1Allgemeine Einführung in den Früh-Ultraschallbis 13 + 6 SSW
Ultraschall (US) hat einen zentralen Stellenwert in der Schwangerenvorsorge. Während er über viele Jahre hinweg primär im 2. Trimenon durchgeführt wurde, hat sich in den letzten 20 Jahren mit Einführung hochauflösender US-Sonden und Durchführung der transvaginalen Sonographie der Zeitpunkt der Untersuchung immer weiter nach vorne verlagert. So datieren die Mutterschaftsrichtlinien das Zeitfenster für den ersten US auf den Zeitraum von 8 + 0 bis 11 + 6 Schwangerschaftswochen (SSW). Prinzipiell ist US natürlich auch noch früher möglich und je nach Fragestellung von hoher Aussagekraft.
Die wichtigsten Inhalte der US-Untersuchung zwischen 4 + 0 und 13 + 6 SSW sind:
–sichere Lokalisation der Schwangerschaft mit Ausschluss einer Extrauteringravidität
–Erkennung einer Molenschwangerschaft oder einer gestörten Frühschwangerschaft
–Nachweis eines vitalen Feten
–möglichst genaue Datierung der Schwangerschaft
–Diagnose von Mehrlingsschwangerschaften mit Bestimmung und Dokumentation der Chorionizität
–Erkennung schwerwiegender Fehlbildungen.
Diese Inhalte der US-Untersuchung im 1. Trimenon, wie sie in den Mutterschaftsrichtlinien verankert sind, haben aber als Screening-Untersuchung eher orientierenden Charakter und sind nicht mit einer Fehlbildungsdiagnostik zu verwechseln.
Mit Einführung des Ersttrimesterscreenings (ETS) auf Chromosomenstörungen zwischen 11 + 0 und 13 + 6 SSW in den 1990er Jahren durch Prof. Nicolaides hat sich das Aneuploidie-Screening dramatisch verändert. Über die dafür notwendige standardisierte Untersuchung mit exakter Darstellung des fetalen Profils, verbunden mit einer immer weiter voranschreitenden technischen Entwicklung wie z. B. der 3D und 4D Sonographie, gelingt es inzwischen dem erfahrenen Untersucher bereits zu diesem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft mehr als 50 % der Fehlbildungen zu erkennen.
Die Durchführung einer Chorionzottenbiopsie (CVS) und in Einzelfällen auch einer frühen Amniozentese (AC) ermöglichen es, die möglichen chromosomalen Ursachen für die strukturellen Veränderungen zu erkennen. Neben der frühen Erkennung fetaler Entwicklungsstörungen gelingt es zusätzlich auch immer besser, früh das Risiko für spätere Schwangerschaftskomplikation, wie z. B. der Präeklampsie, einzuschätzen.
Auch wenn sich mit Einführung der Messung zellfreier DNA (cfDNA) im mütterlichen Blut das Aneuploidie-Screening im Wandel befindet, werden die Möglichkeiten der frühen Fehlbildungsdiagnostik und Risikoabschätzung späterer Komplikationen zu einer immer größeren Akzeptanz des ETS führen. Ziel sollte es dabei sein, möglichst frühzeitig eine individuelle und dem Risiko angepasste Schwangerschaftsbetreuung zu ermöglichen.
2Biometrie im 1. Trimenon als Basisdiagnostik zwischen 4 + 0 und 13 + 6 SSW
Laut Mutterschaftsrichtlinien gehört eine sonografische Screeninguntersuchung zum Standard in der Schwangerenvorsorge. Diese Untersuchung ist zwischen 8 + 0 und 11 + 6 SSW terminiert und soll folgende Fragen klären:
- Ist die Schwangerschaft intakt?
- Wie alt ist die Schwangerschaft?
- Sitzt die Schwangerschaft korrekt?
- Wie viele Embryonen/Feten sind es?
- Gibt es sonografische Hinweise auf Entwicklungsstörungen des Embryos/Feten?
Diese Fragen erscheinen banal, sind aber im Einzelfall durchaus nicht einfach zu beantworten. Im Folgenden sollen darum die Kriterien zur Beantwortung obiger Fragen anhand der DEGUM Leitlinie von 2016 zum Ultraschall zwischen 4 + 0 und 13 + 6 SSW in der Mutterschaftsvorsorge dargestellt werden. Dabei wurde der alltäglichen Tatsache Rechnung getragen, dass heute häufig bereits bei der Erstvorstellung der Schwangeren eine US-Untersuchung routinemäßig durchgeführt wird. Das erweiterte ETS wird in dieser Leitlinie nicht behandelt und wird in den folgenden Abschnitten des vorliegenden Buches weiter ausgeführt.
1. Ist die Schwangerschaft intakt?
Die embryonale Herzaktion kann ab 5 + 5 SSW darstellbar sein. Sie sollte ab einem mittleren Fruchtsackdurchmesser von 20 mm, einer Scheitel-Steiß-Länge (SSL) von 5 mm oder einem β-HCG-Wert von 50.000 sicher nachweisbar sein. Sicher nicht intakt ist die Schwangerschaft, wenn bei einem mittleren Fruchtsackdurchmesser von 25 mm keine embryonalen Strukturen oder kein Dottersack nachweisbar sind oder bei einer SSL von mindestens 7 mm keine Herzaktion nachweisbar ist. Bei einer Fruchthöhle unter 25 mm mittlerem Durchmesser oder einem Embryo von weniger als 7 mm SSL ohne Herzaktion sollte zum sicheren Ausschluss einer doch noch intakten Gravidität der Befund 7 Tage später kontrolliert werden. Wenn eine Fruchthöhle mit Dottersack gesehen wurden, muss 11 Tage später die Herzaktion nachweisbar sein, bei einer Fruchthöhle ohne Dottersack muss nach spätestens 14 Tagen ein Embryo mit Herzaktion nachweisbar sein, sonst ist eine gestörte Frühgravidität nachgewiesen.
2. Wie alt ist die Schwangerschaft?
Die Bestimmung des Gestationsalters erfolgt in der Frühschwangerschaft durch die Messung der SSL. Auch bei früher Messung sollte die biologische Variabilität berücksichtigt werden. Bei durch künstliche Befruchtung (Befruchtungsdatum, nicht der Embryo-Transfer) gesichertem Gestationsalter ist die Korrektur über sonografische Parameter nicht sinnvoll, wenn eine zeitnahe spontane Konzeption weitgehend sicher ausgeschlossen werden kann.
Ab ca. 9 SSW kann zusätzlich der biparietale Kopfdurchmesser (BIP) berücksichtigt werden, ist aber weniger genau als die SSL. Bei Gemini mit spontaner Konzeption ist die SSL des größeren Embryos ausschlaggebend für die Berechnung des Schwangerschaftsalters.
3. Sitzt die Schwangerschaft korrekt?
Normalerweise sitzt die Fruchthöhle in der Frühschwangerschaft exzentrisch im Endometrium des Cavum uteri, im Gegensatz zum Pseudogestationssack, der sich mitten im Endometrium findet, und wird allseits von Myometrium umgeben (Narbenschwangerschaft? Cervikalgravidität?).
Ab einem β-HCG Spiegel von 1.500 oder einem Schwangerschaftsalter von 6 kompletten SSW sollte eine intrauterine Fruchthöhle darstellbar sein. Ab einem mittleren Fruchtsackdurchmesser von 10 mm oder einem β-HCG-Wert von 20.000 sollte der Dottersack zum sicheren Nachweis einer intrauterinen Fruchthöhle (im Gegensatz zum Pseudogestationssack) nachweisbar sein.
Als Kriterien für eine Extrauteringravidität gelten: leerer Uterus...