Powerteams ohne Grenzen
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Powerteams ohne Grenzen

Eine Geschichte über virtuelle Teams und wie sie die Welt verändern

  1. 220 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Powerteams ohne Grenzen

Eine Geschichte über virtuelle Teams und wie sie die Welt verändern

Über dieses Buch

Globalisierung und Digitalisierung bringen es mit sich: Arbeit findet heute immer dezentraler statt. Expertenteams bilden sich, um ein Projekt erfolgreich zum Abschluss zu bringen, und trennen sich dann wieder, bis sie sich in anderer Konstellation neuen Inhalten widmen. Bei dieser häufig auch internationalen und damit kulturübergreifenden Form der Zusammenarbeit gilt es, im wortwörtlichen Sinne Grenzen zu überschreiten.

Dieses "grenzenlose" Arbeiten stellt besondere Herausforderungen an die Führung. Wo Teams nicht an einem Ort und von Angesicht zu Angesicht miteinander kooperieren, sind andere Techniken gefragt, um erfolgreiches Arbeiten zu ermöglichen: Eigenverantwortung statt Kontrolle, eine gut strukturierte Kommunikation und ein Verständnis für kulturelle Unterschiede sind die Hauptmerkmale einer guten Führung virtueller Teams.

In diesem spannend zu lesenden Buch packt Peter Ivanov sein Know-how und seine jahrelange Erfahrung in eine fiktive Story, anhand derer er Stück für Stück die Prinzipien für gute Führungsarbeit in virtuellen Teams erläutert.

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Information

Jahr
2017
ISBN drucken
9783869367521
eBook-ISBN:
9783956234583
Auflage
1
Teil I:
Klarheit

Kapitel 1:
Je größer die Distanz zwischen Teammitgliedern, desto wichtiger ist das persönliche Kennenlernen

Bernd saß seit zwanzig Minuten im Bademantel am Küchentisch. Er schrieb weiter seine Mail an die Koordinatorin für Erdbebenhilfe in Transmontanien. Den Kaffee neben sich hatte er längst kalt werden lassen. Alle seine Gedanken galten dem Auftrag zum Bau der erbebensicheren Häuser am Himalaya. Er hatte zwar noch keinen Plan, doch er dachte: erst den Auftrag – dann den Plan. Das war iteratives Vorgehen. Oder war es Übermut? Sorgsam listete er seine Referenzen auf: erfolgreiche Multimillionen-Bauprojekte in Deutschland, die er koordiniert hatte. Bisher hatte er noch jeden Termin geschafft und jedes Budget eingehalten. Darauf war er stolz. Mit den Asiaten schaffe ich das erst recht, dachte Bernd. Die sind so folgsam. Seine E-Mail sollte selbstsicher klingen, auch wenn sein Englisch manchmal etwas umständlich war und nicht frei von Fehlern. Er beneidete Claude, der zwischen Französisch, Englisch, Spanisch, Russisch und Italienisch wechselte wie andere Leute zwischen Radiosendern.
Im selben Moment sah er das lächelnde Gesicht des Architekten auf seinem iPad. Damit kündigte sich ein Anruf über Skype an. Bernd tippte auf den grünen Knopf, um das Gespräch anzunehmen. Jetzt sah er ein Videobild von Claude in dessen Wohnung im Plateau, dem angesagtesten Stadtviertel von Montreal. Der junge Kanadier trug einen lässig geschnittenen hellgrauen Anzug und ein schwarzes Hemd.
»Alter, wie geht’s? Du hast dich ja schick gemacht«, scherzte Claude auf Englisch und grinste. Bernd überlegte, die Bildübertragung schnell abzuschalten. Doch dann wollte er nicht der humorlose Deutsche sein.
»Hier ist es gerade mal kurz nach sechs am Morgen, falls du es nicht weißt«, entgegnete Bernd trocken. »Außerdem ist die Lage ernst. Hast du von dem Erdbeben in Asien gehört?«
»Ja, habe es auf CNN gesehen, als ich reinkam. Schrecklich. Scheint ja zum Glück keine Toten gegeben zu haben, aber die Häuser sind alle Schrott. Hast du vor, da was zu machen?«
»Also, die brauchen jetzt unbedingt jemanden, der ihre Häuser wieder aufbaut. Und es sollten widerstandsfähige Häuser sein, die der nächsten Katastrophe standhalten. Das ruft doch nach deutscher Wertarbeit und einem zuverlässigen hanseatischen Unternehmer, findest du nicht?«
»Tja, du besitzt eine gut geölte deutsche Baumaschine, aber hast du jemals Projekte auf anderen Kontinenten gemacht?«
»In der Unternehmensberatung hatten wir internationale Teams. Aber Projekte mit globalen Teams selbst geleitet habe ich noch nie, das stimmt. Und das macht mir auch ein wenig Sorge. Du weißt, ich mag keine Überraschungen. Zum Glück kenne ich ja dich! Verrätst du mir, wie du es schaffst, dass du alleine in Kanada sitzt und dein Team überall auf der Welt arbeitet?«
»Also, bei dem Projekt in Pakistan war ich tatsächlich alleine in Kanada und die anderen Teammitglieder waren in anderen Ländern. Da haben wir den kompletten Entwurf über einen MOOC gemacht. Mit einem MOOC könntest du auch kollaborativ ein neuartiges, erdbebensicheres Hausdesign für Transmontanien schaffen. Du wirst die Leute ja wohl nicht mit deutscher Architektur beglücken wollen, oder? Also wirst du lokale Bautraditionen berücksichtigen. Die Materialien sollten nachhaltig sein und aus der Region stammen. Und am besten bauen die Einheimischen selbst ihre neuen Häuser. Sonst verdienen am Ende nur westliche Unternehmen – und Transmontanien ertrinkt in Schulden.«
»Das sehe ich genauso. Doch was, bitteschön, ist ein Moock oder wie das heißt?«
»MOOC steht für Massive Open Online Course. Bei diesen virtuellen Hochschulkursen lernen manchmal zehntausende Studierende gemeinsam über das Internet. Das Beste ist, dass sie bei der meist sechswöchigen Kursdauer auch an Projekten arbeiten. Für Pakistan hatten wir 25.000 Studenten, die 5000 Entwürfe für das geplante Gebäude eingereicht haben. Viele Studenten sind weit fortgeschritten, deshalb bekommst du Top-Qualität. Einen der Entwürfe haben wir dann im Auftrag der pakistanischen Regierung gebaut.«
»Wie viel hat das gekostet?«
»In unserem Fall gar nichts, weil der US-Professor, der den MOOC veranstaltet hatte, der pakistanischen Regierung den Entwurf geschenkt hat.«
»Für Transmontanien schaffen wir das bestimmt auch. Schließlich brauchen die Leute dringend Hilfe. Mich schaudert nur bei dem Gedanken, dass ich 25.000 Studenten managen und deren Fortschritte überwachen soll.«
»Das kannst du gar nicht, da lebst du in der alten Welt. In der vernetzten virtuellen Welt kommst du mit Mikromanagement und Kontrolle nicht weiter. Gib den Leuten, was sie brauchen – und dann lass sie in Ruhe.«
»Claude«, sagte Bernd jetzt mit fester Stimme. »Bist du bei dem Abenteuer dabei? Und hilfst du mir, den Arbeitsablauf beim Entwurf der neuartigen Häuser zu organisieren?«
»Weißt du«, antwortete Claude in gelassenem Ton, »ich habe zwei Schwächen: eine für Menschen in Not und eine für alte Freunde wie dich. Also bin ich dabei. Aber nur an einem Tag in der Woche! Mehr Zeit habe ich nicht.«
»Ich danke dir! Als Erstes versuche ich jetzt, per Mail die Regierungsbeauftragte in Transmontanien zu erreichen und mit ihr eine Skype-Konferenz zu vereinbaren. Ich lade dich dazu mit ein, okay? Du weißt, wie sehr ich Telefonkonferenzen hasse …«
Bernd beendete das Gespräch mit Claude, schrieb die Mail an Anne Tan zu Ende und schickte sie ab. Dann duschte er, zog sich an, verabschiedete sich von seiner Frau, die gerade aufgestanden war, und fuhr mit dem Auto zu seinem Büro in der Hafencity. Den Rest des Tages verbrachte er damit, seine aktuellen Projekte in Deutschland zu verfolgen. Bis zum Mittag telefonierte er und beantwortete E-Mails. Dann besuchte er eine Baustelle in Bremen. Von dort fuhr er am Abend zum Flughafen, um seine Tochter abzuholen. Lena war 14 und gerade mit ihrer Schulklasse zum ersten Mal im Ausland gewesen.
Drei Tage später. Bernd saß in seinem Büro und bereitete sich auf die erste internationale Telefonkonferenz vor, die er selbst leiten würde. Die Frühlingssonne drang durch die raumhohen Fenster und tauchte seinen Schreibtisch in helles Licht. Bernd wollte dieses Projekt unbedingt machen. Er war immer noch betroffen von den Bildern aus Transmontanien – doch er brauchte auch dringend neue Aufträge. Der deutsche Markt entwickelte sich für ihn nicht wie erhofft. Außerdem war vor zwei Wochen ein wichtiger Kunde pleitegegangen. Es war jetzt höchste Zeit, international Geschäfte zu machen. Wenn nur die nervige Technik nicht wäre! Bernd pflegte am liebsten den engen persönlichen Kontakt zu allen Projektbeteiligten. Er war jede Woche mit dem Auto, der Bahn oder dem Flugzeug unterwegs und telefonierte täglich mehrere Stunden. Skype, FaceTime, WhatsApp und alle diese anderen Programme waren ihm unsympathisch. Doch an die virtuelle Welt würde er sich jetzt gewöhnen müssen.
Zum Glück kannte sich Claude immer mit der neuesten Technik aus. Videokonferenzen und virtuelle Zusammenarbeit waren für den jungen Kanadier Alltag. Wenn irgendetwas schiefgeht, wird Claude mir schon helfen, dachte Bernd. Es war jetzt kurz vor drei. Gleich sollte es losgehen. Etwas nervös ging Bernd noch einmal seine Agenda durch:
1. Umfang, Zeitrahmen und Budget des Projekts
2. Konstruktion nachhaltiger, erdbebensicherer Häuser
3. Möglichkeiten der Finanzierung
Bernd schaute sich nochmals die Benutzeroberfläche von Skype an. Immer diese automatischen Updates! Kaum hatte man sich gemerkt, wo die Schaltflächen waren, sah alles schon wieder anders aus.
Pünktlich um 15 Uhr sah Bernd die Fotos von Claude und von Anne, der jungen Regierungsmitarbeiterin aus Transmontanien. Claude meldete sich zuerst.
»Hi, es ist sieben Uhr morgens in Montreal. Ich liege noch im Bett und lasse mal besser das Bild weg, sonst werdet ihr noch neidisch auf meine coole Bettwäsche.«
»Geht in Ordnung«, sagte Bernd knapp. Für einen Moment war er enttäuscht, dass Claude diese wichtige Telefonkonferenz anscheinend so lässig absolvierte. Doch da meldete sich auch schon die junge Asiatin.
»Guten Abend, Gentlemen. Oder guten Morgen – je nachdem, wie viel Uhr es bei Ihnen ist. Hier spricht Anne Tan.«
»Darf ich Anne sagen?«, schallte es aus Montreal. »Ich bin Claude. Anne klingt ja ziemlich … europäisch, oder?«
»Hallo Claude! Meine Mutter ist Engländerin und ich habe in Cambridge studiert.«
»Dürfte ich vielleicht …«, hob Bernd an.
»Oh, sorry, Bernd, tut mir ganz schrecklich leid«, sagte Claude mit gespielter Aufregung. »Du leitest die Konferenz, klar. Ich bin jetzt ruhig. Es sei denn, du zwingst mich, etwas zu sagen.«
Bernd stellte den beiden seine Agenda vor. Dann erteilte er Anne das Wort. Sie sprach langsam und in wohlgesetzten Worten. Für Bernd hörte sie sich an wie die Regierungssprecherin der Downing Street. Die Regierung von Transmontanien habe in einem Eilverfahren bereits die Ausschreibung für den Wiederaufbau der Häuser vorbereitet, erklärte Anne. Eile sei geboten, denn vor dem nächsten Winter müsse alles fertig sein, sonst gebe es noch eine weitere Katastrophe. Während der Sommermonate könne man die Menschen in Zelten unterbringen, aber im Winter sei das undenkbar. Die Weltbank werde wahrscheinlich für die Materialkosten und die Löhne der örtlichen Arbeiter aufkommen. Ungewiss sei die übrige Finanzierung. Projektmanagement, Entwürfe und internationale Mitarbeiter müssten getrennt betrachtet werden. Der Ministerpräsident sei angetan von Bernds Idee, die Häuser erdbebensicher wieder aufzubauen. Doch wenn das nicht finanzierbar sei, werde man auf die traditionelle Bauweise zurückgreifen. Noch sei nichts entschieden. Während sie redete, hörte man im Hintergrund eine Kinderstimme. Einmal unterbrach Anne kurz und schien dem Kind etwas zu sagen. Es klang warm und freundlich und hörte sich fast so an, als ob sie singen würde.
Bernd dachte: Was für eine Herausforderung! Er war immer noch ein wenig nervös. Alles war ungewohnt für ihn: das Projektmanagement, die Hoffnung auf passende Entwürfe von irgendwelchen Leuten irgendwo auf der Welt und schließlich die offene Frage der Finanzierung. Doch er war entschlossen weiterzumachen. Das würde sein internationaler Durchbruch werden. Außerdem bekam er die Bilder der weinenden Menschen vor ihren zerstörten Häusern nicht aus dem Kopf. Bernd würde Claude die Sache mit dem MOOC organisieren lassen. Für einen deutschen Unternehmer wie ihn klang das zwar alles riskant, doch Bernd war bereit, sich für Neues zu öffnen. Die Finanzierung wollte Claude über Crowdfunding machen. Sollte Bernd sich auch darauf einlassen?
»Was die Finanzierung über Crowdfunding angeht«, sprach Bernd ins Mikrofon, »da bin ich noch nicht so erfahren und habe auch einige kritische Artikel dazu gelesen. Gebt mir bitte eine Woche Zeit, mich zu informieren, dann werden wir sehen.«
»Also Bernd«, warf Claude ein, »bei allem Respekt – jetzt zwingst du mich wirklich, dich zu unterbrechen. Ich denke, wir sollten schnellstens einen Experten für Crowdfunding ins Team holen, die Parameter definieren und den Experten dann loslegen lassen.«
»Das finde ich auch«, stimmte Anne zu. »Über meine Kontakte in London habe ich Zugang zu einigen absoluten Spezialisten auf dem Gebiet neuer Finanzierungsformen. Auf diese Weise habe ich schon landwirtschaftliche Entwicklungsprojekte in entlegenen Bergregionen finanzieren können. Ich mache Vorschläge für die Parameter und maile euch bis spätestens morgen Abend unserer Zeit eine Liste mit möglichen Ansprechpartnern.«
»Danke für das Angebot«, erwiderte Bernd. »Aber darum sollte ich mich kümmern. Ich werde mich in den nächsten Tagen damit beschäftigen. Sobald ich mehr weiß, schicke ich euch eine E-Mail, und wir können den nächsten Telefontermin vereinbaren, um über die Parameter und die Finanzierung endgültig zu entscheiden.«
Bernd hatte die Telefonkonferenz mit ein paar Dankesworten und guten Wünschen beendet. Seine Agenda war abgehakt. Trotzdem fühlte er sich unwohl. Einerseits war ihm Anne sympathisch. Sie schien selbstbewusst, top ausgebildet, international vernetzt und mit Vollgas unterwegs zu sein. Doch die Finanzierung war doch nun wirklich seine Aufgabe als Initiator des Projekts! Er war es nicht gewohnt, dass andere vorpreschten, wo er der Chef war. Während der Konferenz hatte er mehrmals das Gefühl gehabt, dass die beiden anderen alles besser wussten. Und das passte ihm überhaupt nicht.
Schon wieder ein Anruf über Skype – es war Claude. Leicht irritiert klickte Bernd auf den grünen Knopf.
»Bist du verrückt? Was war denn das für eine Ansage?« Claude schien richtig wütend. So kannte Bernd den smarten jungen Architekten bisher gar nicht. »Wie kannst du so dominant sein und Leute ausbremsen, die eine Aufgabe übernehmen wollen? Danke für das Angebot. Aber darum sollte ich mich kümmern. Mann! So kannst du kein virtuelles Team leiten. Jedenfalls nicht, wenn du weiterhin deine Termine einhalten willst. Wo deine Teammitglieder sich begeistern und ihre Expertise einbringen, da solltest du sie ermutigen und sie einfach machen lassen.«
»Woher weiß ich, ob ich Anne trauen kann? Ich würde gerne. Aber ich kenne sie doch nicht.«
»Dann gib ihr einen Vertrauensvorschuss. Ist das so schwer? Sobald unser Team komplett ist, werden wir uns alle persönlich kennenlernen.«
»Ich soll die Leute aus der ganzen Welt einfliegen lassen, um mit denen Kaffee zu trinken? Ich dachte, du arbeitest mit deinen Leuten in virtuellen Teams über das Internet.«
»Mache ich auch. Nachdem ich sie persönlich kennengelernt habe.«
»Also, ich glaube, so einen Aufwand müssen wir jetzt erst mal wirklich nicht treiben. Wir brauchen jede Minute, um uns um die Projektdaten und die Finanzierung zu kümmern.«
»Mann, du erinnerst mich wirklich an diesen amerikanischen Professor, mit dem ich das Projekt in Pakistan gemacht habe. Der hatte irgendwann nichts mehr im Griff.«
»Ich habe also nichts im Griff, denkst du?« Jetzt war Bernd auch wütend.
»Langsam, langsam«, beschwichtigte Claude. »Noch ist ja nichts passiert. Aber du solltest da anders herangehen. Mach es am besten wie der Amerikaner: Nimm dir einen Coach oder Mentor. Der Mentor bei dem Projekt in Pakistan war ein absoluter Spitzenmann. Der Typ heißt Paul, ehemaliger CIO bei einem Weltkonzern, Ende 40, ich glaube Brite vom Pass her, aber schon ewig in der Karibik und seit Kurzem auch häufig – rate wo! In Tibet am Himalaya! Scheint etwas auf dem spirituellen Trip zu sein. Aber kein Spinner! Und technisch auf dem neuesten Stand. Er hilft regelmäßig internationalen und multikulturellen Teams bei der Zusammenarbeit.«
»Danke, Claude, ich glaube, ich komme zurecht«, sagte Bernd nüchtern.
»Ja, ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein Erdbeben rüttelt auf
  2. Teil I: Klarheit
  3. Teil II: Kommunikation
  4. Teil III: Kultur
  5. Anhang