Religiöse Vielfalt, Sozialkapital und gesellschaftlicher Zusammenhalt
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Religiöse Vielfalt, Sozialkapital und gesellschaftlicher Zusammenhalt

Religionsmonitor – verstehen was verbindet

  1. 120 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Religiöse Vielfalt, Sozialkapital und gesellschaftlicher Zusammenhalt

Religionsmonitor – verstehen was verbindet

Über dieses Buch

Religiöser Pluralismus ist in nahezu allen westlichen, aber auch in vielen sich entwickelnden Gesellschaften zu einer zentralen sozialen und politischen Herausforderung avanciert. Die neue Vielfalt speist sich aus Einwanderungsprozessen, der stärkeren Sichtbarkeit religiöser Minderheiten und auch nicht zuletzt aus der wachsenden Zahl derer, die überhaupt keiner Religion (mehr) angehören.Welche Folgen hat die neue religiöse Vielfalt für das soziale Miteinander, die politische Stabilität und die ökonomische Leistungsfähigkeit moderner Gesellschaften? Bleiben Religiöse und Nicht-Religiöse oder Anhänger unterschiedlicher Religionen nur unter ihresgleichen? Oder passen sich die Lebenswelten der Menschen an den neuen religiösen Pluralismus an und wird interreligiöser Kontakt so zu einer alltäglichen Normalität, die in einem friedlichen, von gegenseitiger Toleranz geprägten Miteinander resultiert?Die vorliegende Studie nimmt die gesellschaftspolitische Herausforderung des neuen religiösen Pluralismus zum Anlass, um die Rolle von Religion und religiöser Vielfalt für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland in ländervergleichender Perspektive zu untersuchen. Dabei steht die Situation in Deutschland im Vordergrund. Der Blick in andere nationale Kontexte erlaubt es zudem, aus den Erfahrungen und Beispielen anderer Gesellschaften Lehren für den erfolgreichen Umgang mit religiöser Vielfalt in Deutschland zu ziehen.

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1.Religiös brückenbildendes Sozialkapital in Deutschland und im Ländervergleich

In diesem ersten Teil steht die rein deskriptive Frage im Zentrum, wie es um die religiöse Zusammensetzung zentraler sozialer Kontexte wie Familie, Nachbarschaft, Arbeitsplatz und Freizeit in Deutschland bestellt ist. In welchen sozialen Bereichen sind Religion und religiöse Vielfalt für die Menschen gegenwärtig überhaupt erfahrbar? Sind es vor allem unfreiwillige soziale Kontakte am Arbeitsplatz oder in der Nachbarschaft, die religiöse Vielfalt erfahrbar machen, oder gilt dies auch für die selbstgewählten Kontakte in der Freizeit? Wie religiös homogen sind Familienstrukturen in Deutschland? Welche Differenzen gibt es in der religiösen Zusammensetzung zwischen den sozialen Kontexten? Und welche Unterschiede lassen sich hierbei im Vergleich zu anderen Gesellschaften feststellen?

Der innovative Zugang des Religionsmonitors 2013

Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Unterscheidung zwischen zwei Formen des Sozialkapitals bieten die Analysen des Religionsmonitors 2013 eine wissenschaftliche Innovation. Denn bislang gibt es kein Umfrageprojekt, das über die religiöse Zusammensetzung sozialer Netzwerke, und dies auch noch im Ländervergleich, Auskunft geben könnte. Zwar gehen Kecskes und Wolf (1996) in einer lokalen Befragung eines Kölner Stadtteils der Rolle christlicher Religiosität für soziale Netze nach, doch betonen sie selbst die eher beschränkte Generalisierbarkeit ihrer Befunde. Für den Religionsmonitor 2013 wurde daher ein neues Fragebogenmodul entwickelt. Mit dessen Hilfe lässt sich auf sehr einfache Weise, bezogen auf vier soziale Kontexte – Familie, Nachbarschaft, Arbeits- beziehungsweise Ausbildungsplatz und Freizeit –, die Religiosität der sozialen Kontakte und deren religiöse Heterogenität erfassen.
Konkret wurden die Befragten des Religionsmonitors gebeten, auf folgende Fragen zu antworten:
»Jetzt möchte ich Ihnen einige Fragen zu den Personen stellen, mit denen Sie in Ihrem Alltag regelmäßig zu tun haben. Wenn Sie zuerst an die Personen in Ihrer Familie und Verwandtschaft denken, mit denen Sie regelmäßig Kontakt haben, wie viele davon …
… sind religiös?
… und wie viele gehören einer anderen religiösen Gruppe an als Sie selbst, sind also keine Anhänger des [Religion des Befragten]?«
Für ihre Antwort waren den Befragten jeweils fünf Möglichkeiten vorgegeben: »keiner«, »weniger als die Hälfte«, »etwa die Hälfte«, »mehr als die Hälfte« oder »alle«. Zusätzlich standen die Codierungen »weiß nicht«, »[Antwort] verweigert« und »trifft nicht zu« zur Verfügung.
Wichtig ist zu betonen, dass bei der Frage nach »anderen Religionen« stets die großen Weltreligionen und nicht etwa einzelne Konfessionen innerhalb derselben Traditionen gemeint sind. Im Vordergrund stehen damit soziale Beziehungen zwischen Angehörigen von Religionen (z. B. Christen oder Muslime) und nicht zwischen Konfessionen derselben religiösen Tradition (also Protestanten oder Katholiken bzw. Sunniten oder Schiiten). Mit anderen Worten wurden etwa Muslime nach ihren Kontakten zu Christen und nicht zu Katholiken oder Protestanten befragt. Menschen ohne Religionszugehörigkeit bleiben an dieser Stelle aufgrund der Filterführung im Befragungsbogen aus der Analyse ausgeschlossen.
Die beiden Fragen zu Familie und Verwandtschaft wurden in analoger Weise in Bezug auf Personen »in Ihrer Nachbarschaft«, »in Ihrer Freizeit« sowie »an Ihrem Arbeits- oder Ausbildungsplatz« gestellt. Dabei wurden nur diejenigen, die tatsächlich einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich in einer Ausbildung befinden, zu ihren Kollegen befragt.
Ein Vorteil dieser Formulierung gegenüber anderen Fragemöglichkeiten (etwa nach den drei Personen, mit denen man persönliche Dinge bespricht) besteht darin, dass sie nicht zu einer Verzerrung zugunsten der engen strong ties (starken Bindungen), also der sehr intimen Sozialbeziehungen, führen (Granovetter 1973, Wolf 2006). Stattdessen werden auf diese Weise auch die interessanten weak ties (schwachen Bindungen) erfasst, also das weitere soziale Umfeld der Befragten. Durch die Eingrenzung auf vier zentrale Lebenskontexte und die Frage nach dem »regelmäßigen Kontakt« werden dennoch die religiösen Merkmale konkreter Personengruppen erhoben. Damit lassen sich mit dem Religionsmonitor 2013 zum ersten Mal empirisch fundierte Aussagen darüber treffen, in welchem Ausmaß und in welchen Lebenskontexten die Menschen überhaupt Religiosität und religiöse Vielfalt in ihren sozialen Beziehungen erfahren (siehe den Infokasten S. 14 für weitere methodische Details der Studie).
»Es werden auch die interessanten
weak ties erfasst, also das weitere
soziale Umfeld der Befragten.«
Die leitende Annahme für dieses Kapitel lautet, dass sich die sozialen Kontexte Familie, Nachbarschaft, Arbeitsplatz und Freizeit in ihrer religiösen Zusammensetzung unterscheiden. Nach dem Prinzip der »Homophilie« bevorzugen Menschen generell soziale Kontakte zu ihresgleichen, also anderen Menschen, die ihnen ähnlich sind (McPherson et al. 2001). Diese Präferenz kann jedoch in den sozialen Kontexten in unterschiedlichem Maß realisiert werden, da diese jeweils eigenen Regeln unterliegen (Feld 1982). So beruhen etwa Kontakte in der Freizeit viel stärker auf einer freien Wahl, als dies in der Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz der Fall ist. Neben der eigenen Präferenz ist daher auch die Gelegenheitsstruktur entscheidend dafür, wie sich soziale Netze zusammensetzen.

1.1Die Religiosität sozialer Beziehungen

Ganz allgemein haben die befragten Menschen in Deutschland eine sehr gute Vorstellung von der (Nicht-)Religiosität und auch der Religionszugehörigkeit der Menschen, mit denen sie regelmäßig in Kontakt stehen. Dies ist insofern bemerkenswert, als dieses Wissen als wichtiger Indikator für die soziale Relevanz oder gesellschaftliche Präsenz von Religion gewertet werden kann. Ganz offenbar ist Religion in Deutschland ein Thema, das in sozialen Kontakten durchaus zur Sprache kommt oder zumindest wahrgenommen wird – jedenfalls nicht belanglos oder tabu ist. Sonst müsste der Grad des Nichtwissens in Bezug auf die Religiosität der Kontakte höher sein, als es der Fall ist.
Auf die Frage nach der Religiosität (im Sinne von tatsächlicher Einstellung oder Verhalten) und der Religionszugehörigkeit der Menschen in ihren alltäglichen sozialen Beziehungen finden die allermeisten Deutschen eine Antwort. Gleichwohl unterscheiden sich die betrachteten sozialen Kontexte Familie, Freizeit, Nachbarschaft sowie Arbeits- oder Ausbildungsplatz in dieser Hinsicht (Abbildung 1, siehe dazu auch Infokasten). Nicht überraschend ist, dass in der Familie die Menschen am besten über die religiösen Einstellungen der jeweils anderen Bescheid wissen. Lediglich 1 % aller Befragten gibt an, nicht zu wissen, wie viele Personen innerhalb der Familie und Verwandtschaft religiös sind.
INFO
Untersuchungsrahmen des Religionsmonitors 2013
Der Religionsmonitor 2013 erfasst die religiöse Zusammensetzung sozialer Netze in insgesamt elf verschiedenen Ländern. Neben Deutschland zählen dazu Frankreich, Großbritannien, Israel, Kanada, Schweden, die Schweiz, Spanien, Südkorea, die Türkei sowie die USA. In den meisten Ländern erfolgte die Erhebung mittels einer Zufallsauswahl und einer standardisierten Telefonbefragung der Bevölkerung ab 16 Jahren (USA und Kanada ab 18 Jahren). In Israel, Südkorea und der Türkei wurden persönliche Face-to-face-Interviews geführt. Die Befragung fand in allen Untersuchungsländern zwischen Oktober und Dezember 2012 statt.
Der Stichprobenumfang für Deutschland beträgt insgesamt N = 2005 Befragte, wovon N = 429 Befragte aus einer onomastischen (namensbezogenen) Zufallsstichprobe für Muslime stammen. In allen anderen Ländern wurden zwischen N = 1000 und N = 1018 Interviews realisiert. Für deskriptive Aussagen wird in der Studie auf eine länderweise Gewichtung zurückgegriffen, die die Stichproben an die jeweiligen Randverteilungen in der Bevölkerung anpasst (etwa nach Alter und Geschlecht).
Einen Überblick über die Ergebnisse des Religionsmonitors 2013 bieten Bertelsmann Stiftung 2013a und Bertelsmann Stiftung 2013c.
Weitere Informationen hierzu auf:
www.religionsmonitor.de
In der vorliegenden Studie werden folgende Länderkürzel verwendet – CA: Kanada, CH: Schweiz, DE: Deutschland, ES: Spanien, FR: Frankreich, IL: Israel, KR: Südkorea, SE: Schweden, TR: Türkei, UK: Großbritannien, US: USA.
»Ganz offenbar ist Religion in
Deutschland ein Thema,
das in sozialen Kontakten durchaus
zur Sprache kommt.«
In der ebenfalls eher im Privaten angesiedelten Freizeit können nur 5 % nicht sagen, ob die Freunde oder regelmäßigen Bekannten religiös sind oder nicht. Eine etwas größere Unsicherheit herrscht demgegenüber am Arbeitsplatz (13 %) und in der Nachbarschaft (14 %), beides soziale Kontexte, die sich naturgemäß durch formalere oder gar anonyme soziale Beziehungen auszeichnen. Doch selbst hier traut sich die überwältigende Mehrheit ein Urteil über die (Nicht-)Religiosität ihrer Mitmenschen zu. Ein ganz ähnliches Bild ergibt sich auch für die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer anderen Weltreligion.
INFO
Schätzunsicherheit
Beim Religionsmonitor handelt es sich nicht um eine Vollerhebung, sondern um eine Zufallsstichprobe, die allerdings durch eine länderweise Gewichtung der Grundgesamtheit – das heißt der tatsächlichen Zusammensetzung der Bevölkerung etwa nach Alter und Geschlecht – angeglichen wurde.
Dennoch bleiben Schätzunsicherheiten, die in dieser Studie auch transparent gemacht werden. Sie sind etwa in Abbildung 1 und 3 durch die schwarzen Linien in den Grafikbalken dargestellt. In den Regressionsmodellen geben die 95 %-Konfidenzintervalle diese Schätzunsicherheit wieder (vgl. Infokasten S. 20). So zeigt sich in der oberen Grafik in Abbildung 1 am Beispiel der Nachbarschaft eine Schätzunsicherheit von +/– 2 % zum dargestellten Wert von 14 %. Das heißt, das Nichtwissen über die Religiosität der Kontakte in der Nachbarschaft kann ebenso 12 % nach unten wie auch 16 % nach oben betragen.

Wissen um die Religiosität der sozialen Kontakte

Die in Deutschland lebenden Menschen können mit ihrem Wissen über die Religiosität ihrer sozialen Kontakte als weitestgehend »normal« oder »durchschnittlich« bezeichnet werden. Das verdeutlicht ein Blick in andere Länder (Abbildung 2). Dies gilt insbesondere für die Kontexte Familie und Freizeit, wo die Werte fast genau dem Mittelwert aller 11 Untersuchungsländer entsprechen. Besser Bescheid über die Religiosität ihrer Freizeitkontakte wissen die Befragten in Israel (mit einem Anteil »weiß nicht«-Antworten von 0 %), der Türkei (3 %) und den USA (3 %). In diesen drei Gesellsc...

Inhaltsverzeichnis

  1. cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Einleitung
  7. 1. Religiös brückenbildendes Sozialkapital in Deutschland und im Ländervergleich
  8. 2. Individuelle Merkmale und religiös brückenbildendes Sozialkapital
  9. 3. Gesellschaftliche Faktoren religiös brückenbildenden Sozialkapitals
  10. 4. Konsequenzen religiös brückenbildenden Sozialkapitals
  11. 5. Fazit: Die Gelegenheiten sind maßgeblich
  12. Abstract
  13. Anhang
  14. Literatur
  15. Der Autor