»Geld verdienen ist kein Ziel. Geld kommt von allein,
wenn man die wichtigen Dinge richtig macht.«
Strategie statt Bauchladen
7. Dilemma: Wenn Unternehmer nicht wissen, was sie wollen
»Wohin geht es dieses Jahr in den Urlaub?« Darauf bekomme ich von Kollegen fast immer präzise Antworten: Ziel, Termin, Rahmenbedingungen – alles klar! »Und wohin soll es mit Ihrer Firma in diesem Jahr und in den nächsten Jahren gehen?« Da fallen die Antworten manchmal erschreckend vage aus. Doch Erfolg ist kein Zufall, sondern die Summe beharrlicher Anstrengungen und der richtigen Strategie. Welche Kunden wollen Sie mit welchem Angebot auf welche Weise begeistern? Eine klare Antwort darauf ist das Fundament unternehmerischen Erfolgs. Während vermeintliche Alleskönner mit einem Bauchladen von Dienstleistungen Skepsis auslösen, haben Spezialisten mit klarem Kundenprofil die Nase vorn. Doch nicht nur Positionierung und Marketing müssen stimmen, sondern auch Qualität, Finanzen und Lieferantenbeziehungen.
Positionierung: Ohne Strategie kein Erfolg
Der Golfprofi Bernhard Langer, der in seiner langen Erfolgslaufbahn über 100 internationale Turniere gewonnen hat, wurde nach einem seiner Siege von einem Journalisten gefragt: »Herr Langer, heute haben Sie aber unheimliches Glück gehabt, oder?« Langer soll gelächelt und ironisch geantwortet haben: »Ja. Und das Merkwürdige ist, je mehr ich übe, desto mehr Glück habe ich!«
Erfolg = Glück?
Diese Geschichte fällt mir gelegentlich ein, wenn mein Gegenüber andeutet, na ja, in Luxemburg sei der Erfolg von Coplaning keine große Kunst. Das sei schließlich ein reiches Land, in dem es kaum Handwerker gäbe, weil fast jeder in der Verwaltung oder bei einer EU-Behörde arbeite. Irrtum! Luxemburg ist kein Handwerker-Schlaraffenland. 2015 gab es dort 6.890 Handwerksbetriebe, und das bei knapp 583.000 Einwohnern. Damit kommt ein Betrieb auf etwa 85 Einwohner. Zum Vergleich: In Deutschland mit seinen 82,67 Millionen Einwohnern waren es laut Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) 2016 rund eine Millionen Betriebe und damit einer pro 83 Einwohner. »Glück« reicht in beiden Fällen nicht, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Darauf, dass die Aufträge wie gebratene Tauben im Märchenland ganz von selbst zur Werkstatttür hereinfliegen, kann man auch im zweitkleinsten Land Europas nicht warten. Warum also sind wir stetig gewachsen und haben unsere Gewinne ebenso stetig gesteigert? Natürlich setzt sich Unternehmenserfolg aus einer Vielzahl ineinandergreifender Anstrengungen zusammen, aus ständiger Übung in allen Bereichen, um mit Bernhard Langer zu sprechen. Im Kern sind wir aber deswegen so erfolgreich, weil wir eine klare Strategie haben. Einfach gesagt: Wir wissen immer, wohin wir wollten. Wer ohne Strategie wirtschaftet, überlässt sein Unternehmensschiff Wind und Wellen. Nur wer ein klares Ziel hat, kann die richtigen Maßnahmen ergreifen, um auf Kurs zu bleiben. Leitstern ist dabei eine übergeordnete Unternehmensvision, aus der sich die Strategie ableitet. Unsere Vision bei Coplaning: »Als familiengeführtes Handwerksunternehmen im Premiumsegment zuverlässiger Arbeitgeber sein und an der europäischen Spitze der Kundenbegeisterung stehen.« Daraus ergeben sich dann konkrete Aufgaben wie die kontinuierliche Festlegung von Zielen, Strategien und Projekten in sämtlichen Unternehmensbereichen.
Nur wer ein klares Ziel hat, kann die richtigen Maßnahmen ergreifen.
Die wichtigste Richtungsentscheidung, die Sie als Unternehmer treffen müssen, ist die Frage Ihrer Positionierung. Das klingt in manchen Ohren nach Marketing-Fachchinesisch, beantwortet aber eine ganz praktische Frage: »Was das Produkt leistet – und für wen.« So hat Werbe-Guru David Ogilvy die Sache einmal auf den Punkt gebracht.12 Positionierung präzisiert, was Sie und Ihr Unternehmen von Mitbewerbern abhebt und an welche Zielgruppe sich Ihr Angebot richtet. Wer wie in einem Bauchladen »alles für alle« anbietet, ist austauschbar. Wer einen attraktiven Nutzen für eine klar umrissene Kundengruppe bietet, wird zum gefragten Spezialisten. Ein einfaches Beispiel ist das Thema Umzug. In jeder Stadt gibt es Dutzende Unternehmen, die diese Dienstleistung anbieten. Nach welchen Kriterien soll ein Kunde sich für eines entscheiden? Wenn er keine anderen Unterscheidungsmerkmale findet, nimmt er halt den günstigsten Anbieter, und der wird bestimmt nicht reich damit. Findige Unternehmer haben sich deshalb auf bestimmte Zielgruppen spezialisiert: Umzüge für Senioren (mit Zusatzleistungen wie Anschluss sämtlicher Geräte bis zum PC, Entrümpelung, Aktenvernichtung), Umzüge für Singles (mit Zwischenlagerung von Möbeln für Jobnomaden), Objektumzüge (für Arztpraxen, Labore, technische Betriebe), Auslandsumzüge, Umzüge für Antiquitäten und wertvolle Möbel usw. Was ist Ihr Unterscheidungsmerkmal? Warum sollte ich gerade Sie beauftragen? Sagen Sie jetzt bitte nicht, Sie seien kompetent, zuverlässig und termintreu. Das behaupten alle. Bei Coplaning lautet die Antwort: Weil wir Sie mit unserem Premiumservice bei Ihrer Modernisierung zuverlässig begeistern werden, mit Bestqualität, Termintreue und »chirurgischer Montage«.
Warum sollte ein Kunde gerade Sie beauftragen? Und nicht einen Wettbewerber?
Unsere Positionierung haben wir im Laufe von mehr als zwei Jahrzehnten regelmäßig justiert und weiterentwickelt. In Kapitel 5 wurde diese Entwicklung bereits zusammengefasst – vom Kleinbetrieb für Fenster und Haustüren über eine Begeisterungsstrategie mit hauseigenem »Bauherren-Informationszentrum« bis zur Premium-Phase mit Showroom, Designwerkstatt und umfassenden Modernisierungen aus einer Hand (vgl. Abbildung 1 in Kapitel 5). In der vorerst letzten Phase (ab 2014) wollten wir nicht mehr größer, sondern ausschließlich noch besser werden. Auch unseren Markenauftritt haben wir dieser Entwicklung angepasst, mit einem neuen Slogan (»Handwerk das begeistert«) und mit einer edleren Optik, die deutlich macht, dass wir auf das Premiumsegment, also hochwertige Produkte für kaufkräftige Kunden, zielen (vgl. Abbildung 1). Exzellente Qualität, wie wir sie anbieten, und »günstig« gehen nicht zusammen.
Die vielleicht wichtigste strategische Entscheidung auf diesem Weg war, sich schon früh als Spezialist für Modernisierungen zu positionieren und das Neubaugeschäft anderen zu überlassen. Das hatte mehrere Gründe: Jeder sieht, wo gebaut wird. Um diese Baustellen entbrennt häufig ein Bieterwettbewerb zahlreicher Handwerker, bei dem der billigste den Zuschlag erhält. Gleichzeitig sind Neubauten schwer planbar, weil sich hier verschiedene Gewerke koordinieren, und das oft mehr schlecht als recht. Da können Sie Planungsweltmeister sein: Wenn die anderen nicht mitspielen, nützt Ihnen das nichts. Kein Wunder, dass bei den Bauherren bald die Nerven blank liegen und zu allem Überfluss auch noch das Geld knapp wird, weil die üblichen Pannen Mehrkosten verursachen. Kundenbegeisterung ist da kaum möglich. Sie werden in Sippenhaft für weniger gewissenhafte Kollegen genommen: »Handwerker sind schrecklich!« Dieses Problem kann man nicht lösen. Also steuerten wir in Richtung lösbarer Probleme, und die bietet der Renovierungsmarkt. Der ist zwar nicht so offensichtlich wie das Ausweisen eines neuen Baugebiets. Häufig müssen Sie den Bedarf beim Kunden sogar erst wecken, indem Sie deutlich machen, was alles machbar ist. Es kommen also neue Aufgaben bei der Vermarktung Ihres Angebots auf Sie zu (vgl. den Abschnitt »Marketing« weiter unten). Auf der anderen Seite haben Sie es mit einer kaufkräftigen Zielgruppe 50 plus zu tun, die anspruchsvoll ist, so wenig Dreck und Lärm wie möglich möchte, hochwertige Materialien schätzt und nicht zuletzt den Premiumservice nicht nur erwartet, sondern ihn auch bezahlen kann (vgl. Abbildung 2). Diese Zielgruppe ist empfänglich für unsere Begeisterungsstrategie mit »chirurgischer Montage«, exakter Planung und hervorragend qualifizierten Mitarbeitern. Planungssicherheit kann Coplaning bieten, weil wir alles selbst in der Hand haben und nicht die Letzten sind, die die Hunde beißen. Und das Beste: Die Premiumkunden der Zielgruppe 50 plus sind eine stetig wachsende Gruppe, seit die Bevölkerungspyramide der Nachkriegszeit sich langsam, aber sicher in einen bauchigen Kelch verwandelt. Es gibt mehr als genug Geld zum Renovieren. Was die Menschen abhält, es auszugeben, ist die Angst vor den Zumu...