Was ist Gesundheit
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Was ist Gesundheit

Auf den Spuren eines lädierten Begriffs

  1. 18 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Was ist Gesundheit

Auf den Spuren eines lädierten Begriffs

Über dieses Buch

Mit seinem Aufsatz "Was ist Gesundheit?" gibt Gunnar Stollenberg im Kursbuch 175 einen Überblick zum Gesundheitsbegriff. Hierbei skizziert er ein System, in dem man sich erst für krank halten muss, bevor eine ökonomisch annehmbare Lösung gesucht wird.

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Gunnar Stollberg
Was ist Gesundheit?
Auf den Spuren eines lädierten Begriffs
Vor einem Vierteljahrhundert, im Jahre 1987, erschien das letzte Kursbuch zum Thema »Gesundheit«. Einige seiner Beiträge sind heute noch erstaunlich aktuell: Gesundheit werde in der Industriegesellschaft individualisiert, wozu auch die Präventionsideologie beitrage. Sie werde so zu einer nicht mehr kritisierbaren Kategorie sozialen Handelns, vielleicht sogar zu einem »Fetisch«. Jedoch seien »Verbesserungen im Gesundheitssystem« nicht »ohne umfassende Änderungen seiner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen« zu haben. Wenn auch manche Sätze dem damaligen Zeitgeist geschuldet sind: »Die Machteliten manipulieren die unbewußten Unsterblichkeitswünsche der Subjekte, um davon abzulenken, daß sie selbst zur vorzeitigen Sterblichkeit so wirkungsvolle Beiträge leisten«, bleibt doch die Thematisierung von natürlicher Lebensführung, gesundheitlicher Selbstverantwortung (»Krankheit als Metapher«) und heterodoxen Medizinformen aktuell (die seit damals »alternative Medizin« genannt, obgleich sie meist komplementär verwendet werden).
Doch was ist Gesundheit? Die WHO (World Health Organization)-Definition aus dem Jahre 1948 erscheint trotz aller Kritik, die ihr in mehr als sechs Jahrzehnten zuteilwurde, noch immer wegweisend: »Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.« In dieser Tradition steht auch eine modernisierte Definition gesundheitswissenschaftlicher Provenienz. Gesundheit ist, wenn man Klaus Hurrelmann1 folgen will, der »Zustand des objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensbedingungen befindet«. Hurrelmann ergänzt also die WHO-Definition um Aspekte von Gesundheitsverhalten und -verhältnissen. Kurzum, es geht ihm mehr um die Frage, wie gesellschaftlich bedingt und beeinflusst sich Gesundheit darstellt.
Um den aktuellen Debattenstand zu skizzieren, werde ich zunächst auf Basis eines Schicht- oder Klassenmodells die gesundheitlichen Ungleichheiten benennen. Danach werde ich der Frage nachgehen, ob Gesundheit durchweg als höchstes Gut in einer Gesundheitsgesellschaft begriffen wird, und mich dabei des Milieu-Modells bedienen. In der Folge werde ich kurz erörtern, ob es eine Klassenmedizin in dieser Gesellschaft gibt, sowie die Asymmetrie des Arzt-Patienten-Verhältnisses und die Entwicklung von gut informierten Patienten debattieren. Schließlich werde ich das Verhalten von Patienten als aktive Konsumenten und den Pluralismus medizinischer Konzepte / Programme, die Ökonomisierung des Gesundheitswesens umreißen und zu guter Letzt auf Gesundheit und Krankheit als Beobachtung eingehen. Die Auswahl dieser Themen ist ihrer Aktualität geschuldet. Ihre Nähe zu den Themen des damaligen Kursbuchs ist auffällig. Hat sich tatsächlich seither nichts geändert?
Gesundheitliche Ungleichheiten
Zwar ist häufig von »Klassenmedizin« die Rede, von Gesundheits- oder Krankheitsklassen spricht indes niemand, obgleich es dazu Anlass gäbe. Soziale Ungleichheiten werden klassisch nach Einkommen, Beruf und Bildung (der »meritokratischen Triade«, so Reinhard Kreckel2) mit einem Schicht- oder Klassenmodell gemessen. Dies gilt auch für gesundheitliche Ungleichheiten. Andreas Mielck und Uwe Helmert haben diesbezüglich einen Überblick über eine Großzahl empirischer Studien gegeben. Hier die wichtigsten Ergebnisse:
• Hinsichtlich Morbidität und Mortalität insgesamt weisen nur zwei von insgesamt 72 Studien »eine höhere Prävalenz mit höherem sozioökonomischem Status auf (bei Scharlach und Psoriasis); neun zeigen keine eindeutige Beziehung und die Übrigen deuten auf eine höhere Mortalität oder Morbidität mit niedrigerem sozioökonomischem Status hin. … (Es) ergibt sich … ein relativ deutliches Bild höherer Mortalität und Morbidität bei Personen aus den unteren sozioökonomischen Gruppen.«3
• »Die Beziehungen zwischen dem sozioökonomischen Status und der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen sind auf den ersten Blick weniger eindeutig … Bei näherer Betrachtung lassen sich jedoch relativ eindeutige Tendenzen unterscheiden. So nehmen offenbar mit höherem sozioökonomischem Status die Besuche beim Allgemeinarzt ab und beim Facharzt zu; eine Abnahme ist auch z. B. bei der Medikation zu erkennen; die Selbstmedikation nimmt dagegen mit dem sozioökonomischen Status zu …«4
• »Mit zunehmendem sozioökonomischem Status nimmt die Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft offenbar ebenso zu wie die Teilnahme an Früherkennungs-Programmen für Kinder … Die Teilnahme an Früherkennungs-Untersuchungen weist dagegen keine eindeutige Beziehung zum sozioökonomischen Status auf …«5
• »Personen mit höherem sozioökonomischem Status rauchen weniger, leiden seltener an Übergewicht, treiben häufiger Sport und weisen häufiger Typ A Verhalten auf« (einem von Unruhe, Nervosität usw. gekennzeichneten Verhalten, das mit höherem Herzinfarkt-Risiko einhergeht).6
Diese gesundheitlichen Ungleichheiten eröffnen das Bild einer Schichten- oder gar Klassengesellschaft. Sie haben sich über Jahrzehnte hin kaum verändert. Was ihnen gemeinsam ist? Sie unterscheiden sich nicht grundsätzlich von Strukturen der meritokratischen Triade und bauen auf der Erwerbssphäre auf. Das heißt, Nichtberufstätige, wie Studierende, Rentner, Arbeitslose, Hausfrauen usw., können in dieses Modell nur schwer subsumiert werden. Es wird auf die Verhältnisse, nicht aber auf Werte, Orientierungen und Verhalten abgestellt. Daher hat man die Modelle erweitert.
Eine andere Struktur sozialer Ungleichheit stellt die Geschlechterdifferenz dar. Johannes Siegrist und Anne Maria Möller-Leimkühler haben deren gesundheitliche Aspekte zusammengefasst und dabei die These von der übermäßigen Belastung der Frauen, aber auch von Defiziten der weiblichen Sozialisation kritisiert. Epidemiologische Daten zeigen bei vielen Erkrankungen in der modernen Gesellschaft, »dass Frauen weder gesünder (trotz höherer Lebenserwartung der Frauen um durchschnittlich sieben Jahre) noch kränker sind als Männer, sondern dass sie unterschiedliche Häufigkeiten für verschiedene Krankheiten aufweisen. Frauen sind häufiger von akuten und nicht-tödlich verlaufenden chronischen und kurzfristigen Beeinträchtigungen betroffen. Männer erkranken und sterben dagegen häufiger an koronarer Herzkrankheit, Lungen-, Nieren- und Harnwegskrebs, Leberzirrhose, chronischer Bronchitis, Unfällen und Suizid. Frauen sind von psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Neurosen und Angstsyndromen etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Bei der Alkoholabhängigkeit ist eine deutliche Zunahme des Anteils der Frauen zu verzeichnen, bei der Medikamentenabhängigkeit liegt die Häufigkeitsrelation von Frauen zu Männern bei 3 : 1«.7 Die Erklärung dieser Differenzen bereitet Schwierigkeiten. Die Autoren schlagen vor, sie mit unterschiedlichen Risikolagen zu erklären, die aus der gesellschaftlichen Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern resultieren.
Unsere Gesundheitsgesellschaft: Gesundheit als höchstes Gut?
Die frühere Direktorin des Regionalbüros Europa der Weltgesundheitsorganisation, Il...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Verlag
  3. Benutzerhinweise
  4. Gunnar Stollberg
  5. Über den Autor
  6. Impressum