Michael Girkinger
Die Selbstoptimierung der Persönlichkeit. Warum GlĂŒck und Erfolg am Persönlichkeitsbildungsmarkt so stark nachgefragt werden â Eine ambivalente Diagnose
GlĂŒck ist nicht nur eine Modeerscheinung unserer Zeit. Sie ist eine Sehnsucht, die nicht altert. Der römische Philosoph Seneca schrieb im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung: âGlĂŒcklich leben wollen alle, aber wenn es darum geht, zu durchschauen, was es ist, das ein glĂŒckliches Leben ausmacht, dann ist ihr Blick getrĂŒbtâ (Seneca 1998: 5). Wer sich den aktuellen BĂŒcher- und Zeitschriftenmarkt ansieht, muss zu dem Schluss kommen: Unser Blick auf das GlĂŒck kann heute unmöglich mehr getrĂŒbt sein. Es gibt mittlerweile einen Ăberfluss an Wissen darĂŒber, wie man glĂŒcklich und erfolgreich wird. Sucht man etwa auf amazon.de bei den TaschenbĂŒchern unter dem Stichwort âGlĂŒckâ, dann werden dazu ĂŒber 10.000 Titel gelistet. Unter dem Stichwort âhappinessâ bekommt man 47.000 BuchvorschlĂ€ge. Das Schlagwort âErfolgâ liefert ĂŒber 12.000 Treffer, das Schlagwort âsuccessâ sogar ĂŒber 143.000 Treffer (Abfrage am 1.11.2016).
Das GlĂŒck beschĂ€ftigt nicht nur die Ratgeber, auch die Wissenschaft hat sich dem Thema verstĂ€rkt zugewendet. Ende der 1990er Jahre explodierte die Anzahl der Forschungsarbeiten in der internationalen GlĂŒcksforschung regelrecht (Chapple 2010: online). Einer der GrĂŒnde war, dass Martin Seligman 1998 zum PrĂ€sidenten der American Psychological Association gewĂ€hlt wurde und mit ihm die Positive Psychologie groĂe Bekanntheit erlangte. Und auch am Persönlichkeitsbildungsmarkt ist eine erstaunliche Akkumulation an Wissen darĂŒber festzustellen, wie man das eigene GlĂŒck und den eigenen Erfolg optimieren kann. Optimum ist lateinisch der Superlativ von bonus â gut. Als Optimierung bezeichnet man die Suche nach dem besten erreichbaren Resultat unter gegebenen Voraus- und Zielsetzungen (de.wikipedia: Optimum). Der Duden definiert Selbstoptimierung in seiner allgemeinsprachlichen Bedeutung als âjemandes [ĂŒbermĂ€Ăige] freiwillige Anpassung an Ă€uĂere ZwĂ€nge, gesellschaftliche Erwartungen oder Ideale u.Ă.â (https://www.duden.de/rechtschreibung/Selbstoptimierung, Abfrage am 1.10.2019). Positiver gedeutet ist Selbstoptimierung das Streben des Einzelnen, vorhandene Potentiale zu entfalten, also seine noch nicht ausgeschöpften FĂ€higkeiten zu entwickeln, das Beste aus sich herauszuholen. Sich selbst zu optimieren birgt das Versprechen, GlĂŒck und Erfolg zu erleben. Die Angebote hierfĂŒr sind heute so bunt wie ĂŒberbordend: Vom einfachen Selbstmanagement-Training bis hin zu exotischen Selbsterfahrungstrainings â es scheint nichts zu geben, das nicht irgendwie fĂŒr die Persönlichkeitsentwicklung nutzbar und damit zu einer GeschĂ€ftsidee gemacht werden könnte.
Der Philosoph Arnold Gehlen hat den Menschen als MĂ€ngelwesen bezeichnet, das anders als Tiere arm an Instinkten ist, dafĂŒr aber eine ausgesprochen groĂe PlastizitĂ€t, Weltoffenheit, LernfĂ€higkeit und Erfindungsgabe aufweist (Gehlen 2016: 12f.). Zur RealitĂ€t des Menschseins gehören wesentlich Erfahrungen der UnvollstĂ€ndigkeit, der UnzulĂ€nglichkeit, WidersprĂŒchlichkeit, des Mangels und des Leids. Der Theologe Hans KĂŒng sagte mit 82 Jahren ĂŒber sich, er habe sich immer als ein in vielfacher Hinsicht widersprĂŒchliches, zwiespĂ€ltiges Menschenwesen mit StĂ€rken und SchwĂ€chen erfahren, âweit von der gewĂŒnschten Vollkommenheit. Keinesfalls als Idealmensch, sondern als Menschen mit Höhen und Tiefen, mit Tag- und Nachtseiten, mit all dem, was C.G. Jung den âSchattenâ der Person nennt, eben das, was der Mensch statt aufzuarbeiten nur gern wegschiebt, verdrĂ€ngt, unterdrĂŒckt. Und möchte nicht manch einer in seinem Herzen gerne anders sein? Ein klein wenig intelligenter, reicher, schöner? Oft nimmt man die Welt leichter an als sich selbst, wie man nun einmal ist oder durch andere gemacht wurde.â (KĂŒng 2009: 23)
Die âmodernen Priester der Machbarkeitâ (Mary 2003: 21), wie sie als Trainer, Berater oder Coach in groĂer Zahl auch am Persönlichkeitsbildungsmarkt zu finden sind, kennen solche Konflikte und Selbstzweifel nicht. Sie verkörpern die Machbarkeit ihrer GlĂŒcks- und Erfolgsversprechen mit ihrem Habitus, ihren Gesten und Slogans, mit ihrer dynamischen, lockeren Ausstrahlung. Sie wissen augenscheinlich, wie man das Leben richtig anpackt, wie man eine optimierte Version von sich schafft. Wie will und soll ich leben? Was macht ein gelingendes Leben aus? Das sind Menschheitsfragen, und auch das PhĂ€nomen der Selbstoptimierung ist nicht gĂ€nzlich neu. Sie hat heute in unserer komplexen Gesellschaft jedoch eine spezifische Form angenommen. Das möchte ich am Beispiel des Persönlichkeitsbildungsmarktes darstellen, und zwar anhand von folgenden Fragestellungen:
Wie definiert sich der Persönlichkeitsbildungsmarkt? Wie schauen Angebote zur Selbstoptimierung aus?
Wie erklÀrt sich die steigende Nachfrage nach Persönlichkeitsbildung in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten?
Und warum sind viele Angebote, und auch der âGeistâ, der den Persönlichkeitsbildungsmarkt durchweht, problematisch?
Wie definieren sich Persönlichkeit & Persönlichkeitsbildung?
Dass Persönlichkeitsentwicklung ein Top-Thema ist, ist leicht zu erkennen, wenn man einen Blick in die Stellenausschreibungen wirft: Wer ins âProfilâ passen will, muss heute nicht nur beruflich qualifiziert sein, sondern auch eine Reihe bestimmter persönlicher Eigenschaften besitzen: Wir sollten motiviert sein, optimistisch, flexibel, selbstbewusst, stressresistent und kreativ; wir sollten eine âergebnisorientierte Persönlichkeitâ sein, vernetzt denken können, ausgeprĂ€gte KommunikationsfĂ€higkeiten haben, durchsetzungsfĂ€hig sein, sozialkompetent und teamfĂ€hig, nicht nur aktiv, sondern âproaktivâ â die Liste lieĂe sich noch verlĂ€ngern. âFrĂŒher hat Fachwissen ĂŒber Karrieren entschieden, heute sind es eher persönliche und emotionale Kompetenzenâ, fasst es der Bildungsforscher Erich Ribolits zusammen (zitiert nach Reimann 2014 online: 68). Viele Stellenausschreibungen scheinen wahre Fabelwesen zu suchen, und so sehen viele LebenslĂ€ufe auch aus: gut inszeniert und schön frisiert, um dem Ideal einer zeitgenössischen Persönlichkeit möglichst nahezukommen. Jede Abweichung davon wird umgekehrt zu einer SchwĂ€che, die bearbeitet werden sollte, um die viel beschworene âKraft der Persönlichkeitâ zur Entfaltung zu verhelfen.
Was versteht man unter einer Persönlichkeit? Der Kern einer Persönlichkeit sind ihre zeitstabilen Eigenschaften, die sich wenig oder nur langsam Ă€ndern. Persönlichkeit ist etwas, was einen Menschen ĂŒber einen langen Zeitraum charakterisiert (Montag 2016: 7f.). Eine Persönlichkeit umfasst also jene Erlebens- und Verhaltensneigungen, die fĂŒr einen Menschen charakteristisch sind und sich ĂŒber dessen gesamte Lebensspanne in bestimmten Situationen immer wieder in seinem Verhalten zeigen. âBesonders Ă€ngstliche oder besonders freundliche Kinder werden meistens auch zu eher Ă€ngstlichen oder freundlichen Erwachsenen, wĂ€hrend sich etwa Interessen oder Ziele im Laufe eines Lebens grundlegend verĂ€ndern könnenâ (GlĂŒck 2016: 46). Weit verbreitet ist mittlerweile das FĂŒnf-Faktoren-Modell (âBig-Fiveâ), das die Grundachsen einer Persönlichkeit beschreibt: Extraversion/Introversion, Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit, VertrĂ€glichkeit sowie Offenheit fĂŒr neue Erfahrungen. Jede Persönlichkeit weist diese fĂŒnf CharakterzĂŒge auf, aber unterschiedlich ausgeprĂ€gt (Nettle 2012: 35).
Sprachgeschichtlich haben sich fĂŒr den Begriff âPersönlichkeitâ zwei Wortbedeutungen etabliert: âein in sich gefestigter Menschâ und âeine bedeutende Person des öffentlichen Lebensâ. Beide Aspekte schlieĂen sich nicht aus, mĂŒssen aber nicht zusammenhĂ€ngen (Spoun/Wunderlich 2005: 33). Persönlichkeitsbildung bedeutet allgemein formuliert, sich ein bestimmtes Können und Wissen anzueignen sowie bestimmte Selbst- und Sozialkompetenzen einzuĂŒben. Gerade weil diese Definition so offen ist, kann alles Mögliche unter den Begriff âPersönlichkeitâ subsumiert werden, wie die Auflistung eines Branchenvertreters zeigt: Kommunikation, persönlicher Erfolg, Zufriedenheit, Effizienz, Problemlösung, SelbstwertgefĂŒhl, Leadership, Inspiration, Gesundheit, Zielfindung, Zielerreichung, KreativitĂ€t, Motivation, Gleichgewicht Beruf/Familie; auĂerdem werden Themen wie PrĂ€sentationstechnik, Rhetorik oder Zeitmanagement, aber auch Yoga, Meditation, Energie-Arbeit, Astrologie und andere alternative Methoden genannt. Kurz gefasst gehe es bei Persönlichkeitsbildung um Lebensverbesserung (Girkinger 2012: 20).
In Bezug auf die vielen Versprechen am Persönlichkeitsbildungsmarkt, rasche VerĂ€nderungen zu erzielen und GlĂŒck und Erfolg zu optimieren, wird einem Unterschied kaum Beachtung geschenkt: dem zwischen Lernen und Entwicklung. Sich ein bestimmtes Wissen und Können anzueignen, bedeutet zunĂ€chst einmal nur, etwas Neues zu lernen. Die Persönlichkeit zu entwickeln ist dagegen viel aufwendiger und zeitintensiver. Sie geht mit einer VerĂ€nderung der IdentitĂ€t und des eigenen SelbstverstĂ€ndnisses einher. Elmar TĂŒrk fragt zu Recht: âWie oft trĂ€umen wir von Entwicklung, budgetieren aber bestenfalls lernen?â (TĂŒrk 2014: 4) In der Wissenschaft ist es umstritten und viel diskutiert, inwieweit die Persönlichkeit âin Stein gemeiĂeltâ oder verĂ€nderbar ist (Montag 2016: 55â65). Der Sozialpsychologe Jonathan Haidt veranschaulicht die Herausforderung mit dem Bild des Reiters auf dem RĂŒcken des Elefanten. Der Reiter stellt unser bewusstes Denken dar. Der Elefant ist alles andere, das BauchgefĂŒhl, instinktive Reaktionen, Emotionen, das Unbewusste und so weiter. Wir wĂŒrden dem Reiter viel zu viel Gewicht beimessen. âDer Reiter kann nicht einfach eine VerĂ€nderung beschlieĂen und dann den Elefanten verpflichten, sich an das neue Programm zu halten. Dauerhafte VerĂ€nderung tritt nur ein, wenn man den Elefanten umerzieht, und das ist schwierigâ (Haidt 2009: 46).
Wie sehen Selbstoptimierungsangebote aus?
Das WIFI-Kursbuch 2016/2017 eröffnet mit seiner Seminar-Auswahl einen guten Blick darauf, wie Selbstoptimierungsangebote konzipiert sind. Im Seminar âFĂŒhrung neu leben â Vom Potential zur Performanceâ entdecken die Teilnehmer ihre Persönlichkeit und wie sie zu einem Top-Performer werden. Im Seminar âMentaltraining fĂŒr GrĂŒnder und Unternehmerâ kann man sich blockierender GlaubenssĂ€tze bewusstwerden und bekommt Einsicht in die Kraft der positiven Gedanken. Im Seminar âSteigern Sie Ihre Lösungsorientierungâ erfĂ€hrt man, wie man vom Problem- zum Lösungsdenker wird. Mit dem Seminar âErfolgreich und gelassen kommunizierenâ kann man auch in herausfordernden Situationen sicher auftreten. Das Seminar âKörpersprache â Kommunikation von Kopf bis FuĂâ setzt schon beim ersten Eindruck an, der letztlich zĂ€hlt. Im Seminar âZeitmanagement und persönliche Arbeitsorganisationâ bekommt man Anregungen, wie man seinen Tagesablauf optimiert. Das Seminar âSpeed-Reading â schneller lesen, mehr behaltenâ lehrt, wie man zumindest doppelt so schnell liest und sich das Wesentliche besser merkt. Das Seminar âSouverĂ€nes und selbstbewusstes Auftretenâ ist fĂŒr alle, die ihre Ausstrahlung und Wirkung bewusst gestalten und durch die eigene Persönlichkeit den entscheidenden Erfolg erzielen möchten. Im Seminar âCharismatrainingâ kann man an seinem persönlichen Charisma feilen, das sich aus vielen erlernbaren Faktoren zusammensetzt (WIFI-Kursbuch 2016/2017: 29â48).
Um das groĂe GlĂŒck geht es auf der Plattform âglĂŒcklich seinâ. Dort werben gewerbliche GlĂŒckstrainer fĂŒr die Vorteile eines GlĂŒckstrainings: âEin GlĂŒckstraining bietet dir die Möglichkeit, einen groĂen Schritt in Richtung eines glĂŒcklichen und erfĂŒllten Lebens zu gehen. Denn so, wie man im Fitness-Training lernt, das Beste aus seinem Körper herauszuholen, so kann man bei einem GlĂŒckstraining lernen, sein persönliches GlĂŒckspotenzial zu optimieren.â (www.glueck-l-ich.com) Um GlĂŒck und Erfolg im Allgemeinen geht es auch bei Jörg Löhr. Der ehemalige Handballer ist seit 20 Jahren Erfolgstrainer und nennt sich âEuropas Persönlichkeitstrainer Nr. 1â. Seine Botschaft: âPersönlichkeitstraining â Ihr SchlĂŒssel zum Erfolg!â In seinem reichhaltigen Angebot findet sich ein spezielles Persönlichkeitspaket, mit dem man âversteckte KrĂ€fte entfesselnâ kann. Es besteht aus drei Seminaren: âTage der Entscheidungâ, âTage des Durchbruchsâ und âVoll im Lebenâ. Dass das Seminar hĂ€lt was es verspricht, bezeugt ein Teilnehmer auf der Homepage: âNiemals hĂ€tte ich es fĂŒr möglich gehalten, dass sich eine Gruppe fremder Menschen in so kurzer Zeit so positiv verĂ€ndern kann. Ich bedaure nur, dass ich das Seminar nicht schon vor 30 Jahren mitmachen konnte. Ich wĂ€re NobelpreistrĂ€ger geworden!â (Löhr o.J.: online)
Lothar Seiwert, der einmal Deutschlands, ein andermal sogar Europas fĂŒhrender Zeitmanagement-Experte ist, stellt nach der BĂ€ren- und MĂ€use-Strategie in seinem aktuellen Buch die âTiger-Strategieâ vor. âDu hast einen Traum, weiĂt aber nicht, wie du ihn verwirklichen sollst? Du möchtest dein Leben verĂ€ndern, doch du zögerst vor dem ersten Schritt in unbekanntes Terrain? Höchste Zeit, den Tiger in dir zu befreien!â Denn: âWer der Spur des Tigers folgt, kann im Dschungel des Lebens alles erreichen.â (Seiwert o.J.: online). Dieselbe Botschaft verbreitet der Erfolgstrainer Peter Kinauer. Er beschĂ€ftigt sich schon seit 30 Jahren mit den Mechanismen und Geheimnissen des Erfolgs. Die Quintessenz seiner BĂŒcher âSo werden Sie zum Siegerâ oder âAuf der Spur der Siegerâ: Erfolg ist lernbar (Kinauer o.J.: online).
All diese Angebote verbindet dieselbe Botschaft: GlĂŒck und Erfolg sind machbar, trainierbar. Sie sind nur eine Frage der Lernwilligkeit und der inneren Einstellung. Das Credo einer mittlerweile riesigen Selbstgestaltungsindustrie lautet: Die Persönlichkeit, ihre Defizite und UnzulĂ€nglichkeiten sind nichts Vorgegebenes, Schicksalhaftes. Mit einem professionellen Selbstmanagement und dem richtigen Training kann man ungeahnte Optimierungspotentiale entdecken und sich â in kĂŒrzester Zeit â zu einer wahren Erfolgspersönlichkeit entwickeln. Die GlĂŒcks- und Erfolgsanbieter inszenieren sich dabei als Experten des gelingenden Lebens, die sich und ihre Welt unter Kontrolle haben (und mit einiger Wahrscheinlichkeit sind dabei âneueste Erkenntnisseâ aus der Neurologie oder Quantenphysik mit im Spiel). Ein hĂ€ufiges Muster schaut so aus: Sie werben mit groĂen Versprechen und markigen Slogans; sie verfĂŒgen wahlweise ĂŒber Strategien, Techniken, Geheimnisse, Gesetze, SchlĂŒssel oder Formeln, die fĂŒr alle leicht umsetzbar sind, zu unmittelbarem Erfolg fĂŒhren und obendrein noch jede Menge SpaĂ machen.
Gerd Kulhavy, der GrĂŒnder der Redneragentur Speakers Excellence, fand in seinem Vortrag âDie Geheimnisse der Spitzentrainerâ, folgende Formel: Nur 20% des Erfolgs von Trainern macht das Fachwissen aus. 80% ist Marketing (Girkinger 2012: 193). Das erklĂ€rt, warum am Persönlichkeitsbildungsmarkt gerne die Kultur des impulsiven Konsums kopiert wird: Der Markt ist mittlerweile sehr ausdifferenziert und bedient bis hin zu exotischen Nischen wie etwa einem Training in den Bergen, im Zoo oder im Boxring ganz unterschiedliche BedĂŒrfnisse und GeschmĂ€cker. Die Anbieter prĂ€sentieren sich als Eigenbeweis fĂŒr die QualitĂ€t ihrer Produkte (Motivation, Lebensfreude, GelassenheitâŠ). Sie versprechen sofortige Befriedigung von BedĂŒrfnissen (einfache Antworten, rasche Ergebnisse, bedeutende ErkenntnisseâŠ) bei geringen Zeit- und Energieinvestitionen (Schnell-Service-Gedanke). Als Experten des gelingenden Lebens heben sich glanzvoll ab von der Alltagswelt ihrer Kunden (Posen, Slogans, HarmonieâŠ). FĂŒr die Kunden wiederum scheint der Einkauf von Lösungen, um diesen GlĂŒcks- und Erfolgsvorsprung zu verringern, gewinnbringender und auch angenehmer (Anleitungen, Berieselung, Infotainment), als sich bei zweifelhaftem Erfolg die Zeit zu nehmen, âDinge selbst zu tunâ oder âzu erlebenâ.
Was macht GlĂŒck eigentlich aus?
Wenn wir ĂŒber GlĂŒck reden, dann verwenden wir den Begriff, um ĂŒber Dinge zu sprechen, die uns wichtig sind und um die wir uns bemĂŒhen. Man kann daher ĂŒber GlĂŒck einerseits als Bewusstseinszustand sprechen, andererseits im Sinne eines gelungenen Lebens fĂŒr den einzelnen Menschen (Haybron 2016: 20). Daniel Nettle unterscheidet drei GlĂŒcksebenen: Auf der ersten Ebene finden sich die spontanen positiven Emotionen wie Freude und VergnĂŒgen. Auf der zweiten beurteilen wir unsere Emotionen. Davon hĂ€ngt ab, wie zufrieden wir mit unserem Leben sind. Auf der dritten Ebene geht es um die Selbstverwirklichung und um die Frage, ob man sein Leben als gelungen wahrnimmt (Nettle 2005: 18). Harmonie macht fĂŒr Haybron den...