Hat China schon gewonnen?
eBook - ePub

Hat China schon gewonnen?

Chinas Aufstieg zur neuen Supermacht

  1. 384 pages
  2. English
  3. ePUB (mobile friendly)
  4. Available on iOS & Android
eBook - ePub

Hat China schon gewonnen?

Chinas Aufstieg zur neuen Supermacht

About this book

Sie beobachten sich gegenseitig über den Pazifik hinweg mit Argusaugen und reden übereinander statt miteinander: Längst hat der entscheidende geopolitische Wettstreit des 21. Jahrhunderts zwischen China und den USA begonnen – beides Weltmächte ohne ernsthafte Rivalen. Kishore Mahbubani, renommierter und hervorragend vernetzter Diplomat und Gelehrter, analysiert die tiefen Verwerfungen in den Beziehungen zwischen Peking und Washington. Mit unverstelltem Blick erläutert er die Stärken, Schwächen, Fehler und Eigenheiten Chinas und der USA. In Zeiten schwelender Handelskriege und ständiger politischer Konflikte ist sein Buch ein unverzichtbarer Leitfaden für ein besseres Verständnis der beiden Supermächte – insbesondere des unaufhaltsamen Aufsteigers China.

Frequently asked questions

Yes, you can cancel anytime from the Subscription tab in your account settings on the Perlego website. Your subscription will stay active until the end of your current billing period. Learn how to cancel your subscription.
No, books cannot be downloaded as external files, such as PDFs, for use outside of Perlego. However, you can download books within the Perlego app for offline reading on mobile or tablet. Learn more here.
Perlego offers two plans: Essential and Complete
  • Essential is ideal for learners and professionals who enjoy exploring a wide range of subjects. Access the Essential Library with 800,000+ trusted titles and best-sellers across business, personal growth, and the humanities. Includes unlimited reading time and Standard Read Aloud voice.
  • Complete: Perfect for advanced learners and researchers needing full, unrestricted access. Unlock 1.4M+ books across hundreds of subjects, including academic and specialized titles. The Complete Plan also includes advanced features like Premium Read Aloud and Research Assistant.
Both plans are available with monthly, semester, or annual billing cycles.
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Yes! You can use the Perlego app on both iOS or Android devices to read anytime, anywhere — even offline. Perfect for commutes or when you’re on the go.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Yes, you can access Hat China schon gewonnen? by Kishore Mahbubani, Matthias Schulz in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Politics & International Relations & Political History & Theory. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.

image
Kapitel 1

EINFÜHRUNG

Eines ist gewiss: Der geopolitische Wettbewerb zwischen Amerika und China wird die nächsten ein, zwei Jahrzehnte weitergehen. Präsident Donald Trump läutete 2018 die erste Runde ein, aber dieser Zustand wird seine Amtszeit überdauern. Der Präsident hat mit seiner Politik Amerika in Bezug auf sämtliche Themen gespalten, mit einer einzigen Ausnahme: bei seinem Handels- und Technologiekrieg gegen China. Tatsächlich erhielt er für sein Vorgehen parteiübergreifend viel Zuspruch und in der amerikanischen Politiklandschaft bildete sich ein klarer Konsens heraus, dass China für Amerika eine Bedrohung darstellt.
General Joseph Duford, Stabschef der US-Streitkräfte, sagte: „Ab ungefähr 2025 wird China vermutlich die größte Bedrohung für unsere Nation darstellen.“1 In der Zusammenfassung des 2018 erstellten Strategiepapiers der USA zur nationalen Sicherheit heißt es, bei China und Russland handele es sich um „revisionistische Mächte“, die danach streben, „die Welt nach ihrem autoritären Modell zu formen – und ein Vetorecht über die wirtschaftsbezogenen, diplomatischen und sicherheitspolitischen Entscheidungen anderer Länder zu erlangen.“2 FBI-Direktor Christopher Wray äußerte sich so: „Wir versuchen, die China-Bedrohung nicht bloß als Bedrohung für den gesamten Staat, sondern für die gesamte Gesellschaft zu sehen … und ich glaube, sie wird uns eine Reaktion der gesamten Gesellschaft abverlangen.“3 Selbst George Soros, der Millionen Dollar für den Versuch ausgab, einen Wahlerfolg Trumps zu verhindern, hat Trumps China-Politik gelobt. Er sagte: „Die größte – und möglicherweise einzige – außenpolitische Leistung der Regierung Trump bestand darin, eine in sich schlüssige und wahrhaftig überparteiliche Politik gegen das China von Xi Jinping zu entwickeln.“4 Und er fuhr fort, es sei von der Regierung Trump richtig gewesen, China zum „strategischen Rivalen“ zu erklären.
Doch obwohl das amerikanische Establishment Trumps China-Politik größtenteils begeistert unterstützte, wies seltsamerweise niemand darauf hin, dass Amerika einen gewaltigen strategischen Fehler begeht. Es hat sich nämlich in diese Auseinandersetzung mit China gestürzt, ohne sich zunächst eine umfassende und globale Strategie für den Umgang mit China zu überlegen.
Der Mann, der mich darauf aufmerksam machte, zählt zu Amerikas größten strategischen Denkern – Dr. Henry Kissinger. Ich erinnere mich sehr lebhaft an das private Mittagessen, das wir beide Mitte März 2018 in einem Separee seines Klubs in Manhattan einnahmen. Ich hatte Sorge, dass der Termin abgesagt werden würde, weil für diesen Tag ein Schneesturm angekündigt worden war, doch trotz der Wetterwarnung tauchte Kissinger auf. Wir führten ein wunderbares Gespräch, das zwei Stunden dauerte. Um der Wahrheit Genüge zu tun, sagte er nicht wortwörtlich, dass Amerika eine langfristige Strategie für den Umgang mit China fehlt, aber das war die Botschaft, die er mir während unseres Essens vermittelte. Und das ist auch die zentrale Botschaft seines Buchs „On China“ [dt. Titel: „China: Zwischen Tradition und Herausforderung“, C. Bertelsmann, München, 2011].
Ganz anders war es zu der Zeit, als sich Amerika auf den Kalten Krieg mit der Sowjetunion einließ. Damals ließ man sich die Angelegenheit zunächst gründlich und ausführlich durch den Kopf gehen. George Kennan war der Chefstratege, der Amerikas erfolgreiche Strategie zur Eindämmung der Sowjetunion (Containment-Politik) formulierte. Erstmals öffentlich erläutert wurde sie in dem berühmten Essay, den Kennan unter dem Pseudonym „Mister X“ in der Zeitschrift Foreign Affairs veröffentlichen ließ. Der sogenannte „X-Artikel“ beruhte auf Kennans „langem Telegramm“, das er im Februar 1946 verfasst hatte. Zu diesem Zeitpunkt leitete Kennan im US-Außenministerium den politischen Planungsstab, der langfristige strategische Planungen anstellte.
Für die politischen Planungen im Außenministerium war von September 2018 bis August 2019 Professorin Kiron Skinner von der Universität Carnegie Mellon zuständig. Bei einer Podiumsdiskussion erklärte sie am 29. April 2019, ihre Abteilung sei, was den erneuten Aufschwung Chinas angehe, noch immer damit beschäftigt, eine Strategie auszuarbeiten, die so umfassend wie die ihres Vorgängers George Kennan ausfalle.
Als ich für das Außenministerium von Singapur tätig war, gehörte es zu meinen Aufgaben, langfristige Strategien für die Regierung zu verfassen. Von Singapurs drei außergewöhnlichen Meistern der Geopolitik (Lee Kuan Yew, Goh Keng Swee und Sinnathamby Rajaratnam) habe ich dabei vor allem eines gelernt: Der erste Schritt zum Erstellen einer langfristigen Strategie besteht darin, dass man die richtigen Fragen stellt. Sind die Fragen falsch, werden auch die Antworten falsch sein. Und Rajaratnam hat mich gelehrt, dass es am wichtigsten sei, stets „das Undenkbare zu denken“, wenn man derartige Fragen formuliert.
Im Geiste des „Das-Undenkbare-Denkens“ möchte ich zehn Themenbereiche vorstellen, die Fragen aufwerfen, mit denen sich die politischen Planer befassen sollten. Ich habe George Kennan Ende der 1990er-Jahre einmal in Princeton in seinem Büro im Institute of Advanced Study getroffen und ich glaube, er wäre auch dafür, direkt die schwierigsten Themen anzugehen, die vor einem liegen.

Die großen Zehn

1.Am Ende des Zweiten Weltkriegs belief sich Amerikas Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf nahezu 50 Prozent, der Anteil an der Weltbevölkerung auf vier Prozent. Während des Kalten Kriegs kam das BIP der Sowjetunion nicht einmal ansatzweise an dasjenige Amerikas heran und erreichte zu seinen besten Zeiten gerade einmal 40 Prozent des amerikanischen BIP.5 Besteht die Möglichkeit, dass Amerikas BIP innerhalb der nächsten 30 Jahre kleiner als das chinesische wird? Falls ja, welche strategischen Änderungen müsste Amerika vornehmen, wenn es nicht mehr die größte Wirtschaftsmacht der Welt ist?
2.Worin sollte Amerikas Hauptziel bestehen? Darin, das Leben seiner 330 Millionen Bewohner zu verbessern, oder darin, seine Vormachtstellung innerhalb des internationalen Systems zu bewahren? Wenn diese Ziele im Konflikt zueinander stehen, welches Ziel sollte dann Priorität haben?
3.Die enormen Rüstungsausgaben, die Amerika während des Kalten Kriegs vornahm, erwiesen sich als umsichtige Entscheidung, denn auf diese Weise wurde die Sowjetunion mit ihrer schwächeren Volkswirtschaft gezwungen, bei Amerikas militärischen Ausgaben mitzuhalten. Das trug letztlich dazu bei, die Sowjetunion in den Bankrott zu treiben. China hat aus dem Zusammenbruch der Sowjetunion seine Lehren gezogen. Das Land deckelt seine Rüstungsausgaben und legt den Schwerpunkt auf seine wirtschaftliche Entwicklung. Ist es klug, dass Amerika weiterhin einen derart großen Verteidigungshaushalt unterhält? Oder sollte das Land seine Rüstungsausgaben und seine Beteiligung an kostspieligen Kriegen im Ausland zurückfahren und stattdessen mehr Geld in den Ausbau sozialer Leistungen und eine Modernisierung der nationalen Infrastruktur stecken? Was will China? Dass Amerika mehr Geld für sein Militär ausgibt oder weniger?
4.Den Kalten Krieg hat Amerika nicht im Alleingang gewonnen. Vielmehr schmiedete das Land mit seinen westlichen Partnern ein festes Bündnis in Form der NATO und kultivierte in der Dritten Welt zentrale Freunde und Verbündete wie China, Pakistan, Indonesien und Ägypten. Amerika ließ seine Wirtschaft offen für seine Verbündeten und verteilte großzügig Hilfen. Vor allem war Amerika während des Kalten Kriegs für seine Großzügigkeit bekannt. Die Regierung Trump hat eine Politik des „America First“ verkündet und wichtigen Verbündeten wie der EU und Japan sowie Freunden aus der Dritten Welt wie Indien Strafzölle angedroht. Kann Amerika eine starke globale Allianz als Gegengewicht zu China aufbauen, während es gleichzeitig seine wichtigsten Verbündeten vor den Kopf stößt? War Amerikas Entscheidung, sich nicht am Freihandelsabkommen Trans-Pacific Partnership (TPP) zu beteiligen, ein geopolitisches Geschenk an China? Hat China bereits einen Präventivschlag gegen eine Containment-Politik geführt, indem es im Rahmen der „Belt & Road“-Initiative (BRI) neue wirtschaftliche Partnerschaften mit seinen Nachbarn einging?
5.Welches ist die wirksamste Waffe, die Amerika einsetzen kann, um seine Verbündeten und seine Widersacher auf Linie zu bringen und seine Wünsche durchzusetzen? Nicht das US-Militär, sondern der US-Dollar. Der US-Dollar ist aus dem globalen Handel und weltumspannenden finanziellen Transaktionen praktisch nicht mehr wegzudenken und fungiert als eine Art globales Gemeinschaftsgut für die Weltwirtschaft. Für ausländische Banken und Einrichtungen ist es unumgänglich, den Dollar zu verwenden, was es Amerika ermöglicht hat, auch außerhalb seines Territoriums nationales Recht durchzusetzen und amerikanische Banken mit hohen Geldstrafen zu belegen, wenn sie Geschäfte etwa mit dem Iran oder anderen Nationen machen, gegen die die USA Sanktionen verhängt haben. Amerikanische Widersacher wie Nordkorea und der Iran wurden mithilfe lähmender Finanzsanktionen an den Verhandlungstisch gezwungen. Am besten funktionierte die Sanktionierung dieser Länder, wenn Amerika dabei von multilateralen Institutionen wie dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unterstützt wurde, dessen Entscheidungen bindend für die UNO-Mitgliedsstaaten sind. Unter der Regierung Trump ist Amerika von multilateralen auf unilaterale Sanktionen umgestiegen und hat den Dollar in eine Waffe verwandelt, die gegen Amerikas Widersacher eingesetzt wird. Ist es klug, ein globales Gemeinschaftsgut in eine Waffe zu verwandeln und für unilaterale Zwecke einzusetzen? Aktuell gibt es keine praktischen Alternativen zum US-Dollar, aber wird das stets so sein? Handelt es sich hier um die Achillesferse der amerikanischen Wirtschaft, um eine Schwachstelle, die China angreifen und schwächen kann?
6.Als er eine Strategie gegen die Sowjetunion entwickelte, betonte Kennan, wie wichtig es sei, dass die Amerikaner unter den Völkern der Welt allgemein den Eindruck eines Lands erwecken, das innenpolitisch erfolgreich sei und „spirituelle Vitalität“ genieße.6 „Amerikas Soft Power“ nannte das Professor Joseph Nye. Von den 1960er- bis zu den 1980er-Jahren boomte amerikanische Soft Power. Seit 9/11 hat Amerika gegen Völkerrecht und internationale Menschenrechtskonventionen verstoßen (und führte als erstes westliches Land die Folter wieder ein). Die Soft Power Amerikas hat – insbesondere unter Trump – beträchtlich nachgelassen. Sind die Amerikaner bereit, die Opfer zu bringen, die es braucht, um Amerikas Soft Power erneut zu stärken? Kann Amerika die ideologische Auseinandersetzung mit China gewinnen, wenn es als „normale“ Nation und nicht als Land mit einer „Sonderstellung“ angesehen wird?
7.General H. R. McMaster, 2017 bis 2018 nationaler Sicherheitsberater von Präsident Trump, sagte, die Auseinandersetzung zwischen Amerika und China stelle letzten Endes die Auseinandersetzung zwischen „freien und offenen Gesellschaften und geschlossenen autoritären Systemen“ dar.7 Trifft diese Einschätzung zu, dann sollten sich alle freien und offenen Gesellschaften von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) gleichermaßen bedroht fühlen. Zwei der drei größten Demokratien der Welt finden sich in Asien – Indien und Indonesien. Weder die indische noch die indonesische Demokratie fühlen sich von Chinas Ideologie bedroht, genauso wenig die meisten europäischen Demokratien. Im Gegensatz zur Sowjetunion versucht China nicht, Amerikas Ideologie infrage zu stellen oder zu bedrohen. Indem es die neue Bedrohung durch China mit der alten Strategie der Sowjets gleichsetzt, begeht Amerika einen klassischen strategischen Irrtum und führt den Krieg von morgen mit den Strategien von gestern. Gelingt es Amerikas Strategen, neue analytische Grundgerüste zu entwickeln, die das Wesen des Wettbewerbs mit China abbilden?
8.Bei jedem größeren geopolitischen Wettbewerb ist die Partei im Vorteil, die rational bleibt und kühlen Kopf bewahrt, während die Partei, die sich, bewusst oder unbewusst, von Emotionen treiben lässt, Nachteile hat. Kennan merkte klug an, „Wutausbrüche und ein Verlust der Selbstkontrolle“ seien ein Zeichen der Schwäche. Aber sind Amerikas Reaktionen auf China von Vernunft getrieben? Oder doch von unterbewussten Gefühlen? In der westlichen Psyche hat sich vor langer Zeit eine tief sitzende und unterschwellige Furcht vor der „gelben Gefahr“ eingenistet? Beim Wettbewerb mit China handele es sich um eine Auseinandersetzung mit einer „nicht-kaukasischen“ Macht, sagt Kiron Skinner und legt damit den Finger auf den Auslöser der emotionalen Reaktionen auf China. Kann ein strategischer Denker im von Political Correctness dominierten Klima Washingtons auf einen so politisch unkorrekten, aber zutreffenden Aspekt hinweisen, ohne dafür politisch aufgespießt zu werden?
9.Sun Tzu, einer von Chinas größten strategischen Denkern, sagt: „Wenn du den Feind und dich selbst kennst, brauchst du sogar hundert Schlachten nicht zu fürchten. Wenn du dich selbst kennst, den Feind aber nicht, wirst du für jeden errungenen Sieg eine Niederlage erleiden. Kennst du weder den Feind noch dich selbst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen.“8 Kennt Amerika seinen chinesischen Rivalen? Begeht Amerika beispielsweise einen grundlegenden Wahrnehmungsfehler, wenn es die KPCh als eine chinesische kommunistische Partei ansieht? Das würde nämlich bedeuten, die Seele der KPCh ist in ihren kommunistischen Wurzeln vergraben. Für viele objektive asiatische Betrachter dagegen fungiert die KPCh in Wahrheit viel eher als „chinesische Kulturpartei“. Ihre Wurzeln liegen nicht in der ausländischen Ideologie des Marxismus-Leninismus, sondern in der chinesischen Kultur. Die wichtigste Aufgabe eines Strategen besteht darin, möglichst exakt so wie der Widersacher zu denken. Hier also eine Testaufgabe: Zu wie viel Prozent beschäftigt sich der Geist eines chinesischen Führers mit marxistisch-leninistischer Ideologie und zu wie viel Prozent mit der reichen Kulturgeschichte Chinas? Die Antwort würde viele Amerikaner vermutlich verblüffen.
10.In „On China“ betont Henry Kissinger, dass Chinas Strategie vom chinesischen Spiel Wei Qi (
image
) und nicht vom westlichen Schachspiel geleitet wird. [Anm. d. Übers.: Bei uns ist Wei Qi vermutlich eher unter seinem japanischen Namen Go bekannt.] Beim Schach geht es darum, schnellstmöglich den gegnerischen König zu fangen. Bei Wei Qi besteht das Ziel darin, langsam und geduldig darauf hinzuarbeiten, dass sich das Gleichgewicht des Spiels irgendwann zum eigenen Vorteil verlagert. Es geht um langfristige Strategien, nicht um schnelle Erfolge. Arbeitet China also langsam und geduldig darauf hin, das strategische Gleichgewicht Schritt für Schritt zu seinen eigenen Gunsten zu verschieben? Interessanterweise hat Amerika zwei größere Anstrengungen unternommen, Schritte zu vereiteln, die China auf lange Sicht Vorteile einbringen sollten. Beide schlugen fehl. 2014/15 bemühte sich die Regierung Obama vergebens, ihre Verbündeten daran zu hindern, sich der von China angeregten Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) anzuschließen. Ebenso scheiterte die Regierung Trump mit ih...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Kapitel 1: Einführung
  7. Kapitel 2: Chinas größter strategischer Fehler
  8. Kapitel 3: Amerikas größter strategischer Fehler
  9. Kapitel 4: Ist China expansionistisch?
  10. Kapitel 5: Ist Amerika fähig zu einer Wende?
  11. Kapitel 6: Sollte China eine Demokratie werden?
  12. Kapitel 7: Die Annahme von Tugend
  13. Kapitel 8: Wie werden sich andere Länder entscheiden?
  14. Kapitel 9: Ein paradoxes Fazit
  15. Danksagung
  16. Anhang: Der Mythos von der amerikanischen Einzigartigkeit
  17. Endnoten