Evangelisch in München
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Evangelisch in München

Spuren des Protestantismus von der Reformationszeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts

  1. 136 Seiten
  2. German
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Evangelisch in München

Spuren des Protestantismus von der Reformationszeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts

Über dieses Buch

München, die Stadt mit dem Mönch im Wappen, ist eine über Jahrhunderte hinweg von der römisch- katholischen Kirche geprägte Metropole. Trotz aller Veränderungen der letzten 200 Jahre ist dies auch immer noch im Erscheinungsbild der bayerischen Landeshauptstadt sichtbar. Doch hinter den – nur noch zum Teil existierenden historischen – Fassaden sind Stätten verborgen, die auch an die reformatorische Bewegung und an protestantisches Leben an der Isar in früheren Jahrhunderten erinnern. Dieser Band ist ein unterhaltsamer Wegweiser zu solchen Stätten in der Münchner Altstadt, anhand derer Verbindungen zwischen Münchner Persönlichkeiten bzw. Plätzen und Martin Luther bzw. dem Protestantismus anschaulich erläutert werden.

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Information

Das Augustinerkloster: Wirkungsstätte wichtiger Weggefährten Luthers

Die Entstehung des Ordens der Augustiner-Eremiten

Das 13. Jahrhundert ist berühmt durch die Gründungen geistlicher Gemeinschaften, aus denen die späteren großen Bettelorden der Franziskaner, Dominikaner und Augustiner-Eremiten hervorgegangen sind. Mit dem Wachstum der Städte vermehrten sich auch sprunghaft die Niederlassungen dieser Orden, da ihre Mitglieder es sich zur besonderen Aufgabe gemacht hatten, die Stadtbewohner mit Seelsorge und Predigt zu versorgen. Diese neuen Aufgaben verlangten auch eine gründliche Schulung des Ordensnachwuchses. So haben besonders die im Laufe des 13. Jahrhunderts gegründeten Bettelorden die Theologie an den Universitäten Europas personell geprägt. Auch derjenige der Augustiner-Eremiten hat im 14. und 15. Jahrhundert bedeutende Hochschultheologen hervorgebracht. Folglich verwundert es auch nicht, dass dieser Orden auch bei der Universitätsneugründung des sächsischen Kurfürsten in Wittenberg 1502 von Anfang an mit dabei war. Kurfürst Friedrich der Weise (1463–1525, reg. ab 1486) übertrug den Augustiner-Eremiten eine der Professuren an der Theologischen sowie die Dozentur für Moralphilosophie an der Artistischen Fakultät. Ferner übergab er der Gemeinschaft, die am Ort auch einen ordensinternen Studienbetrieb aufbaute, einen Bauplatz am Rand der Stadt. In diese neue Niederlassung, die die Wittenberger wegen des Habits ihrer Bewohner bald „Schwarzes Kloster“ nannten, zogen Ordensbrüder unterschiedlicher regionaler Herkunft. Unter ihnen finden sich auch einige aus dem Münchner Kloster.
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Abb. 11:
Ansicht des Augustinerklosters. – Kupferstich von Johann Matthias Steidlin, Augsburg um 1731.

Die Ordensniederlassungen in München und Wittenberg

Das Kloster der Augustiner-Eremiten in München wurde 1294 gegründet. Es entstand auf dem Gebiet der Stadterweiterung des 13. Jahrhunderts. Die gekrümmte Ostseite des Klosterkomplexes verlief entlang der alten Stadtbefestigung (1. Stadtmauer von 1175, heutige Augustinerstraße) und reichte bis an den Schönen Turm an der Nahtstelle von Neuhauser und Kaufinger Straße. Längs zu dieser Straße entstand die Klosterkirche, von der heute nur noch die architektonische Hülle an das ehemalige Gotteshaus des Bettelordens erinnert (Neuhauser Straße 53).
Die frühen Bindungen zwischen den beiden Ordensniederlassungen in München und Wittenberg lassen sich besonders an einer Reihe von bekannten Augustinern festmachen. Immerhin tauchen in der Matrikel der Universität Wittenberg, die nach humanistischem Brauch den gräzisierten Namen „Leucorea“ erhielt, mehrere Augustinermönche mit einem direkten Bezug zur Stadt an der Isar auf. Neben Johannes von Staupitz sind schon im Gründungsjahr zwei weitere Brüder aus dem Münchner Konvent namentlich bekannt: Gregor Mayr und Wolfgang Ostermayr, von dem noch zu reden sein wird. Über den Ersteren ist neben der Einschreibung als Student der Leucorea nur die Graduierung zum Magister im Jahr 1503 quellenmäßig belegt. Im Sommer 1507 folgten als neu eingeschriebene Studenten aus München ferner ein Frater Sebastian Amer Monacensis, ein Jahr später ein Frater Caspar Currificis Monacensis (Currifex ist die latinisierte Form des Nachnamens ‚Wagenbauer’) und im Winter 1508/09 ein Frater Leonardus Monacensis. Über diese drei Münchner Augustiner ist in den Wittenberger Quellen weiter nichts überliefert, man weiß nicht, wie lange sie blieben und wohin sie gingen.
In vorreformatorischer Zeit begegnet schließlich in der Matrikel der Leucorea noch der Münchner Augustinerbruder Leonhard Bayer (auch: Reiff), der sich im Sommer 1514 an der kursächsischen Universität immatrikulierte; auch von ihm wird noch die Rede sein. Lediglich kurzfristige oder nicht mit letzter Sicherheit erwiesene Beziehungen zu München haben ferner die Augustinermönche Wenzeslaus Linck und Kaspar Güttel, die vorübergehend in Wittenberg studierten und beide später ebenfalls als reformatorische Prediger Bedeutung erlangten.

Luthers väterlicher Vorgesetzter: Johannes von Staupitz

Zunächst ist aber an Johannes von Staupitz zu erinnern. Er kam um 1465 im sächsischen Motterwitz (bei Grimma) zur Welt und ist in den 1480er-Jahren an den Universitäten Leipzig und Köln als Student nachweisbar. Nach seinem Studium war er um das Jahr 1490 in das Münchner Kloster der Augustinermönche eingetreten, dem er auch in späteren Jahren verbunden bleiben sollte. Von dort wurde er zum Weiterstudium nach Tübingen geschickt. In der württembergischen Universitätsstadt lehrte und predigte er und erwarb im Jahr 1500 den theologischen Doktorgrad, der ihn sowohl für eine akademische wie auch für eine ordensinterne Leitungsaufgabe qualifizierte. Schon zwei Jahre später wählte man ihn zum Prior und damit zum Leiter des Münchner Augustinerklosters. Von dort aus ging seine Karriere steil weiter: Im Jahr 1503 berief ihn der sächsische Kurfürst, dessen Landeskind er war, auf die dem Orden zugewiesene Theologieprofessur der Leucorea. Somit gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Theologischen Fakultät. Er engagierte sich in den folgenden Jahren auch im Dienste des Kurfürsten für die Etablierung der neuen Hochschule. So ist etwa die päpstliche Privilegierung der Leucorea 1507 wesentlich auf Staupitz’ diplomatische Tätigkeit in Rom zurückzuführen.
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Abb. 12:
Porträt des Johannes von Staupitz (um 1465–1524).
Fast gleichzeitig mit seiner Berufung auf die Wittenberger Professur 1503 ereilte ihn die Wahl zum Generalvikar der Reformkongregation seines Ordens. In dieser Funktion stand ihm eine Mammutaufgabe bevor, galt es doch, in den ordensinternen Flügelkämpfen das Profil der Reformbefürworter zu schärfen und organisatorisch abzusichern. Viele Visitationsreisen in den Klöstern und einige diplomatische Missionen an die Kurie in Rom waren dafür nötig – für eine dieser Missionen (1510/11) setzte Staupitz seinen jungen Erfurter Ordensbruder Martin Luther ein.
Auf einer in München stattfindenden Ordensversammlung wurde Staupitz 1508 im Amt des Generalvikars bestätigt. In den folgenden Jahren beschäftigte ihn das leitende Ordensamt so stark, dass er zum Wintersemester 1512/13 seine theologische Professur abgab. Erneut nominierte er auch für diese Funktion seinen Erfurter Ordensbruder Luther, ernannte diesen gleichzeitig zum Subprior des Wittenberger Konvents und bestellte ihn 1516 außerdem zum Distriktsvikar mit der Aufsicht über etwa ein Dutzend mitteldeutsche Klöster.
Nicht nur als Organisator innerhalb seines Ordens, sondern auch als Prediger vertrat Staupitz dezidiert Gedankengut zur Kirchenreform. Seine umfangreiche Predigttätigkeit führte ihn wiederholt nach München, so in den Jahren 1504, 1507, 1516, 1517, 1519 und 1521. Die Reihe der Adventspredigten von 1517 wurde – offenbar wegen entsprechender Nachfrage – im Folgejahr durch den Münchner Drucker Hans Schobser aufgelegt; die Ausgabe widmete Staupitz der im Püttrichkloster in München wohnenden Herzoginwitwe Kunigunde, die seine Predigtgottesdienste auch persönlich besucht hatte. Zum Dank für seine Wirksamkeit als Prediger ließ der Münchner Stadtrat nach Auskunft der Kämmereirechnungen mehrfach Weinpräsente an ihn liefern. Nicht nur hier, sondern auch an anderen Orten, an denen er wiederholt von der Kanzel sprach, sammelte er eine Reihe von Anhängern um sich. Besonders gut fassbar ist die Nürnberger „sodalitas Staupitziana“, die als eine der Keimzellen der späteren Reformationsbewegung in der fränkischen Reichsstadt zu sehen ist.
Beim aufbrechenden Konflikt Luthers mit dem Papsttum hat Staupitz seine schützende Hand über den jüngeren Ordensbruder gehalten. Erst mit Staupitz’ Rückzug aus dem Generalvikariat im Jahr 1520 und seinem Wechsel in die Salzburger Benediktinerabtei St. Peter trat eine allmähliche Entfremdung zwischen beiden ein. Trotzdem zeugt auch noch ihr später Briefwechsel von der tiefen inneren Beziehung, die den Ordensvorgesetzten und Seelsorger Staupitz mit dem an sich und Gott zweifelnden Mönch Luther über Jahre hinweg verband.
Staupitz, dessen Schriften 1559 auf dem päpstlichen Index der verbotenen Bücher landeten, da sie nach Ansicht der Kurie der Reformation den Weg ebneten, starb 1524 als Abt von St. Peter in Salzburg.

Aus der Korrespondenz von Staupitz und Luther
In einem Brief Martin Luthers aus Wittenberg an Johannes von Staupitz in Salzburg vom 14. Januar 1521 heißt es:
Heil! Als wir in Augsburg [im Oktober 1518 beim Verhör vor Kardinal Cajetan; AG] waren, hochwürdigster Vater, sagtest Du unter anderem, als wir über diese meine Sache handelten, zu mir: „Denke daran, Bruder, dass Du dies im Namen unseres Herrn Jesus Christus angefangen hast!“ Dieses Wort habe ich, nicht als von Dir, sondern durch Dich mir gesagt, angenommen, und habe es bis heute lebendig im Gedächtnis behalten.
Darum bitte ich Dich jetzt mit diesem Deinem Wort: Denke auch Du daran, dass Du dieses Wort zu mir gesagt hast. Bisher ist in dieser Sache nur gespielt worden, jetzt wird es ernst; und wie Du gesagt hast, wenn Gott es nicht vollbringt, wird es unmöglich vollbracht werden. Offensichtlich liegt es nun in der Hand des allmächtigen Gottes, das kann niemand bestreiten. Wer will hier raten? Was soll ein Mensch denken? Das Lärmen tobt gewaltig und scheint mir vor dem Jüngsten Tag nicht gestillt werden zu können, so groß ist die Erregung auf beiden Seiten.
Das Papsttum ist nicht wie gestern und vorgestern; auch wenn es exkommuniziert und Bücher verbrennt, ja selbst mich tötet, so stehen doch in der Tat große Dinge vor der Tür. […]
Lebe wohl, mein Vater; bete für das Wort Gottes und für mich; ich werde von diesen Fluten mitgerissen und umhergeworfen.
Wittenberg, am Tage des Felix 1521.
Martinus Luther, Augustiner
Kurz vor seinem Tod schrieb Staupitz aus Salzburg ein letztes Mal an Luther. In diesem Brief wird einerseits sein tiefes Verständnis für die Anliegen der Reformation deutlich. Andererseits zeigt sich darin unverkennbar die Sorge angesichts der drohenden Veränderungen:
An den Herrn Martinus Luther, seinen größten Freund und Diener Christi [schreibt] Dein Bruder und Schüler Johannes, Diener Christi. […]
Du schreibst so oft, bester Martin, und überziehst meine Standhaftigkeit mit Verdacht. Dazu sage ich: Mein Glauben an Christus und das Evangelium ist unbeschädigt und beharrlich; freilich bedarf ich der Fürbitte, dass Christus meinem Unglauben aufhelfe und ich das Menschliche verabscheue; in meiner Anhänglichkeit an die Kirche bin ich lau. Zu Dir habe ich die allerbeständigste Liebe, beständiger als Frauenliebe, immerwährend und unzerstörbar. Nur, sieh es mir nach, wenn ich ob der Langsamkeit meines Geistes manchmal nicht begreife, was Du meinst, und deshalb mit Stillschweigen darüber hinweggehe.
Ihr verdammt vieles, wie mir scheint, ganz und gar Äußerliches, das mit dem Glauben und der Gerechtigkeit nichts zu tun hat, wertneutral ist und, im Glauben an unsern Herrn Jesus Christus getan, das Gewissen nicht im mindesten beschwert. Warum also sollen die Herzen der Einfältigen in Verwirrung geraten? Und was hat die Gewänder der Ordensleute Deiner Nase so verhasst gemacht, wo doch die meisten [das ihrige] in heiligem Glauben an Christus tragen? Missbrauch kommt, leider, in so gut wie allen menschlichen Einrichtungen vor, und nur wenige richten alles nach dem Richtscheit des Glaubens aus; nichtsdestoweniger gibt es sie. Deshalb darf man nicht wegen des Übelstandes in einzelnen Fällen eine Sache im Wesen verwerfen. Landaus landein werft ihr alle Gelübde ab, auf ganz wenige [Gründe], vielleicht nur einen gestützt. Ich überschütte Dich deshalb mit Bitten, liebster Freund, denke an die Kleinen und versetze nicht die ängstlichen Gewissen in Unruhe. Was wertneutral ist und mit einem aufrichtigen Glauben zusammen bestehen kann, verdamme, bitte, nicht. In den Dingen, die zum Glauben im Widerspruch stehen, schreie, lass nicht ab!
Wir verdanken Dir viel, Martin; Du hast uns vom Futter für die Schweine am Trog auf die Weiden des Lebens zurückgeführt, zu den Worten des Heils. […] Euch schulden wir Dank, weil ihr gepflanzt habt und gegossen, und lassen Gott die Ehre, dem allein wir die Macht zutrauen, zu Kindern Gottes zu machen.
[…] Wäre es mir doch vergönnt, auch nur eine Stunde mit Dir zu sprechen und Dir die Geheimnisse des Herzens zu eröffnen. Ich empfehle Dir, mein Bruder, den Überbringer dieses Briefes, einen Schüler von dir. Bewerkstellige es mit Eifer und Geschick, dass er gute Frucht bringe und der Wittenberger Universität zur Ehre gereiche. Mögen meine unwürdigen Bitten etwas ausrichten, bin ich doch einst als Vorläufer der heiligen evangelischen Lehre auf den Plan getreten und habe die babylonische Gefangenschaft gehasst, wie ich dies auch jetzt noch tue.
Lebe wohl und bestelle ein solches Lebewohl auch Philipp [Melanchthon], Amsdorf, Dr. Hieronymus [Schurff] mit den übrigen besten Freunden. Gegeben zu Salzburg am ersten April 1524.

Erst Luthers Kollege, dann Gegner: Wolfgang Ostermayr

Neben Staupitz begegnet in der Wittenberger Matrikel bereits 1502 der Name des Münchner Augustinerbruders Wolfgang Ostermayr. Wie es häufig bei frühneuzeitlichen Namen vorkommt, existieren unterschiedliche Namensformen; dieser Mann schreibt sich auch Ausermayer und Cäppelmair. Er hatte sein Studium kurz vorher noch in Tübingen begonnen, kam dann bald an die Leucorea und wird dort schon 1503 zum Baccalaureus graduiert; im Folgejahr erwarb er den Magistergrad an der artistischen Fakultät, an der man die philosophischen Grundlagenfächer studierte. Somit hatte er die formalen Voraussetzungen erfüllt, um an dieser Fakultät auch in den Lehrkörper aufgenommen zu werden.
Ostermayr findet sich im frühesten Lektionskatalog der Leucorea von 1507 auf der Dozentur für Moralphilosophie, die vom Kurfürsten neben einer Theologieprofessur ebenfalls den Augustinermönchen übergeben worden war. Neben seiner moralphilosophischen Lehrtätigkeit studierte er Theologie, was damals ein durchaus übliches Vorgehen war. Er ist der erste Augustiner-Eremit, der im Frühjahr 1509 in Wittenberg den theologischen Doktorgrad erwarb. Übrigens war Martin Luther bei seiner vorübergehenden Lehrtätigkeit auf der Dozentur für Moralphilosophie im Wintersemester 1508/09 Ostermayrs direkter Nachfolger. Gleichzeitig mit der Doktorpromotion seines Münchner Ordensbruders erwarb Luther im März 1509 den untersten theologischen Grad eines baccalaureus biblicus. So studierten beide parallel, und man darf angesichts der niedrigen Studentenzahlen an einer spätmittelalterlichen Universität und speziell im Fach Theologie annehmen, dass sie sich persönlich kannten.
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Abb. 13:
Titelblatt von Wolfgang Cäppelmair: „Anzaigung, was sey das war, Christennlich, vnd lebendig Euangeliu[m] vnsers herr[n] iesu Christi“, [München 1538] (VD 16 C 29).
Ostermayr lehrte ab 1509 an der ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Buchinfo
  2. Haupttitel
  3. Impressum
  4. Zur Buchreihe
  5. Einleitung oder: Vom Mythos der Katholizität Bayerns und Münchens
  6. Das Franziskanerkloster – Stätte der Kirchenpolitik und des Konfessionsstreites
  7. Das Gasthaus „Zum Koch in der Hölle“ oder: War Luther je in München?
  8. Buchdruck und Reformation in München
  9. Das Augustinerkloster: Wirkungsstätte wichtiger Weggefährten Luthers
  10. „Singet dem Herrn ein neues Lied“ oder: Musik und Reformation in München
  11. Philipp Melanchthons Schüler in und aus München
  12. Der Falkenturm oder: Gefängnis für Staatsfeinde und Protestanten
  13. Die maximilianeische Residenz oder: Evangelisch im Zentrum der Macht
  14. Zusammenfassung
  15. Stadtplan
  16. Zeitleiste
  17. Auswahlliteratur
  18. Zitate- und Bildnachweis
  19. Bildnachweis