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BONJOUR, SAINT-EX!
Eine poetische Begegnung mit Antoine de Saint-Exupéry auf seinem letzten Flug
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BONJOUR, SAINT-EX!
Eine poetische Begegnung mit Antoine de Saint-Exupéry auf seinem letzten Flug
About this book
Am 31. Juli 1944 hebt der physisch und psychisch angeschlagene Kriegspilot Major Antoine de Saint-Exupéry auf dem Flugplatz Bastia-Borgo (Korsika) mit einem Aufklärungsflugzeug ab und kehrt nicht mehr zurück. Ein deutscher Jagdpilot gibt an, ihn abgeschossen zu haben. Jahrzehnte später fliegt Fabian, der Sohn des Jagdpiloten, die Route seines Idols, Major "Saint-Ex", nach. Am Himmel über Frankreich wird Fabian mit seinem Flugzeug in ein Universum jenseits von Raum und Zeit geschleudert. An seiner Seite erscheint ein mysteriöser Flügelmann und beginnt mit ihm ein sehr persönliches Gespräch...
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Information
FABIANS REISE
„You are cleared to taxi.” Fabian bestätigte die Rollfreigabe. Nichts war hier in Bastia anders als irgendwo sonst bei einem Abflug. Vermutlich würde es ein sehr gewöhnlicher, unspektakulärer Flug werden. Er schloss das Kabinendach und prüfte die Bewegungen der Ruder. Beim Rollen zum Taxiway verschwand seine kleine Maschine hinter den mächtigen Rümpfen der Ferienflieger, die die Urlauber aus ganz Europa nach Korsika ein- und ausflogen. Niemand außer dem freundlichen Fahrer, käme auf die Idee, dass ein deutscher Flugzeugführer beabsichtigte, den Spuren von Antoine de Saint-Exupéry zu folgen.
Langsam rollte er auf die Startposition der Bahn 34. Hier oder wenigstens in der Nähe musste Antoine de Saint-Exupéry mit seiner Lightning gestanden haben, denn die steinige Landebahn mit ihren Metallplatten von damals war längst dem Asphalt gewichen. Aber der schmale Bergrücken auf seiner linken Seite, der sich wie ein Reptil nach Norden schlängelte und das weite Meer auf der Rechten, dieses Bild war unverändert.
Was mag hier in seinem Kopf vorgegangen sein? Wusste er, was er wollte? Was wollte er?
Die Navigation in Fabians Glascockpit zeichnete exakt den Flugweg von Exupéry. Zweihundertfünfzig Nautische Meilen, für die Fabian zwei Stunden und fünfzehn Minuten benötigen würde.
Er war entspannt. Auf ihn wartete kein Feind. Im Gegensatz zu den Piloten der damaligen französischen Aufklärungseinheit II/33. Feindberührung kannte er in den dreißig Dienstjahren bei der deutschen Luftwaffe nicht, aber war darauf intensiv vorbereitet worden. „Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“, schrieb Carl von Clausewitz. Er war froh, dieser Fortsetzung entkommen zu sein.
Noch einmal überprüfte er den Sitz der Schwimmweste, zog die Gurte fest und vergewisserte sich, dass er die Rettungsinsel neben sich schnell erreichen konnte.
„Cleared for Take Off Runway 34“, sprach der Tower-Controller.
Der Motor heulte auf – und los!
Seitlich zogen die Begrenzungslichter und Markierungen vorbei.
Fabian hielt das Flugzeug so lange am Boden, bis es nicht mehr bleiben wollte. Kaum hatte er abgehoben, warf eine Bö das Flugzeug nach rechts. Fabian war mit einer schnellen Gegenbewegung darauf vorbereitet, er hatte genug Geschwindigkeit, um dem Wind zu parieren. Das Flugzeug beruhigte sich, alles unter Kontrolle.
Es ist dieser einzigartige Moment, in dem der Mensch spürt, wie ihm die Technik mit einer winzigen Handbewegung erlaubt all dem zu entgleiten, was ihn sonst am Boden hält. Ein Augenblick des absoluten Löslösens. Fabian fühlte Exupéry hautnah: „Noch rollt das Flugzeug, langsam, bei Gegenwind, da zieht der Pilot den Gashebel. Im Bann des Propellers stößt der Apparat in die Höhe. Die ersten Sprünge wiegen sich in der elastischen Luft, dann scheint der Erdboden sich zu spannen, er leuchtet unter den Rädern auf wie ein Treibriemen, der in Gang kommt. Der Pilot prüft die Luft, die anfangs dünn ist, dann fließend wird, endlich fest genug. Er stützt sich an ihr empor und steigt.“
„Wer würde heute noch sagen, dass man sich an der Luft stützt und an ihr emporsteigt?“, sinnierte Fabian. „Exupéry konnte es und gab diesem besonderen Moment einen fast erotischen Bezug.“
Fabian dachte an den kleinen Prinzen hinter sich auf dem hohen Seitenruder. Sie hoben in Bastia gemeinsam ab. Nie waren sie sich so nah. Fabian lachte in sich hinein.
Der Flugplatz Bastia-Poretta lag hinter ihm. Rechts unten erstreckte sich im silbernen Glanz die Biguglia Lagune. Der standardisierte Abflug in den Dokumenten war so gelegt, dass man das ausgedehnte Naturschutzgebiet nicht überflog.
Bevor er Bastia erreichte, drehte er mit nordwestlichem Kurs über die Berge und ließ das Cap Corse steuerbord liegen. Dort wurde er von der Bastia-Radarstation übernommen. Vor ihm lag das weite Meer.
Er erinnerte sich an den Eintrag im Staffel-Tagebuch der II/33: „Zum ersten Mal nähert man sich Europa und erkennt sofort durch den leichten Dunst die Form der Küsten im Glanze eines schönen Tages. Das Herz ist durch eine emotionale Kraft bedrückt. Glücklich die Piloten, die dieses Gefühl erleben.“
In seinem Cockpit war es durch die lärmgedämpften Kopfhörer angenehm leise. Unter ihm verschwand Korsika, während sich die Maschine mit Volllast auf zehntausend Fuß kämpfte. Fabian genoss den grandiosen Ausblick.
Das tiefblaue Wasser glitzerte wie ein Funkenmeer. Es erschien ihm nun unendlich weit weg. Doch der Schein trog. Bei einem Motorausfall blieben nur wenige Kreise bis zum Aufschlag. Die Notwasserung war in der Checkliste vorgesehen, der glückliche Ausgang blieb aber ungewiss. Das Wasser würde das Flugzeug auch bei der schönsten Landung heftig bremsen, ein Überschlag wäre wahrscheinlich und die Befreiung aus dem Cockpit mit den Beinen nach oben schwierig.
Über dem Meer sind, ob man es möchte oder nicht, alle Sinne besonders angespannt. Eine leichte Veränderung des Motorengeräusches, eine zu starke Vibration, ein ungewohnter Geruch oder ein Funkausfall alarmieren sofort die körpereigenen Stresssensoren und führen augenblicklich zur Abhilfe. Der Motor wird durch eine günstigere Kraftstoff-Luftmischung zufriedengestellt, die Vibration durch eine bessere Trimmung beseitigt, der Geruch auf Motorgase im Cockpit beurteilt und der Funkausfall durch ein zweites Gerät kompensiert.
Piloten, gleich in welchem Fluggerät, leben in einem verinnerlichten Ordnungssystem, das sie stets beschützt. Doch wenn die überschaubaren Möglichkeiten ausgeschöpft sind, zeigt sich, ob sie behütet sind oder ob die Uhr abgelaufen ist.
Der Steigflug zog Fabian in eine dichte Wolkenschicht. Ihm war es recht. Dieser automatisierte Instrumentenflug war etwas Wunderbares. Er schloss für einen Moment die Augen, um die Umgebungsgeräusche in sich aufzunehmen und sich dann beim Öffnen der Augen als erstes auf die Instrumente zu konzentrieren, die einzig und allein verhinderten, dass ihm seine Gleichgewichtsorgane mangels Sicht nach draußen einen Streich spielten und ihm eine falsche Fluglage vorgaukelten.
Seine Welt war jetzt das kleine Cockpit. Es war das vollkommene Vertrauen auf die Technik, die in diesem Augenblick des Geradeausfluges in zehntausend Fuß Höhe perfekt und verlässlich arbeitete. Er musste nichts tun, nur beobachten und seinen Gedanken Raum geben.
In dieser entspannten Flugsituation schlug er das Buch Nachtflug auf und befand sich in der Gefühlswelt seines Namenskollegen, des Postfliegers Fabien.
„Dann als nichts schwankte, nichts vibrierte, nichts zitterte und sein künstlicher Horizont, sein Höhenmesser und der Tourenzähler ganz ruhig blieben, streckte er sich ein wenig, lehnte seinen Nacken gegen das Leder der Sitze und begann sich der tiefen Beschaulichkeit des Fluges hinzugeben, die einen wohlig mit einer unbestimmten Hoffnung erfüllt.“
Unbestimmte Hoffnung. Wie recht Antoine de Saint-Exupéry hatte! Wenn alles vorbeigleitet, wenn der einsame Pilot in der vibrierenden Kanzel und dem gedämpften Lärm über den Horizont schaut, zu der versinkenden Sonne oder zu den Sternen sieht, wenn er sich durch die Technik geborgen fühlt, dann spürt er, dass das unbekannte Vorne weit über den Horizont hinausgeht. Die unbestimmte Hoffnung ist sein Lebensweg, von dem er nicht weiß, wann und wo er endet. Aber er wird dem Piloten im dreidimensionalen Raum demütig bewusst, jedes Mal auf ein Neues.
Der Motor brummte ruhig und leise. Im Äther war es still. Ab und zu trimmte Fabian das Flugzeug für das optimale Dahingleiten. Automatisch ging sein Blick über die Instrumente und Sicherungen. Cross Check: Instrumente okay!
Er streckte sich und genoss den Moment. Auf dem digitalen Kartendisplay tauchte in achtzig Nautischen Meilen die französische Küste auf. Der Einsatzpilot Antoine de Saint-Exupéry dürfte hier Fabians philosophische Gedanken nicht nachempfunden haben, denn im Luftkrieg gab es keine Zeit zum Träumen.
Doch konnte man bei ihm, dem Mann mit so vielen Facetten, sicher sein? Antoine de Saint-Exupéry schaltete gern den Funk aus, und es gab Gerüchte, dass er sogar ein Schachspiel mit sich führte. Der Dichter lebte in seiner eigenen Welt, am Boden und in der Luft. Er ließ sich nur schwer von jemandem reinreden.
War er sich damals der Gefahr bewusst, dass seine Flugstrecke mit deutschen Flak-Batterien und Jägereinheiten der Gruppe Süd gespickt war? Sicherlich, denn er war ein taktischer Aufklärer mit großem Lagewissen. Handelte er danach, oder flog er als einsamer Streckenpilot mit Gottvertrauen auf sein Schicksal die vorgegebene Route ab?
Wie weit war er nach Norden gekommen? Die Recherchen hatten ergeben, dass die deutsche Radarstation von Chazelles-sur-Lyon ein einzelnes Flugzeug in großer Höhe zwischen Annecy und Grenoble hin- und herfliegend gesichtet hatte, welches dann nach Süden abdrehte und verschwand.
„Hin- und herfliegend? Ja, das ist möglich, wenn man am Boden kein Punktziel aufklärt, sondern eine Fläche“, erinnerte sich Fabian aus seiner militärischen Fliegerzeit. Die von Bron und Aix aufsteigenden Jäger bekamen damals jedoch keinen Sichtkontakt. War die Lightning jenes Signal auf dem Radar gewesen? Oder später bei einem neuen Kontakt in der südlichen Provence bei Draguignan?
Ein Blick auf die Karte zeigte Fabian, dass es zeitlich gepasst hätte. Major Antoine de Saint-Exupéry hätte durchaus nach Erledigung seines Fotoauftrages bei Grenoble wieder über der südlichen Provence sein können, um nach Korsika heimzukehren.
Doch warum gab es von ihm nicht eine einzige Funkmeldung während seines gesamten Einsatzes? Von seinem individuellen Funkverhalten einmal abgesehen, war Funkstille nicht ungewöhnlich, denn man wollte sich der feindlichen Funküberwachung nicht zeigen. In einem Notfall spielte das allerdings keine Rolle. Man hatte das Problem zu melden – wenn Zeit dazu blieb …
Cross Check: Instrumente okay!
Fabian blickte über den rechten Flügel, dann über den linken.
Er stutzte.
Was war das?
Für einen Augenblick ein Schatten.
„Muss ein Irrtum gewesen sein“, dachte Fabian. „Alles normal.“
Sein Flugzeug flog ruhig über den Wolken unter dem blauen Himmel auf der vorgegebenen Linie.
Plötzlich ein Schütteln, Dunkelheit! Fabian sah entsetzt um sich herum. Doch nichts war mehr zu erkennen. Durch das kleine Flugzeug röhrte mit einem brüllenden Lärm von links nach rechts eine riesige, schwarze Wand, die jedes Licht nahm. Das Flugzeug wurde brutal hinten heruntergedrückt, schoss senkrecht nach oben. Fabian stemmte sich wie im Reflex gegen das Steuerhorn, aber sein Flugzeug stieg wie von Tausenden Magneten gezogen weiter.
Wie wild suchte seine Hand nach der Instrumentenbeleuchtung, um sofort zu erkennen, wie die Geschwindigkeit auf null gefallen war, das Fluglageinstrument eine Rolle und dann einen Sturzflug anzeigte. Es riss das Steuerhorn ergebnislos an sich, hing hilflos in den Gurten, schrie auf, als ein Gepäckstück ihn von hinten am Kopf traf. Nichts gab es mehr, was ihn aus seiner Erfahrung im Cockpit des Tornados hätte retten können. Er war außer jeglicher Kontrolle. Er versuchte erneut die Bedienknöpfe zu erreichen, sah mit Grauen, dass sich seine Finger verlängerten, am Ende als schlaffe Schläuche niederhingen, bis auch seine Augen nach vorne traten und er nichts mehr sehen konnte, während er um sich herum ein Inferno hörte. Er wollte schreien, doch es drang nur ein grässliches Röcheln aus seiner Kehle. „Mein Gott … ich sterbe … ich sterbe …“
Das Tosen und Beben nahm kein Ende, Fabian blind und bewegungsunfähig, rang nach Luft, gab sich auf. Langsam ließ das Dröhnen nach, erst ein wenig, dann immer me...
Table of contents
- Cover
- Titel
- Widmung
- Impressum
- Inhalt
- KORSIKA
- KORSIKA – ZWEITER WELTKRIEG, 31. JULI 1944 MILITÄRFLUGPLATZ BASTIA-BORGO
- APOTHEOSE
- DER VATER
- FABIANS REISE
- ALS LACHTEN ALLE STERNE …
- SPURENSUCHE
- DIE LITERATUR DES DICHTERS