Weltliteratur aus Lateinamerika
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Weltliteratur aus Lateinamerika

Eine Debatte ĂŒber Valeria Luiselli, JuliĂĄn Herbert, Ariana Harwicz, Juan Gabriel VĂĄsquez und Rita Indiana

Silja Helber

  1. 378 pages
  2. German
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Weltliteratur aus Lateinamerika

Eine Debatte ĂŒber Valeria Luiselli, JuliĂĄn Herbert, Ariana Harwicz, Juan Gabriel VĂĄsquez und Rita Indiana

Silja Helber

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Ausgehend von der Analyse der schriftstellerischen Laufbahnen von fĂŒnf zwischen 1970 und 1985 geborenen lateinamerikanischen Schriftsteller*innen sowie ihren internationalen DebĂŒts, stellt das Buch einen Anforderungskatalog auf, den lateinamerikanische Autor*innen gegenwĂ€rtig zu erfĂŒllen haben, wenn sie als Weltautor*innen gelten möchten. Dabei rĂŒckt es die Schriftsteller*innen, die bisher in den akademischen Debatten um das Konzept Weltliteratur nur eine untergeordnete Rollen spielten, in den Mittelpunkt und untersucht ihre intra- wie auch extraliterarischen Autorbilder und -figuren auf etwaige WeltliterarizitĂ€t. Es gibt Auskunft darĂŒber, welche Faktoren die Übersetzung, Zirkulation und Rezeption, d.h. die Selektion oder Exklusion als Weltautor*in beeinflussen. Besonders an dem Buch ist die Auseinandersetzung mit lateinamerikanischer Gegenwartsliteratur, wodurch betont wird, dass Weltliteratur (auch) im Hier und Jetzt entsteht. Das Buch richtet sich an Weltliteraturforscher*innen, Lateinamerikanist*innen, Verleger*innen, Literaturkritiker*innen sowie Lateinamerika und Weltliteratur interessierte Leser*innen.

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Information

Publisher
De Gruyter
Year
2021
ISBN
9783110748840
Edition
1

1 OuvertĂŒre – Einleitung und Aufbau

Versteht man unter Weltliteratur einen Kanon literarischer Werke, die fĂŒr bedeutend und/oder reprĂ€sentativ gehalten werden – ein VerstĂ€ndnis, das im akademischen Kontext inzwischen geradezu verpönt, außerhalb dessen jedoch hĂ€ufig anzutreffen ist –, scheint Gegenwartsliteratur damit insofern unvereinbar, als sie allenfalls in einem noch laufenden Prozess der Kanonisierung begriffen ist.
(Radaelli/Thurn 2017b: 9)
Weltliteratur und Weltautor*innen1 – damit assoziieren die meisten Leser*innen Literat*innen des vornehmlich weißen2, mĂ€nnlichen, europĂ€ischen oder nordamerikanischen literarischen Raumes: Johann Wolfgang von Goethe, William Shakespeare, Dante Alighieri, um einige der bekanntesten Stimmen zu nennen. Alle drei eint die Tatsache, dass ihre literarischen Werke ĂŒber die Jahrhunderte Bestand hatten und sich auch noch heute großer Beliebtheit sowohl in der sĂŒdlichen als auch nördlichen HemisphĂ€re erfreuen.
Geht es um die Suche nach einer weltliterarischen Stimme des lateinamerikanischen3 Kontinents, so wird fast immer der kolumbianische LiteraturnobelpreistrĂ€ger Gabriel GarcĂ­a MĂĄrquez genannt. Wieder handelt es sich um einen Autor, der seinen Ehrenplatz im literarischen Pantheon bereits eingenommen hat und dessen großes Meisterwerk Cien años de soledad (1967) (auf Deutsch erschienen unter dem Titel Hundert Jahre Einsamkeit) vor mehr als fĂŒnfzig Jahren veröffentlicht wurde. Wird der zeitliche Rahmen etwas enger gesteckt, also auf die letzten zwanzig Jahre begrenzt, so ist die Antwort hĂ€ufig Roberto Bolaño – abermals ein Autor, der (zu) frĂŒh aus dem Leben schied und dessen literarisches Werk vor allem post mortem das Interesse einer weltweiten Leserschaft weckte.
Doch wie passen die Konzepte Weltliteratur und Gegenwartsliteratur zusammen? Kann dem, was in der AktualitĂ€t – oder sagen wir einmal in den letzten zehn Jahren – in Lateinamerika geschrieben und gelesen wird beziehungsweise wurde, schon zum jetzigen Zeitpunkt weltliterarische Geltung zugesprochen werden? Oder ist hierfĂŒr zunĂ€chst die Ablegung einer ‚ReifeprĂŒfung‘ erforderlich, wie dies bei den oben genannten Autoren und ihren literarischen Werken der Fall war?
Auf den ersten Blick kann diese Frage durchaus bejaht werden: „Weltliteratur entsteht nicht nur in einem selektiven und wertenden RĂŒckblick“ (Radaelli/Thurn 2017b: 9), sondern vielmehr oder auch im Hier und Jetzt. Das wird deutlich bei einem Blick auf die sich in letzter Zeit hĂ€ufenden Kommentare und Kritikerstimmen auf dem Schutzumschlag von Neuerscheinungen, bei der LektĂŒre von Rezensionen in der Online- und Printpresse sowie beim Schmökern von Verlagsvorschauen. Allesamt eint sie die Tendenz, Schriftsteller*innen, vor allem aus dem Globalen SĂŒden – oder im vorliegenden Fall aus Lateinamerika, und ihre literarischen Werke mit dem Etikett Weltliteratur, weltliterarisch respektive Weltautor oder Weltautorin zu versehen.
Das ist umso bemerkenswerter, als es sich hierbei mehrheitlich um Jungschriftsteller*innen, die zumeist in den 1970er- und 1980er-Jahren geboren wurden, handelt. Diese Schriftsteller*innen befinden sich noch am Anfang ihrer internationalen Karriere, deren Ausgangspunkt die erstmalige Übersetzung in eine andere Sprache markiert. Das legt nahe, dass sich jene Autor*innen in erster Linie darin versuchen, sich mit ihrem persönlichen Ă€sthetischen Projekt (international) Gehör zu verschaffen, um auf diese Weise in der Zukunft einen der privilegierten, begehrten und heiß umkĂ€mpften PlĂ€tze des (welt)literarischen Feldes zu ergattern. Dabei experimentieren sie besonders im lateinamerikanischen Raum mit dem hybriden Genre der Autofiktion: Das gibt ihnen die Möglichkeit, ihr eigenes Autorbild zu entwerfen und ihre persönliche Autorfigur zu entwickeln, mittels derer sie sich ins literarische Feld einschreiben können (vgl. Sapiro 2014: 77 f.). Ganz wesentlich ist deshalb, dass es sich bei ihrem schriftstellerischen Projekt um ein work in progress handelt.
Hieraus ergibt sich zwangslĂ€ufig, dass in der Gegenwart fĂŒr Weltliteratur neue oder zumindest andere MaßstĂ€be und Kriterien formuliert werden (mĂŒssen), die ein*e Autor*in und sein*ihr literarisches Werk zu erfĂŒllen haben. Des Weiteren fĂ€llt auf, dass trotz der hohen Frequenz mit der das Welt-Kompositum gegenwĂ€rtig – geradezu selbstverstĂ€ndlich – von Verlagen, Literaturkritik und Medien gebraucht wird, der Benennung als Weltliteratur oder ‚Ernennung‘ als Weltautor*in im Allgemeinen keine ErklĂ€rung oder gar Definition folgt. Unbeantwortet bleiben sowohl die BeweggrĂŒnde als auch die Frage, was sich hinter diesen ‚bedeutungsschweren‘ Konzepten verbirgt: Was ist Weltliteratur? Was ist ein*e Weltautor*in? Wie wird ein literarischer Text zur Weltliteratur respektive ein*e Schriftsteller*in zum*zur Weltautor*in?
Über das Konzept Weltliteratur, speziell ĂŒber seine Begriffs- und Rezeptionsgeschichte, ĂŒber die materiellen Produktionsbedingungen sowie die textimmanenten Eigenschaften von Weltliteratur in der Vergangenheit und Gegenwart wurde und wird ausgiebig transkontinental und transdisziplinĂ€r debattiert (vgl. Ferrari 2012: 16 f.). Die Frage, was Autor*innen im frĂŒhen 21. Jahrhundert zu Weltautor*innen macht, stellt jedoch ein Desiderat in diesem Forschungsfeld dar. So spielen die Autor*innen in den akademischen Debatten bisher, obwohl sie die Urheber*innen der literarischen Texte sind, eher eine untergeordnete Rolle. Das ĂŒberrascht angesichts der aktuell anwachsenden PrĂ€senz, Inszenierung und Performance von Autor*innen in der Öffentlichkeit durch Interviews, Lesungen und Literaturfestivals sowie den (sozialen) Medien. Hieraus ergibt sich, dass der literarische Text als solcher bisweilen ins Hintertreffen gerĂ€t (vgl. Gallego Cuiñas 2018: 4). Allerdings kann dies durch die, die Literaturwissenschaften charakterisierende Priorisierung des literarischen Textes erklĂ€rt werden, mit der eine generelle Skepsis gegenĂŒber einer Auseinandersetzung mit den ‚realen‘ Autor*innen einhergeht (vgl. Straumann 2013: 142).
Die verschiedenen Etappen, die ein*e Autor*in notwendigerweise durchlaufen muss, um dem weltliterarischen ‚Titel‘ zumindest nĂ€herzukommen, werden zwar in vielen wissenschaftlichen Arbeiten indirekt thematisiert, so zum Beispiel bei Rebecca Braun (2015, 2016), Sarah Brouillette (2007, 2016), Pascale Casanova (2004), James F. English (2005), Fernando Escalante Gonzalbo (2007), Ana Gallego Cuiñas (2014, 2018), Stefan Helgesson/Pieter Vermeulen (2016), Adam Kirsch (2017a), Rafael Lemus (2012), Sigrid Löffler (2014), William Marling (2016), Rebecca L. Walkowitz (2015), Frank Wynne (2016) oder auch The editors (2013), jedoch liefert keiner der Texte eine umfassende Analyse. Stattdessen gilt es als Gemeinplatz, dass die Grundvoraussetzung fĂŒr eine weltliterarische Autorschaft eine Übersetzung und damit verbundene Zirkulation und Rezeption außerhalb des Herkunfts- beziehungsweise Produktionslandes darstellt: „[I]t is essential for writers of World Literature to be discovered, translated, promoted, and reviewed“ (Marling 2016: 1). Was die aufgefĂŒhrten Forschungsarbeiten eint, ist dagegen, dass sie vornehmlich einzelne Dimensionen nĂ€her beleuchten, so dass nur eine Untersuchung der intra- oder der extraliterarischen Faktoren vorgenommen wird. Dabei vergessen sie, dass es sich bei Autorschaft im Allgemeinen und weltliterarischer Autorschaft im Besonderen um ein „komplexes Zusammenspiel inner- und außerliterarischer Faktoren“ (Wegmann 2013: 259) handelt, dem ich in meinem Buch nachgehen möchte.
Mein Ausgangspunkt ist die Frage, wie lateinamerikanische Schriftsteller*innen der Gegenwart zu Weltautor*innen werden. Dabei beschĂ€ftige ich mich sowohl mit intra- als auch extraliterarischen Entstehungsbedingungen von Weltautor*innen, um auf diese Weise das fĂŒr diese Position erforderliche spezifische Anforderungsprofil herauszuarbeiten.
Als Grundlage fĂŒr meine Überlegungen und Untersuchungen dienen mir die schriftstellerischen Laufbahnen von fĂŒnf zwischen 1970 und 1985 geborenen lateinamerikanischen Schriftsteller*innen sowie deren internationale, damit meine ich erstmals in andere Sprachen ĂŒbersetzte, DebĂŒtromane. Besondere Bedeutung messe ich den jeweiligen intra- und extraliterarischen Autorbildern beziehungsweise -figuren zu, die die Autor*innen meines Korpus innerhalb ihres literarischen Textes, aber auch außerhalb dessen durch ihre Teilnahme an Interviews von sich konstruieren. Diese geben Auskunft darĂŒber, weshalb Autor*innen letztlich das PrĂ€dikat Weltautor*in verliehen wird oder auch nicht.
Mein Korpus setzt sich zusammen aus den mexikanischen Autor*innen Valeria Luiselli (geb. 1983) und JuliĂĄn Herbert (geb. 1971) und ihren internationalen DebĂŒts Papeles falsos (2010) und CanciĂłn de tumba (2011), der argentinischen Schriftstellerin Ariana Harwicz (geb. 1977) und ihrem Erstlingswerk Matate, amor (2012), dem kolumbianische Schriftsteller Juan Gabriel VĂĄsquez (geb. 1973) und seinem Roman Los informantes (2004) sowie der dominikanischen Autorin Rita Indiana (geb. 1977) und ihrem Roman Papi (2011).
Diese Auswahl an Schriftsteller*innen ist besonders spannend und untersuchungswĂŒrdig, da vor knapp sechzig Jahren schon einmal ihre lateinamerikanischen HerkunftslĂ€nder (Mexiko, Argentinien, Kolumbien – mit Ausnahme der Dominikanischen Republik), bedingt durch ihre international erfolgreichen literarischen Produktionen, ins Zentrum der globalen Aufmerksamkeit rĂŒckten: „Der plötzliche Durchbruch der lateinamerikanischen Literatur von lokaler zu internationaler Bedeutung ist ein bemerkenswertes PhĂ€nomen der 1960er-Jahre. Er fand in Mexiko und Argentinien, Kolumbien und Kuba nahezu gleichzeitig statt“ (Strausfeld 2019: 351).
Im Buch werde ich zwar BezĂŒge zu den lateinamerikanischen Schriftsteller*innen jener Zeit herstellen, jedoch werde ich, entsprechend meines Fokus auf und Interesses an lateinamerikanischen Gegenwartsliteraturen, keinen systematischen Vergleich zwischen ‚damals‘ und ‚heute‘ vornehmen. Vielmehr sollen im Verlauf der Analyse Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den gegenwĂ€rtigen Autor*innen und ihren literarischen DebĂŒts ermittelt werden, die Aufschluss ĂŒber die Kriterien geben können, die lateinamerikanische Literaturen in der Gegenwart erfĂŒllen mĂŒssen, um als Weltliteratur betrachtet zu werden.
Das Buch gliedert sich in vier Teile. Der erste Teil und damit das Kapitel „BĂŒhnenbild und Requisiten – Lateinamerika in der Weltliteratur-Debatte“ (Kapitel 2) widmet sich zunĂ€chst der begrifflichen KlĂ€rung. Es dient der AnnĂ€herung an den Forschungsgegenstand und fĂŒhrt in die gegenwĂ€rtige Debatte um das Konzept Weltliteratur ein. Das Kapitel spannt einen Bogen von den UrsprĂŒngen des Konzeptes bis in die Gegenwart. Dabei fungieren Lateinamerika und lateinamerikanische Literaturen als Querschnittsthemen. In diesem Rahmen werden sowohl die Entwicklung, die zentralen Streitfragen als auch die Potenziale und die Operationalisierbarkeit des Konzeptes Weltliteratur aufgezeigt. Diskutiert werden ferner die eingangs bereits thematisierte Aneignung des Konzeptes durch den globalen Buchmarkt sowie die Benutzung des Welt-Kompositums in anderen kĂŒnstlerischen Formaten wie Musik und Film. Das Kapitel schließt mit einem Überblick ĂŒber die gegenwĂ€rtig Ă€ußerst diverse lateinamerikanische Literaturlandschaft und verortet diese in der Weltliteratur-Debatte.
Zu Beginn des Kapitels „Besetzung und Regie – Die Konstruktion von Weltautor*innen“ (Kapitel 3) steht die Forschungsfrage, welche Bedingungen und Kriterien lateinamerikanische Weltautor*innen heutzutage erfĂŒllen mĂŒssen und welche extra- und intraliterarischen Faktoren in diesem Fall zusammenwirken. Anschließend folgt eine BegrĂŒndung des Korpus, eine kurze Vorstellung der einzelnen Autor*innen sowie eine Kontextualisierung und Einordung des Buchs vor dem Hintergrund des derzeitigen Forschungsstands sowohl in Bezug auf die Weltliteratur-Debatte als auch das Thema Autorschaft. Die Grundlage bilden Überlegungen zur verĂ€nderten Rolle von lateinamerikanischen Schriftsteller*innen in der Gegenwart, speziell vor dem Hintergrund der Eventisierung des öffentlichen Lebens und damit auch des Literaturbetriebs. Weiterhin soll die Stellung des Englischen auf dem globalen Buchmarkt umrissen und damit die Bedeutung einer englischen Übersetzung fĂŒr die lateinamerikanischen Schriftsteller*innen und ihre BĂŒcher erörtert werden. Im Anschluss werden die Kriterien Lesbarkeit, Übersetzbarkeit und Stil eingefĂŒhrt, die bei der Analyse der literarischen DebĂŒts zur Anwendung kommen sollen, und von denen ich ausgehe, dass sie Auswirkungen auf die Verleihung oder Verweigerung des weltliterarischen ‚Titels‘ haben.
Darauf aufbauend formuliere ich die These, dass das Konzept Weltautor*in respektive Weltliteratur im frĂŒhen 21. Jahrhundert vornehmlich durch Verlage, (kommerzielle) Literaturkritik und Medien gebraucht wird, um transnational zirkulierende und rezipierte lateinamerikanische Schriftsteller*innen sowie ihre literarischen Werke (werbewirksam) auf dem globalen Buchmarkt zu platzieren. Deshalb liegt auch die Annahme nahe, dass die Bezeichnung Weltautor*in konsequenterweise denjenigen lateinamerikanischen Schriftsteller*innen vorbehalten bleibt, die ĂŒber transnationale Kompetenzen – erworben im Rahmen von Auslandsaufenthalten – verfĂŒgen, und die sowohl inner- als auch außerhalb ihrer literarischen Texte als Autor*innen eine Aura des*der ‚universal‘ gebildeten Kosmopolit*in kultivieren und zelebrieren.
Das Kapitel endet mit der ErlĂ€uterung der theoretischen AnsĂ€tze, die zugleich die Basis fĂŒr die nachfolgende Analyse darstellen. Hierzu zĂ€hlt die Vorstellung der Konzepte Autorbild und Autorfigur sowie Schriftstellerbild und Schriftstellerfigur, die auf die Literaturwissenschaftlerinnen Ruth Amossy und MarĂ­a Teresa Gramuglio zurĂŒckgehen und die als zentrale Analysekategorien bei der Herausarbeitung der Autorinszenierungen der einzelnen lateinamerikanischen Schriftsteller*innen fungieren. Des Weiteren wird in diesem Zusammenhang kurz das hybride literarische Genre der Autofiktion vorgestellt, dem alle BĂŒcher meines Korpus in gewisser Weise zuzuordnen sind.
Der Hauptteil, das Kapitel „Die BlĂ€tter, die die Welt bedeuten – Analyse“ (Kapitel 4), untergliedert sich in vier Blöcke, wobei, mit Ausnahme der Autor*innen Luiselli und Herbert, die aufgrund ihrer gemeinsamen mexikanischen Herkunft in einem direkt vergleichenden Kapitel abgehandelt werden, jeweils jedem*jeder Autor*in des Korpus ein eigenes Unterkapitel zukommt.
Die Analy...

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