein. Betrachten Sie sie also nicht als Person, mit der Sie nichts zu tun haben. Der Weg Ihrer Schwiegermutter ist genau der, den Sie eines Tages gehen werden, und ihr Leben erweitert gewissermaßen Ihr eigenes in die Zukunft. Betrachten Sie die Sache so, dann kann man nicht so ohne weiteres darüber klagen, nicht wahr?« Bankeis Worte machten der Schwiegertochter das Herz leicht, genauso wie zuvor der Schwiegermutter. Wenn wir erkennen, dass wir alle ein- und dasselbe Leben teilen, als Geschwister, als Eltern und als Kinder, dann können wir uns in jede Person hineinversetzen, die wir kennen.
Eihei Dōgen Zenji (1200–1253), der die Sōtō-Zen-Schule gründete, hatte schon im 13. Jahrhundert eine umfassende Vorstellung davon, dass das Leben etwas Ganzheitliches ist, und da schloss er auch unbelebte Dinge ein. In seinem Buch Tenzo Kyōkun (Anweisungen für den Küchenmeister) zitiert Dōgen eine alte Anweisung: »Betrachte den Topf als deinen Kopf; betrachte das Wasser als dein Blut!« Er sagt außerdem: »Hüte alles, was der Gemeinschaft gehört, so sorgsam wie deinen Augapfel!« Im endlosen Meer der Dharma-Welt ist jedes Ding lebendig. Bedenke ich mein eigenes Leben als Übende der Lehren Buddhas, dann kann ich mich bemühen, wie ich will, mit diesen Vorbildern kann ich mich nicht vergleichen. Aber ich kann sehen, wo ich vor allem mich selbst im Blick habe. Andererseits: wäre ich den Lehren Buddhas nicht begegnet, könnte ich vermutlich nicht einmal das sehen.

Ohne Ich

In allen Zen-Klöstern heißt es: »Wird das Holz geschlagen – Esshalle; erklingt die Glocke – Sutrahalle.« Die Mönche werden nämlich zu den Mahlzeiten gerufen, indem auf eine dicke Holzplatte geschlagen wird, zum Rezitieren der Sutren aber mit Glockenschlägen. Was wir im Zen-Kloster als Nächstes tun, wird nicht mit Worten angekündigt, sondern mit Instrumenten. Erklingt ein Instrument, müssen die Übenden diesem Signal sofort folgen. Egal, was man gerade tut, man folgt dem Signal, auch wenn dann eine Arbeit unabgeschlossen liegen bleibt.
Diese Regel ist nur scheinbar einfach, tatsächlich ist sie ziemlich schwierig. »Nur noch ganz kurz, dann wird es noch fertig« oder »Noch ein bisschen, jetzt kann ich gerade ganz schlecht aufhören« – das sind so die Ausreden dafür, ein Signal zu ignorieren. Genau in solchen Fällen holt uns ein, dass wir erst einmal immer an uns denken. Ich sage den Übenden immer: »Diese Signale sind eine übergeordnete Sache. Wenn ihr am Totenfluss ankommt und übersetzen müsst, könnt ihr dann sagen: ›Bitte, noch eine Weile‹? Folgt den Signalen ohne Ichbezogenheit und sagt ohne Zögern Ja. Das ist die wesentliche Einstellung.«
Dōgen Zenji sagte sinngemäß: »Auch wenn ihr so ernsthaft Zazen übt, dass der Boden unter euch einbricht – wenn ihr das nur für euch tut, wird es zu nichts führen.«

Mönche und Nonnen sind gute Freunde

Der Buddha sagte: »Edle Freunde und gute Menschen sind nicht die Hälfte des Weges. Sie sind selbst der Weg.«
Dōgen Zenji sagt in einer Ansprache im Shōbōgenzō Zuimonki: »Zen-Übende, die auf der Suche nach dem Weg nur einen schwachen Willen haben, sollten sich mit Erfahrenen zusammentun und von ihnen lernen. Wird es schwierig oder schmerzhaft, dann sollte man um ihre Anleitung bitten.« Damit erweitert er Buddhas Aussage und dabei wird deutlich, wie mitfühlend sich Dōgen um die Laien-Übenden sorgte und sie verstand.
Der japanische Ausdruck bezeichnet die Ordinierten, also Mönche und Nonnen. Er ist aus dem Sanskrit-Wort sangha abgeleitet. Sangha bedeutet »Gru...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. INHALT
  5. Geleitwort
  6. PROLOG
  7. ERSTES BUCH
  8. ZWEITES BUCH
  9. DRITTES BUCH
  10. VIERTES BUCH
  11. EPILOG
  12. Die Geschichte der englischen Übersetzung von Patricia Dai-En Bennage
  13. Shundō Aoyama auf Deutsch von Barbara Knab