1. Qualifikation ist nur die halbe Miete
Bildung galt lange als die effektivste Waffe der Frau gegen berufliche Benachteiligung. Dass Frauen gut ausgebildet sind und arbeiten, ist heutzutage selbstverständlich. Dass sie wie Männer aufsteigen, noch lange nicht. Vom Kindergarten bis zur Hochschule haben Mädchen die Nase vorn. Und was passiert dann?
Keine Frage, die Managementwelt hat sich für Frauen geöffnet. Wenn es aber um die Verteilung von Toppositionen geht, bleiben Frauen meistens auf der Strecke und Männer weitgehend unter sich. So wie man den Inhalt eines Buches nicht nach seinem Cover beurteilen kann, so sagt ein moderner Außenauftritt eines Unternehmens noch nichts über Organisation und Kontrolle der Arbeit aus. Das Besetzungsprinzip »der oder die Beste für den Job« scheint bei Weitem noch keine Unternehmensrealität zu sein, denn viel zu selten kommen Frauen dort an, wo man sie erwarten würde. Erscheint ihnen die Selbstständigkeit oder die Familie doch interessanter, versperren Männer ihnen den Weg oder sie sich selbst? »Und wenn schon«, mag der eine oder die andere denken, diese Situation für einen Skandal halten oder für wünschenswert. Wirtschaftlich verständlich ist dieser Sachverhalt jedenfalls nicht.
Das sagen Frauen:
»Frauen machen in den meisten Berufen fünfzig bis sechzig Prozent des Talentpools aus. Man wird es sich in Zukunft einfach nicht mehr leisten können, die Hälfte des Talentpools abzulehnen – die demografische Zeitbombe tickt bereits. Unternehmen, die das verstanden haben, ziehen enorme wirtschaftliche Vorteile daraus. Nicht zuletzt, weil die Hälfte der Kunden und Entscheidungsträger Frauen sind. Um deren Bedürfnisse zu verstehen und zu erreichen, braucht es Frauen.«
MEREDITH MOORE: Women in Leadership:
A European Business Imperative*
Klappern gehört zum Handwerk
Es ist eine Binsenweisheit, dass zur Karriere mehr gehört als Fachkenntnisse und Fleiß. Treten Sie als Führungskraft neu in ein Unternehmen ein, wird Ihnen in den berühmten ersten hundert Tagen fehlendes Fachwissen leicht verziehen, nicht jedoch schlechter Stil oder Schnitzer im Umgang mit Mitarbeitern, Kollegen oder Vorgesetzten.
Wie Sie auf die Leute zugehen, wird beobachtet und bewertet. Daran führt kein Weg vorbei. Gerade mit den ersten Gesprächen und symbolischen Gesten, die deutlich machen, was Ihnen wichtig ist, legen Sie einen entscheidenden Grundstein für die spätere Zusammenarbeit. Fachliche Überforderung spielt bei Trennungen innerhalb der Probezeit selten eine Rolle, in den meisten Fällen sind bei Führungskräften Kulturkonflikte der Auslöser – Tendenz steigend.
Nach einer Umfrage (2007) des Deutschen Führungskräfteverbands halten nur vier Prozent der Befragten fachliche Qualifikation für das Aufstiegskriterium Nummer eins. Und jeder dritte Manager hält der Umfrage nach gutes Selbstmarketing für den entscheidenden Erfolgsfaktor.
Das sagen Frauen:
»Kompetenz und Leistung setzen sich durch. Darauf haben Frauen vertraut. Nur: Diese Haltung ist offensichtlich nicht die richtige, um Spitzenpositionen zu erreichen.«
DOROTHEA ASSIG: Frauen in Führungspositionen
Das heißt natürlich nicht, dass Sie auf Kompetenz, Know-how und Spitzenleistung verzichten können. Oder diese nicht von Zeit zu Zeit aufpolieren müssen. Lebenslanges Lernen steht außer Frage, wenn Sie sich jobfit halten wollen. Dafür bekommen Sie schließlich Ihr Gehalt. Können und Leistung sind auch heute noch unverzichtbare Komponenten für Karriere und Erfolg. Damit allein kommen Sie aber im Berufsleben nicht weiter. Um in Spitzenpositionen vorzudringen, müssen Sie geschickte Selbstdarstellung betreiben, sich hörbar und sichtbar machen. Sonst überhört und übersieht man Sie.
Gute Leistungen allein genügen nicht
Um ganz deutlich zu werden: Ich bin nicht der Ansicht, dass man schummeln, mogeln, tricksen oder sich verbiegen sollte. Gute Leistung lässt sich nicht durch gekonntes Selbstmarketing ersetzen, aber ergänzen. Nur so können die richtigen Leute auf Sie, Ihre Kompetenzen und Leistungen aufmerksam werden.
Frauen arbeiten wunderbar sach- und zielorientiert. Aber eben auch wenig spektakulär. Das stellte schon die erste weibliche Premierministerin Margaret Thatcher fest: »Wenn Sie in der Politik etwas gesagt haben wollen, wenden Sie sich an einen Mann. Wenn Sie etwas getan haben wollen, wenden Sie sich an eine Frau.« Die meisten Männer zollen ihren Mitstreitern auch dann Anerkennung, wenn sie inhaltlich nicht viel drauf haben, aber ihrer Rolle gerecht werden.
Die typisch weiblichen Karrieretreiber wie Leistung und Zuverlässigkeit können zur Stolperfalle werden und sind vielleicht einer der Gründe, wieso die meisten Frauen auf operativer Ebene stecken bleiben. Denn: Welcher Chef würde schon sein bestes Pferd im Stall wegbefördern? Den ungeduldigen, fordernden Nachwuchsmanager kann er nicht halten, die brave Musterschülerin, die hofft, für ihre Leistungen irgendwann belohnt und befördert zu werden, schon.
Im Übrigen bin ich überzeugt: Frauen – wenn sie Chefinnen sind – ticken ähnlich. Ich zumindest habe in meiner aktiven Managerinnenzeit die Effizienz, mit der Frauen Aufgaben erledigen, sehr geschätzt. Ebenso wie den Effekt, den Männer mit dem Schlagen von Pfauenrädern für sich und die Abteilungsprojekte erzielen. Offen gestanden, diesen Nutzen habe ich erst viel später erkannt. Zuvor hat mich und etliche Kolleginnen dieses Imponiergehabe regelmäßig auf die Palme gebracht.
Ein gutes Image zieht gute Leute und gute Projekte an
Frauen arbeiten mehr am Projekt, Männer machen es bekannt. Schnell neigen wir dazu, dem Kollegen vorzuwerfen, er schmücke sich mit fremden Federn. Zu schnell. Klar tut Mann das für sein Image und seinen Bekanntheitsgrad. Aber in dieser Botschafterrolle rückt er auch das gesamte Projekt ins Rampenlicht und lässt die anderen Projektmitglieder als Gewinner erscheinen. Eine bessere Motivation gibt es nicht. Wenn Sie ein Topprojekt an Land gezogen haben, müssen Sie es auch konsequent vermarkten und einen Teil Ihrer Zeit damit verbringen, Ergebnisse und Erfolge sichtbar darzustellen. Und nicht den Kollegen bitten: »Stell du das ruhig vor.« Klappern gehört nun einmal zum Karriere-Handwerk. Auch im Konzern. Starke Botschaften statt falsche Bescheidenheit senden, lautet die Devise.
Ihr Image ist nicht nur für Sie persönlich karriererelevant, sondern als Führungskraft auch für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch ganze Teams und Abteilungen stehen im Unternehmen im Wettbewerb und vergleichen sich untereinander. In vielen Unternehmen gibt es Bereiche, die als regelrechte Karrieretreiber gelten – die die Ideen oder Führungskräfte von morgen hervorbringen. Das persönliche Image ist eng mit dem Abteilungsimage verbunden. Ein gutes Image zieht gute Leute und gute Projekte an. Man traut Ihnen und Ihren Leuten die Leitung des neuen Vertriebs- oder IT-Projektes zu. Der gute Ruf, der Ihnen vorauseilt, bringt Ihnen Ressourcen: Budgets, Sachmittel, Manpower – neue Aufgaben und größere Gestaltungsspielräume. Und damit tolle Karrierechancen für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ganz abgesehen von Ihren eigenen Perspektiven im Unternehmen.
Praxistipp: Was Frauen erfolgreich macht
MARTINA SANDROCK,
Geschäftsführerin Sara Lee Deutschland und Österreich:
»Es sind die Mitarbeiter, die darüber entscheiden, ob ein Unternehmen durchschnittliche oder Spitzenleistungen hervorbringt. Bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern lege ich auf drei Bedingungen besonderen Wert:
Sie müssen außergewöhnlich hungrig auf unternehmerischen Erfolg sein und den Eindruck vermitteln, dies auch in 20 Jahren noch zu sein. Sie müssen über eine zähe Disziplin verfügen – ich selbst lebe diese jeden Tag vor und bin überzeugt, ohne geht es nicht. Sie müssen andere Menschen begeistern können – mit ihrer Ausstrahlung, ihrem Engagement und ihrer Authentizität.«* 1.1 Die Konkurrenz schläft nicht
Die weibliche Qualifizierungsoffensive der letzten Jahre hat die Startchancen der Frauen erhöht, aber auch den Wettbewerb zwischen Männern und Frauen. Und sie hat damit eine neue Situation am Arbeitsmarkt geschaffen: Männer konkurrieren nicht mehr nur mit Männern, sondern Männer konkurrieren auch mit Frauen um die gleichen Positionen. Für Männer sind diese selbstbewussten und hoch motivierten Frauen, die Karriere machen wollen, nur eine weitere Gruppe potenzieller Konkurrenten auf Augenhöhe. Frauen sollten nicht auf Wunder warten und darauf, dass Männer ihnen die Tür zum Chefbüro weit aufhalten.
Frauen müssen konkurrenzbereiter werden
Frauen müssen sich dieser neuen Konkurrenzsituation bewusst sein und konkurrenzbereiter werden. Männer lieben nun einmal Konkurrenz, Frauen bevorzugen Kooperation. Beides wird im Business gebraucht. Ein cooles Kunstwort dafür gibt es schon: Co-opetition – zusammengesetzt aus Cooperation und Competition. Wenn es so simpel wäre …
Das sagen Frauen:
»Wer sich in Konkurrenz begibt, muss sie auch aushalten können.«
MAYBRIT ILLNER: Frauen an der Macht
Dabei geht es nicht um aggressive Ellenbogenmentalität, sondern um sportlichen Wettbewerb. Die Büropolitik ist bestimmt von Gegensätzen: von Hierarchie und Teamwork, von Entscheidungsmacht und Partizipation, von Transparenz und Geheimhaltung und eben auch von Kooperation und Konkurrenz – zwischen den Geschlechtern ebenso wie unter ihnen.
Abschreckungsmanöver der Männer
Männer haben diesen Konkurrenzdruck längst registriert, beäugen mit Argwohn, wenn Frauen den Karrierewunsch einem Kinderwunsch vorziehen. Es gibt Anzeichen für einen neuen Geschlechterkonflikt und Stimmen, dass Frauen den Männern Karrierechancen wegnähmen. Kein Wunder, wenn die früher netten Jungs im Kampf um Markt- und Machtpositionen mit verschärftem Revierverhalten reagieren.
Das sagen Männer:
»Und natürlich ist dem Mann die drohende Konkurrenz bewusst. Deutschland ist kein Wachstumsland, auch Männer ringen heutzutage um gute Jobs. Von Frauenförderung sind viele also nicht begeistert: Warum sollten sie freiwillig den Platz frei machen?«
MICHEL DOMSCH, Wirtschaftsprofessor und Koordinator
der Internetplattform www.genderdax.de1
In meiner Umfrage unter 164 Managerinnen und Managern mehrerer Großunternehmen bin ich der Angst der Männer vor zusätzlicher weiblicher Konkurrenz nachgegangen. Es war zu erwarten, dass die befragten weiblichen Führungskräfte der Aussage, dass die Präsenz von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, und speziell auf dem für Führungspositionen, in zunehmender Konkurrenz zu den Männern steht, stärker zustimmen als die befragten Manager. Aber auch Männer tun diesen Punkt nicht als gar nicht zutreffend ...