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Der Akademisierungswahn
Zur Krise beruflicher und akademischer Bildung
- 256 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
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Über dieses Buch
Die deutsche Bildungspolitik ist auf dem Holzweg: Die berufliche Bildung wird vernachlässigt. Im Gegenzug wird die akademische Bildung immer beliebiger und flacher. Anerkennung und Respekt vor dem dualen Ausbildungssystem, um das Deutschland in der ganzen Welt beneidet wird, schwinden immer mehr. Mit klaren Worten und eindeutigen Fakten zeigt Julian Nida-Rümelin auf, wie gefährlich der aktuelle Akademisierungstrend ist, der am Ende sowohl die berufliche als auch die akademische Bildung beschädigen wird. Dabei sind beide Ausbildungen zwar unterschiedliche, aber gleichwertige Wege zu einem gemeinsamen Ziel: jede Person nach ihren Begabungen und Interessen zu bilden.
Noch ist es nicht zu spät. Nida-Rümelin zeigt Perspektiven für eine Korrektur des bereits eingeschlagenen Weges auf. Denn es gibt erstaunlich effektive Stellschrauben, über die jedoch nicht allein der Staat verfügt, sondern auch die Wirtschaft, die Gewerkschaften und vor allem diejenigen, die die Bildung durch eigene Berufspraxis und Lebensentscheidungen tragen: die Lehrenden und Lernenden.
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Information
Zur Krise akademischer Bildung
Kapitel XIII:
Das Erfolgsprojekt Humboldt-Universität
Die Erfolgsgeschichte der preußischen Reform-Universität im 19. Jahrhundert beruhte auf den neuhumanistischen Bildungsidealen, die ihren historischen Ausgang im Streit der Fakultäten102 bei Immanuel Kant nahmen und in konkrete Universitätskonzeptionen Schleiermachers, Fichtes und Wilhelm von Humboldts mündeten.103 Die Umsetzung dieser Bildungsideale im 19. Jahrhundert verlagert den Schwerpunkt der Universität von der Ausbildungsstätte für drei akademische Berufe – Theologen, Juristen und Mediziner – zum Zentrum der Wissenschaft, der Wahrheitssuche. Das vielleicht wichtigste Merkmal dieses Prozesses – und daran sollte man angesichts der aktuellen Veränderung der Europäischen Universität erinnern – ist, dass mit dieser Verlagerung des Schwerpunktes zur Wissenschaft als solcher, zu Forschung um ihrer selbst willen, ein Innovationsschub ausgelöst wird, der zunächst die Philosophische Fakultät zur obersten Fakultät macht, aus der wie in einer Kaskade das Spektrum wissenschaftlicher Disziplinen hervorgeht, wie wir es heute kennen: Von der Mutterwissenschaft der Philosophie lösen sich zunächst die Naturwissenschaften mit eigenständigen Forschungsparadigmen und Untersuchungsmethoden ab, dann die Geisteswissenschaften, dann die Sozialwissenschaften. Dieser Prozess erreicht ab der Mitte des 19. Jahrhunderts einen Höhepunkt, kann aber bis heute nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Der Zellteilungsprozess von Subdisziplinen und die Rolle der Philosophie als Mutterwissenschaft ist nicht lediglich eine historische Reminiszenz. So ist die Logik als eine eigene wissenschaftliche Disziplin, die heute meist von Mathematikern betrieben wird, ein Produkt der Veränderungen innerhalb der Philosophie Anfang des 20. Jahrhunderts. Weite Bereiche linguistischer Forschung gehen aus den neuen sprachphilosophischen Paradigmen des 20. Jahrhunderts hervor. Dieser philosophisch initiierte Zellteilungsprozess, der vor über 200 Jahren beginnt, verschafft der Wissenschaft eine ungeahnte technologische, ökonomische, soziale und kulturelle Relevanz.
Der wohl größte Irrtum aktueller Instrumentalisierungstendenzen der Wissenschaft ist, dass diese unter ökonomischen oder sozialen Zwecken gesteuert werden müssen, um technologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Fortschritt zu generieren. Die historische Erfahrung lehrt das Gegenteil. Die Instrumentalisierung der Akademia durch staatliche, klerikale und ökonomische Zwecke hat das Innovationspotenzial der Wissenschaft stets blockiert. Das Ende dieser Instrumentalisierung ist zugleich historisch gesehen das Ende dieser Blockade und leitet eine wissenschaftlich-technische europäische Zivilisation ein, deren Produktivität nicht nur in ökonomischer Hinsicht erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzt und zu einer einmaligen ökonomischen Dominanz führt, die erst in den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts gebrochen wird und wohl in diesem Jahrhundert zu Ende gehen wird. Die neue Europäische Universität nach Humboldt’schem Muster spielte für diese Entwicklung eine Schlüsselrolle.
Die Grundlage ihres Erfolges ist ein erkenntnistheoretischer, anthropologischer und ethischer Humanismus, dessen Grundzüge ich in meiner Philosophie einer humanen Bildung (2013) ausführlicher dargestellt habe. Im Folgenden beschränke ich mich darauf, die wichtigsten Elemente humanistischen Denkens zusammenzustellen, die nicht erst für die bildungspolitischen Reformen des 19. Jahrhunderts in Deutschland ausschlaggebend waren, sondern über die gesamte europäische Bildungsgeschichte in unterschiedlichem Maße und unterschiedlicher Gewichtung Wirksamkeit hatten.
Das wohl wichtigste Element sehe ich in der anthropologischen These, dass der Mensch die spezifische Fähigkeit habe, sich von Gründen affizieren zu lassen, das heißt Überzeugungen und Handlungen, auch Emotionen, an Gründen zu orientieren. Die Autonomie der Person, das, was in der vollendeten philosophischen Gestalt in der praktischen Philosophie Kants seinen Ausdruck findet, ist nicht über Wünsche, sondern über Gründe konstituiert. Es ist nicht die Kohärenz der Wünsche, und sei es unter Einschluss von Wünschen zweiter Ordnung, die die Person konstituiert, sondern die Gründe, die sie abwägt, die praktischen wie theoretischen Deliberationen, die zu Entscheidungen und Urteilen führen.104
Humanistisches Denken ist immer universalistisch: Es nimmt den Menschen, unabhängig von seiner Hautfarbe, seiner Religion, seinem Geschlecht, seiner Herkunft in den Blick und schreibt ihm die gleiche Fähigkeit zur Verantwortung, zur Deliberation, zur Freiheit, zur Autonomie zu. Dieser Universalismus ist vereinbar mit der Anerkennung partikularer Prägungen, der Kultur, der sozialen Gemeinschaft, der Herkunft, auch mit besonderen Kooperationspflichten, die sich aus diesen partikularen Bindungen ergeben. Ein Thema, das für die kulturalistischen Varianten des Neuhumanismus im 19. Jahrhundert, für das spannungsreiche Verhältnis von Hegel und Kant, zentral geworden ist.
Humanistisches Denken ist immer auch empathisch: Es weiß um die Beschränktheit der eigenen Perspektive und verlangt, sich in die andere Person hineinzuversetzen, um Verständigung möglich zu machen. Empathie hat dabei nicht nur eine praktische, sondern auch eine theoretische Dimension.
Und schließlich ist humanistisches Denken inklusiv; es bezieht alle ein, die an der Verständigung teilhaben wollen und teilhaben können. Die Popper’sche Wissenschaftsethik105 ist eine moderne Fassung dieses inklusiven Verständnisses von Wissenschaft: Wissenschaft ist immer kritisch, sie strebt nach einem besseren Verständnis der Realität über den Versuch, verbreitete wissenschaftliche Meinungen zu widerlegen. Wissenschaft bezieht dabei alle ein, die einen Beitrag leisten können. Die Wahrscheinlichkeit, zu einer guten Theorie zu gelangen, wird höher, je mehr an diesem Unternehmen beteiligt sind. Wissenschaft kennt zumal keine nationalen oder kulturellen Grenzen. Sie bedient sich einer universellen Sprache, die – in vielen Fällen vermittelt durch Übersetzungen – allen prinzipiell zugänglich ist. Wissenschaft ist nicht gebunden an eine Sprache und eine Kultur.
Die moderne Europäische Universität beruht – ausgehend von der preußischen Reform-Universität Humboldts – auf humanistischen Bildungsidealen, nimmt von der berufsbildenden mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Universität Abschied und stellt das Erkenntnisinteresse und die Idee der Persönlichkeitsbildung durch Forschung in den Mittelpunkt. Sie stiftet damit eine Einheit von Forschung und Lehre. Die Lehre bildet nicht aus, sondern vermittelt die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten, um am Prozess der Forschung teilzuhaben. Die Forschung ist nicht abgelöst von der universitären Lehre, sondern erarbeitet ein neues Verständnis, neue Gegenstände des Wissens, neue empirische Methoden, die dann in die Lehre einfließen. In der Gestalt des Universitäts-»Professors«, des Bekennenden der Europäischen Universität, wird die Einheit von Forschung und Lehre in Gestalt eines spezifischen beruflichen Ethos gestiftet. Der Professor bekennt sich und bindet sich damit. Er bindet sich damit an ein spezifisches Projekt des gemeinsamen und arbeitsteiligen Unternehmens der Wahrheitssuche. Dieses spezifische Projekt wird in der Venia verbindlich festgehalten. Die Venia wird ihm vom Kollegium seiner Fakultät verliehen. Zu diesem spezifischen Ethos gehört die Bindung über die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Forschenden und Lehrenden, die Kooperationspflichten, die sich daraus ergeben, einerseits und die Freiheit der Wahl der spezifischen Gegenstände der Forschung und Lehre andererseits. Diese Freiheit, diese Autonomie kann nur gewährt werden, wenn sie mit einer entsprechenden Verantwortung wahrgenommen wird, die die Gemeinschaft der autonom Lehrenden und Forschenden stiftet.
Über das gesamte 19. Jahrhundert und bis in das 20. Jahrhundert hinein wurde versucht, darüber hinaus eine Einheit der Wissenschaft als Ganze durch hierarchische Strukturen wissenschaftlicher Disziplinen und Subdisziplinen aufrechtzuerhalten. Dieses Projekt, an dessen Spitze die Philosophie stand und die eine spezifische Einseitigkeit des Neuhumanismus zum Ausdruck bringt – ganz im Gegensatz zum Frühhumanismus der Renaissance oder gar zum antiken Humanismus der griechischen Klassik –, kann heute als gescheitert gelten. Die Dominanz der Geistes- über die Naturwissenschaften, ja, die innere Strukturierung etwa der Geisteswissenschaften nach Ordnungsprinzipien, ist einer Campus-Struktur mit immer wieder neu sich entwickelnden Feldern der Forschung und der Lehre gewichen. Die Philosophie hat allerdings ihre Rolle als Einheit stiftende Disziplin in meinen Augen dadurch nicht verloren – im Gegenteil: da ihre Kategorisierungen und Begriffsklärungen nicht am Anfang der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplinen stehen, ist ihre Aufgabe anspruchsvoller geworden, die einzelnen Forschungsergebnisse kohärent zusammenzuführen, zu einem wissenschaftlichen Weltbild beizutragen, zwischen den unterschiedlichen Terminologien und Methoden der Einzelwissenschaften zu vermitteln und immer wieder neu ein humanistisches Menschenbild in ein wissenschaftlich verfasstes Weltbild einzupassen.106
Dieses interne Wissenschaftsethos, das ganz auf epistemischer Rationalität beruht, das dem besseren Argument zum Durchbruch verhelfen will, das alle einbezieht, die an der wissenschaftlichen Kommunikationsgemeinschaft teilhaben, das Studierende als Partner und nicht mehr als Schüler behandelt, muss durch ein Ethos praktischer Rationalität angesichts der engen Verbindung von wissenschaftlicher Grundlagenforschung einerseits und technischer sowie ökonomischer Anwendung andererseits ergänzt werden. Die strikte Trennung wissenschaftlicher Grundlagenforschung, die zweckfrei zu geschehen hat, von deren Fruchtbarmachung, etwa in Technik und Ökonomie, lässt sich immer weniger aufrechterhalten. Die Verbindungen sind aus einer Reihe von Gründen enger geworden; zu diesen Gründen gehört, dass ein Gutteil der Grundlagenforschung große finanzielle Mittel erfordert, die aus den Universitäten selbst heraus meist nicht mehr erbracht werden können. Hinzu kommt, dass die praktischen Implikationen der Anwendung wissenschaftlicher Grundlagenforschung ohne Beteiligung der Wissenschaft selbst schwer abgeschätzt werden können. Die Wissenschaft hat zunehmend also auch eine externe Verantwortung, sodass das interne Ethos epistemischer Rationalität durch ein externes Verantwortungsethos komplettiert werden muss. Damit entsteht eine neue Begründungs- und Transferproblematik. Eine Begründungsproblematik insofern, als die Wissenschaft sich gegenüber einer breiteren, auch politischen Öffentlichkeit zu verantworten hat und dies in einer Sprache geschehen muss, die die disziplinären Grenzen des eigenen Fachs überwindet. Die Wissenschaft ist aufgerufen, dazu beizutragen, dass ihre Ergebnisse Eingang in die technische, ökonomische, soziale und kulturelle Praxis finden. Die Wissenschaft als Ganze hat mit anderen gesellschaftlichen Subsystemen – um die nicht unproblematische Sprache der Systemtheorie zu verwenden – zu kooperieren: Im Hinblick auf ihre Finanzierung durch Steuergelder und Drittmittel aus anderen Ressourcen und hinsichtlich ihrer zentralen Rolle für die gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung.
Das, was neudeutsch mit public understanding of science bezeichnet wird, muss zu einem integralen Bestandteil des Wissenschaftsethos werden und darf sich nicht auf die Naturwissenschaften beschränken. Die Wissenschaftspublizistik hat die verantwortungsvolle Rolle, wissenschaftliche Forschungsergebnisse einem breiteren Publikum nachvollziehbar zu machen, irrationale Ängste abzubauen, aber auch auf Gefährdungen durch wissenschaftliche Forschungen und ihre Anwendung hinzuweisen. Kurz, das wissenschaftsinterne Verantwortungsethos, das im Wesentlichen epistemische Rationalität sichert, muss durch ein externes Verantwortungsethos ergänzt werden.107
Dieses humanistische Wissenschaftsideal der Wahrheitsorientierung und der Einheit von Forschung und Lehre ist nicht obsolet. Es bedarf der Komplettierung, nicht des Abbruchs, gar in Gestalt einer Rückkehr zur mittelalterlichen Ausbildungsstätte, zur Stätte der Konditionierung, der bloßen Methodenvermittlung ohne Erkenntnisanspruch, der bloßen Vermittlung von Fähigkeiten, nicht von Einsichten, der Abrichtung, nicht der Bildung. Diese Komplettierung sollte auf internationalen Austausch und Kooperation, auf die zivilgesellschaftliche Rolle wissenschaftlicher Expertise, auf wissenschaftstranszendente Verantwortlichkeit gerichtet sein.
Exkurs
An dieser Stelle ist ein Einschub nötig: Wir haben von akademischer Bildung bislang in einem recht unspezifischen Sinne gesprochen. Die OECD-Statistiken sprechen vom tertiären Sektor, der vom Bachelorabschluss über das frühere Fachhochschuldiplom bis hin zur Meisterprüfung reicht. Der Europäische Qualifikationsrahmen orientiert sich im Wesentlichen an der Dauer des Verbleibs im Bildungssystem bis zum Einstieg in den Beruf und ist schon von daher wenig aussagekräftig. Hinzu kommt, dass die verschiedenen Bildungssysteme international nur schwer vergleichbar sind. Die astronomisch hohen Akademikerquoten in vielen OECD-Ländern hängen mit dieser irreführenden Statistik zusammen. Um sich ein klares Bild verschaffen zu können, muss man einen Blick auf die konkreten Details werfen: Die OECD hat es jahrzehntelang versäumt, die Besonderheiten von Bildungssystemen mit nichtakademischen Ausbildungsberufen und solchen ohne diese Tradition zu berücksichtigen. In Folge dieser systematisch unterbliebenen Differenzierung fordert die OECD Länder mit niedriger Akademikerquote wie Deutschland und Österreich permanent dazu auf, ihre Studierendenzahlen zu erhöhen.108 Das aber, was bei uns als Ausbildungsberuf etabliert ist, wird in den USA meist über zweijährige Community Colleges mehr schlecht als recht an Qualifikation vermittelt. Tatsächlich können diese US-amerikanischen Abschlüsse mit den mitteleuropäischen nur selten hinsichtlich der Fachkompetenz ihrer Absolventen ko...
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einführung
- Erster Teil: Grundlegung
- Zweiter Teil: Zur Krise beruflicher Bildung
- Dritter Teil: Zur Krise akademischer Bildung
- Anhang