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Die Wunder des Antichrist
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Die Wunder des Jesus Christus, verlagert in das Italien des 19. Jahrhunderts. Eine Nachahmung von Jesus, der Antichrist, vollbringt Wunder in Sizilien. Aus verschiedenen Episoden webt Lagerlöf in ihrem zweiten Roman eine Geschichte von Christentum und Sozialismus, in denen sich ihre eigenen Italienerlebnisse mit starker christlicher Aufladung vereinen. Vor anschaulicher sizilianischer Kulisse schildert sie in den verschiedenen Episoden die Schicksale der dort lebenden Menschen.-
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Information
Erstes Buch
»Da wird große Not herrschen.«
I. Mongibello
Gegen Ende der siebziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts lebte in Palermo ein armer Junge namens Gaetano Alagona. Dieser Name war sein Glück! Wenn er nicht einer der alten Alagonas gewesen wäre, hätte man ihn wohl verhungern lassen. Er war ja nur ein Kind und hatte weder Geld noch Eltern. Aber nun hatten die Jesuiten von Santa Maria in Gesù ihn in die Klosterschule aufgenommen.
Eines Tages, als er gerade sehr eifrig an seinen Aufgaben lernte, kam ein Pater ins Schulzimmer herein und rief ihn heraus, weil eine Verwandte ihn zu sprechen wünschte. Was, eine Verwandte? Gaetano hatte immer gehört, daß alle seine Verwandten tot seien. Aber Pater Joseph behauptete, es sei eine leibhaftige Signora da, die mit ihm verwandt sei und ihn aus dem Kloster nehmen wolle. Es wurde immer schlimmer. Sie wollte ihn aus dem Kloster nehmen? Dazu hatte sie doch wohl kein Recht! Er sollte ja Mönch werden.
Er wollte die Signora gar nicht sehen und meinte, Pater Joseph solle ihr nur sagen, Gaetano dürfe das Kloster nicht verlassen und deshalb könne es auch nichts nützen, wenn sie ihn selbst darum bitte. Aber Pater Joseph erwiderte, daß es durchaus nicht angehe, sie abreisen zu lassen, ohne daß Gaetano sie gesehen habe; und er zog den widerwilligen Gaetano ins Sprechzimmer.
Da stand die Signora an einem Fenster. Sie hatte graues Haar, eine braune Gesichtsfarbe und schwarze Augen, so rund wie Perlen. Sie hatte einen Spitzenschleier auf dem Kopf, und ihr schwarzes Kleid war fadenscheinig und schimmerte ein wenig ins grünliche, gerade wie Pater Josephs älteste Soutane. Als sie Gaetano erblickte, machte sie das Zeichen des Kreuzes.
»Gott sei gelobt, er ist ein echter Alagona!« sagte sie und küßte ihm die Hand.
Sie sagte, es tue ihr sehr leid, daß Gaetano zwölf Jahre alt geworden sei, ohne daß jemand von seinen Angehörigen sich um ihn gekümmert habe. Aber sie habe nicht gewußt, daß von der anderen Linie noch jemand am Leben sei. Wie sie es dann erfahren habe? Ja, Luca habe den Namen in einer Zeitung gelesen. Er habe in der Liste derer gestanden, die eine Prämie erhalten hätten. Es sei nun etwa ein halbes Jahr her, aber die Reise von Palermo hierher sei sehr weit. Sie habe sparen und sparen müssen, um das Reisegeld zusammenzubringen. Deshalb habe sie nicht früher kommen können. Aber herreisen und ihn sehen, das habe sie durchaus müssen. Santissima Madre, wie glücklich sie jetzt sei! Sie, Donna Elisa, sei auch eine Alagona. Ihr verstorbener Mann, der sei ein Antonelli gewesen. Es gebe übrigens noch einen Alagona, ihren Bruder. Der wohne auch in Diamante. Aber Gaetano wisse wohl gar nicht, wo Diamante liege?
Der Junge schüttelte den Kopf.
Ja, das könne sie sich schon denken, erwiderte sie und lachte.
»Diamante liegt auf dem Monte Chiaro. Weißt du, wo der Monte Chiaro liegt?
»Nein.«
Sie zog die Augenbrauen in die Höhe und machte ein sehr schelmisches Gesicht.
»Der Monte Chiaro liegt auf dem Ätna, wenn du weißt, wo der Ätna liegt.«
Das klang so betrübt, als sei es allzuviel verlangt, daß Gaetano etwas vom Ätna wisse. Und sie brachen alle drei in helles Lachen aus, Donna Elisa, Pater Joseph und Gaetano.
Donna Elisa wurde ein ganz anderer Mensch, nachdem sie die beiden einmal zum Lachen gebracht hatte.
»Willst du nun kommen und Diamante und den Ätna und den Monte Chiaro sehen?« fragte sie schnell. »Den Ätna mußt du sehen. Das ist der größte Berg der Welt. Der Ätna ist ein König; die Berge rings um ihn her liegen auf den Knien vor ihm und wagen es nicht, die Augen zu seinem Gesicht zu erheben.«
Dann begann sie, alles mögliche vom Ätna zu erzählen. Sie glaubte gewiß, sie würde Gaetano damit locken.
Und Gaetano hatte auch wirklich noch niemals darüber nachgedacht, was der Ätna für ein Berg ist. Er hatte noch nie erwogen, daß er Schnee auf dem Scheitel, einen Eichenwald im Bart und Weinlaub um die Hüften trägt und daß er bis an die Knie in Orangenhainen watet.
Und mitten aus dem Ätna kommen große, breite, schwarze Ströme herausgestürzt. Diese Ströme seien ganz merkwürdig; sie fließen dahin, ohne zu rauchen, sie bilden Wogen ohne Sturm, und die schlechtesten Schwimmer können ohne eine Brücke hinüberkommen. Gaetano erriet, daß sie die Lava meinte. Und sie freute sich, daß er dies erraten hatte. Er hatte also einen guten Kopf. Er war ein echter Alagona.
Und wie groß der Ätna ist! Denkt euch, man braucht volle drei Tage, um herumzufahren, und drei Tage, um auf den Gipfel hinauf und wieder herunter zu reiten. Und daß es außer Diamante dort noch fünfzehn Ortschaften und vierzehn große Wälder und zweihundert kleine Berge gibt! Die Berge sind eigentlich gar nicht so klein, aber der Ätna ist so groß, daß sie neben diesem wie ein Schwarm Fliegen auf einem Kirchendach aussehen. Und daß es dort auch Höhlen gibt, in denen ein ganzes Kriegsheer Platz hat, und alte hohle Bäume, in denen eine große Schafherde bei einem Gewitter einen Unterschlupf findet! Alles, was es nur Merkwürdiges gibt, scheint sich auf dem Ätna zusammenzufinden. Es sind Flüsse da, vor denen man sich in acht nehmen muß. Ihr Wasser ist so kalt, daß man stirbt, wenn man davon trinkt. Und es sind andere Flüsse da, die nur am Tag, und wieder andere, die nur im Winter, und wieder andere, die fast nur unterirdisch fließen. Und es gibt dort auch warme Quellen und Schwefelquellen und Schlammvulkane.
Es wäre wirklich schade, wenn Gaetano diesen Berg, der gar so großartig sei, gar nicht zu sehen bekäme. Wie ein prächtiges Zelt hebe er sich vom Himmel ab, und er sei gerade so bunt wie ein Karussell. Gaetano müßte ihn nur morgens und abends ansehen, da sei der Berg ganz rot, und er müßte ihn bei Nacht sehen, da sei er ganz weiß. Da würde Gaetano dann schon erfahren, ob es wahr sei, daß er alle Farben annehmen, daß er blau, schwarz, braun und veilchenfarbig aussehen könne. Oder ob er einen Schönheitsschleier trage wie eine Signora. Oder daß er einem Tisch gleiche, der mit Plüschdecken überzogen sei. Oder ob er wirklich eine aus Gold gewebte Tunika und einen Mantel aus Pfauenfedern habe.
Und Gaetano werde doch gewiß auch gerne wissen wollen, wie es sich damit verhalte, daß der alte König Artus dort in einer Höhle sitzen solle. Donna Elisa versicherte, es sei die volle Wahrheit, und er wohne auch jetzt noch im Ätna, denn als der Bischof von Catania einmal über den Berg ritt, seien ihm drei Esel davongelaufen, und der Knecht, der auf der Suche nach ihnen war, habe sie dann bei König Artus in der Höhle gefunden. Da habe der König dem Knecht befohlen, dem Bischof zu sagen, daß er, weil seine Wunden nun geheilt seien, mit den Rittern von der Tafelrunde kommen wolle, um in Sizilien alles, was in Unordnung geraten sei, wieder in Ordnung zu bringen. »Und wer Augen hat zu sehen, der weiß wohl, daß der König bis jetzt die Höhle noch nicht verlassen hat«, sagte Donna Elisa.
Gaetano wollte sich nicht von ihr fangen lassen, aber er dachte, er müsse ein wenig freundlich zu ihr sein. Sie stand noch immer, aber nun holte er einen Stuhl für sie herbei. Nur sollte sie deshalb nicht glauben, daß er mit ihr gehen wolle.
Es gefiel ihm wirklich, sie von ihrem Berg erzählen zu hören. Es war so lustig, daß der Berg so vielerlei Künste konnte. Er war offenbar gar nicht wie der Monte Pellegrino bei Palermo, der ganz einfach dasteht und nichts tut. Der Ätna konnte rauchen wie ein Schornstein und sprühen wie eine Gaslaterne. Er konnte rollen, zittern, Lava ausspeien, Steine auswerfen, Asche säen, das Wetter prophezeien und Regen sammeln. Wenn der Mongibello sich nur rührte, fiel ein Ort nach dem andern zusammen, als ob die Gebäude nur Kartenhäuser wären.
Mongibello heiße der Ätna auch, sagte Donna Elisa. Das bedeute »Berg der Berge«. Und diesen Namen habe er auch wirklich verdient.
Gaetano sah, daß sie fest davon überzeugt war, er werde ihr nicht widerstehen können. Sie hatte sehr viele Runzeln im Gesicht, und wenn sie lachte, liefen diese durcheinander wie die Maschen eines Netzes. Er beobachtete es eifrig, denn es sah gar so sonderbar aus. Aber er war in dem Netz noch nicht gefangen.
Jetzt aber fragte sie, ob Gaetano auch wirklich den Mut hätte, den Ätna zu besuchen, denn in dem Berg selbst gebe es viele gefesselte Riesen und ein schwarzes Schloß, das von einem Hund mit vielen Köpfen bewacht werde. Auch eine große Schmiede sei dort drinnen mit einem hinkenden Schmied, der nur ein Auge habe, das ihm mitten auf der Stirn sitze. Das schlimmste von allem aber sei, daß auf dem Grund des Berges ein Schwefelsee sei, in dem es wie in einem Kessel mit Öl koche, und in diesem Schwefelsee liege Luzifer mit allen Verdammten. Nein, er werde den Mut nicht haben, dahin zu kommen, sagte sie.
Sonst ist es allerdings nicht gefährlich, dort zu wohnen, denn der Berg fürchte die Heiligen. Ja, er fürchte sogar viele Heilige, sagte Donna Elisa, am meisten aber die Santa Agata von Catania. Wenn die Leute von Catania die Heiligen gebührend ehren würden, dann könnten ihnen weder Erdbeben noch Lava Schaden zufügen.
Gaetano stand ganz dicht vor ihr und lachte über alles, was sie sagte. Warum war sie nur hergekommen, und warum mußte er über alles lachen? Diese Donna Elisa war doch eine ganz merkwürdige Signora.
Plötzlich sagte er, damit sie sich nicht falsche Hoffnungen machte:
»Donna Elisa, ich muß Mönch werden.«
»So, mußt du das?« sagte sie. Aber dann begann sie ohne weiteres wieder von dem Berg zu reden.
Sie sagte, er solle jetzt recht gut aufpassen, denn nun komme sie zum Allerwichtigsten. Er solle sie zur Südseite des Berges begleiten, und zwar so weit hinab, daß sie in der Nähe der großen Ebene von Catania seien, und da werde er ein Tal sehen, ein sehr großes, weites, halbrundes Tal. Es sei vollständig schwarz, denn die Lavaströme seien von allen Seiten hineingeflossen, und es gebe da nicht einen einzigen Grashalm, nur Steine.
Aber wie stelle sich Gaetano nun eigentlich die Lava vor? Donna Elisa vermutete, er glaube, sie liege so glatt und eben auf dem Ätna, wie sie auf der Straße liegt. Aber am Ätna gebe es eine ganze Menge Ungetüme. Er solle sich einmal vorstellen, daß all die Schlangen und Drachen und Hexen, die in der glühenden Lava kochten, mit hinausfließen, sobald es einen Ausbruch gibt. Da liegen sie dann und kriechen herum, schlingen sich ineinander und versuchen, auf die kalte Erde zu kriechen, halten einander aber doch in dem Elend zurück, bis die Lava um sie her erstarrt ist. Frei machen können sie sich dann nie mehr. Ach nein!
Die Lava selbst sei auch gar nicht so einförmig, wie er sich wohl denke. Obgleich dort kein Gras wachse, sei doch anderes zu sehen. Aber er könne sich gewiß nicht denken, was das ist. Es bäume sich auf und falle zusammen, es stürze übereinander und krieche weiter, es krieche auf den Knien, auf dem Kopf und auf den Ellbogen. Es klettere die Wände des Tales hinauf und die Wände wieder hinab, es habe nur Zacken und Knochen, es habe einen Mantel aus Spinnengewebe und Staub in der Perücke und viele Glieder wie ein Wurm. Was könne das anderes sein als der Kaktus? Ob er wisse, daß der Kaktus auf die Lava hinausgehe und den Boden urbar mache wie ein Bauer? Ja, ob er wisse, daß nichts als der Kaktus über die Lava Herr werden könne?
Nun sah sie Pater Joseph an und lachte dabei. Der Kaktus, das sei der beste Kobold, den es auf dem Ätna gebe, aber ein Kobold sei und bleibe eben doch ein Kobold. Der Kaktus sei ein Sarazene, denn erhalte sich Sklavinnen. Ganz gewiß, sobald er an irgendeinem Ort festen Fuß gefaßt habe, müsse er auch einen Mandelbaum haben. Die Mandelbäume aber seien feine, junge Damen, sie wollen sich nur ungern auf das Schwarze hinauswagen, aber es helfe ihnen alles nichts. Hinaus müssen sie, und hinaus kommen sie. Gaetano werde es schon sehen, wenn er dorthin komme. Wenn im Frühjahr die Mandelbäume mit ihrer weißen Blütenpracht auf dem schwarzen Feld zwischen den grauen Kaktuspflanzen stehen, dann sehen sie so unschuldig und wunderschön aus, daß man über sie weinen könnte wie über verwünschte Prinzessinnen.
Nun solle er aber endlich erfahren, wo der Monte Chiaro liege. Aus dem Grunde dieses schwarzen Tales steige er auf. – Sie versuchte ihren Regenschirm auf dem Fußboden zum Stehen zu bringen. – So stehe er da, ganz aufrecht, er habe nie ans Niederlegen oder Sitzen gedacht. Und ebenso schwarz wie das Tal, ebenso grün sei der Monte Chiaro. Da sei Palme an Palme, Ranke an Ranke, er sei ein Herr in einem großgeblümten Schlafrock, ein König mit einer Krone auf dem Kopf. Er trage ganz Diamante wie eine Krone auf seinem Scheitel.
Schon seit einer Weile hatte Gaetano die größte Lust verspürt, Donna Elisas Hand zu ergreifen. Ob er es sich wohl traute? Ja, er traute es sich. Er zog ihre Hand an sich. Aber was sollte er nun damit anfangen? Vielleicht sie streicheln? Wenn er es ganz leicht mit einem Finger versuchte, vielleicht würde sie es dann gar nicht merken. Vielleicht würde sie es auch nicht merken, wenn er zwei Finger nähme. Vielleicht würde sie es nicht einmal merken, wenn er ihr die Hand küßte. Sie sprach und sprach; sie merkte es gar nicht.
Sie habe ihm noch viel zu sagen, fuhr sie fort. Aber die Geschichte von Diamante, die sei die allerschönste.
Sie sagte, die Stadt habe einst unten im Tal gelegen. Da sei die Lava gekommen, feuerrot habe sie über den Rand des Tales hinabgesehen. Was – was, war der jüngste Tag angebrochen? Die Stadt nahm in aller Eile ihre Häuser auf den Rücken, auf den Kopf und unter die Arme und lief den Monte Chiaro hinauf, der ganz nahe war.
Im Zickzack lief die Stadt den Berg hinauf. Als sie weit genug oben war, warf sie ein Stadttor und ein Stückchen Stadtmauer ab. Dann sprang sie spiralförmig um den Berg herum und warf überall Häuser hin. Die Häuser der armen Leute mochten fallen, wie sie eben gerade fielen. Man hatte keine Zeit, sich darum zu kümmern. Man konnte nichts besseres verlangen als unregelmäßige krumme Straßen, nein, mehr konnte man nicht erwarten. Die große Stadt lief rund um den Berg, ganz so, wie die Stadt den Berg hinaufgelaufen war, und an die Straße hatte sie bald eine Kirche, bald einen Platz hingeworfen. Aber so viel Ordnung war doch gewesen, daß das Beste am höchsten hinaufgekommen war. Und als die Stadt den Berggipfel erreichte, breitete sie da einen Marktplatz aus, und hier stellte sie auch das Rathaus und die Domkirche und den alten Palazzo Geraci hin.
Aber wenn er, Gaetano Alagona, mit ihr nach Diamante gehe, dann werde sie ihn auf den Marktplatz droben auf dem Berggipfel mitnehmen und ihm zeigen, welche Ländereien die alten Alagonas auf dem Ätna und auf der Ebene von Catania einst besessen hatten und wo sie ihre Burg auf dem Gebirge weit drin im Land errichtet hatten. Denn dort oben sehe man alles das und noch vieles andere, nämlich das ganze Meer.
Gaetano war es nicht aufgefallen, daß sie lange sprach, aber Pater Joseph war offensichtlich etwas ungeduldig. »Nun sind wir ja endlich an Ihrem eigenen Hause angekommen«, sagte er ganz freundlich.
Aber sie versicherte Pater Joseph, daß es bei ihr selbst gar nichts zu sehen gebe. Was sie Gaetano vor allem in Diamante zeigen möchte, sei das große Haus am Korso, das der Sommerpalast genannt werde. Es sei zwar nicht so schön wie der Palazzo Geraci; aber es sei groß, und solange die alten Alagonas auf der Höhe ihres Glanzes standen, hätten sie im Sommer dort gewohnt, um dem Schnee des Ätna näher zu sein.
Ja, wie gesagt, von der Gasse aus machte er keinen großartigen Eindruck. Aber er habe einen herrlichen Hof mit offenen Säulengängen auf beiden Stockwerken. Und auf dem Dach sei eine Terrasse, die mit blauen und weißen Ziegeln ausgelegt sei, und in jedem Stein sei das Wappen der Alagonas eingebrannt. Das würde Gaetano gewiß gerne sehen. Gaetano kam der ...
Table of contents
- Titel
- Kolophon
- Einleitung
- Erstes Buch
- Zweites Buch
- Drittes Buch
- ÜberDie Wunder des Antichrist