Praxishandbuch Kartellrecht im Unternehmen
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Praxishandbuch Kartellrecht im Unternehmen

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Praxishandbuch Kartellrecht im Unternehmen

About this book

Klassische kartellrechtliche Probleme entstehen nicht erst im Bußgeld- oder Fusionskontrollverfahren vor den Kartellbehörden, sondern treten im alltäglichen Geschäftsleben bei der Ausarbeitung von Verträgen und im Rahmen von Konditionenverhandlungen in Einkauf und Vertrieb auf. Das Werk arbeitet die wesentlichen Problemschwerpunkte nach Sachgebieten geordnet heraus und bietet konkrete Lösungsvorschläge für sämtliche auftretenden Probleme an. Die Nachauflage enthält alle Neuerungen der 9. GWB-Novelle, die im Juni 2017 in Kraft getreten ist und das Kartellrecht umfassend ändert.

Die Autoren Dr. Reto Batzel (Metro Group), Dr. Jochen Bernhard (Menold Bezler Rechtsanwälte), Prof. Dr. Andreas Felder (Vetter Pharma-Fertigung), Zeno Hilbring, LL.M. (Ströer Dialog Group), Ines Heuchert (Daimler), Dr. Stefan Meßmer (Menold Bezler Rechtsanwälte) und Dr. Alexander Wesselburg (LG Düsseldorf) sind anerkannte Juristen mit langjähriger Erfahrung im Kartellrecht.

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Information

Publisher
De Gruyter
Year
2018
eBook ISBN
9783110549911
Edition
2
Topic
Law
Subtopic
Antitrust
Index
Law

Kapitel 1
Häufige Fragen zum Verständnis des Kartellrechts1

Meßmer/Bernhard

A.Allgemeines

I.Was ist ein „Kartell“?

1
Ein Kartell („charta“) ist nach der Definition in § 33 Abs. 2 Satz 2 des deutschen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ausschließlich eine „Absprache oder abgestimmte Verhaltensweise zwischen zwei oder mehr Wettbewerbern zwecks Abstimmung ihres Wettbewerbsverhaltens auf dem Markt oder Beeinflussung der relevanten Wettbewerbsparameter“. Verboten ist jegliche Abstimmung des unternehmerischen Verhaltens im Wettbewerb, so etwa die Absprache von Preisen oder die Aufteilung von Kundengruppen oder Vertriebsgebieten zwischen Wettbewerbern. Ob diese Abstimmung geheim oder öffentlich, schriftlich oder mündlich geschieht oder sogar notariell beurkundet wird, ist rechtlich irrelevant. Es kommt auch nicht darauf an, ob sich die Unternehmen – rechtlich, tatsächlich oder moralisch – verpflichtet fühlen, absprachegemäß zu handeln.2 Ausreichend ist, dass sich die Beteiligten auf Grundlage eines gemeinsamen Bewusstseins über die gegenseitige Abstimmung ihres Verhaltens einig sind. Schon der einseitige Versuch einer Verhaltensabstimmung ist verboten. Erlaubt ist hingegen, sich am Verhalten eines Wettbewerbers zu orientieren. Erhöht dieser etwa die Preise, so steht es Konkurrenten jederzeit frei, infolge einer eigenen unternehmerischen Entscheidung ebenfalls eine Preiserhöhung vorzunehmen. Mehr dazu in Kapitel 2.

II.Betrifft das Kartellrecht ausschließlich Kartelle?

2
Nein. Der Anwendungsbereich des Kartellrechts geht weit über wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern hinaus. Es umfasst jegliches Verhalten von Unternehmen, das zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führt oder eine Wettbewerbsbeschränkung jedenfalls beabsichtigt. Vom Kartellrecht erfasst werden auch Verhaltensweisen, die zwar keine Vereinbarung enthalten, aber in ihrer Wirkung einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung gleichkommen. Dies gilt etwa für die (auch einseitige) Kommunikation wettbewerbssensibler Informationen zwischen Konkurrenten oder die gezielte Ankündigung von Preiserhöhungen, Investitionsvorhaben oder Produkteinführungen, um einen Gleichlauf des Wettbewerbsverhaltens im Markt zu erreichen.
Ebenfalls vom Kartellrecht erfasst sind einseitige Verhaltensweisen, die zu einer missbräuchlichen Einschränkung wettbewerblicher Spielräume („Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung“) führen, so etwa durch langfristige Ausschließlichkeitsbindungen von Vertriebspartnern oder das Herausdrängen von Wettbewerbern aus dem Markt durch eine Kampfpreispolitik.
Die Kartellbehörden nehmen darüber hinaus eine Vorabkontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („Fusionskontrolle“) wahr, um das Entstehen übermäßiger Marktmacht einzelner oder mehrerer Unternehmen durch externes Wachstum (so etwa im Wege von Fusionen und Unternehmensübernahmen) präventiv zu vermeiden. Mehr dazu in den Kapiteln 2 bis 7.

III.Hat das Kartellrecht eine Systematik?

3
Ja. Oberstes Gebot im Kartellrecht ist der Schutz des Wettbewerbs. Jedes Verhalten, das den Wettbewerb beschränkt, ist daher im Grundsatz gesetzlich verboten („Kartellverbot“).3 Nur ausnahmsweise sind Wettbewerbsbeschränkungen zulässig – und zwar dann, wenn entweder das Gesetz selbst eine Ausnahme vorsieht („Gruppenfreistellung“ oder „Einzelfreistellung“) oder wenn eine Kartellbehörde oder ein Gericht eine bestimmte Verhaltensweise als nicht vom Kartellverbot umfasst ansieht („notwendige Nebenabrede“). Sinnbildlich kann man sich das Kartellrecht somit als Straße voller roter Ampeln vorstellen. Nur wenn eine Ampel auf grün geschaltet wird, darf man die Straße ausnahmsweise betreten, d.h. dann darf ein Unternehmen ausnahmsweise den Wettbewerb beschränken.

IV.Welchen Zweck verfolgt das Kartellrecht?

4
Die kartellrechtlichen Regelungen verfolgen den Zweck, einen funktionierenden Wettbewerb zu erhalten. Sie sind weder Teil des Verbraucherschutzrechts noch sollen sie besonders starke Unternehmen vor Konkurrenz schützen. Nach dem kartellrechtlichen Idealbild soll das Angebot im Markt durch Leistungsfähigkeit, Innovationsfreude und günstige Preise gekennzeichnet sein. Kein Unternehmen soll sich darauf ausruhen können, dass „die Preise sicher sind“ oder es einen „uneinholbaren Vorsprung“ vor seinen Konkurrenten hat. Unternehmen sollen vielmehr stets den Anreiz haben, für ihre Kunden die attraktivsten (d.h. leistungsstärksten, innovativsten und zugleich preisgünstigsten) Produkte zu entwickeln, um sich dadurch von der Konkurrenz abzusetzen. Mehr dazu in den Kapiteln 2 und 5.

V.Unter welchen Voraussetzungen sind Unternehmen „Wettbewerber“?

5
Unternehmen sind „Wettbewerber“, wenn sie Konkurrenzprodukte oder konkurrierende Dienstleistungen auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt anbieten. Um welchen relevanten Markt es sich handelt, richtet sich im Normalfall nach der Nachfrage der unmittelbaren Abnehmer.
6
Sehen die unmittelbaren Abnehmer bestimmte Produkte als austauschbar an, so handelt es sich bei beiden Produkten um einen einheitlichen „sachlich relevanten Markt“. Der Europäische Gerichtshof musste etwa darüber entscheiden, ob Bananen und Äpfel miteinander austauschbar sind und somit einen gemeinsamen Markt für Frisch-Obst bilden.4 Die Richter haben dies mit dem Argument verneint, dass Kunden, die Bananen nachfragen, selbst bei einem erheblichen Preisanstieg nicht auf Äpfel umschwenken würden, da Bananen andere Eigenschaften (Konsistenz, Säuregehalt, saisonunabhängige Verfügbarkeit etc.) haben als Äpfel. Insbesondere seien Bananen auch für Säuglingsnahrung geeignet, was bei Äpfeln aufgrund ihres Säuregehalts nicht der Fall sei. Folglich existiert ein eigenständiger „sachlich relevanter Markt“ für Bananen.
7
In räumlicher Hinsicht hängt die Ausdehnung des Markts ebenfalls davon ab, wie weit die Kundennachfrage reicht. Lassen sich Produkte (wie etwa Rohöl5) über weite Strecken zu annehmbaren Kosten transportieren und ist die Nachfrage weltweit vergleichbar, spricht vieles für einen weltweiten „räumlich relevanten Markt“. Lassen sich Produkte (wie etwa flüssiger Transportbeton6) hingegen nur über kurze Strecken transportieren oder werden sie nur lokal nachgefragt (wie etwa Regionalzeitungen7), ist der relevante Markt räumlich begrenzt. In diesem Fall sind grundsätzlich nur die Unternehmen auf diesem regional begrenzten Markt „Wettbewerber“ im Sinne des Kartellrechts.
8
Aufgrund dieser Technik der „Marktabgrenzung“ kommt es häufig vor, dass Unternehmen hinsichtlich bestimmter Produkte Wettbewerber sind und bezüglich anderer Produkte nicht. Ebenso kann es sein, dass Unternehmen nur in bestimmten regionalen Gebieten Wettbewerber sind und in anderen nicht. Dies kann auch dazu führen, dass das Kartellrecht für ein und dasselbe Unternehmen je nach Geschäftsbereich oder geographischer Geschäftstätigkeit in unterschiedlicher Ausprägung Anwendung findet. Mehr dazu in den Kapiteln 2 und 5.

VI.Gilt das Kartellrecht auch zwischen Herstellern und Händlern?

9
Ja. Das Kartellrecht betrifft sowohl das unmittelbare Verhalten von Wettbewerbern (Horizontalverhältnis) als auch das Verhalten zwischen Lieferanten und Abnehmern (Vertikalverhältnis) mit mittelbaren Auswirkungen auf den Wettbewerb auf der Hersteller- oder Handelsebene. Vom Kartellrecht umfasst ist etwa auch die einseitige Druckausübung von Herstellern auf Händler, um diese bei bestimmten Produkten zu einer einheitlichen Preisgestaltung zu bewegen. Beugen sich alle Händler dem Druck der Hersteller und verlangen faktisch alle dieselben Preise, so kommt der Preiswettbewerb auf der Handelsebene zum Erliegen. Besonders geschäftstüchtige Händler können sich in diesem Fall nicht mehr durch günstigere Preise von anderen Händlern abheben. Gerade dies versucht das Kartellrecht zu verhindern. Mehr dazu in Kapitel 4.

VII.Wann gilt deutsches Kartellrecht, wann gilt EU-Kartellrecht?

10
Wirkt sich ein Kartellrechtsverstoß nur in Deutschland aus, findet das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Anwendung. Hat ein Kartellrechtsverstoß hingegen grenzüberschreitende Auswirkungen innerhalb der Europäischen Union, greifen die Art. 101 bis 106 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und weitere europarechtliche Verordnungen, so insbesondere die Verfahrensverordnung 1/2003, die Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung 330/20108 (Vertikal-GVO) und die Fusionskontrollverordnung 139/2004 ein. Auch in den weiteren Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt das „Auswirkungsprinzip“: Beschränkt der Kartellrechtsverstoß den Wettbewerb nur im betref...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Vorwort zur Erstauflage
  6. Bearbeiterverzeichnis
  7. Inhaltsverzeichnis
  8. Inhaltsverzeichnis
  9. Abkürzungsverzeichnis
  10. Literaturverzeichnis
  11. Kapitel 1 Häufige Fragen zum Verständnis des Kartellrechts
  12. Kapitel 2 Überblick – Relevanz des Kartellrechts für die unternehmerische Praxis
  13. Kapitel 3 Haftung von Unternehmen und Verbänden
  14. Kapitel 4 Vertriebssysteme und Kartellrecht
  15. Kapitel 5 Kooperationen mit Wettbewerbern
  16. Kapitel 6 Vertragliche Vereinbarungen über Wettbewerbsverbote, Gebiets- und Kundenschutz
  17. Kapitel 7 Unternehmens- und Immobilientransaktionen
  18. Kapitel 8 Privatrechtliche Geltendmachung und Abwehr kartellrechtlicher Ansprüche
  19. Kapitel 9 Eckpunkte einer effektiven Kartellrechts-Compliance
  20. Kapitel 10 Checklisten
  21. Stichwortverzeichnis