Es lebe der Tod
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Es lebe der Tod

Tabuthema Sterben

Dr. Rudolf Likar, Dr. Herbert Janig, Dr. Georg Pinter, Dr. Thomas Frühwald, Dr. Karl Cernic

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Es lebe der Tod

Tabuthema Sterben

Dr. Rudolf Likar, Dr. Herbert Janig, Dr. Georg Pinter, Dr. Thomas Frühwald, Dr. Karl Cernic

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"Der Tod ist nicht so schrecklich, wie alle meinen. Er gehört zum Leben, man darf ihn nicht ausblenden."Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, Intensivmediziner am Klinikum Klagenfurt und Präsident der österreichischen Palliativgesellschaft, kennt den Tod wie kein anderer. Er und sein Autoren-Team wollen aufklären und Hoffnung geben.Anhand von Beispielen aus dem Ärztealltag zeigt sich: Sterbende weinen am Ende nie. In den letzten Augenblicken sind sie mit sich völlig im Reinen. Das Leid und die Trauer treffen die Angehörigen.Als Arzt muss man sich diesem Tabuthema stellen, täglich: Wann beginnt das Sterben und wann endet das Leben wirklich?Was uns alle betrifft: Wie sorgt man rechtzeitig vor? Warum ist der Tod im Krankenhaus für Ärzte keine Option? Sterbehilfe und der gesetzliche Umgang in europäischen Ländern. Und inwieweit hilft Spiritualität, den Übergang in eine andere Daseinsform zu ebnen?Die Antworten auf die großen Fragen der Menschheit kommen aus der Medizin, der Wissenschaft, dem Rechtsbereich, der Religion, der Kultur und einer Gesellschaft, die den Tod als Teil des Lebens sieht.

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Information

Und die Blätter brennen

Von Land zu Land sind Bräuche nach dem Tod, wie wir gesehen haben, unterschiedlich. Länder und Völker haben verschiedene Traditionen, ihre Verstorbenen zu verabschieden.
In den Vereinigten Staaten bleibt der Sarg offen. Es ist üblich, die Leiche für eine Aufbahrung oder Trauerfeier am Sarg einzubalsamieren. Eine Alternative ist die Einäscherung. Die Asche wird so beigesetzt, wie es die Hinterbliebenen wünschen. Die Angehörigen können sie mitnehmen und je nach ihren spirituellen Bedürfnissen samt Urne beisetzen. Das passiert immer weniger auf Friedhöfen. Die meist großen Rasenflächen und genormten Steinplatten wirken unpersönlich.
Auf Kuba wird der Leichnam ebenso im Hause aufgebahrt, aber innerhalb von 24 Stunden entweder auf einer privaten oder einer staatlichen Grabstelle kostenlos beerdigt. Nach drei Jahren werden die Knochen umgebettet. Die Grabsteine sind verziert. Die Gräber werden mit Blumen geschmückt. Der berühmte Friedhof Cristóbal Colón in Havanna gilt als Pilgerstätte.
In der Schweiz werden die Toten oft in der Natur bestattet. Erd- und Feuerbestattungen sind möglich. Die Hinterbliebenen dürfen die Asche in der Natur verstreuen wie bei der Saat.
In Mexiko wird der Día de los Muertos (Tag der Toten) jedes Jahr vom 31. Oktober bis zum 2. November gefeiert. Die Toten kommen in dieser Zeit auf die Erde zurück, mit geschmückten Altären heißt man sie willkommen. Chilischarfe Speisen werden kredenzt und der Tequila darf nicht fehlen. Die Toten sollen es sich gut gehen lassen, bevor sie mit ihren Hinterbliebenen feiern. Alle Menschen beziehen den Tod mit ein, es gibt keine Demarkationslinie zwischen dem Hier und dem Danach, die Ebenen zwischen Diesseits und Jenseits sind aufgehoben.
Auf der Palliativstation haben wir übrigens ein eigenes Ritual ins Leben gerufen: die Blätterverbrennung.
Am 31. Oktober 2020 kamen 200 Angehörige vorbei. Sie alle nahmen teil an dieser Zeremonie. Auf der Station waren im Lauf der Zeit 90 Menschen verstorben. Und an ebendiesem Tag wollten wir ihrer gedenken.
Der Ablauf war feierlich. Erst wurden die Namen vorgelesen. Jeder einzelne Name wurde mit einer Füllfeder und mit blauer Tinte auf ein Blatt Papier geschrieben. Dann wurden die Blätter der Reihe nach verbrannt, langsam, ohne Hast, das Ganze begleitet von Musik und guten Gedanken. Erinnerungen an den jeweiligen Menschen. Anekdoten wie Kurzfilme im Gedächtnis. Nachdem alle 90 Blätter verraucht waren, baten wir zu einer Agape.
Die Angehörigen wussten das zu schätzen. Sie sagten, das sei ungewöhnlich für eine Palliativstation, ungewöhnlich herzlich. Das Ritual der Blätterverbrennung werden wir heuer wieder durchführen. Es ist eine besondere Art des Abschieds, zumal die Pflegerinnen und Pfleger einen Bezug zu den Patienten aufgebaut haben. Es ist, als würde man alten Menschen noch einmal die letzte Ehre erweisen.
Rituale zeichnen sich durch Handlungen aus, die immer gleich sind und nach einem bestimmten Muster ausgeführt werden. Sie beinhalten dramaturgische Elemente mit symbolhaften Inhalten. Um die Wirksamkeit zu erhöhen, verwendet man Bilder, Töne, Schweigen, Helligkeit, Dunkelheit, Farben und verschiedene Dinge, die Menschen berühren und bei ihnen nachhaltige geistige, manchmal auch starke körperliche Reaktionen auslösen.
Die Symbole haben direkten Bezug zu Sinnfragen des Lebens. Sie weisen auf einen Reifungs- und Wachstumsprozess hin, zeigen den Beteiligten aber auch, wo sie sich gerade befinden. Nur wer sich auf so ein Ritual einlässt, kann seine tiefe Bedeutung spüren und wird mit neuem Wissen und im besten Fall innerlich gestärkt fortan seinen Lebensweg gehen. Bei den Ritualen um das Sterben und den Tod geht dieses Fühlen und Erleben immer mit einer Erschütterung einher. Es hält einem die eigene Endlichkeit vor Augen.
Trauerrituale sind von Land zu Land und von Religion zu Religion verschieden.
Im Buddhismus glaubt man, dass der Körper eines Menschen nur geborgt ist, eine fleischliche Hülle, um auf der Erde etwas Sinnvolles zu tun. Stirbt ein Mensch, verlässt er seinen Körper und bekommt später einen neuen. Eine Feuerbestattung ist üblich. Während der Tote zu Hause liegt, dürfen keine Mahlzeiten zubereitet, sondern nur Tee und Kaffee gekocht werden. Freunde, Verwandte und Nachbarn sorgen für die Speisen zur Beerdigung. Es gibt keine fest gefügten Bestattungsrituale. Die Asche der Toten wird häufig dem Wasser übergeben. In Indochina und China sind auch Erdbestattungen üblich.
Hindus werden, wie gesagt, verbrannt. Ihre Asche wird in die heiligen Flüsse gestreut. Der Glaube an die Wiedergeburt verlangt nach einer Vernichtung der körperlichen Hülle, um die Seele für das nächste Leben zu befreien. Am vierten Tag nach der Verbrennung wird die Asche in einen heiligen Fluss gestreut. Können sich die Angehörigen kein Brennholz leisten, wird der Leichnam dem Wasser übergeben. Brahmanenpriester, Kinder und Schwangere werden erdbestattet oder einem heiligen Fluss übergeben, ihrer Wiedergeburt steht der Körper nicht im Weg.
Bei den Muslimen sollte der Tote, wenn möglich, noch am Sterbetag bestattet werden. Erst wird der Leichnam gebadet, danach in ein weißes Gewand gehüllt. Der Tote soll so gehen, wie er aus dem Mutterleib kam. Im Grab liegt er Mekka zugewandt. Eine Einäscherung ist verboten. Trauergäste stehen am Grab und sprechen Gebete, Grabsteine sind nicht üblich. In den ersten drei Tagen nach dem Tod wird die Familie von Gemeindemitgliedern umsorgt. In den 40 Tagen nach dem Tod soll die Familie Trauerkleidung tragen. Ihre Trauerzeit wird durch ein Essen, den Besuch des Grabes und das Verteilen von Spenden beendet. Ein Jahr nach dem Tod wird das Ritual noch einmal wiederholt.
Trauer und Rituale um den Tod sind mannigfaltig und werden im Christentum bereits eingeleitet, wenn es dem Ende zugeht. Früher Letzte Ölung genannt, heißt dieses Sakrament heute Krankensalbung. Klingt geschmeidiger. Für Katholiken bedeutet es eine Stärkung der Seele, die Trost, Frieden und Mut schenken soll. Die Vorbereitung für den finalen Weg.
Bei der heiligen Ölung wird der Kranke von einem Priester mit dem sogenannten Krankenöl gesalbt. Dieses Öl besteht aus Oliven- und Rosenöl und wird vom Bischof bei der Chrisam-Messe geweiht; es ist ein Symbol der Reinheit. Bei der Spendung des Sakraments salbt der Priester Stirn und Innenflächen der Hände des Betroffenen mit dem Krankenöl. Kurz vor dem Tod wird in einer Messfeier oder einem Wortgottesdienst die Sterbekommunion als Wegzehrung (lat.: viaticum) gereicht.
Ein anderes Ritual ist die Aussegnung. Sie bezeichnet eine kurze Andacht in der evangelischen Liturgie, bei der ein Sterbender oder bereits Verstorbener noch einmal gesegnet wird. Die Aussegnungsfeier gibt den Angehörigen die Möglichkeit, sich von dem geliebten Menschen zu verabschieden. Zu Beginn der Andacht spricht der Pfarrer den Friedensgruß, das biblische Votum und ein kurzes Gebet. Mit dem sogenannten Valetsegen oder Abschiedssegen wird der Sterbende oder Verstorbene noch einmal gesegnet. Nach einer Lesung aus der Bibel können die Angehörigen je nach Situation in aller Stille Abschied nehmen oder persönliche Worte des Dankes, der Liebe oder der Vergebung sprechen und Erinnerungen teilen. Wenn gewünscht, dürfen die Trauergäste ein Lied singen. Nach dem Vaterunser spricht der Pfarrer den Segen über alle Anwesenden. Amen.
Beim Empfang der Sterbekommunion oder bei Eintritt des Todes wird die Sterbekerze entzündet. Sofern vorhanden, kann das die Taufkerze oder die Kerze der Erstkommunion sein. Das Kerzenlicht soll dem Verstorbenen den Weg in die Ewigkeit erhellen und zu innerer Erleuchtung verhelfen.
Das Sterbekreuz, auch Festhaltekreuz genannt, wird einem Schwerkranken oder Sterbenden in die Hände gelegt, damit er im Moment des Todes Gott nahe ist und sich daran festhalten kann. Eine andere Variante ist das Sterbekreuz zum Aufstellen, oft in katholischen Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen zu sehen. Das Sterbekreuz ist ein als Lazaruskreuz gestaltetes Kruzifix. Es zeigt den gekreuzigten Jesus. Die Enden der Kreuzbalken sind mit Kleeblättern verziert.
Kurz nach Eintritt des Todes wird oft das Fenster geöffnet oder gekippt. Dieser Brauch entstand aus der Vorstellung früherer Jahrhunderte, dass die Seele durch den Mund des Verstorbenen in den Himmel entweicht. Außerdem hat das Öffnen des Fensters einen praktischen Grund: Frische Luft tut in so einem Moment gut. Der Mensch kann aufatmen.
Aus dem Aberglauben heraus hat sich der Brauch entwickelt, dem Toten Mund und Augen zu schließen. So soll der Mensch zur Ruhe kommen und nicht als Wiedergänger mit den Hinterbliebenen in Kontakt treten. Heute schließt man, egal in welcher Religion, dem Verstorbenen Augen und Mund als Zeichen des Respekts.
Das Läuten der Toten- oder Sterbeglocke am Abend des Sterbetags zeigt an, dass von nun an ein Gemeindemitglied fehlt. Meist verwendet man für das Totengeläut die größte Glocke der Kirche.
Früher war es üblich, dass der Tote von den nahen Angehörigen gewaschen, hergerichtet und im Sterbezimmer aufgebahrt wurde. Heute übernehmen Bestattungsunternehmen die Versorgung des Verstorbenen.
Wenn der Tod zu Hause eintritt, muss der Arzt den Totenschein ausstellen, aber der Verstorbene kann bis zu 36 Stunden im häuslichen Rahmen aufgebahrt werden. So können Angehörige, Freunde und Nachbarn in Ruhe Adieu sagen und das Unbegreifliche realisieren. Ist der Verstorbene im Krankenhaus oder Pflegeheim verblichen, gibt es die Möglichkeit, den Toten dort aufzubahren oder in die eigene Wohnung zu überführen.
Nachdem der Sarg in das Grab hinabgelassen worden ist, geht die Trauergemeinde am offenen Grab vorbei und erweis...

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