Der einsame Mensch
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Der einsame Mensch

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Der einsame Mensch

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Wir alle haben eine Biografie der Einsamkeit.Es beginnt mit der Geburt, dann, wenn aus zweien eines wird. Und es endet mit dem Tod, dem wir alleine begegnen mĂŒssen. Die Sehnsucht nach der Zweiheit begleitet uns durchs Leben: in der Angst des Kindes vor dem Verlassenwerden, die sich spĂ€ter im Beziehungsverhalten fortsetzt; in der Angst vor Ausgrenzung aus sozialen Gruppen in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Familie. Opfer und TĂ€ter erleben Einsamkeit in je eigenen Dimensionen ebenso wie Kranke und Benachteiligte. Einsame Entscheidungen machen MĂ€nner stark, sagt man, wĂ€hrend Frauen nach Geborgenheit suchen.Psychoanalytikerin Rotraud A. Perner hinterfragt anhand von Fallgeschichten aus ihrer Praxis und persönlichen Erlebnissen kritisch die gesellschaftlichen ZwĂ€nge, die den einsamen Menschen in unserer medial geprĂ€gten Zeit bedingen. Und sie zeigt konstruktive Wege auf, wie der einsame Mensch vom Allein-sein zum All-ein-Sein gelangen und ein neues LebensgefĂŒhl entdecken kann.

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Information

1UrgrĂŒnde der Einsamkeit

Warum Einsamkeit so bedrohlich ist

Betteinsamkeit
Einschlafeinsamkeit
TrÀneneinsamkeit
Essenseinsamkeit
Nach-der-Schule-Einsamkeit
Freizeiteinsamkeit
Wohnungseinsamkeit
Sonntagseinsamkeit
Handwerkereinsamkeit
Alleingelassen-Einsamkeit
Kauflust
Mutlos
Ewig
IRENE SUCHY6
Wir alle haben eine Biografie der Einsamkeit.
Wenn man die Entstehungsgeschichte von Empfindungen, GefĂŒhlen, Fantasien und Gedanken zurĂŒckverfolgt, gelangt man immer irgendwann einmal zu einem Punkt, wo nur »ein Einziges« vorhanden ist. Ein Urgrund. Ruhe. Aber plötzlich geschieht etwas, es erhöht sich energetische Spannung, und dann entsteht eine Art von Teilung, Abspaltung und damit auch Vermehrung: Aus dem UrsprĂŒnglichen erwĂ€chst etwas anderes, Neues. Und das macht Hoffnung. Man fĂŒhlt sich erwartungsfroh, lebendig.
Und dann hofft man auch, mit oder in dem anderen wieder zu dem ungestörten GefĂŒhl des Eins-Seins zu gelangen, des Einig-Seins, in dem nichts fehlt, in dem man sich erfĂŒllt fĂŒhlt.
Der umstrittene altösterreichische Psychiater und Psychoanalytiker Wilhelm Reich (1897–1957) beschreibt einen solchen biologischen Vorgang mit folgenden Worten: »Nichtlebende Substanz pulsiert nicht, lebende Substanz pulsiert. Genau am Übergang von der Unbewegtheit zur pulsatorischen Bewegtheit ist die Lösung des RĂ€tsels der Biogenese7 zu suchen. Diese Übergangsstelle lĂ€sst sich tatsĂ€chlich mikroskopisch beobachten und filmisch festhalten.«8 Anders formuliert: Alles Leben ist Bewegung, und solange man noch nicht erkannt hat, wie man sich selbst in Bewegung bringen kann – wie man also »etwas anregendes anderes« in sich selbst schaffen kann –, braucht man einen Impuls von außen.
Der erste Schritt dazu besteht in der Sehnsucht, dass »etwas passiert« – dass etwas von außen herankommt, eine spendende Mutterfigur oder eine lobende Vatergestalt, ein »Deus ex Machina«9 oder eben eine alltagstaugliche Partnerperson. In der Fantasie kann man sich dieses liebevolle Du perfekt idealisieren – solange man es nur ertrĂ€umt.
In der realen Praxis wird man dann frĂŒher oder spĂ€ter enttĂ€uscht – so wie es in einem Gedichtchen von Joachim Ringelnatz heißt: »Wenn man das zierlichste NĂ€schen | Von seiner liebsten Braut | Durch ein VergrĂ¶ĂŸerungsglĂ€schen | NĂ€her beschaut, | Dann zeigen sich haarige Berge, | Dass einem graut.«10
Wen wundert’s, dass viele den Schritt in die NĂ€he vermeiden – und dies nicht nur, weil sie nicht wissen, wie sie ihn anlegen sollen, oder weil sie von ihren wesentlichen Erziehungspersonen davor gewarnt wurden, Bindungen einzugehen, sondern auch aufgrund schlechter Erfahrungen. Eigener oder fremder. Beispielsweise der der Mutter. Denn es sollte nicht unterschĂ€tzt werden, wie sehr in der gegenwĂ€rtig so scheidungsfreudigen Zeit die immer wieder aufgenommene erfolglose Suche der Mutter nach einem beziehungsmutigen Partner verlassene Kinder beeinflusst.

Sehnsucht

Wir tragen in unserer Herzenstiefe einen Entwurf von BeglĂŒcktwerden, der aus dem passiven Versorgtwerden im Mutterleib stammt. Wenn wir dann getrennt von diesem Urquell sind, mĂŒhen wir uns mit der Methode »trial and error« – »Versuch und Irrtum« – ab, aus der primĂ€ren Einsamkeit wieder in solch eine erfĂŒllte Zweisamkeit zu kommen – und manchmal schaffen wir das auch. FĂŒr Minuten oder gar Stunden. Aber nicht auf Dauer. Denn bei allem, was lebt, zeigen sich »Wellen«: mal oben, mal unten. Beide Extreme können Angst auslösen. Dem »goldenen Mittelweg« mangelt es ja an den »erhebenden« Höhen.
Wilhelm Reich schreibt denn auch: »Die Angst der Menschen vor dem Ungewissen, Bodenlosen, dem Kosmischen ist berechtigt, zumindest verstĂ€ndlich.«11 Sigmund Freuds Sichtweise lautet: »Gewollte Vereinsamung, Fernhaltung von den anderen ist der nĂ€chstliegende Schutz gegen das Leid, das einem aus menschlichen Beziehungen erwachsen kann. Man versteht: Das GlĂŒck, das man auf diesem Weg erreichen kann, ist das der Ruhe.«12 Nur: Andauernde Ruhe bietet keinerlei Entwicklung.
Wer diese Angst vor dem Ungewissen zumindest einmal erlebt hat, hat damit auch eine Neurosignatur – ein Verschaltungsmuster von Nervenzellen im Gehirn – erworben; diese PrĂ€gung kann sich immer wieder in Ă€hnlichen Situationen bemerkbar machen und verdichten – außer man nimmt sie bewusst wahr und erarbeitet sich autonom eine neue Konstruktion.
Dazu hilft, zwischen BefĂŒrchtungen und nachweislich realistischen Erwartungen zu unterscheiden. Erstere Geisteshaltung lĂ€hmt die Denkfunktion, letztere hilft, sich auf Widrigkeiten vorzubereiten, aber sich von möglichen Risiken nicht abhalten zu lassen.
Zu diesen Nervenverschaltungen gehört auch das sprachlose Entsetzen, wenn der heiße Hunger in den Eingeweiden tobt und niemand da ist, der »stillt« – physisch wie psychisch. FĂŒr einen SĂ€ugling bedeutet dieses Alleingelassensein Lebensgefahr; deswegen ist es so wichtig, sich auf den Nahrungsrhythmus des Winzlings einzustellen und dann auch da zu sein, um zumindest verstĂ€ndnisvoll (und nicht Ă€rgerlich) zu reagieren. SpĂ€ter, wenn man der Sprache und der Selbstreflexion mĂ€chtig ist, kann man auch erkennen, weshalb man oft wie ein Preisgegebener reagiert, wenn einem die geringste respektvolle Zuwendung und Beantwortung versagt wird: Die in dieser Ur-Notsituation erworbene Neurosignatur ist aktiviert worden.

PrÀgungen

Die ersten Neurosignaturen erwerben Menschen in der Geborgenheit des Mutterleibs – sofern sie nicht mit Hass- und Vernichtungsgedanken, LĂ€rm- und ErschĂŒtterungswellen und anderen StresshormonausschĂŒttungen verstört werden. Eine gnĂ€dige Amnesie drĂŒckt derartige vorgeburtliche Erfahrungen und ebenso die des Geburtstraumas in die Tiefenschichten des frĂŒhkindlichen Vergessens; was bleibt, ist die Sehnsucht nach den Empfindungen von UmhĂŒlltsein, WĂ€rme und GenĂ€hrtwerden ohne eigenes Zutun, die sich spĂ€ter als Suche nach Umarmung, HerzenswĂ€rme und Zufuhr von Seelenenergie bemerkbar macht.
Aus ebendiesen GrĂŒnden ist es unverantwortlich, MĂŒttern ihre Neugeborenen wegzunehmen, wie es manchmal von JugendĂ€mtern praktiziert wird. Selbst wenn eine Mutter psychotisch wĂ€re und daher eine Lebensgefahr fĂŒr ihren SĂ€ugling darstellen wĂŒrde, gibt es mehr Alternativen als diese eine – man muss nur den Mut haben, sie auszudenken und zu realisieren. »Da Verbundenheit mit anderen Menschen die körpereigene Produktion von schmerzlindernden Botenstoffen aktiviert, kommt der FĂ€higkeit eines Menschen, sich auf gute zwischenmenschliche Beziehungen einzulassen, eine ĂŒberragende Bedeutung fĂŒr das Aggressionsverhalten zu«, weiß der Internist, Psychiater und Psychotherapeut und Professor fĂŒr Psychoneuroimmunologie am UniversitĂ€tsklinikum Freiburg, Joachim Bauer (* 1951).13 Ein Neugeborenes, das monatelang in Verbundenheit zum mĂŒtterlichen Organismus gewachsen ist, aus diesem »Biotop« zu reißen, ist nicht nur unprofessionell, sondern grausam. Und die Mutter zu zwingen abzustillen, entzieht dem Kind Gesundheitsressourcen: Es ist in jedem Entbindungsratgeber nachzulesen, dass gestillte Kinder nicht nur ĂŒber stĂ€rkere ImmunkrĂ€fte verfĂŒgen, sondern dass das Liegen am Herzen – und das Hören des gewohnten Herzschlags – das Urvertrauen begrĂŒndet. Bis etwa zum achten Lebensmonat fĂŒhlt sich der SĂ€ugling noch eins mit der Mutter, erst danach beginnt er, Fremde als von sich Getrennte wahrzunehmen. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass man diese erste Mutterbeziehung ersetzen könne – selbst wenn es unvermeidlich ist, wie bei Tod im Kindbett, hat es doch Negativfolgen, die nur ĂŒber spĂ€tere Trauerprozesse neutralisiert werden können.
Die Psychoanalytikerin Margarete Mitscherlich-Nielsen (1917–2012) schreibt: »Um sich von der Mutter lösen zu können, braucht das Kind etwa am Ende des zweiten Lebensjahres eine dritte Person, meist den Vater, der es sich zuwenden kann. (Hervorhebung von mir – R. A. P.) Das BedĂŒrfnis des Kindes nach einer weiteren mitmenschlichen Beziehung – man nennt es sein â€șTriangulierungsbedĂŒrfnisâ€č – ist Ausdruck seiner zunehmenden IndividuationsfĂ€higkeit und fördert sein Streben nach grĂ¶ĂŸerer UnabhĂ€ngigkeit.«14 Ich ergĂ€nze: Bei jeder Aufgabe, sich von Gewohntem zu lösen, hilft UnterstĂŒtzung durch begleitende Dritte – was aber nicht bedeutet, dass diejenigen irgendwelche AktivitĂ€ten, Sprechakte inbegriffen, setzen mĂŒssen oder sollten. Es genĂŒgt, wenn jemand Wohlwollender da ist, der einen in seiner Trauer aushĂ€lt und damit bestĂ€tigt.
Genau dieses erahnte Urvertrauen bergender Zweisamkeit – das Eins-Sein mit einem duldsam gewĂ€hrenden Du – suchen all diejenigen, denen Einsamkeit bewusst geworden ist.
Sigmund Freud (1856–1939) ist mit diesem »ozeanischen GefĂŒhl« von etwas Unbegrenztem, Schrankenlosem, das er mit der Quelle der ReligiositĂ€t in Verbindung brachte15, sehr kritisch umgegangen: Er hat es als Regression – also als RĂŒckschritt auf frĂŒhkindliches Verhalten – und als auf Gott projizierte Vatersehnsucht16 gedeutet. »Nur in einem Zustand, einem außergewöhnlichen zwar, den man nicht als krankhaft verurteilen kann, wird es anders. Auf der Höhe der Verliebtheit droht die Grenze zwischen Ich und Objekt zu verschwimmen.«17 (Hervorhebung von mir – R. A. P.) Ich sehe das nicht als Drohung, sondern als Chance! Was ich aber sehr wohl als Gefahr vermuten kann – und was in der Ozean-Metapher sinnhaft enthalten ist –, ist der Gedanke daran, dass man sich im Ozean zwar lustvoll dem Getragensein hingeben, dass man aber auch ĂŒberflutet und von Todesangst ergriffen werden kann.
Freud, der mit zunehmendem Alter die Welt immer pessimistischer sah, gehörte offensichtlich nicht zu den Menschen, die dieses Aufgehen im anderen als positive Ich-Leistung bewerten. Denn es liegt ein Unterschied darin, ob man jemand anderen aus regressiven AbhĂ€ngigkeitsbedĂŒrfnissen sucht – oder ob einem jemand zufĂ€llt und man stark und sicher genug ist, »ein Fleisch« zu werden.18 Es ist etwas anderes, sich in jemand anderen zu »entleeren« und bei Trennung nur mehr ein halber Mensch zu sein – oder sich »ganz einzubringen« und dennoch wieder ganz zu sein, wenn man sich rĂ€umlich trennt.
Zu diesen urtĂŒmlichen BedĂŒrfnissen und Entwicklungsmöglichkeiten treten aber noch die durch »Propaganda« kĂŒnstlich hervorgerufenen: Waren es frĂŒher die von Hof zu Hof ziehenden MinnesĂ€nger, die nicht nur durch die Inhalte ihrer Lieder, sondern auch mit tiefen Blicken und samtigen Stimmen LiebessehnsĂŒchte bei den durch grobe MĂ€nner traumatisierten Frauen zu wecken wussten, sind es heute Film und Fernsehen sowie Schnulzen und Dreigroschenromane, die vor allem bei weiblichem Publikum die Sehnsucht nach seelischer ErgĂ€nzung hervorrufen.

Gedankenmuster

Der italienische Soziologieprofessor Francesco Alberoni (* 1929) sieht denn auch eine Geschlechterdifferenz, wenn es um die Zufuhr erotisch wirksamer Impulse geht.
Der Mann, schreibt der Autor, »imaginiert die Frau als mit typisch mĂ€nnlichen Impulsen ausgestattetes Wesen«, was bedeutet: »Das Begehren ist stets prĂ€sent und wird stets befriedigt. Pornografie ist das erotische GegenstĂŒck zum Schlaraffenland, jener Fantasie, in der der Hungrige FlĂŒsse aus Milch, Wein und Honig sieht und BĂ€ume erblickt, an denen statt FrĂŒchten gebratene HĂŒhner und WĂŒrste hĂ€ngen.« – »In diesem Universum ist kein Platz fĂŒr irgendein anderes GefĂŒhl, irgendeine andere Art von Beziehung.«19 Dieses Image werde nicht nur durch die MĂ€nnergruppe, sondern auch medial vermittelt, erklĂ€rt der Wissenschaftler – aber ebenso wĂŒrden Frauen analog mit »rosaroter Literatur«20 bedient: »In Serienschnulzen lösen sich SchicksalsschlĂ€ge immer als MissverstĂ€ndnisse oder Zweifel auf.« – »Eine solche Erotik hat nahezu nichts mit Sex zu tun. Sexuelle Beziehungen dĂŒrfen aber vorkommen. Vor allem in den neueren Romanen dieser Art ist die Heldin auch im körperlichen Sinn eine geradezu verzweifelt Liebende. Aber die tiefen GefĂŒhle – also das, was an diesen Geschichten spezifisch erotisch ist – kommen nicht aus der sexuellen Beziehung, sondern aus SehnsĂŒchten und Schaudern.«21 Ich ergĂ€nze: und ebenso aus den audiovisuellen Modellen – beispielsweise aus der TV-Werbung fĂŒr Internet-Partnerbörsen.
Jede erfolgreiche Werbung propagiert Verhaltensvorbilder, denen die Adressaten gleichen wollen. Gemeinsam statt einsam – und der Weg dorthin geht ĂŒber den Kauf eines bestimmten Produkts oder einer Dienstleistung, und daher richtet sich die Inszenierung von Beziehungsidyllen an die Zielgruppe Frauen, wĂ€hrend beispielsweise bei Deodorants fĂŒr MĂ€nner vorgegaukelt wird, dass ihnen alle Frauen, betört vom Duft der herben MĂ€nnlichkeit, nachlaufen wĂŒrden – und man(n) wie in Alberonis Schlaraffenland gar nichts dazu tun mĂŒsse.
In der RealitĂ€t sieht alles dann anders aus. Denn wenn der paarungsinteressierte Mann auf die beziehungsfreudige Frau trifft, sind deren beider Nervengespinste bereits voll von den medialen Vor-Bildern und werden unbewusst nachgeahmt. Fehlt aber ein Modell, macht sich ein GefĂŒhl von Unbeholfenheit breit, das nur zu oft zu einer Art Schockstarre fĂŒhrt: Ideal-Ich und Real-Ich sind unbeachtet auseinandergedriftet und haben eine Leere eröffnet, die den RĂŒckzug in Einsamkeit fördert – außer man hebt diese Situationsreaktion ins Bewusstsein und mag sich selbst, auch wenn man nicht dem propagierten Modell entspricht. Auch das zĂ€hlt zur Selbstliebe.

Wir alle haben ...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Prolog
  6. 1 UrgrĂŒnde der Einsamkeit
  7. 2 Die Einsamkeit der Lebenskrisen
  8. 3 Die Einsamkeit des Liebesentzugs
  9. 4 Die Einsamkeit der Außenseiter
  10. 5 Die Einsamkeit des Opfers
  11. 6 Die Einsamkeit der »TÀter«
  12. 7 Einsamkeit als Bestrafung
  13. 8 Die Einsamkeit der sogenannten Minderleister und all derer, die sie lieben
  14. 9 Die Einsamkeit des Sterbens
  15. 10 Das GeschÀft mit der Einsamkeit
  16. 11 Soziale Gesundheit mit und ohne Einsamkeit
  17. 12 Vom Alleinsein zum All-ein-Sein
  18. Epilog
  19. Literatur
  20. Anmerkungen