eins
Führungskraft und Mitarbeiter
“Leadership is all about people. It is not about organizations. It is not about plans. It is not about strategies. It is all about people-motivating people to get the job done. You have tobe people-centered.”
Colin Powell
„Führung“ ist eigentlich kein großes Ding. Es besagt, dass sich Menschen beeinflussen, dass jemand sein Personal, seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dazu motivieren kann, ein selbst gesetztes oder vorgegebenes Ziel zu erreichen. Nicht mehr und nicht weniger. Etwas weiter gefasst kann man noch ergänzen, dass die Führungskraft zur Zielerreichung das Ziel definieren, den Zeitrahmen setzen und die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen muss. Im Rahmen der Führung muss der Vorgesetzte dann aber auch prüfen, ob die gegebenen Ziele erreicht werden, die Zeiten eingehalten werden, die Qualität stimmt und so weiter. Sie merken, es wird schon komplexer. Und es gibt natürlich immense Unterschiede, ob Sie ein Drei-Personen-Team in einem Start-Up betrachten, ein Referat in einem Bezirksamt, ein Kriegsschiff mit 230 Besatzungsangehörigen oder das global agierende Unternehmen mit zigtausend Mitarbeitern.
So unterschiedlich diese Beispiele sind, die grundlegenden Mechanismen sind weitgehend gleich. Der Führungsprozess ist immer derselbe zielgerichtete Denk- und Handlungsverlauf: Im ersten Schritt steht Ihr Auftrag (den geben Sie sich selbst, bekommen ihn zum Beispiel von Ihrem Vorgesetzten oder der Markt diktiert Ihnen eine neue Situation, auf die Sie reagieren müssen). Im zweiten Schritt folgt die Auswertung des Auftrags. Was wird verlangt? Inwieweit ist dieser Auftrag Teil des übergeordneten Auftrags? Sie machen sich also an die Planung und definieren Abläufe, Teammitglieder, Zeiten, Zwischenziele, notwendige Ressourcen und so weiter. Bei der dann beginnenden Durchführung müssen Sie Monitoren - Dienstaufsicht oder Controlling - und falls notwendig steuernd eingreifen. Droht der Zeitplan zu kippen? Brauchen Sie in dem Team also mehr Personal oder erklären Sie dem Auftraggeber, dass der Zeitplan nicht zu halten ist? Stellt sich das Ziel als technisch zu anspruchsvoll heraus oder zu komplex? Müssen Sie absagen oder den Prozess in realistischere Teilprozesse zerlegen? Sie bewegen sich in diesem Kreislauf von Auswertung, Planung, Durchführung und Steuerung langsam immer weiter nach oben dem Ziel entgegen.
Als Führungskraft benötigen Sie Selbstkompetenz. Das ist der zufriedene Umgang mit sich selbst und setzt sich aus Selbstwahrnehmung, Kritikfähigkeit, Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Selbstorganisation und Selbstführung zusammen. Einsicht in und der richtige Umgang mit den eigenen Schwächen sind ebenfalls wichtige Merkmale der Selbstkompetenz. Sokrates sagte angeblich: „Wer die Welt bewegen will, sollte erst sich selbst bewegen“; Michael Jackson sang: “If you want to make the world a better place take a look at yourself, and then make a change.“ Und schließlich schrieb der chinesische Stratege Sun Tsu: „Kenne Deinen Feind wie Dich selbst.“ Selbstreflexion bedeutet, sein Leben zu durchdenken, eigene Begabungen zu entfalten und Eigenschaften wie Zuverlässigkeit, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein zu stärken. Wer sich um andere Menschen kümmern will, muss sich zuerst um sich selbst kümmern. „Erkenne dich selbst“ steht als Inschrift am Apollotempel von Delphi.
Mit einer hohen Selbstkompetenz ausgestattete Menschen wissen, wo sie hinwollen und werden aktiver. Sie haben klare Ziele und es somit einfacher Entscheidungen zu treffen. Im Gegensatz dazu fällt es Menschen mit niedriger Selbstkompetenz schwer, eine Entscheidung zu fällen oder ein Ziel zu definieren. Bei Menschen mit nur schwach ausgeprägter Selbstkompetenz hilft es zum Beispiel, Ziele aufzuschreiben und sich regelmäßig wieder vor Augen führen. Erreichen diese Menschen dann gesetzte Ziele, wird sich ihr Selbstvertrauen verbessern. Sie werden mutiger bei der Definition neuer Ziele. „Erfolg hat nur, wer etwas tut, während er auf den Erfolg wartet“, sagte einst Thomas Edison.
Jeder Mensch hat verschiedene Formen des „Ich“. Ohne in die Theorien Freuds einsteigen zu wollen, gibt es dennoch einen Punkt, den ich Ihnen mit auf den Weg geben möchte. Wenn Sie in verschiedenen Situationen verschiedene Ichs „anziehen“, beispielsweise als Vater, als Sohn, unter Kollegen, beim Chef, und so weiter, agieren Sie auch unterschiedlich. Coach und Mentor Todd Herman vertritt die Meinung, dass man diesen Alter-Ego-Effekt hervorragend für sich nutzen kann. Winston Churchill soll sich täglich bei der Auswahl seines Hutes, von denen er viele besaß, gefragt haben, welches „Ich“ er denn heute sein wolle. Herman erzählte auf der Bühne des „Youpreneur Summit“ in London die Geschichte von Bo Jackson, einem amerikanischen Spitzensportler der 80er Jahre. Bo Jackson war als Kind offensichtlich schwer erziehbar, verprügelte oft andere Kinder und war immerzu zornig. Als er „Freitag, der 13.“ im Fernsehen sah, war er begeistert von dem Serienkiller Jason Voorhees - nicht wegen der Morde, sondern wegen der emotionsfreien und kühlen Art. Und der junge Bo entschloss sich, künftig bei seinen Aufgaben genauso ohne Emotionen auf das Ziel zu fokussieren. Und so wurde Bo Jackson der einzige Sportler, der es sowohl ins All-Star-Team beim Baseball als auch beim Football schaffte.
Jeder von uns hat seine Idole, seine Superhelden. Todd Herman rät uns, in die Rolle des Superhelden zu schlüpfen, weil wir dann selbstbewusster werden, bessere Ergebnisse abliefern. Inwieweit die Gesamtsituation einen Einfluss hat, habe ich mal in einer interessanten Reportage von der Fernsehmoderatorin Collien Ulmen-Fernandes gesehen. Dort ging es um die Geschlechterrollen und wie sehr uns diese beeinflussen. Mädchen und Jungen mussten beim Sport eine Leistung abliefern. Zuerst mussten sich alle selber einschätzen und erwartungsgemäß sahen sich die Jungs vorne und die Mädels hinten, und so waren dann auch die sportlichen Ergebnisse. Im zweiten Schritt gingen die Jungs raus und die Mädchen machten die Übung nochmals. Nun auf einmal waren ihre Ergebnisse genauso gut, wie die der Jungs vorher. Diesen psychologischen Effekt will Herman nutzen, um die Selbstkompetenz zu steigern. Ist Ihr Held Superman? Dann seien Sie Superman! Ziehen Sie Socken mit dem roten „S“ an. Oder tragen Sie eine Brille wie Clark Kent. Probieren Sie es aus – außer das mit dem Fliegen, das wird nichts.
Aus Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass Sie als Führungskraft Willensstärke brauchen. Ohne den Willen, Ihr Ziel zu erreichen, werden Sie es nicht schaffen. Seien Sie sich der Verantwortung gegenüber der Firma, ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und der Kundschaft bewusst. Seien Sie geistig und körperlich belastbar und sicher im Auftreten. Der Begriff lautet Resilienz und bedeutet die Kraft oder Fähigkeit, mit Willensstärke und Widerstandskraft durch Krisen zu kommen, ohne dabei Schaden an Geist und Körper zu nehmen. Oder einfacher: sich nicht unterkriegen zu lassen und immer wieder aufzustehen. Resilienz kann man trainieren und stärken und sollte es auch, um sich selbst zu schützen und um im Moment der Krise den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen den Weg aus derselben zeigen zu können. Der resiliente Chef ist der bildliche Leuchtturm in der stürmischen Brandung, standhaft und den Weg weisend. Er akzeptiert die Situation und zerfließt nicht in Selbstmitleid, er ergreift eigenverantwortlich die Initiative und glaubt an seine Fähigkeit, das Problem lösen zu können.
Welche anderen Kompetenzen sind wichtig? Während die Selbstkompetenz auf Sie als Führungskraft zielt, fokussiert die soziale Kompetenz auf die Art, wie Sie mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen umgehen. Denn zur Führung gehören bekanntlich (Selbstführung hier einmal ausgeblendet) auch immer Menschen, die man führt. Deshalb benötigt die Führungskraft Teamfähigkeit, Empathie und Kommunikationsfähigkeit, Glaubwürdigkeit, Kompromissbereitschaft und Durchsetzungsstärke. Diese Fähigkeiten können Sie aber erst erkennen und, wenn nötig, an sich verbessern, wenn Sie mit anderen Menschen interagieren. Und diese Interaktion muss organisiert werden, was in Zeiten von Homeoffice oder bei Personal, das entfernt arbeitet, komplizierter geworden ist. Mehr Individualität der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen - jeder hat heute seinen eigenen Plan, seine persönliche Situation und eigene Ziele - muss man als Führungskraft respektieren und berücksichtigen. Es ist wichtig, Ihr Team zu kennen, die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen. Das sind große Anforderungen an Ihre soziale Kompetenz.
Nicht ganz unwichtig für die Führungskraft ist die fachliche Kompetenz. Nur wenn Sie eine Ahnung von den Aufgaben, den Zusammenhängen, der „Sache“ haben, können Sie die Erledigung durch Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kontrollieren, gegebenenfalls korrigieren und somit schließlich zur Lösung des Problems beitragen. Unter fachliche Kompetenz fallen theoretische wie praktische Fertigkeiten, zum Beispiel Fremdsprachen, technische Kenntnisse, sprachliches und schriftliches Ausdrucksvermögen oder handwerkliche Fingerfertigkeit. Als Führungskraft müssen Sie aber nicht alle Details kennen, denn dafür haben Sie Ihre Experten, die Sie entsprechend einbeziehen müssen. Das sind die Theoretiker und Pragmatiker mit dem Fachwissen und den notwendigen Fähigkeiten. Im Podcast „It's about Leadership“ sagte Dr. Hannah Herlemann-Wegener, die Führungskraft bei einer Schokoladenfabrik ist, sie müsse als Führungskraft nicht wissen, wieviel Schokolade auf einen Riegel kommt, um ihren Job richtig ausfüllen zu können. Ich finde, das drückt es ganz gut aus. Ich kenne aber auch viele Beispiele, wo Menschen rein aufgrund ihrer Fachkompetenz zu Vorgesetzten wurden, ohne aber eine soziale Kompetenz zu besitzen. Der Grundsatz der Personalabteilung war dann wahrscheinlich, dass jemand aufgrund seiner fachlichen Leistung zwangsläufig in dem Fachbereich auch ein guter Chef sein müsse. Diese Ansicht ist fatal. Doch dazu später mehr.
Die geistige Kompetenz schließlich umfasst Ihre Bildung, Lernbereitschaft, Auffassungsgabe und Denkvermögen, kurz: Ihre intellektuellen Fähigkeiten. Ihr Abstraktionsvermögen und Ihre Neugierde stärken das Urteilsvermögen, was wiederum der Entscheidungsfindung zugutekommt.
Jede Führungskraft begeistert sich hoffentlich für die Firma, Behörde oder in welcher Organisationsform sie auch immer steckt. Engagement ist wichtig und darf auch zu Recht von der Firma und deren Mitarbeitern erwartet werden. Man darf es sich im Status Quo nicht bequem machen. Stattdessen muss man sich als Führungskraft immer wieder selber hinterfragen, was die eigenen Visionen angeht, die gesteckten kurz- und langfristigen Ziele, das Verhältnis zu den eigenen Chefs, zu Gleichgestellten, Personal und so weiter. Und manchmal ist auch ein unvoreingenommener Rat von außen hilfreich - Familie, Freunde, Netzwerke, Coaches. Lassen Sie sich eines sagen: das hört nie auf. Und das ist gut so. Stillstand ist ja bekanntlich Rückschritt. Oder wie Steve Jobs einst den Stanford-Absolventen mit auf den Weg gab: “And I have always wished that for myself. And now, as you graduate to begin anew, I wish that for you. Stay Hungry. Stay Foolish.“
Was brauchen Sie als Führungskraft noch? Toleranz gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden, Sensibilität und eine klare Haltung. Sie sehen, was im ersten Satz dieses Kapitels noch lapidar über Führung stand, ist nur wenige Absätze weiter schon sehr viel detaillierter geworden und man erkennt bereits, dass „Führung“ eben doch ein großes Ding ist. Der hier genannte Punkt „Haltung“ ist übrigens nach meiner Bewertung einer der Wesentlichsten und bekommt deshalb auch später ein eigenes Kapitel.
Nach dem Blick auf verschiedene Kompetenzen und Fähigkeiten, komme ich nochmals zurück auf die soziale Kompetenz, bei der Sie die individuellen Fähig- und Fertigkeiten mehrerer Menschen zusammenbringen müssen. Der deutsche General Kurt Freiherr von Hammerstein-Equord soll folgendes sinngemäß gesagt haben: Ich unterteile meine Offiziere in vier Gruppen. Wir haben schlaue, fleißige, dumme und faule Offiziere. Normalerweise treten zwei dieser Charaktereigenschaften zusammen auf. Manche sind schlau und fleißig - sie gehören in den Generalstab. Andere sind dumm und faul - diese ergeben ca. 90 Prozent jeder Armee und sollten mit Routineaufgaben bedacht werden. Jedermann, der schlau und faul ist, ist für höchste Führungsaufgaben qualifiziert, weil er intellektuelle Klarheit und die Beherrschung für schwierige Entscheidungen besitzt. In Acht nehmen muss man sich vor denen, die dumm und fleißig sind. Ihnen darf man keine Verantwortung übertragen, weil sie nur Unfug anstellen.
Häufig werden Sie in Führungspositionen mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auskommen müssen, die durch die Personalabteilung in Ihre Abteilung versetzt werden. Sollten Sie aber tatsächlich Mitspracherecht bei Personalfragen haben, müssen Sie sich mit den Leuten beschäftigen, die Stärken, Schwächen, Fertigkeiten und Fähigkeiten jedes Einzelnen ergründen sowie dessen persönliche Situation. Sprechen Sie zum 18-jährigen Praktikanten und zum 60-jährigen Abteilungsleiter; die haben vollkommen unterschiedliche Erfahrungen, Erwartungen, Ziele - manchmal verstehen die gar nicht, was der Andere sagt, weil sie eine eigene Sprache sprechen. Sie werden schnell feststellen, dass es „den Mitarbeiter“ oder „die Mitarbeiterin“ gar nicht gibt. Wenden Sie für alle Mitarbeiter dieselben Führungsprinzipien an, werden dennoch alle unterschiedlich reagieren. Diese Individualität ist ja das, was uns ausmacht, die Stärke, die ein Team diverser macht. Aber bei der Anwendung von Methoden oder Instrumenten, die Sie gegenüber allen Mitarbeitern anwenden, müssen Sie die Individualität immer berücksichtigen. Einige finden Ihre Maßnahmen toll und reagieren sofort, andere wollen erst überzeugt werden und manche lehnen sie ab. Nicht ganz überraschend werden Sie dabei regelmäßig eine Gauß'sche Verteilung erkennen. Man kann sogar ganze Bücher nur mit der Frage der Vielfalt beim Personal füllen. Wenn Sie mehr zu Nähe- oder Distanz-Typ wissen und zu Dauer- oder Wechsel-Typ lesen wollen, was einen Kreativen, einen Ängstlichen, den Einzelkämpfer oder zum Beispiel den Gemütlichen ausmacht, empfehle ich Ihnen „Mitarbeitertypen und wie Sie mit ihnen zusammen-arbeiten“ von Anja von Kanitz.
Führen sei komplexer, als es von außen betrachtet aussieht, sagt Diana von Kropp in ihrem Buch „Führungskraft – was jetzt?“. Das stimmt. Wenn Sie die Chance auf einen Posten als Führungskraft bekommen, greifen Sie zu. Es ist ein Abenteuer mit vielen Herausforderungen und einer tiefen Befriedigung. Und allen Geführten sei der Wunsch nahegelegt, manchmal weniger kritisch mit den eigenen Vorgesetzten umzugehen. Seien Sie vielmehr offen und bieten Sie Ihre Hilfe in Form von Feedback an. Gute Chefs werden es Ihnen danken.
zwei
Jede Generation hat eigene Ziele, Sprache, Kanäle
”If there is one constant about the military experience, it is the perception that the next generation are nowhere near as good as your generation. They're unfit, slow, useless and have no chance of being anywhere near as good as your people were. In fact, standards will have to be reduced, political correctness will definitely go mad and all in all the future of the nation is bleak.“
Sir Humphrey
In einer meiner Verwendungen brachte die vorgesetzte Dienststelle bereits zum wiederholten Male ein Jahrbuch heraus, zu dem alle Verbände Geschichten der vergangenen zwölf Monate beibringen mussten. Die Begeisterung der jungen Soldaten in den Verbänden, die nun mehrere Artikel zu schreiben hatten, war nicht besonders ausgeprägt. Schließlich erhielten die Geschäftszimmer der Verbände Pakete mit der Bitte, die fertigen Bücher zu verteilen. Dort blieben sie meist liegen, bis im Folgejahr das neue Jahrbuch herausgegeben wurde, also das nächste Paket kam. Fast keiner wollte dieses Buch haben. Wieso nicht? Das Buch entstand nicht aus einem erkannten Bedarf heraus, sondern entsprach dem Wunsch der Führung, sich als „Leuchtturmprojekt“ in der damaligen Bundeswehrreform darzustellen. Die dazu verdonnerten „Redakteure“ lieferten Artikel mit relativ wenig Leidenschaft ab. Im endgültigen Format kam ein dickes Buch mit ganz viel Text und ganz wenigen Bildern heraus. Die Zielgruppe „Ehemalige“ mochte daran gegebenenfalls großes Interesse gehabt haben, die jungen Soldaten der Verbände hatten es nicht. Sie, Angehörige der „Generation Instagram“, wollten lieber viele große, ausdrucksstarke Bilder und möglichst wenig Text. Nachdem erkannt wurde, dass es offensichtlich schwer ist, zwei vollkommen unter-schiedliche Zielgruppen mit einem Produkt zu befriedigen, sollte das Jahrbuch zugunsten eines anderen, eines moderneren Produktes eingestellt werden. Wie ich später hörte, sollen die Ehemaligen nicht glücklich mit der Idee gewesen sein.
Was dieses Beispiel verdeutlichen soll, ist die Erkenntnis, dass unterschiedliche Zielgruppen - und das sind Ihre Mitarbeiter - auch eine unterschiedliche Ansprache benötigen, wobei hier „Sprache“ weiter-gefasst werden soll als nur das gesprochene Wort.
Der junge Praktikant ist zum Beispiel ledig, gerade mit der Schule fertig und weiß noch gar nicht, was er eigentlich machen will. Nur in einem ist er sicher: Er will nicht so sein wie sein Vater. Und er hat schon viel gesehen von der Welt, spricht mindestens zwei Sprachen und ist weltweit via Social Media mit Freunden vernetzt. Man sagt ihm nach, er könne keine Entscheidungen treffen und sich nicht langfristig binden. „Mal war von ideologisch motivierten Umstürzlern die Rede, mal von oberflächlichen Faulpelzen“, schrieb beispielsweise Carsten K. Rath in der WELT. Aber man sagt dem jungen Praktikanten auch, dass er sich künftig gar nicht mehr bewerben muss, weil sich die Firmen aufgrund der Arbeitsmarktlage bei ihm bewerben werden. Teammeetings oder Anwesenheitspflicht empfindet er als „so 90er“, wo es doch heute mittels Kollaborationssoftware möglich ist, an Projekten gemeinsam zu arbeiten, obwohl man auf unterschiedlichen Kontinenten unterwegs ist. Durch die „Sharing is Caring“-Mentalität gibt diese Generation gerne weiter, auch Informationen. Da wird gepostet, gebloggt, geshart, gelikt. Information wird nicht als Gut angesehen, mit dem man sich einen Vorteil verschaffen kann, und das man deshalb hinter Barrieren hortet. Das offene und positive Verhältnis zur Kommunikation in dieser Generation lässt hoffen.
Die junge Führungskraft dagegen hat Familie und vielleicht gerade ein Haus im Neubaugebiet vor den Toren der Stadt gebaut. Nach den Jahren der Ausbildung und ersten Erfahrungen im Job, bekommt langsam „Sicherheit“ im Leben der jungen Familie einen größeren Stellenwert. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird wichtiger. Ein ruhiges, verlängertes Wochenende mit den Kindern und die Möglichkeit, auch mal die Tochter vom Kindergarten abzuholen, s...