Wie du startest, so liegst du im Rennen!
1. EINTRITTSSICHERHEIT IM KUNDENGESPRÄCH: GEWONNEN WIRD AM START!
DER DURCHSCHNITTSVERKÄUFER fragt seinen Kunden, ob er »gut hergefunden« hat und plaudert mit ihm über das Wetter und über den vermeintlichen Ausgang der nächsten Wahlen. Wenn er das Gefühl hat, der Kunde ist »aufgewärmt«, startet er mit einem aufmunternden »Dann wollen wir mal« oder schlimmer noch, ganz egozentrisch, »Dann lege ich mal los«, statt seinen Kunden von vornherein einzubeziehen, beispielsweise mit einem eleganten »Wir sind heute zusammengekommen«. Kurz: Der Durchschnittsverkäufer verhält sich haargenau so, wie sein Kunde es erwartet hat – eben wie alle anderen Verkäufer. Und der Kunde fragt sich währenddessen: Ob ich hier wohl richtig bin?
DER AUSNAHMEVERKÄUFER weiß, wie entscheidend die ersten Minuten eines Verkaufsgesprächs sind. Er ist sich bewusst, dass der Verkauf in dem Moment beginnt, in dem sein Kunde zur Tür hereinkommt, noch bevor das erste Wort gesprochen wird. Der Ausnahmeverkäufer hat eine klare Strategie für den Gesprächsbeginn und überlässt hier nichts dem Zufall. Fast beiläufig liefert er dem Kunden eine gut durchdachte Probe seiner Kompetenz, statt seine Zeit mit Small Talk zu verschwenden. Und der Kunde? Er merkt sofort, dass hier etwas etwas anders ist! Etwas, das ihm gefällt und das er wahrscheinlich noch öfter weitererzählen wird.
Erinnern Sie sich noch an Krimiserien der 1980er Jahre? Sie begannen mit dem immer gleichen Vorspann. Heute starten die Krimi macher meist mit einer packenden Szene, und erst dann, wenn der Zuschauer im Film »Fuß gefasst« hat, läuft der Vorspann. Seit es mehr als 30 Fernsehprogramme gibt und die Fernbedienung stets in Griffweite liegt, ist die Gefahr zu groß, dass die Zuschauer bei allzu bekannten Inhalten umschalten und anderswo hängen bleiben. Dasselbe gilt für den Anfang Ihres Verkaufsgesprächs: Wenn Sie hier nur »das Übliche« bieten und Ihrem Kunden brav Ihre Visitenkarte überreichen, zappt Ihr Kunde gedanklich weg, denn das ist ihm zu unspannend. Machen Sie es anders und gewinnen Sie gleich zu Beginn seine volle Aufmerksamkeit.
Je hochwertiger ein Film ist, desto mehr Wert wird auf den Trailer gelegt. Und je attraktiver Ihre Dienstleistung rüberkommen soll, desto stärker sollte Ihr Auftritt in den ersten Minuten sein. Eintrittssicherheit bedeutet also, ein Drehbuch für die ersten Gesprächsminuten zu haben. Denn eines ist klar: Wer gleich zu Beginn überzeugt, verkauft einfach besser!
Matchcode & Kompetenzcheck: Auffallend anders ankommen als alle anderen
Bevor wir Ihnen verraten, wie Sie Ihren ganz persönlichen Trailer entwickeln, blenden wir kurz zurück zu den ersten Sekunden Ihrer Begegnung mit dem Kunden.
Freund oder Feind? Der Matchcode
Sie haben mit Ihrem Kunden telefonisch einen Termin vereinbart und treffen ihn nun zum ersten Mal persönlich. Oder: Sie sind sich schon einmal ganz kurz irgendwo begegnet und haben aufgrund Ihrer gelungenen Kurzpräsentation ein geschäftliches Treffen verabredet. Jetzt stehen Sie sich gegenüber. Was nun in einer rasanten Geschwindigkeit passiert, ist ein gegenseitiges Abchecken: Freund oder Feind? Nähe oder Distanz? Sympathisch oder unsympathisch? Über mir oder unter mir? Psychologen nennen das auch den Matchcode. Niemand kann sich diesen nur teilweise bewussten Prozessen entziehen. Zwei, drei Sekunden und wir glauben zu wissen, mit wem wir es zu tun haben. Dieses Ersturteil revidieren wir nur selten.
Beeinflussen können Sie den Sekundencheck kaum. Als erfahrener Verkäufer werden Sie registrieren, ob Ihr Kunde sofort wieder einen kleinen Schritt zurücktritt, nachdem er Ihnen die Hand gegeben hat, oder ob er Ihnen im Gegenteil eher ein bisschen auf die Pelle rückt – »brettlbreit« stehen bleibt, wie wir in Bayern sagen. Es gibt ausgesprochene Nähe-Typen, und es gibt Menschen, die brauchen Distanz. Sie werden das registrieren und im weiteren Gespräch berücksichtigen. Auch die Rang- und Rollenposition, die Hackordnung (»Steht der über mir oder steht der unter mir?«) wird in den ersten Sekunden eingeschätzt.
ROGER RANKEL: Wie man die Rangordnung unmissverständlich klarstellt, durfte ich bei einer Begegnung mit Arnold Schwarzenegger erleben. Ich hatte das Vergnügen, ihn am Rande des Hahnenkammrennens in Kitzbühel zwei Mal zu sprechen. Zwei Mal schenkte mir der Hollywoodstar, der ehemalige Gouverneur von Kalifornien und frühere Mister Universum kurz seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Dazu ein fester Händedruck. Dann – auch bei unserer zweiten Begegnung – ein leichtes Drehen der Hand. Schon lag die Hand des Terminators oben und meine darunter. So stellt man bei allem Charme und Hollywoodlächeln die Rangordnung binnen Sekunden klar! Wenn ich dieses Beispiel in meinen Seminaren oder Vorträgen heute erzähle, huscht vielen Teilnehmern ein wissendes Lächeln über die Lippen. Fast jeder hat so eine Machtdemonstration schon einmal erlebt.
Man kann diesen Effekt übrigens hervorragend studieren, wenn Politiker sich vor Fernsehkameras begrüßen. Dabei gibt es immer wieder kleine Ranggefechte: Wer legt wem die Hand auf die Schulter? Wer zieht nach? Klopft der eine dem anderen gönnerhaft auf die Schulter, können Sie sicher sein, dass der andere sich blitzschnell revanchiert und ihm seinerseits zum Beispiel »väterlich« die Hand auf den Arm legt. Die Mächtigen der Welt wissen, wie wichtig es ist, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Das gilt auch im Kundengespräch: Begrüßen Sie Ihren Kunden auf Augenhöhe. Achten Sie darauf, dass Kleidung und Auftreten Sie richtig platzieren. Gefragt sind ein wertiges Outfit und eine offene, selbstbewusste Körperhaltung.
Sympathie und Antipathie sind emotionale Reflexe. Man kann sie kaum steuern. Wenn Sie Ihren Kunden an seinen Mathematiklehrer erinnern und er Mathe immer gehasst hat, können Sie wenig dagegen unternehmen, dass diese Negativerfahrung auf Sie abfärbt (ebenso wie Sie nichts für den Sympathiebonus können, wenn Sie ihn eher an den netten Sportlehrer erinnern). Allerdings haben Menschen einen untrüglichen Instinkt dafür, wenn jemand ihnen nach dem Mund redet. Servilität wird nicht belohnt, sondern belächelt. Und echte Erfolgsverkäufer haben Ecken und Kanten. Dazu später mehr.
Hat der’s drauf? Der Kompetenzcheck
Erinnern Sie sich noch an »Ein Quantum Trost«, einen der letzten James-Bond-Filme? Wenn Sie den Streifen gesehen haben, werden Sie sich auf jeden Fall an die spektakulären ersten elf (!) Minuten erinnern: eine rasante Verfolgungsjagd am Gardasee, bei der Bond-Darsteller Daniel Craig virtuos seinen Aston Martin zu Schrott fährt. Sie wird übrigens zu den »zehn besten Auto-Verfolgungsjagden« aller Zeiten gezählt (siehe www.zehn.de). In Hollywood weiß man, warum 40 Prozent eines Filmbudgets in den Trailer und die ersten Minuten des Films investiert werden. Hier fällt der Zuschauer die Entscheidung, ob das Angebot hopp oder top ist. Bei Ihrem Kunden ist das nicht anders. Sind Sie darauf vorbereitet?
Wie wichtig das ist, verdeutlicht das folgende Beispiel: Stellen Sie sich bitte einen Moment vor, Sie müssen zum Arzt, weil es Sie im Rücken zwickt. Schon seit Wochen. Sie haben gefühlte Tausend Mal am Frühstückstisch die Frage ignoriert, wann Sie denn endlich mal etwas dagegen zu unternehmen gedächten. Jetzt haben Sie sich aufgerafft, weil das Zwicken sich in ein Reißen verwandelt hat, statt gefälligst von selbst wieder zu verschwinden. Endlich sind Sie dran. Der Arzt bittet Sie ins Sprechzimmer: »Guten Tag, Herr / Frau … Schön, Sie zu sehen! Herrliches Wetter heute, oder? Ja, gut, dass es endlich Frühling wird. Da ist man doch gleich ein anderer Mensch, nicht wahr? Und: Haben Sie gut hergefunden? Ja, die Parkplatzsituation hier ist wirklich schwierig …«
Spätestens jetzt denken Sie: Was für ein Schwätzer! Vielleicht schlimmer noch: Was für eine Pfeife! Und dem soll ich meinen Rücken anvertrauen?
Was ist passiert? Ganz einfach: Small Talk ist ein Kompetenzkiller. Nur hat sich das leider noch nicht zu allen Verkäufern herumgesprochen. Kein Arzt begrüßt seinen Patienten mit Small Talk, kein Anwalt tut das bei seinen Mandanten. Warum meinen viele Verkäufer dann, dass es ihnen nützt, den Kunden zuzuschwafeln?
»HINTER DEN KULISSEN«
MARCUS NEISEN: Also Roger, bevor du das Kind mit dem Bade ausschüttest – für eine gute Kundenbeziehung ist Small Talk ganz nützlich. Nur einsteigen würde ich nie damit.
ROGER RANKEL: Eben! Das ist ein wichtiger Hinweis. Im Rausgehen mit dem Kunden zu plaudern oder wenn man sich schon länger kennt, meinetwegen. Nur nicht zum Aufwärmen beim Erstgespräch.
MARCUS NEISEN: Wobei, wenn ich dich so sehe … Du bist überhaupt kein Small-Talk-Typ.
ROGER RANKEL: Nein. Ich mag’s gar net. Auch nicht beim dritten Gespräch mit einem Verkäufer. Was geht den Verkäufer meine Harley an oder mein letzter Urlaub? Dazu ist mir meine Zeit zu schade.
MARCUS NEISEN: Also, meines Erachtens kommt es auch später darauf an, Kunden richtig einzuschätzen, und dann zu entscheiden, ob der- oder diejenige plaudern will oder nicht.
ROGER RANKEL: Genau, darauf können wir uns einigen. Verkäufer müssen wieder lernen, ihre Kunden zu »...