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Okkasionelle Pastoral
About this book
Viele Menschen wenden sich in Deutschland von den großen christlichen Kirchen in Deutschland ab. Doch auch in Zeiten von religiöser Privatisierung und Individualisierung sowie Erlebnisorientierung finden kirchliche Kasualfeiern wie beispielsweise Taufen weiter statt. Weil Menschen eben geboren werden, oder besser: Weil Menschen eben leben. Das Buch stellt das spannende Konzept der okkasionellen Pastoral vor, das Perspektiven für die kirchliche Seelsorge in spätmodernen Zeiten eröffnen soll. Die Konzeption einer "klassischen" Sakramentenpastoral greift existentiell relevante Ereignisse von Menschen, eben "Gelegenheiten", auf.? Die Bedeutung kirchlicher Kasualfeiern
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Information
Okkasionelle Sakramentenpastoral
Aktualisierungen der Überlieferungen im Lichte ritueller
Übergänge und Lebensphasen
1Einleitung
1.1Theologische Anthropologie
In einem ersten Schritt sollen einige anthropologische Grundlagen der Sakramentenpastoral kurz vorgestellt werden. Anthropologisch arbeiten meint in der Pastoraltheologie, jene menschlichen Bedingungen und Voraussetzungen zu bedenken, die im Zusammenhang der Seelsorge und ihrer Theologie wichtig sind, um theologische Aussagen und Handlungen überhaupt an die menschliche Lebenssituation und Lebensrealität anbinden zu können. Ohne diese Anbindung bliebe die Pastoral letztlich bedeutungslos, weil sie auf die Fragen, Bedürfnisse, Hoffnungen und Ängste der Menschen nicht reagieren und zu all dem nichts konstruktiv beitragen könnte. Andersherum formuliert, geht es darum, den menschlichen Realitätsbezug der Überlieferungen herauszuarbeiten, ohne den jedwede geschichtliche und menschenbezogene Kraft des Evangeliums unsichtbar werden würde. Kurz zusammengefasst, ist es das Ziel einer anthropologisch sensiblen Sakramentenpastoral, eine menschlich-erfahrungsbezogene Pastoraltheologie und theologische Praxis rund um die Feier der Sakramente und die entsprechende Begleitung zu entwerfen, die die lebensbezogene Relevanz des Evangeliums ernstnimmt und dazu beitragen will, dass Menschen die „Kraft Gottes“ (Röm 1,16) als relevante Wirkmacht in ihrem Leben erfahren können. Pastorale Theologie ist so gesehen immer eine anthropologisch gewendete Theologie, die den Kontakt zu den Human- und Gesellschaftswissenschaften braucht.1 Theologiegeschichtlich spricht man auch von der anthropologischen Wende der Theologie.2 Pastoraltheologisch ist dabei zu beachten, dass man das Wort anthropologisch nicht zu eng fasst. Spricht man über den Menschen nicht abstrakt (der Mensch ‘an sich’), sondern nimmt man die Menschen in ihrem konkreten Alltagsleben in den Blick, wird deutlich, dass Menschsein immer in diversen sozialen, kulturellen, organisatorischen und nicht zuletzt natürlichen Zusammenhängen situiert ist. Und diese Zusammenhänge sind für eine ‘anthropologisch’ fundierte Pastoral besonders wichtig. Denn in diesen konkreten sozialen und anderen Situationen konstituieren sich auch die konkreten Bedeutungen menschlichen Lebens. Wer würde sich im Kontext der Sakramentenpastoral wirklich angesprochen fühlen, wenn die Seelsorger eines pastoralen Raumes stets vom ‘Menschen an sich’, vom ‘Kind an sich’, vom ‘Jugendlichen an sich’ sprechen würden, nicht aber davon, was heute konkret von diesen Kindern, Jugendlichen und Eltern, mit denen man eben zu tun hat, erlebt, gehofft und vielleicht erlitten wird? Jeder Versuch einer pastoralen Sakramententheologie würde schnell in eine prinzipientheoretische Allgemeinbetrachtung über den Menschen umkippen,3 nicht aber die konkreten Freuden, Hoffnungen und Ängste der Menschen (vgl. GS 1) thematisieren. So gesehen, meint eine anthropologisch gewendete Theologie einen Ansatz, jedwede Gottrede und -praxis durch die Kategorialität menschlicher Erfahrungswelten hindurch zu vermitteln. Diese theologisch-hermeneutische Vermittlungskompetenz ist von den Seelsorgern und Seelsorgerinnen im kirchlichen Dienst besonders gefordert.
Im Folgenden wird die anthropologische Wendung der Sakramentenpastoral mithilfe zweier theoretischer Konzepte einzulösen versucht: dem Modell der rites de passages (van Gennep), das die kirchliche Feier der Sakramente im Lichte der Begehung wichtiger Übergänge im Leben ansieht und sie als bedeutungsvolle ‘Okkasionen’ des Lebens begreift. Des Weiteren wird ein Blick auf die Lebensphasen herangezogen, die die jeweiligen sakramentalen Feiern und ‘Okkasionen’ (zumeist) kontextualisieren. Beide (sozial-) anthropologischen Ansätze sollen in dem Sinne Verwendung finden, die menschliche und soziale Relevanz dessen, was die Feier der Sakramente den Überlieferungen nach bereithält, herauszuarbeiten und pastoral zugänglich zu machen. Im Zentrum beider anthropologischer Dimensionen steht die existentielle Lebenserfahrung der Menschen, die als hermeneutischer Anknüpfungspunkt der Gottesfrage und -erfahrung verstanden wird.
1.2Sakramentenpastoral oder -katechese?
In vielen Gemeinden werden vor allem die Vorbereitungskurse zu den Initiationsfeiern Erstkommunion und Firmung als Sakramentenkatechesen abgehalten. Katechese ist ein theologischer Fachbegriff und meint – vereinfacht skizziert – die Unterrichtung im christlichen Glauben und Leben:
„Katechese ist die in persönlichem Kontakt erfolgende systematische Unterweisung über die elementaren Inhalte der christlichen Lebensweise und Lehre für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die im Auftrag der Kirche erteilt wird […].“4
Der katechetische Charakter vieler Vorbereitungskurse wird häufig bereits in ihrem grundlegenden unterrichtlichen Setting sichtbar. Dieses erinnert zumeist an schulische Kontexte: Es werden Lerngruppen gegründet (schulisch: Klassen), Gruppenmütter bzw. -väter aus dem Kreis der Elternschaft angeworben (schulisch: Lehrer) und Unterrichtsmappen ausgegeben (schulisch: Unterrichtsmaterial), die in regelmäßigen Gruppenstunden (schulisch: Schulstunden) erarbeitet werden.
Freilich gibt es heute eine große Vielzahl an katechetischen Konzepten und nicht alle haben derart schulischen Charakter.5 Doch muss sich jeder in der Sakramentenpastoral tätige Mitarbeiter vorab die Frage stellen, welchen Prozess er eigentlich anstoßen will: einen katechetischen oder einen pastoralen. Denn Pastoral und Katechese sind nicht schlechterdings dasselbe. Was unterscheidet einen pastoralen Ansatz von einem katechetischen? Versucht man das Wort Pastoral in Grundzügen zu definieren, dann ist damit in einem sehr weiten Sinne schlicht die Handlungsseite der Kirche und des gesamten Volkes Gottes gemeint.6 Die Katechese der Kirche ist so gesehen ein spezifischer Teil dieses umfassenden handlungstheoretischen Ansatzes, schöpft ihn jedoch nicht aus. Pastoral meint, so soll es hier grob umrissen werden, die solidarische, rettende und befreiende Praxis der Kirche, die die existentiellen Erfahrungen und Situationen der Menschen, die schwierigen ebenso wie die freudigen und lustvollen, aufgreift und sie als mögliche ‘Orte’ der Gotteserfahrung interpretiert. Diese Interpretationen haben mindestens zwei Seiten: eine hermeneutische, also eine denkerische-intellektuelle theologische Auslegungsarbeit und ebenso eine praktische, die die Gottesinterpretationen mit den entsprechenden Handlungen voranbringen und sie im konkreten Leben der Menschen erfahrbar machen will. Das ist weit mehr als Katechese, weil dieser pastorale Ansatz von den Menschen nicht erwartet, etwas lernen zu sollen. Pastorales Handeln geschieht auch dort, wo solche Erwartungen nicht (mehr) gestellt werden. Und zudem unterscheidet der pastorale Ansatz nicht zwischen Wissenden und Lernenden, wie dies jeder katechetische Ansatz letztendlich tut. Der pastorale Grundgestus der Kirche ist ein absichtslos dienender, der die pastoral Handelnden als Diener, Begleiter und Unterstützer der Menschen versteht. In der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanums heißt es:
Die Kirche biete ihre „aufrichtige Mitarbeit [an], um jene brüderliche Gemeinschaft zu errichten, die dieser Berufung [des Menschen] entspricht. Die Kirche lässt sich von keinem irdischen Machtstreben leiten, sondern beabsichtigt nur dies eine: nämlich unter Führung des Geistes, des Beistands, das Werk Christi selbst weiterzuführen, der in die Welt kam, um Zeugnis für die Wahrheit abzulegen, um zu retten, nicht um zu richten, um zu dienen, nicht um sich bedienen zu lassen.“ (GS 3)
Vor diesem Hintergrund spricht dieser Beitrag von Sakramentenpastoral. Diese kann in der konkreten Ausarbeitung der Seelsorgepraxis freilich katechetische Elemente enthalten, darf sich jedoch in ihnen nicht erschöpfen. Im Vordergrund jedweder Sakramentenpastoral muss vielmehr das gemeinsame Handeln stehen, das es den Menschen ermöglicht, ihre existentiellen Erfahrungen in kirchlicher Gemeinschaft zu durchleben und als rettende und befreiende Gotteserfahrungen deuten zu können.7 Dieses Ineinander von Lebenserfahrung und Gotteserfahrung bildet auch den theologischen Kern der Sakramente.
1.3Rites de passage
Der französische Ethnologe Arnold van Gennep (1873-1957) hat in seinem Buch Les rites de passage (Paris 1909) die anthropologische Theorie der Übergangsriten entwickelt.8 Im Kern beschrieb er, wie Gesellschaften die Transformation ihrer Individuen von einem sozialen Status in einen anderen organisieren. Dabei unterschied van Gennep natürliche Veränderungsprozesse des Menschen, zum Beispiel die Pubertät als Übergangsphase vom Kind zum Erwachsenen, und deren soziale Begehung im entsprechenden Ritual. Solche Riten, mit denen derartige Transformationen begangen werden, sind nach van Gennep also gesellschaftlicher Herkunft. Sie dienen der Anerkennung des neu erworbenen sozialen Status durch die Gesellschaft. Vereinfacht ausgedrückt, reicht es nicht aus, wenn etwa der verheiratete Mann seinen durch die Hochzeit erworbenen neuen Status alleine sich selbst zuspricht. Um zur sozialen Realität zu werden, bedarf es der Anerkennung dieses Status durch die Gesellschaft. Der Status als Ehemann wird ihm quasi von ‘außen’ her, durch ein öffentliches Ritual zugesprochen. Van Gennep unterschied Initiations-, Übergangs- und Abschiedsriten.9
Das Konzept der Übergangsriten ist kein theologisches Konzept. Van Gennep beschreibt es auf der Basis völkerkundlicher und anthropologischer Gesichtspunkte. Dennoch ist zumindest phänotypisch eine Parallele zwischen van Genneps Ritualtheorie und den kirchlichen Sakramenten und Sakramentalien wie Taufen, Erstkommunion- und Firmfeiern, Hochzeiten, Beerdigungen und auch der Priesterweihe nicht zu übersehen. Denn diese kirchlichen Feiern siedeln sich – ähnlich wie bei van Gennep beschrieben – an wichtige lebensgeschichtliche Ereignisse an, die einen existentiellen ‘Statuswechsel’, eine Transformation der Menschen beinhalten und öffentlich begehen.
Vor diesem Hintergrund ist es hilfreich und notwendig, die anthropologische und soziale Dimension der k...
Table of contents
- Cover
- Titel
- Impressum
- Inhalt
- Vorwort
- Einleitung: Kennzeichen einer okkasionellen Pastoral
- Heute: Zum sinnkreativen Potential der aktuellen Situation
- Okkasionelle Sakramentenpastoral: Aktualisierungen der Überlieferungen im Lichte ritueller Übergänge und Lebensphasen
- Kasualfeiern als Ereignisse: Empirische und pastorale Zugänge
- Okkasionelle Partizipationskultur: Annäherungen an sozio-kulturelle Signaturen dieser Zeit
- Okkasionelle Pastoral: Fazit und Ausblick
- Literaturverzeichnis