
- English
- ePUB (mobile friendly)
- Available on iOS & Android
eBook - ePub
Josefine Mutzenbacher
About this book
Ohne Selbstmitleid und mit einer faszinierenden Freude an der Lust, setzt Josefine Mutzenbacher ihren Körper ein, um den tristen Lebensverhältnissen zu entkommen. Und es gelingt ihr. Dank ihrer außerordentlichen Begabung für das horizontale Gewerbe entkommt sie nicht nur Armut und Elend, sie wird zu einer reichen und kultivierten Frau. Die ungezähmte Sprache sowie die tabulose und direkte Art der Darstellung geben dem Roman eine frappierende Modernität.
Frequently asked questions
Yes, you can cancel anytime from the Subscription tab in your account settings on the Perlego website. Your subscription will stay active until the end of your current billing period. Learn how to cancel your subscription.
No, books cannot be downloaded as external files, such as PDFs, for use outside of Perlego. However, you can download books within the Perlego app for offline reading on mobile or tablet. Learn more here.
Perlego offers two plans: Essential and Complete
- Essential is ideal for learners and professionals who enjoy exploring a wide range of subjects. Access the Essential Library with 800,000+ trusted titles and best-sellers across business, personal growth, and the humanities. Includes unlimited reading time and Standard Read Aloud voice.
- Complete: Perfect for advanced learners and researchers needing full, unrestricted access. Unlock 1.4M+ books across hundreds of subjects, including academic and specialized titles. The Complete Plan also includes advanced features like Premium Read Aloud and Research Assistant.
We are an online textbook subscription service, where you can get access to an entire online library for less than the price of a single book per month. With over 1 million books across 1000+ topics, we’ve got you covered! Learn more here.
Look out for the read-aloud symbol on your next book to see if you can listen to it. The read-aloud tool reads text aloud for you, highlighting the text as it is being read. You can pause it, speed it up and slow it down. Learn more here.
Yes! You can use the Perlego app on both iOS or Android devices to read anytime, anywhere — even offline. Perfect for commutes or when you’re on the go.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Please note we cannot support devices running on iOS 13 and Android 7 or earlier. Learn more about using the app.
Yes, you can access Josefine Mutzenbacher by Felix Salten in PDF and/or ePUB format, as well as other popular books in Literature & Classics. We have over one million books available in our catalogue for you to explore.
Information
Zweites Kapitel
Ich war jetzt braver als je vorher in der Schule, und fleißiger. Meine Mutter war schon zwei Monate tot, und ich hatte ein keusches Leben geführt. Weder einen Schwanz noch eine Schwanzspitze hatte ich die ganze Zeit gesehen, und wenn mich meine Muschel kitzelte und ich wider Willen ans Vögeln denken mußte, hatte ich doch der Versuchung widerstanden, das Verlangen, das mir zwischen den Füßen brannte, mit eigenen Fingern zu trösten. Da wurde für unsere Klasse und für die ganze übrige beichtpflichtige Schule wieder eine Beichte angesetzt. Ich wollte mich diesmal von der Sünde der Unkeuschheit reinigen und beschloß, alles zu beichten. Auch für die Todsünde, die ich begangen hatte, indem ich meine Vergehungen bei allen früheren Beichten verschwiegen, wollte ich diesmal Vergebung erbitten.
Bisher hatte ich, sooft ich bei unserem jungen Katecheten zur Beichte war, immer nein gesagt, wenn er mich am Schluß meines Bekenntnisses fragte: »Hast du Unkeuschheit getrieben?«
Es war ein schwarzhaariger, langer und bleicher junger Mann und besaß eine strenge Miene, vor der ich mich ebenso sehr fürchtete, wie vor seiner mächtigen Nase. Diesmal aber wollte ich aufrichtig alles gestehen.
Die Kirche war voll Kinder, und es wurde an drei Beichtstühlen gebeichtet. Ich kam zu einem ältlichen fetten Kooperator, mit einem großen runden Gesicht. Ich kannte ihn nur vom Sehen, und er schien mir nachsichtig zu sein, weil er immer so freundliche Mienen machte.
Zuerst beichtete ich meine kleinen Sünden. Doch er unterbrach mich mit der Frage: »Hast vielleicht gar Unkeuschheit getrieben?«
Zitternd sprach ich: »Ja …«
Er legte seine harten Wangen dicht an das Gitter und fragte: »Mit wem …?«
»Mit dem Franzl …«
»Wer ist das?«
»Mein Bruder …«
»Dein Bruder …? So! So! Und vielleicht noch mit wem?«
»Ja …«
»Also …?«
»Mit dem Herrn Horak …«
»Wer ist das?«
»Der Bierversilberer in unserm Haus.«
»Mit wem noch …?« Seine Stimme bebte.
Ich mußte das ganze Namensregister herzählen.
Er rührte sich nicht, als ich fertig war. Nach einer Pause fragte er: »Wie hast du Unkeuschheit getrieben …?«
Ich wußte nicht, was ich antworten sollte. Da herrschte er mich an: »Also wie habt ihr's denn gemacht?«
»Mit …, na …«, ich stotterte, »mit dem, was ich zwischen den Füßen …«
Er schüttelte den Kopf: »Habt ihr gevögelt …?«
Mir kam das Wort aus seinem Munde merkwürdig vor, aber ich sagte: »Ja …«
»Und hast du's auch in den Mund genommen …?«
»Ja.«
»Und hast du dir's auch in den Arsch stecken lassen?«
»Ja.«
Er schnaufte und seufzte und sagte: »Ach Gott, ach Gott, mein Kind …, Todsünden …, Todsünden …«
Ich war ganz weg vor Angst. Er aber meinte: »Da muß ich alles wissen, hörst du? Alles!« Nach einer Weile fuhr er fort. »Das wird aber eine lange Beichte werden …, und die andern Kinder warten …, bleibt nix übrig, als daß du extra beichten kommst, verstehst?«
»Ja, Hochwürden …«, stammelte ich.
»Gleich Nachmittag, so um zwei …, kommst zu mir …«
Ich verließ verzweifelt den Beichtstuhl. »Bis dahin«, sagte mir der Kooperator Mayer noch zum Schluß, »bis dahin erinner dich an alles. Denn wenn du nicht alles beichten wirst, hilft dir die Absolution nicht …«
Ich schlich beklommenen Herzens nach Hause, setzte mich nieder und dachte krampfhaft nach und ließ mir alles, was ich getan hatte, wieder einfallen. Vor der Beichte im Zimmer des Kooperators hatte ich eine große Angst und fürchtete mich vor der Buße, die er mir auferlegen werde. Als es aber Zeit war und ich gehen mußte, fragte mich mein Bruder Lorenz, wohin ich in dem schönen Kleid wolle, und da sagte ich stolz: »Zum Herrn Kooperator Mayer muß ich …, er hat mir's geschafft, daß ich hinkommen soll.« Lorenz sah mich mit einem sonderbaren Blick an, und ich ging.
Es war Sommer, aber im großen Pfarrhaus umfing mich eine heilige Kühle und eine Stille, die mir Ehrfurcht einflößte. Ich las an den Türen die Namensschilder und klopfte an die Türe, auf der »Kooperator Mayer« stand. Er öffnete mir selbst. Er war in Hemdärmeln, und seine schwarze Weste war aufgeknöpft, so daß sein ungeheurer Bauch hervorquoll.
Jetzt, da ich ihn außerhalb des Beichtstuhles zum erstenmale wiedersah, und sein dickes, rotes Pfaffengesicht mir Respekt erregte und mir außerdem einfiel, daß er von mir das viele wußte, trieb mir die Beschämung und die Angst das Blut ins Gesicht.
»Gelobt sei Jesus Christus …«
»In Ewigkeit …«, antwortete er. »Da bist du ja …«
Ich küßte seine fleischige, warme Hand, und er versperrte die Tür. Wir traten durch ein kleines dunkles Vorgelaß in sein Zimmer. Es ging auf den Friedhof. Die Fenster standen offen und die grünen Baumwipfel versperrten jede Aussicht. Das Zimmer war breit und ganz weiß gestrichen. Ein großes Kruzifix hing schwarz an der einen Wand, davor stand ein Betschemel. An der anderen Wand stand ein Eisenbett, eine gesteppte Decke war darüber gebreitet. Ein breiter Schreibtisch nahm die Mitte ein, mit einem riesigen, schwarzledernen Armsessel.
Der Kooperator zog seine Soutane an und knöpfte sich zu.
»Komm«, sagte er.
Wir traten an das Betpult, knieten nebeneinander nieder und sprachen ein Vaterunser.
Dann führte er mich an der Hand zum Großvaterstuhl, setzte sich hinein, und ich stand vor ihm gegen die Schreibtischkante fest angelehnt.
»Na«, sagte er, »also ich höre …« Ich schwieg aber und wußte nicht wie anfangen vor Verwirrung.
»Also erzähl …«
Ich schwieg noch immer und schaute zu Boden.
»Hör du!« begann er, faßte mich unterm Kinn und zwang mich, ihm in die Augen zu schauen. »Du weißt, daß du schon gesündigt hast …, Unkeuschheit …, eine Todsünde …, verstehst du …, und mit deinem eigenen Bruder …, Blutschande …«
Ich hörte das Wort zum erstenmal, und ohne es zu verstehen, erbebte ich.
Er fuhr fort: »… Wer weiß …, vielleicht bist du ganz verdammt und hast dein Seelenheil schon verwirkt für immer …, wenn ich deine Seele noch retten soll, muß ich alles wissen, ganz genau …, und du mußt es mit Bußfertigkeit erzählen.«
Er sprach mit leiser, stockender Stimme, und das machte einen solchen Eindruck auf mich, daß ich zu weinen anfing.
»Wein nicht«, herrschte er mich an.
Ich schluchzte.
Er wurde milde...
Table of contents
- Vorbemerkung
- Erstes Kapitel
- Zweites Kapitel