Irrwitziges aus der Wissenschaft
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Irrwitziges aus der Wissenschaft

Von Dunkelbirnen und Leuchtkaninchen

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Irrwitziges aus der Wissenschaft

Von Dunkelbirnen und Leuchtkaninchen

Über dieses Buch

Science need not only be amusing, it can even be side-splittingly funny. This book presents oddities from various areas of knowledge: weird events, involuntary funnies or "facts" that have become twisted over the years. These include "The phenomenon of the disappearing tea spoons", "Sir Herschel's supposed lunar studies" and "The Mittelstress method", as well as Schiller and Goethe's hashish consumption. The stories and anecdotes can be read in one go or section-by-section, or dipped into every now and then, and are intended to make the reader, whether a scientist or layperson, laugh. After all, life is serious enough as it is.

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Information

Verlag
Wiley-VCH
Jahr
2012
ISBN drucken
9783527321148
eBook-ISBN:
9783527641420
Auflage
1
Thema
Chimie

Erstaunliches aus Anthropologie, Biologie und Medizin

Uralter Amerikaner?

Die Geschichte des Calaveras-Schädels

Am 25. Februar 1866 fanden Arbeiter einen menschlichen Schädel in den Tiefen einer Goldmine, die in den Bald Mountain hineingetrieben worden war. Der Berg gehört zum Calaveras County in Kalifornien, das nach dem durchfließenden Fluss Calaveras benannt wurde. Der Forscher Gabriel Moraga hatte bei der Entdeckung dieses Flusses am Ufer viele Schädel gefunden. Da Calaveras auf Spanisch »Schädel« bedeutet, gab Moraga dem Fluss diesen Namen. Der aus der Mine stammende Schädel wurde als »Calaveras-Schädel« bezeichnet, sodass er eigentlich »Schädel-Schädel« heißt.
Der Fundort lag nach Angaben der Minenarbeiter etwa 40 Meter unter der Erdoberfläche und war von einer Lavaschicht bedeckt. James Mattison, der Besitzer der Mine, übergab den Schädel einem Händler, der ihn wiederum an den Arzt William Jones weitergab. Er hielt den Fund für interessant und schrieb deshalb einen Brief an die geologische Aufsichtsbehörde, in dem er die ihm bekannten Fakten schilderte und anfragte, ob man den Schädel einer genaueren Untersuchung unterziehen wollte. Der Leiter der Behörde war damals der Geologe Dr. Joshia D. Whitney (1819–1896), der gleichzeitig auch als Professor an der schon damals hoch angesehenen Harvard University in Cambridge / Massachusetts lehrte und forschte. Er schrieb zahlreiche wichtige Bücher über die Geologie Amerikas und wurde so berühmt, dass ein über 4000 Meter hoher Berg in der Sierra Nevada seinen Namen bekam. Whitney war auch sehr an Paläontologie interessiert und wollte sich deshalb den Schädel genauer ansehen. Wegen der langen Wege hielt er ihn aber erst am 29. Juni 1866 in den Händen. Nach intensiver Reinigung und Untersuchung des Schädels kam Whitney vor allem auf Grund des anhängenden Gesteins zu der Überzeugung, dass es sich um einen sehr alten Menschenschädel handeln musste. Er stellte ihn deshalb am 16. Juli 1866 auf einer Sitzung der kalifornischen Wissenschaftsakademie vor und vertrat die Meinung, dass der Schädel aus dem Pliozän stammte. Das hätte ein Alter von mindestens zwei Millionen Jahren bedeutet und damit wäre der Calaveras-Schädel der älteste Menschenfund nicht nur in Amerika, sondern auf der ganzen Welt gewesen. Diese Behauptung sorgte naturgemäß für große Aufregung, denn damals war man noch weitgehend der Auffassung, dass die biblische Schöpfungsgeschichte gültig ist und der Mensch vor einigen Tausend Jahren von Gott erschaffen wurde. Zwar hatte Charles Darwin einige Jahre zuvor schon seine Evolutionstheorie publiziert, aber sogar viele Wissenschaftler wollten nicht wahr haben, dass sie auch für die Entwicklung des Menschen Gültigkeit hat. Dem 1856 gefundenen Neandertaler wurde deshalb beispielsweise von dem berühmten deutschen Pathologen Rudolf Virchow nur ein Alter von einigen Hundert Jahren zugebilligt.
Bei der Diskussion über den Calaveras-Schädel kam schon sehr bald die Frage auf, ob er wirklich einen wissenschaftlich bedeutenden Fund darstellte oder ob mit ihm die Minenarbeiter einen Streich inszeniert hatten, um die Wissenschaftler auf den Arm zu nehmen. Eine Zeitung in San Francisco schrieb beispielsweise 1869: »Wir glauben die ganze Geschichte hat keine wissenschaftliche Bedeutung … ein Minister teilte uns mit, die Minenarbeiter hätten ihm freimütig gesagt, sie hätten die ganze Sache absichtlich hochgespielt, um sich einen Spaß mit Dr. Whitney zu erlauben.« In einer anderen Zeitung stand einige Zeit später: »Alle waren erfreut, Whitney einen Streich gespielt zu haben, der aus dem Osten stammte und wegen seines sehr reservierten Verhaltens bei den Minenarbeitern unbeliebt war.« 1879 führte Thomas Wilson, ein Kollege von Whitney an der Harvard University, eine Fluoranalyse durch und kam zu dem Ergebnis, dass der Schädel neuzeitlichen Ursprungs war.
Die Hinweise auf eine Fälschung häuften sich so, dass der bekannte amerikanische Schriftsteller Bret Harte (1836–1902) sogar ein Spottgedicht mit dem Titel »An den Pliozän Schädel« verfasste. In zwölf Strophen veräppelte Harte kunstvoll die ganze Fundgeschichte und die daraus entwickelten wissenschaftlichen Hypothesen.
Trotzdem blieb Whitney bei seiner Meinung, dass es sich um einen echten Fund handelte. Er schrieb 1880 ein Buch mit dem Titel »Der goldhaltige Kies aus der Sierra Nevada in Kalifornien«. Darin dokumentierte er menschliche Fossilien und Artefakte, die in den Kieslagen gefunden worden waren. Außerdem begründete er seine Auffassung, dass Menschen vorhanden gewesen sein müssen, bevor der Vulkanismus in dieser Region endete. Auch Frederic W. Putnam (1839–1915), einer der ersten amerikanischen Anthropologen, der ebenfalls in Harvard lehrte, glaubte an die Echtheit des Schädelfundes und an sein hohes Alter. 1901 wollte er endgültig die Wahrheit herausbekommen und machte sich zu einer Studienreise nach Kalifornien auf. Dort hörte er, dass 1865 einige alte Indianerschädel auf einem nahegelegenen Friedhof ausgegraben worden waren und einer davon in die Mine verbracht wurde, damit die Minenarbeiter ihn finden sollten. Putnam lehnte es aber immer noch ab, den Schädel als Fälschung zu bezeichnen. Stattdessen erklärte er: »Es wird wohl für immer unmöglich sein … festzustellen, an welchem Platz der Schädel wirklich gefunden wurde.« Diese Aussage bezog sich wohl darauf, dass ein sorgfältiger Vergleich des vorliegenden Calaveras-Schädels mit Beschreibungen seines Aussehens aus der Fundzeit darauf hindeutete, dass Whitney vermutlich nicht den Schädel besessen und untersucht hatte, der ursprünglich in der Mine gefunden worden war. Irgendwann zwischen der Entdeckung durch die Minenarbeiter und der Weitergabe an Whitney könnte also eine Vertauschung stattgefunden haben.
Als sich 1911 der Geologe John M. Boutwell mit der Calaveras-Affäre beschäftigte, bestätigte ihm einer der an dem Fund beteiligten Minenarbeiter erneut, das Ganze wäre wirklich nur ein Scherz gewesen. Es wurde auch deutlich, dass das dem Schädel anhängende Gestein nicht aus der Mine stammte, die als Fundort angegeben worden war.
Eine 1992 von R. E. Tailor durchgeführte Datierung mit radioaktivem Kohlenstoff ergab, dass Knochen, die zusammen mit dem Schädel gefunden worden waren, maximal ein Alter von 2100 Jahre hatten. Der Schädel selbst konnte allerdings nicht untersucht werden.
Die vielen Ungereimtheiten in der Geschichte des Calaveras-Schädels nutzen die Kreationisten auch heute noch, um damit ihr Süppchen zu kochen. Sie behaupten, der Schädel sei ein typisches Beispiel dafür, dass die Vertreter der Evolutionstheorie Funde negieren, die nicht in ihr Weltbild passen. Diesen Vorwurf kann man allerdings den Kreationisten in noch viel größerem Umfang machen. Sie nehmen nämlich die vielen Beweise nicht zur Kenntnis, mit denen inzwischen die evolutive Entwicklung des Menschen so gut belegt werden kann, dass die biblische Schöpfungsgeschichte wissenschaftlich nicht mehr haltbar ist, sondern endgültig in den Bereich des Glaubens verwiesen werden sollte.
Der US-Historiker Ralph Dexter hat sich 1986 nochmals eingehend mit den geschichtlichen Aspekten der Kontroverse um den Calaveras-Schädel befasst und kam zu folgendem Schluss: »Der Wunsch eines Teils der Minenarbeiter einen Streich zu spielen, das Verlangen der Archäologen, die Existenz einer frühen Menschheit in Nordamerika nachzuweisen … und die Konfusion, die aus einer Vertauschung von Schädeln entstand, führten zu einer sich lang hinziehenden Kontroverse, die einzigartig ist in den Annalen der amerikanischen Archäologie.«
Das Objekt dieses Dauerstreits um den angeblich ältesten Amerikaner wird in dem berühmten Peabody Museum in Cambridge / Massachusetts aufbewahrt.

Riese von Cardiff

Die amerikanischen Riesenmenschen

Der Zigarrenfabrikant George Hull aus Binghamton im Staat New York war eigentlich Atheist. Trotzdem hatte ein Bibelspruch nachhaltige Wirkung auf seinen Lebensweg. Bei einem Besuch bei seiner Schwester im Frühjahr 1868 hörte er einen fundamentalistischen Prediger, der unter anderem die Bibelstelle Genesis 6;4 zitierte, wo zu lesen steht: »Zu der Zeit und auch später noch, als die Gottessöhne zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren, wurden daraus die Riesen auf Erden. Das sind die Helden der Vorzeit, die hochberühmten.« Nach der Predigt diskutierte Hull mit dem Mann Gottes noch heftig über die Existenz von Riesen. Als Hull dann zu Bett ging, konnte er nicht einschlafen und grübelte noch lange über seinen Disput mit dem verbohrten Prediger. Dabei kam ihm eine Idee, die er umgehend in die Tat umsetzte.
Aus einem Steinbruch bei Fort Dodge im US-Staat Iowa holte Hull sich einen riesigen Gipsblock, der über zwei Tonnen wog. Um keinen Verdacht zu erregen, behauptete er, daraus solle ein Abraham-Lincoln-Denkmal in New York hergestellt werden. In Wirklichkeit transportierte Hull aber den Gesteinsblock mit großem Aufwand nach Chicago zu dem deutschstämmigen Steinmetz Edward Burghardt. Der stellte daraus eine über drei Meter hohe Statue eines kahlköpfigen Mannes her. Das Gesicht formte der Bildhauer nach dem seines Auftraggebers. Dunkle Streifen in dem Gestein gaben der Figur ein recht lebendiges Aussehen, weil sie an den Verlauf von Adern erinnerten. Das Vorhandensein einer Haut mit Poren wurde durch die Bearbeitung der Statue mit einem Nagelbrett vorgetäuscht. Zur künstlichen Alterung behandelte Hull die Felsengestalt noch intensiv mit Schwefelsäure. Dann wurde sie heimlich auf die Farm seines Vetters William Newell gebracht, die in der Nähe des Dorfs Cardiff lag, das ca. 20 km von der Stadt Syracuse (im Staat New York) entfernt war. Newell litt schon seit Jahren unter Geldnot und war daher fast zu allen Schandtaten bereit, um seine finanzielle Situation zu verbessern und seine Farm erhalten zu können. Bei Nacht und Nebel vergruben Hull und Newell die Statue hinter der Scheune, wobei ihnen zwei Gehilfen zur Hand gingen, die zum Stillschweigen vergattert wurden. Die Gauner beschlossen, den Felsenmann ein Jahr liegen zu lassen und ihn dann im Rahmen einer Brunnengrabung »zu entdecken«. Vor dem geplanten Termin wurden aber in der Nähe von einem anderen Farmer beim Pflügen alte Knochen freigelegt. Wissenschaftler der University of Cornell begutachteten den Fund und hielten ihn archäologisch für wertvoll. Da die Öffentlichkeit jetzt schon auf spektakuläre Funde eingestellt war, hielt Hull den Zeitpunkt für günstig und beauftragte seinen Vetter, mit dem angeblichen »Brunnenbau« schon früher zu beginnen. Am 15. Oktober 1969 stießen dann die Brunnengräber planmäßig auf den steinernen Riesen und Newell und unterrichtete schnell die Presse über den »sensationellen Fund«.
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»Entdeckung« des Riesen von Cardiff beim Brunnenbau (Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Cardiff_giant_exhumed_1869.webp, 06.12.2007).
Das Interesse der Öffentlichkeit war noch größer als erwartet, denn schon bald strömten die Menschen in Massen zu der Ausgrabungsstelle. Newell hatte inzwischen ein Zelt über dem Fundort errichtet und kassierte anfangs von jedem Besucher 20 Cent. Als der Strom der Schaulustigen immer stärker anschwoll und sogar Besucher aus New York kamen, erhöhte der geschäftstüchtige Newell den Eintrittspreis auf 50 Cent. Außerdem verdiente er Geld mit Vortragsveranstaltungen, auf denen er über die Umstände der »zufälligen« Entdeckung des Steinriesen phantasievolle Geschichten erzählte. Auch in überregionalen Zeitungen erschienen ausführliche Berichte über die Sensation. Ein Reporter schrieb beispielsweise: »Wenn man ihn ansah, konnte man sich des Gefühls nicht erwehren, dass man neben einem großen, höheren Wesen stand. Die Menge, die sich um ihn gruppierte, erschien fast sprachlos. Niemand scherzte.« Auch viele Kirchenvertreter waren stark beeindruckt. Einer von ihnen erklärte ehrfurchtsvoll: »Das ist kein Ding, das ein Mensch geschaffen hat, sondern es ist das Gesicht von jemandem, der auf der Erde gelebt hat, das genaue Abbild und Kind Gottes.«
Als nach Wochen das Besucherinteresse immer noch anstieg, verkaufte Hull seinen Anteil an dem Riesen heimlich für 37.500 Dollar an eine Gruppe von Geschäftsleuten um den Pferdehändler und Bankier David Hannum. Sie beschlossen, den Riesen nach Syracuse zu bringen, um den Leuten den Zugang zu ihm zu erleichtern und so noch mehr Geld zu verdienen. Den Eintrittspreis erhöhten sie zu diesem Zweck auf einen Dollar. Inzwischen war unter Wissenschaftlern ein heftiger Streit über die Frage entbrannt, ob der Riese ein versteinerter Mensch war oder eine archaische Statue. Die Vermutung, es könne sich um eine Fälschung handeln, wurde zunächst nur selten geäußert. Doktor James Hall, ein damals sehr bekannter Paläontologe, sagte nach der Besichtigung der Statue: »… Im Ganzen genommen, ist es das bemerkenswerteste Objekt, das in diesem Land ans Licht gebracht wurde und obwohl nicht aus der Steinzeit stammend, verdient es nichts desto weniger die Aufmerksamkeit der Archäologen.« Andrew D. Wight, der berühmte erste Präsident der Cornell University, besuchte den Fund ebenfalls und analysierte sogar eine Gesteinsprobe. In seinen Memoiren behauptete er zwar später, er habe die Fälschung sofort erkannt, aber diese Meinung scheint er anfangs nicht sehr offensiv vertreten zu haben. Die Gesteinsuntersuchung ergab, dass der Riese aus Gips bestand.
Das Interesse an dem Riesen nahm weiter so rasant zu, dass sich auch der Schausteller Phineas T. Barnum, der spätere Gründer des heute noch existierenden Zirkus Barnum & Bailey, dafür interessierte und 60.000 Dollar bot. Als die Besitzer des Steinmenschen sein Angebot ablehnten, beauftragte Barnum einen Bildhauer, eine Kopie herzustellen. Die stellte er in New York in seinem Museum aus und behauptete, das wäre der echte Riese und nicht der in Syracuse. Hannum verklagte daraufhin Barnum, aber der Richter verlangte von dem Kläger, die Echtheit seines Riesen zu beschwören, wenn er eine gerichtliche Verfügung erreichen wollte. Darauf verzichtete der Bankier Hannum aber vorsichtshalber. Wenig später kam dann auch der Riese aus Syracuse nach New York, sodass für einige Zeit beide Statuen, nur wenige Häuserblocks voneinander entfernt, besichtigt werden konnten. Erstaunlicherweise störte das die Besucher nicht, sie strömten vielmehr in Scharen zu beiden Schauplätzen.
Inzwischen mehrten sich die Stimmen, die den Riesen von Cardiff für einen Fälschung hielten. Von der Yale University kam der sehr bekannte Paläontologe Marsh nach New York, um den Riesenmenschen zu untersuchen. Danach erklärte er: »Er ist sehr jungen Ursprungs und ein sehr klarer Schwindel … Ich bin erstaunt, dass nicht jeder wissenschaftliche Beobachter sofort den unmissverständlichen Beweis gegen sein hohes Alter erkannt hat.« Hull sah sich nun gezwungen öffentlich zuzugeben, dass der Riese von Cardiff eine als Jux gedachte Fälschung war, woraus sich aber schnell ein sehr einträgliches Geschäft entwickelt hatte. Den Herstellungs- und Transportkosten von etwa 2.600 Dollar stand inzwischen ein Verkauferlös von 37.500 Dollar gegenüber. Nach dem Geständnis von Hull, benannten viele Journalisten die Riesenstatue in »Old Hoaxey« um, was man ins Deutsche am besten mit »Alter Jux« übersetzen kann. Unter diesem Namen wanderte er jahrelang über die Jahrmärkte und wurde 1901 sogar auf der Panamerika-Ausstellung in Buffalo gezeigt, wo er allerdings keine große Aufmerksamkeit mehr erregte. Schließlich kaufte ihn die Historische Gesellschaft von New York und brachte ihn ins Bauernmuseum in Cooperstown. Dort kann man ihn noch heute in einer flachen Grube bestaunen, die entsprechend den Gegebenheiten am Fundort angelegt wurde.
Die durchaus positiven Erfahrungen, die Hull mit seinem gefälschten Riesen gemacht hatte, ermutigten ihn, noch einmal einen ähnlichen Coup zu versuchen, wobei er allerdings verbesserte Fälschungsmethoden anwandte. Mit Gehilfen stellte er eine 2,7 Meter große Figur aus Stein, Ton, Knochen und Fleisch her und tränkte sie mit reichlich Blut. Das unappetitliche Kunstwerk wurde dann lange in einem Brennofen erhitzt und 1877 von Hulls Kumpan William Conant in der Nähe von Pueblo im Staat Colorado vergraben. Einige Zeit später »entdeckten« dann Conant und sein Sohn »zufällig« einen Fuß der Figur, der aus der Erde ragte. Sie gruben die selbst gebackene Statue aus und benachrichtigten die Presse von ihrem ungewöhnlichen Fund. Da der Kopf der Figur ziemlich klein und affenartig war, seine Arme aber lang und kräftig, erhielt er von Zeitungsleuten den Namen »Solid Muldoon«, weil er sie an den damals recht berühmten Ringer und Kraftathleten William Muldoon erinnerte.
Der Erfolg der neuen Fälschung war wieder durchschlagend. Die Zeitung Denver Daily Times schrieb: »Es gibt keinen Zweifel an der Echtheit der Statue. Der Stein zeigt die Spuren der Zeit und die Umstände des Fundes schließen eine Wiederholung der plumpen Fälschung mit dem Cardiff-Riesen aus.« Der neue Riese wurde zunächst in Denver ausgestellt. Um das Interesse des Publikums an ihm zu erhöhen, ernannte der Besitzer ihn zum »missing link«, das die Entwicklungslinien von Affe und Mensch verbindet (siehe auch S. 92). Schließlich landete auch der »Solid Muldoon« in New York und wurde wie sein Vorgänger aus Cardiff von vielen Besuchern bewundert. Phineas T. Barnum soll wieder ein Kaufangebot gemacht haben, das abgelehnt wurde. Nach ein paar Monaten verriet aber einer von Hulls Gläubigern die Entstehungsgeschichte an die New York Tribune und damit endete der Ausstellungserfolg des neuen Riesen.
Ein Jahr später tauchte ein versteinerter Riesenmensch am Lake Cayuga im Staat New York auf. Er wurde bei Erweiterungsarbeiten an einem Hotel gefunden. Bald darauf erzählte jedoch ein betrunkener Arbeiter, dass er dabei geholfen hatte, die künstlich hergestellte Figur zu vergraben. Danach wurde es etwas ruhiger um die amerikanischen Riesenmenschen, bis 1892 in Creede / Colorado ein weiterer Steinmensch ausgestellt wurde. Diesmal handelte es sich um einen echten menschlichen Leichnam, der durch Injektionen von Chemikalien »versteinert« worden war. 1899 wurde bei Ford Benton / Montana ein weiteres Exemplar gefunden. Diesmal glaubte man sogar den Mann identifizieren zu können. Es sollte General Thomas Maegher sein, der während des Bürgerkrieges im Missouri ertrunken war. Auch er fand den Weg nach New York in eine Ausstellung, ohne dass aber seine Identität bestätigt werden konnte. Danach war der Bedarf der Amerikaner an Riesen und versteinerten Menschen wohl gedeckt, denn es wurde über keine neuen Funde mehr berichtet.

Prähistorischer Kricketspieler?

Die Entdeckung des Piltdown-Menschen

Nachdem Charles Darwin (1809–1882) seine Evolutionstheorie auch auf den Menschen ausgedehnt hatte, suchte man auf der ganzen Welt nach dem sogenannten »missing link«, das die Verbindung zwischen dem Stammbaum der Affen und der Menschen beweisen sollte. Bald wurden auch zahlreiche Knochen prähistorischer Menschen gefunden, wie z. B. die des Neandertalers, die 1856 in Deutschland entdeckt wurden oder der Schädel des Cro-Magnon-Menschen, den man 1868 in Südfrankreich fand. Sie waren allerdings zu menschenähnlich, um sie als Bindegl...

Inhaltsverzeichnis

  1. titelseite
  2. Bücher, die zum Thema passen:
  3. Titel
  4. Impressum
  5. Inhaltsverzeichnis
  6. Einleitung
  7. Merkwürdiges aus Astronomie, Physik, Mathematik und Chemie
  8. Kuriositäten aus Technik und Informatik
  9. Erstaunliches aus Anthropologie, Biologie und Medizin
  10. Erwähnenswertes aus Psychologie und Pädagogik
  11. Erbauliches aus den Literatur-, Musik- und Geschichtswissenschaften
  12. Witziges aus Philosophie, Soziologie, Jura, Ökonomie und Politik
  13. Literatur