Die Nachtigall und die Lerche.
Was soll man zu den Dichtern sagen, die so gern ihren Flug weit über alle Fassung des größten Teiles ihrer Leser nehmen? Was sonst, als was die Nachtigall zu der Lerche sagte: Schwingst du dich, Freundin, nur darum so hoch, um nicht gehört zu werden?
Gotthold Ephraim Lessing
Vorwort zur 1. Auflage
Dieses Buch ist weder eine überarbeitete noch eine erweiterte Auflage des 1974 von mir herausgegebenen Taschenbuches „NMR-Spektroskopie – Eine Einführung mit Übungsbeispielen“; vielmehr zwangen mich die Entwicklungen bei den Impulsverfahren, der 13C-NMR-Spektroskopie und besonders der zweidimensionalen NMR-Spektroskopie, ein neues Buch zu schreiben. Gleich blieb das Ziel, die physikalischen Grundlagen, die Meßverfahren, die Bedeutung der spektralen Parameter sowie die Analyse und Interpretation von NMR-Spektren möglichst einfach darzustellen. Daher sind die theoretischen Ableitungen auf ein Minimum beschränkt, von den exakten quantenmechanischen Berechnungen werden meistens nur die Ergebnisse angegeben und verwendet.
Für den Anfänger sind vor allem die ersten sechs Kapitel geschrieben. In den Kapiteln 8 und 9 werden die Grundlagen sowie Anwendungsmöglichkeiten der augenblicklich wichtigsten ein- und zweidimensionalen Experimente, die sich hinter Kürzeln wie DEPT, COSY, Relayed H,H- und C,H-COSY, INADEQUATE verbergen, vorgestellt, wobei Auswahl und Darstellung auf meinen in Vorlesungen, Seminaren und Übungen gewonnenen Erfahrungen beruhen. Für diesen Teil setze ich die Kenntnis des Inhalts der Kapitel 1 und 7 voraus, insbesondere muß das Prinzip des Impuls- und Spin-Echo-Experimentes verstanden sein.
Diese neuen Verfahren in nur zwei Kapiteln darzustellen, gelingt nicht ohne Weglassen und Vereinfachen, auch nicht ohne radikalen zeitlichen Schnitt. Um die ohnehin schon schwer verdauliche Kost für den Anfänger nicht noch unverdaulicher zu machen, habe ich mich bei den 2D-Verfahren auf die Amplitudenmodulation der Signale und bei der Darstellung auf die Absolutbeträge beschränkt. Dies ist vor allem im Hinblick auf die Verfahren eine wesentliche Vereinfachung, die gerade die unterschiedlichen Phasenbeziehungen ausnützen. Ich halte dieses Vorgehen jedoch in einer „Einführung“ für vertretbar.
Die nächsten vier Kapitel befassen sich mit speziellen Methoden und Anwendungsmöglichkeiten. Die Auswahl –NOE, DNMR, Verschiebungsreagenzien, synthetische Polymere – ist subjektiv.
Das letzte Kapitel befaßt sich mit Anwendungen in der Biochemie und Medizin, mit der in vivo-NMR-Spektroskopie und der Magnetischen Resonanz(MR)-Tomographie. Den Lesern, die sich hauptsächlich für diesen Teil interessieren, beispielsweise Biologen und Mediziner, empfehle ich, zumindest die Grundlagen des Experiments (Kap. 1) und der Relaxation (Kap. 7) durchzuarbeiten.
Viele Probleme werden in dieser Einführung nur angedeutet, doch führen Literaturangaben am Ende der Kapitel die Leser weiter. Insgesamt sind diese Hinweise auf die wichtigsten beschränkt und im allgemeinen auf solche, die Studenten zugänglich sind.
Für viele Substanzen habe ich bewußt ihre Trivialnamen verwendet, beispielsweise Acetylen, Ethylen; die systematischen Namen sind jedoch im Substanzregister angegeben.
Mit wenigen Ausnahmen beschränkt sich das Buch auf die 1H- und 13C-NMR-Spektroskopie, weil die überwiegende Zahl der Leser nur mit Spektren dieser beiden Kerne in Berührung kommen wird. Zudem sollte das Einarbeiten in die NMR- Spektroskopie anderer Kerne nach der Lektüre der Grundlagen nicht schwerfallen.
Im Gegensatz zum alten Buch habe ich auf getrennte Übungen verzichtet, dafür werden zahlreiche Beispiele ausführlich im Text erläutert.
Dank
Bei meiner Arbeit für dieses Buch war ich auf die tatkräftige Hilfe vieler angewiesen. An erster Stelle will ich drei Namen nennen: meinen ehemaligen Mitarbeiter Dr. Wolfgang Baumann, Dr. Wolfgang Bermel (Bruker) und Doris Lang. Wolfgang Baumann hat u. a. alle abgebildeten 250- und 300 MHz-NMR-Spektren aufgenommen und in abbildungsgerechte Form gebracht; Wolfgang Bermel hat sein ganzes Können bei der Aufnahme der ein- und zweidimensionalen 400 MHz-NMR-Spektren (Kap. 8 und 9) eingebracht. Beiden danke ich außerdem für die kritische Durchsicht von Teilen des Manuskriptes. Doris Lang hat unermüdlich die vielen Abbildungen, Skizzen und Formeln gezeichnet, korrigiert, beschriftet und zusammengestellt – eine Arbeit, die nur ein Eingeweihter richtig schätzen kann.
Ich danke Dieter Ratzel (Bruker) für die Aufnahmen der MR-Tomogramme (Abbildungen 11, 13 und 14 in Kapitel 14) sowie für viele zusätzliche Informationen. Der Firma Bruker, vor allem Tony Keller, habe ich für vielfältige Unterstützung zu danken, die von umfangreichen und zeitaufwendigen Messungen, über Bildmaterial bis hin zur Textverarbeitung reichte.
Ich danke weiterhin: Dr. Wolfgang Bremser (BASF) für die Spektrenabschätzung der Modellverbindung und die kritische Durchsicht des Abschnitts über die rechnerunterstützte Spektrenzuordnung; Dr. Hans-J. Opferkuch (DKFZ HD) für die Aufnahme der 2D-NMR-Spektren von Glutaminsäure (Abbildung 9–19 und 24); Brigitte Faul und Wilfried Haseloff für die Aufnahme von 90 MHz-1H-NMR-Tieftemperaturspektren; Dr. Peter Bischof für die graphische Darstellung der Modellverbindung auf dem Titelblatt; Prof. Reinhard Brossmer für die Überlassung des Neuraminsäurederivats als Testsubstanz; Prof. Klaus Weinges für die Korrektur von Abschnitt 2.4; Prof. Dieter Hellwinkel für die Klärung strittiger Nomenklaturfragen. Meinen Mitarbeitern bin ich für ihre aufbauende Kritik und ihre Anregungen sehr zu Dank verpflichtet. Dr. Gerhard Weißhaar und Doris Lang danke ich zudem für die kritische Durchsicht der Korrekturfahnen. Bei der Reinschrift des ersten Manuskriptes haben Brigitte Rüger und Irmgard Pichler dankenswerter Weise geholfen.
Bei der VCH Verlagsgesellschaft sei vor allem Dr. Eva E. Wille genannt, sie hat mein Manuskript nicht nur für den Druck vorbereitet, sie hat als fachkundige Lektorin den Text kritisch durchgearbeitet. Ihr und Myriam Nothacker, die aus dem Manuskript ein Buch machte, bin ich sehr zu Dank verpflichtet.
Ein spezielles Anliegen ist es mir, Pfarrer Franz Alferi von der katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus in Mannheim zu danken, der mir für meine Arbeit einen Raum in absoluter Abgeschiedenheit zur Verfügung stellte.
Ganz zum Schluß gilt mein Dank meiner Frau und der gesamten Familie, die alle in den vergangenen Jahren wegen dieses Buches vieles „erleiden“ und auf so manches verzichten mußten.
Heidelberg, im April 1988
Horst Friebolin
Abkürzungen und Akronyme
| ADP | Adenosindiphosphat |
| APT | Attached Proton Test |
| ATP | Adenosintriphosphat |
| CLA | Complete line-shape analysis (vollständige Linienformanalyse) |
| COSY | Correlated Spectroscopy |
| CP | Cross Polarization |
| CSA | Chiral shift agent (Verschiebungsreagenz) oder Chemical shift Anisotropie |
| CW | Continuous wave |
| 2D | zweidimensional |
| DD | Dipol-dipol |
| DEPT | Distortionless enhancement by polarization transfer |
| DMSO | Dimethylsulfoxide |
| DNMR | Dynamische NMR |
| DPM | Dipivaloylmethan, (2,2,6,6-Tetramethyl-heptandione) |
| DTPA | Diethylene-triamine-pentaacetic-acid |
| EXSY | Exchange Spectroscopy |
| FID | Free induction decay |
| FOD | Heptafluor-7,7-dimethyl-4,6-octandion |
| FT | Fourier Transformation |
| gs | Gradient selected |
| HETCOR | Heteronuclear correlation |
| HMBC | Heteronuclear multiple bond correlation |
| HMQC | Heteronuclear multiple quantum coherence |
| HSQC | Heteronuclear single quantum coherence |
| INADEQUATE | Incredible natural abundance double quantum transfer |
| INEPT | Insensitive nuclei enhanced by polarization transfer |
| Lm | Lösungsmittel |
| LSR | Lanthanoiden Shift Reagenz |
| M | Multiplizität von Signalen |
| MAS | Magic Angle Spinning ... |