
- 84 pages
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About this book
Die Zeitschrift für Literatur bringt von verschiedenen Beiträgern Erzählungen und Gedichte. Satirische Episoden sind nicht ausgeschlossen ebenso wie ein gegen Verdummung gerichtetes aufklärerisches Moment.
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Information
Bodypainting
Anna Maria Taufenbach malte mit Schokolade. Dabei entstanden nicht nur monochrome Bilder in Braun oder Dunkelbraun, sondern, da sie auch weiße Schokolade verwendete und dieser genießbare Pigmente zusetzte, Werke buntester Schattierungen. Meist malte sie Blumen, manchmal waren auch Schmetterlinge dabei, ab und an ein Vögelchen und manchmal auch raffinierte orientalische Ornamente. Zu der Art ihrer Malerei, das heißt zum Material, gab sie an, sie wolle damit die Genießbarkeit der Kunst anschaulich machen.
Im Fall der Anna Maria Taufenbach hieß es bei den Bildern nicht Öl, sondern ‘Schokolade auf Leinwand’. Hatte sie eine Vernissage, war diese zugleich auch ihr Ende, also eine Finissage, da die Besucher mit der Zunge über die Bilder fahren und diese vollständig auflecken durften. Das taten sie auch. Denn von Anna Maria Taufenbach eingeladen zu werden, galt als besondere Ehre. Mit ihren Bildern beherrschte sie, die nicht nur im Ruf einer herausragenden Künstlerin, sondern auch einer kapriziösen Diva stand, den ganzen Ort. Alle kamen. Der Bürgermeister, der Pfarrer, der Lehrer, der Apotheker und so weiter. Das Gesundheitsamt drückte ein Auge zu. Die Schleckerei war nicht keimfrei. Aber was sollte es. Schließlich konnte das Gesundheitsamt die Leute auch nicht am Küssen hindern. Man leckte und schleckte auf solch einer Vernissage, und hätte die Malerin gesagt: “Leute, jetzt noch die Leinwand!”, man wäre ihr bereitwillig gefolgt und hätte die Jute zwischen den Zähnen zermahlen. Dass die Taufenbach ihre Bilder, statt sie zu verkaufen, verzehren ließ, konnte sie sich leisten.
Ich war zur Zeit dieser gewaltigen Kunstereignisse 28 Jahre alt, hatte ein Voluntariat angetreten bei der ‘Meckenheimer Hauspost’, einer lokalen Zeitung, die jeden Samstagabend in die Briefkästen der Häuser wanderte. In Meckenheim hatte ich mir eine kleine Wohnung gemietet, nicht weit von den Redaktionsräumen entfernt. In der Redaktion sind wir, mich einberechnet, nur zu viert. Da ist der Chefredakteur, der Herr Aschenbrenner, der sich ab und zu grämt, statt höheren Aufgaben nachgehen zu können, bei einem Lokalblatt gelandet zu sein. Weiter ist da Charlotte, die für die Anzeigenaufnahme und alles Bürokratische zuständig ist, und dann ist da noch ein Hund, Willi, ein etwas behäbiger Mops, der als Maskottchen einfach mit dazu gehört. Seine Mopsartigkeit hat man noch etwas gefördert, indem man ihn auf Süßigkeiten konditioniert hat. Er ist träge, äußerst faltig, bewegt sich kaum und liegt meistens auf einer Decke im Empfangsraum der Redaktion.
“Silvio”, sagte der Chefredakteur zu mir, “morgen Abend ist wieder eine Vernissage mit der Taufenbach. Ich kenn‘ das schon. Dieses Mal gehst du dahin. Es ist ja immer dasselbe.”
“Klar, Chef”, sagte ich. “Da war ich noch nie.”
“Wie auch”, brummte er. “Du hast ja gerade erst bei uns angefangen. Die Taufenbach macht sowas nur einmal im Jahr. Aber das schon seit 2005.”
Dann klärte er mich über die Art der Veranstaltung auf. Ich hatte noch nie davon gehört und war ganz entzückt.
“Und die Malerin?” fragte ich. “Wie sieht sie aus? Wie alt ist sie?”
“Könnte deine Mutter sein”, meinte er. “Ist aber noch top. Schlank, schön, rothaarig. Du lässt bitte die Finger davon, falls du auf komische Ideen kommen solltest. Die Taufenbach ist nämlich die Frau unseres Mäzens und Zeitungsbesitzers. Also, zügel dein Temperament!”
“Klar”, sagte ich.
“Gut”, meinte er. “Bei Leuten mit italienischer Abstammung weiß man ja nie. Du hast jetzt nicht Gigolo-Qualitäten zu zeigen, sondern ernsthafte Arbeit und Verantwortung. Du machst ein paar schöne Aufnahmen, suchst die beste raus, nennst sie ‘Top’ und schickst sie als Mail-Anhang an unsere Druckerei. Das Layout für die kommende Ausgabe haben sie bereits. Den Artikel habe ich schon geschrieben. Es ist ja jedes Jahr dasselbe. Nur das Bild fehlt eben noch. Ich kann leider nicht das vom letzten Jahr nehmen. Man weiß ja nie, wer neu hinzugekommen oder gestorben ist. Also, du machst eine Totalaufnahme in den Raum hinein. Dann wird schon alles stimmen. Ich bin für drei Tage weg. Fortbildung in Berlin. Charlotte, was ich dir wegen des Hundes sagen muss, kommt mit. Aber das hast du nicht gehört. Da weißt du nichts von. Du kümmerst dich also auch um Willi. So, Junge, das ist deine erste richtige Bewährungsprobe. Du hast den Laden hier für ein paar Tage zu schmeißen. Es geht nicht anders. Schaffst du das?”
“Keine Sorge, Chef”, sagte ich, “wird alles bestens.”
“Ach ja”, meinte er, “und noch etwas. Sollte dich die Taufenbach fragen, wer denn den Artikel schreibt, wo ich ja nicht da bin, dann sagst du einfach ‘du selber’. Du hättest Kunstgeschichte studiert und schon Berichte über Events in berühmten Städten geschrieben. Dann ist sie beruhigt, und es gibt keinen Ärger.”
“Aber sie merkt das doch, wenn die Zeitung erscheint”, wandte ich ein. “Unter dem Artikel steht doch Ihr Kürzel, H.A., Hermann Aschenbrenner.”
“Nein. Dieses Mal nicht. Da steht natürlich deins. S.F.”
Die Vernissage war an einem Donnerstagabend. Unmittelbar danach hatte ich das Bild auszusuchen und an die Druckerei zu schicken. “Bis spätestens um 24 Uhr, mein Junge”, hatte mir der Chefredakteur gesagt, “dann ist es vom Datum her noch fristgerecht.”
Für meine Kleidung wählte ich an jenem Abend eine Mischung aus Eleganz und Vernachlässigung. ‘Wählen’ kann man eigentlich nicht sagen. Ich stand unter Zeitdruck, konnte nicht richtig überlegen und suchen. Ich musste nämlich für die Kamera erst noch einen neuen Akku finden, da der alte am Limit war. So griff ich in den Kleiderschrank, wühlte und zog schließlich einen viel zu weiten schwarzen Pullover heraus mit dem Aufdruck ‘Route Zero’, dazu ausgefranste Jeans, rote Lederstiefel. Da es kalt war, legte ich mir einen langen Kaschmirmantel um, schwarz - mein bestes Stück, hat mich ein Vermögen gekostet - und dann fand ich in der Eile nur einen moosgrünen Schal mit dem Aufdruck ‘Kiss me Kate!’ Ein paar Sekunden Zeit, um ein Parfüm aufzutupfen, hatte ich aber noch. Ich überlegte kurz - ‘Boris Becker’ oder ‘Terminator’ - entschied mich dann für ‘Terminator’ von Arnold Schwarzenegger. Beim Tupfen vertat ich mich etwas. Das halbe Fläschchen wurde leer. Willi, der sonst immer träge war, wurde unruhig. Ich musste ihn mi...
Table of contents
- Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Bodypainting (Rüdiger Schneider)
- Im Schloss (Stefan Koppermann)
- Nirwana Digital (Stefan Koppermann)
- Hank (Stefan Koppermann)
- O Mito do Boto (Flavia Costa)
- Land-Art (Rüdiger Schneider)
- Stille Vernissage (Rüdiger Schneider)
- La Boheme – Eine Bilderreise (Stefan Koppermann)
- Das Posthaus auf dem Brenner (Rüdiger Schneider)
- Chinesische Wasserträgerin (Angélique)
- Blaue Geige 01 (Stefan Koppermann)
- Blaue Geige 02 (Stefan Koppermann)
- Regensburger Rhapsodie (Stefan Koppermann)
- Lolita (Stefan Koppermann)
- Ohne Titel (Stefan Koppermann)
- Fantasie (Stefan Koppermann)
- Ohne Titel (Stefan Koppermann)
- 4 Wände (Stefan Koppermann)
- Kongo (Stefan Koppermann)
- Stangenfieber (Stefan Koppermann)
- Piano (Stefan Koppermann)
- Brechungen des Seins (Harald Reto Fonio)
- Santiago (Rüdiger Schneider)
- ‚Mach aus ihm einen Prinz!‘ (Martha Meisenheimer)
- Das Weihwasserbecken (Rüdiger Schneider)
- Zoogeschichte (Scheng Kaminski)
- Check-In São Paulo (Rüdiger Schneider)
- Querdenker – ohne Worte (Rüdiger Schneider)
- Literaturtipps gegen Verdummung
- Die Herausgeber
- Impressum