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Bibelauslegung praktisch
In zehn Schritten den Text verstehen
- 192 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
- Über iOS und Android verfügbar
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Über dieses Buch
Wer einen Schatz heben will, braucht das richtige Werkzeug. Das gilt auch für die Bibel. Nur an der Oberfläche zu graben, kann zu einem subjektiven und völlig falschen Verständnis biblischer Aussagen führen. Deshalb gibt das Autorenteam Stadelmann/Richter dem Leser die geeigneten Werkzeuge an die Hand, um in zehn Schritten eine Exegese zu erarbeiten. Am Ende steht dann eine fundierte Auslegung, die als Grundlage für eine Predigt oder Bibelarbeit dienen kann.
Ganz bewusst richtet sich das Buch auch an den theologischen Laien, der mit den Grundsprachen Hebräisch und Griechisch nicht vertraut ist. Doch auch Pastoren, Bibelschüler und Theologiestudenten finden hier in kompakter und gut lesbarer Form viele Ratschläge, von denen sie profitieren können.
Stand: 3. Auflage 2009
Häufig gestellte Fragen
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Information
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
TEIL 1
EINFÜHRUNG IN DIE SCHRIFT- UND TEXTGEMÄSSE AUSLEGUNG DER BIBEL
Die Frage, wie man die Bibel angemessenen und richtig verstehen kann, ist so alt wie die Bibel selbst. Wie legen wir die Bibel aus, wie verstehen wir sie, wie können andere sie verstehen (z. B. Apg 8,30)? Ausgehend von diesen Fragestellungen wollen wir im Folgenden einen Weg zu einer der Bibel angemessenen Auslegung aufzeigen, damit wir das Wort Gottes schrift- und textgemäß verstehen können. Schriftgemäß heißt dabei: Meine Auslegung stimmt insgesamt lehrmäßig mit der Heiligen Schrift überein. Textgemäß heißt: Meine Auslegung gibt erklärend genau das wieder, was der vorliegende Bibeltext sagt – nicht mehr und nicht weniger. Diese Unterscheidung ist wichtig. Denn es kann vorkommen, dass die vermeintliche Auslegung einer Bibelstelle zwar schriftgemäß ist, weil die Aussage mit der Lehre der Bibel übereinstimmt, dass sie aber nicht textgemäß ist, weil das, was der Ausleger an biblischen Gedanken in den Text hineinliest, eben nicht in der vorliegenden Bibelstelle steht. Auch so manche fromme Predigt ist zwar in einem allgemeinen Sinn schriftgemäß, aber nicht textgemäß.
Die Bibel schrift- und textgemäß auslegen
Die Bibel wurde als niedergelegtes Wort Gottes in menschlichen Sprachen und konkreten Geschichtszusammenhängen verfasst. Weil sie von Gott stammt, ist sie Offenbarungswort mit unein-schränkbarem Wahrheitsanspruch. Weil Gott durch sein Wort Glauben und Heil wirkt, hat die Bibel lebensverändernden Macht-charakter. Weil Gott sein Wort in menschlicher Sprache und in geschichtlichen Situationen gegeben hat, muss jede Auslegung der Bibel ihren geschichtlichen und literarischen Charakter berücksichtigen. Und weil Gott in menschlicher Sprache seine Wahrheit offenbart hat, muss jede sachgemäße Auslegung theologische Auslegung sein.1
Gottes Reden ernst nehmen
Die Bibel ist ein literarisches Werk. Daher erfordert ihr Verständnis exakte grammatisch-sprachliche Methoden. Als ein in geschichtliche Situationen hinein geschriebenes Buch, das zugleich viel von geschichtlichen Vorgängen berichtet, ruft sie nach historischen Arbeitsmethoden. Als Buch, das vom Einbruch der Offenbarungswirklichkeit Gottes in diese Welt berichtet und dabei beansprucht wahres Wort Gottes zu sein, verlangt die Bibel vom Ausleger Offenheit für die Realität Gottes. Und wenn der Ausleger es mit dem lebendigen Gott und seinem Reden zu tun bekommt, ist die angemessene Haltung, dass er seine selbstherrliche menschliche Vernunft in demütigem Gehorsam unter dieses Wort beugt. Schließlich ruft der Anspruch, dass Gott durch die Bibel lebensverändernd wirken will, den Ausleger zu der Bereitschaft auf, sich dem Wort existenziell zu stellen und alle Arbeit an diesem Wort unter Gebet und in gehorsamer Hörbereitschaft zu tun.
Wer alle diese Punkte bejaht, spricht sich damit für angemessene Methoden bei der Auslegung der Bibel aus. Man könnte aber fragen: Ist all dieses Reden von Methoden nicht etwas, was nur den theologischen Fachmann angeht, wenn er sich »berufsmäßig« mit der Bibel beschäftigt? Kann der einfache Christ, dem die Bibel doch auch gegeben ist, das alles überhaupt leisten? Was hat er schon von literarischen, historischen und theologischen Methoden gehört? Ist für ihn nicht ein unmittelbarer, nicht an Regeln gebundener Umgang mit der Bibel zu fordern?
Wir wollen dazu grundsätzlich Folgendes bemerken: Der Umgang mit der Bibel darf nie der Willkür preisgegeben werden, weder der kritizistischen Willkür einer selbstherrlichen Vernunft noch der erbaulichen einer frommen Phantasie. Dem einfachen Christen, der die Bibel in einer deutschen Übersetzung liest, ist im Grunde die gleiche Aufgabe gestellt wie dem Ausleger, der mit dem Grundtext und entsprechenden Nachschlagewerken arbeitet. Jeweils geht es darum, dass die Bibel in ihrem Wortlaut und Zusammenhang verstanden und angenommen wird. Der von Gott offenbarte Wortlaut gilt für beide, und das durchaus anstrengende »Sinnen über dem Wort« (Ps 1,2) ist von beiden gefordert. So mag es verschiedene Ebenen hinsichtlich der Detailliertheit der Auslegungsarbeit geben, aber grundsätzlich ist jeder Leser und Ausleger der Bibel an den Wortlaut der Texteinheit gewiesen, den es im Zusammenhang in seiner eigentlichen Bedeutung zu verstehen gilt. Gerade der Glaube an die wörtliche Inspiration und göttliche Autorität der Bibel gebietet respektvolle Genauigkeit im Umgang mit ihrem Wortlaut.
Methoden stellen jeweils konkrete Einzelschritte auf dem Weg zu einer Sache dar; so auch die 10-Schritt-Methode. Sie können aber nur dann sinnvoll eingesetzt werden, wenn Klarheit über das Ziel dieses Weges herrscht. Von daher ist es für eine sinnvolle Auslegungsmethodik von großer Bedeutung, klar zu definieren, was eigentlich Aufgabe und Ziel der Auslegung der Bibel sein soll. Nach dem Selbstzeugnis der Bibel sind wir hier vor eine doppelte und doch in sich zusammengehörige Aufgabe gestellt, die wir nachfolgend erklären werden:
Einen Bibeltext schrift- und textgemäß auszulegen bedeutet:
1. Die ursprünglich von Gott intendierte Bedeutung der betreffenden Texteinheit in ihrem biblischen Zusammenhang zu erkennen und zu erklären.
2. Diesen Ausspruch Gottes in der Vergangenheit als Anspruch Gottes in der Gegenwart dem Menschen von heute zu veranschaulichen und als Zuspruch Gottes für die Zukunft anzuwenden.
Was bedeutet der Text ursprünglich?
Eigentlich sollte es ganz selbstverständlich sein, dass es jeder ernsthaft so zu nennenden Auslegung der Bibel um die Erklärung der ursprünglichen Textbedeutung gehen muss2. Die Frage nach der vom Autor beabsichtigten Bedeutung müsste im Vordergrund stehen. Tatsächlich aber ist dieser unumstößliche Grundsatz heute alles andere als selbstverständlich.
Das beginnt schon beim fromm-erbaulichen Umgang mit der Bibel. Beachtet man die gegenwärtigen Trends in den Andachtsbüchern und Materialien für Haus- und Bibelkreise, so ist festzustellen, dass die erste Frage oft lautet: »Was sagt dieses Wort mir?« Stattdessen sollte die erste Frage lauten: »Was sagt dieses Wort?« Die Frage nach der ursprünglich von Gott intendierten Bedeutung einer Bibelstelle gerät ins Hintertreffen gegenüber der Frage, was »mir« bzw. »uns« dieses Wort heute zu sagen hat. Man trägt dabei vage Erwartungen oder auch Fragen, die sich aus einer augenblicklichen Lebenssituation ergeben, an den Text heran und bezieht nun das, was man dort hört und liest, auf eben diesen Horizont. Die entscheidende Frage ist aber, ob der Text auf eben diese Situation tatsächlich antworten wollte oder an sich etwas ganz anderes zu sagen hätte. Bei solch einer subjektiven Bibellektüre wird das Wort Gottes aus dem Zentrum gerückt und seiner Würde beraubt. Dafür schiebt sich der fromme Mensch mit seinen Erwartungen an den Text in den Mittelpunkt. Die Gefahr wird bei diesem Ansatz übergroß, dass man den ersten erbaulichen Gedanken, der einem bei der Bibellese kommt, schon als persönliches »Wort Gottes an mich« ausgibt. Ob man die eigentliche, von Gott inspirierte Wortbedeutung dabei getroffen hat, ist bei dieser Art von Lotteriespiel fraglich. Die Bibel wird zu einer Art Meditationsgegenstand herabgewürdigt, an dem sich ganz subjektive und unterschiedliche Gedanken entzünden. Vielleicht sagt mir dieser Text dies, dem Nächsten das und dem Übernächsten noch etwas anderes. Die Bibel wird so zu einem Andachtsorakel, das jeder nach seinem Belieben deutet. Der fromme Subjektivismus hat Einzug gehalten. Gott und seinem offenbarten Wort aber wird so die ihm gebührende Ehre und Würde versagt! Demgegenüber geht eine textgemäße Auslegung davon aus, dass Gott seine Gedanken im Wort der Heiligen Schrift in verständlicher sprachlicher Form offenbart hat. Für jeden, der mit diesem Wort umgeht, müsste es nun oberstes Anliegen sein, zunächst genau zu sehen und zu verstehen, was Gott gesagt hat und wie es gemeint ist. Erst danach kann das (recht verstandene!) Wort Gottes auch richtig angewendet werden. Genaue Auslegung muss der Anwendung prinzipiell vorangehen. Wer mit der Anwendung des Wortes beginnt, bevor er es text- und schriftgemäß ausgelegt und verstanden hat, zäumt das Pferd vom Schwanz her auf. Es geht um den Primat der Bibel in seiner ursprünglichen Bedeutung gegenüber den Erwartungen und Ideen auch des frommen Betrachters! Sonst betreibt man statt Exegese (Herauslesen des Sinnes aus der Texteinheit) nur noch Eisegese (Hineinlesen von Sinn in die Texteinheit) und bevormundet damit Gott! Der in frommen Kreisen gern zitierte Merksatz der Bibelauslegung: »Was sagt der Text für mich? – Was sagt der Text an sich? – Was sagt der Text für dich?«, ist in seiner Reihenfolge zwingend zu verändern. Er müsste vielmehr lauten:
a) Was sagt der Text an sich?
b) Was sagt der Text für uns (= mich und dich)?
Der Text sagt »mir« nichts anderes als das, was ich »anderen« weiterzugeben habe, nämlich den von Gott intendierten Sinn. Diese Bedeutung gilt es zu entdecken und text- sowie schriftgemäß zu übertragen. Wir fragen also immer zuerst: »Was sagt die Texteinheit?« – und lassen uns das, was sie tatsächlich sagt, dann auch gesagt sein (vgl. Apg 8,26-40).
Was bedeutet der Text für die Gegenwart und Zukunft?
Für denjenigen, der auf der Grundlage der ursprünglichen Textbedeutung nach der Gegenwartsbedeutung des Wortes Gottes fragt, ist die Auslegung der Bibel nicht nur ein nach rückwärts in die Vergangenheit gerichtetes Unterfangen. Die Bibel ist kein toter Gegenstand aus längst vergangener Zeit, den es lediglich aus historisch-literarischem Interesse zu erforschen lohnt. Für Julius Schniewind galt noch:
Was die Schrift sagt, ist Lehre für die Kirche und Glauben weckende Botschaft. Die Bibel ist kein Material, das mit historischen Hypothesen durchpflügt werden will, sondern Stimme, die gehört werden will, Zeugnis, das für die Wahrheitsfrage ins Gewicht fallen will.3
Das Wort Gottes wirkt Glauben (Röm 10,17), führt zur Wiedergeburt des Menschen (1Petr 1,23), »ist lebendig und wirkungskräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, es dringt hindurch, bis es Seele und Geist […] scheidet und ist ein Richter über die Regungen und Gedanken des Herzens« (Hebr 4,12). Gott hat sein Wort nicht nur dazu gegeben, damit wir es analysieren, sondern ihm gehorchen: »Du selbst hast deine Befehle erlassen, damit man sie genau befolge!« (Ps 119,4). Bei Esra, dem Schrift-gelehrten, wird entsprechend ein umfassender, die eigene Existenz mit einbeziehender Umgang mit dem Wort Gottes deutlich, denn »er hatte gegründet sein Herz zu suchen die Weisung (= thora) Jahwes und zu tun und zu lehren in Israel Satzung und Recht« (Esra 7,10). Hierbei ist die Reihenfolge zu beachten, dass Esra das Wort Gottes zuerst aufnimmt, dann anwendet und auf dieser Grundlage andere anleitet, mit diesem Wort zu leben. Daraus ergibt sich:
a) Das Studium (= Lesen) der Wegweisung Gottes steht am Anfang.
b) Das Befolgen (= Leben) der Wegweisung Gottes ist die Antwort auf das Studium.
c) Das Weitergeben (= Lehren) der Wegweisung Gottes ist abgedeckt durch das eigene Leben.
Unseres Erachtens bleibt die Auslegung der Bibel allzu oft in dem stecken, was die Griechen unter »erkennen« verstanden. Es geht dann um das bloße intellektuelle Erfassen einer Sache. Der hebräische Erkenntnisbegriff (»yada«) lädt darüber hinaus aber gerade zur Begegnung mit dem Erkannten ein: Hier geht es um Erkennen, indem man sich auf eine Sache einlässt. Das muss auch neu in unserer exegetischen Arbeit zum Ziel werden. Denn erst wo es zur Begegnung mit der Wahrheit des Wortes Gottes kommt, hat das Wort ausrichten können, wozu es gegeben ist.
Eine der Bibel angemessene text- und schriftgemäße Auslegung beschränkt sich also nicht auf ein rein historisch-literarisches Verstehen, sondern der Prozess der Auslegung ist erst abgeschlossen, wenn die jeweilige Absicht der auszulegenden Texteinheit am Empfänger ihrer Botschaft zum Ziel gekommen ist. Allerdings bleibt hier die Frage, ob eine Methode zu dieser Existenzbegegnung mit der Wahrheit Gottes führen kann. Diese Frage erscheint umso dringlicher, wenn man bedenkt, dass dem natürlichen, sündigen Menschen hierzu doch der Zugang eigentlich verschlossen ist. Diese Fragen müssen uns angesichts des vorgegebenen Erkenntniszieles veranlassen, intensiv über die Rolle des Heiligen Geistes für die Auslegung der Bibel nachzudenken. Wenn die Auslegung der Bibel ihr Ziel erst dann erreicht hat, wenn das, was Gott sagen wollte, im umfassenden Sinn beim Hörer angekommen ist, kommt Exegese nicht ohne die Bitte um den Heiligen Geist aus. Wer diese geistliche Dimension der Auslegung bei der Exegese ausklammert und nur in einen freiwilligen meditativen Anhang verweist, greift bei der Schriftauslegung zu kurz.
Voraussetzungen für eine schrift- und textgemäße Auslegung der Bibel
Im Lauf der Geschichte der Bibelauslegung tat man sich mit dem Heiligen Geist immer wieder schwer. Entweder wurde er in Gegensatz zum Wortlaut der Schrift gesetzt – nach dem Motto: »Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig« (in Verkennung des eigentlichen Sinnes von 2Kor 3,6!) – oder man setzte ihn in Gegensatz zu einer geordneten Auslegungsmethode. Dabei kann der Heilige Geist, der den Wortlaut der Bibel eingegeben hat, gar nicht in Gegensatz dazu treten! Der Geist ersetzt auch nicht den Verstand, sondern erneuert ihn und gebraucht ihn (Röm 12,2; 1Kor 14,19ff). Der geistliche Ausleger soll nicht den Vollzug geordneten Denkens aufgeben, wohl aber sein Denken unter den Gehorsam Christi bringen (2Kor 10,5)! Wie Gerhard Maier bemerkt, hat der Heilige Geist bei der Inspiration der Bibel durchaus auch das methodische Vorgehen der menschlichen Schreiber in Dienst genommen:
Eines der eindrücklichsten Beispiele methodischer Arbeit findet sich im Neuen Testament selbst, nämlich das lukanische Doppelwerk (Lk 1,1-4; Apg 1,1f). Von daher lässt sich eindeutig entscheiden, dass der Heilige Geist nicht in die Aufgabe der Methode, sondern in die von der Schrift her normierte Methode führt.
Entspricht nun also dem inspirierten Ausleger eine bestimmte inspirierte Methode? Die Antwort kann auch hier nur sehr behutsam gegeben werden. Bleiben wir unserem pneumatozentrischen Ansatz treu, d. h., fragen wir nach dem aus dem Neuen Testament erkennbaren Willen des Geistes, so ergibt sich Folgendes:
Das Neue Testament enthält keine ausgearbeitete, systematisch-geschlossene Methode. So enthält es z. B. philologisch-rationale, typologische, allegorische und heilsgeschichtliche Elemente einer Schriftauslegung (vgl. Mt 13,37ff; 22,23ff; Joh 10,34ff; 1Kor 10,4ff; 15,27; Gal 4,22ff; 2Tim 2,6). Von daher gewinnen wir die Freiheit, mit mehreren legitimen Methoden der Schriftauslegung zu rechnen. Die Konsequenz aus dieser Beobachtung ist einschneidend. Sie besagt nicht...
Inhaltsverzeichnis
- Umschlag
- Titel
- Impressum
- INHALTSVERZEICHNIS
- Vorwort
- TEIL 1: EINFÜHRUNG IN DIE SCHRIFT- UND TEXTGEMÄSSE AUSLEGUNG DER BIBEL
- TEIL 2: ZEHN SCHRITTE ZU EINER SCHRIFT- UND TEXTGEMÄSSEN AUSLEGUNG DER BIBEL
- Hinweise zur schriftlichen Ausarbeitung einer schrift- und textgemäßen Exegese mit Hilfe der 10-Schritt-Methode
- Anhang:
- Überblick über wichtige Hilfsmittel für die praktische Bibelauslegung mit Hilfe der 10-Schritt-Methode
- Ergänzende Literaturhinweise
- Fußnoten