1. Gesellschaft und Führung im Wandel
Die Wirksamkeit des Konzeptes der transformationalen Führung ist darauf zurückzuführen, dass es Führungskräften ermöglicht, auch in schwierigen Situationen, die von Veränderungen, Wandel und neuen Anforderungen geprägt sind, Mitarbeiter zu begeistern und hervorragende Leistungen zu erzielen.
Transformationale Führung zielt darauf ab, Werte und Einstellungen von Mitarbeitern zu „transformieren“ (lateinisch transformare = umformen, umgestalten) und dadurch deren intrinsische Motivation zu steigern. Denn in Zukunft werden Führungskräfte auch daran gemessen werden, inwieweit sich ihr Führungsverhalten vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Trends und Entwicklungen als effektiv erweist. Doch welche gesellschaftlichen Themen und Einflussfaktoren werden für Führungskräfte besonders relevant sein?
1.1 Veränderung als Konstante
Das gesellschaftliche Umfeld von Unternehmen ist einem stetigen Wandel unterworfen. Unternehmen müssen sich deshalb an vielfältige Bedingungen anpassen. Globale Konkurrenzkämpfe und ein erhöhter Wettbewerbsdruck, Machtverschiebungen in der Weltwirtschaft, Markteinbrüche und technologische Entwicklungen erfordern eine permanente Neuausrichtung und ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von Organisationen und den in ihnen arbeitenden Menschen. Und das Veränderungstempo hat radikal zugenommen.
Auch die Arbeitswelt verändert sich rasant – technologisch, ökonomisch und sozial. Beide Kompetenzen – Flexibilität und Anpassungsfähigkeit – helfen, mit der wachsenden Komplexität und der damit verbundenen Unsicherheit besser umgehen zu können. Sie haben aber auch Auswirkungen auf die organisationale Struktur eines Unternehmens.
Führungskräfte als Veränderungs-Coaches
Führungskräften kommt immer mehr die besondere Rolle des „Veränderungs-Coaches“ zu. Sie sollen Mitarbeiter dabei unterstützen, ihre Kompetenzen auszubauen, um oben beschriebene Veränderungs- und Innovationsprozesse erfolgreich bewältigen zu können. Veränderungsorientierte transformationale Führung nimmt so Einfluss auf die Struktur und Kultur einer Organisation und unterstützt diese bei der Anpassung an veränderte Umweltbedingungen.
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind heutzutage angesichts des hohen Veränderungstempos wichtiger denn je. Transformationale Führung ermöglicht es, Veränderungs- und Innovationsprozesse erfolgreich zu begleiten. | |
1.2 Der demografische Wandel
Die Altersstruktur in der Bundesrepublik stellt Unternehmen vor große Herausforderungen bei der Personalplanung und -beschaffung. Deutschland erwartet einen Mangel an Fachkräften und einen immer höheren Anteil an älteren Beschäftigten. So wird es für gut ausgebildete Mitarbeiter viele berufliche Wahlmöglichkeiten geben.
Im Vergleich zu früheren Zeiten bleibt heute fast niemand mehr sein Leben lang in ein und demselben Unternehmen. Eine große Bedeutung kommt im Wettbewerb um Fachkräfte somit der Attraktivität und dem Image von Unternehmen zu. Um Mitarbeiter zu gewinnen, langfristig zu binden und sich gegen Wettbewerber durchzusetzen, muss ein Unternehmen deshalb auch verstärkt in seine sozialen Initiativen investieren.
Führungskräfte als Vermittler
Und hier kommt den Führungskräften eine besondere Rolle zu. In ihrer Vermittlerrolle zwischen den Anforderungen der Organisation und den Wünschen der Mitarbeiter müssen sie sich um mehr persönliche Bindung bemühen, um die Mitarbeiter zu halten und zu integrieren. Denn die Wahlmöglichkeiten geben den Mitarbeitern mehr Unabhängigkeit und haben somit Auswirkungen auf die soziale Beziehungsgestaltung zwischen Führungskräften und Mitarbeitern.
Da die Bevölkerung schrumpft und altert, wird es immer wichtiger, auch die Beschäftigungsfähigkeit einer alternden Belegschaft sicherzustellen. Die Unternehmen müssen sehen, wie sie ältere Mitarbeiter besser integrieren, gesund halten und vorhandene Arbeitskraftpotenziale sowie stille Reserven besser nutzen.
Führungskräfte müssen den vorhandenen Grad der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der älteren Mitarbeiter richtig erkennen, einschätzen und geschickt mit den Fähigkeiten der jüngeren Teammitglieder verknüpfen. Dazu benötigen sie hohes Einfühlungsvermögen und neben der reinen Führungsintelligenz auch die kommunikative Intelligenz, mit den diversen „Playern“ in den verschiedenen Teams verbal adäquat in Kontakt zu treten.
Aktive und effektive transformationale Führung stellt sich für Organisationen als wichtiger Schlüssel dar, um mit diesen Herausforderungen umzugehen und sie in Stärken zu verwandeln.
Unternehmen müssen sich zukünftig verstärkt bemühen, für Fachkräfte attraktiv zu bleiben. Zudem gilt es, auch die Potenziale älterer Mitarbeiter zu nutzen. Führungskräften kommt angesichts dieser Herausforderungen eine Vermittlerrolle zu. | |
1.3 Wertedynamik
Jede Generation von Arbeitskräften verfügt über eigene Werte und Lebenseinstellungen. Und gerade unsere junge Nachwuchsgeneration stellt Selbstverständliches im Arbeitsleben infrage und leitet einen Wertewandel ein.
Waren Status und Geld für die Anschaffung des ersten Kleinwagens Antreiber für eine hohe Arbeitsleistung früherer Generationen und unterstützten Werte wie Gehorsam und Disziplin in Form von Stempeluhren diesen Arbeitsethos, so fragen Nachwuchskräfte heute verstärkt nach der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit sowie von Abläufen und Strukturen. Perspektiven, Unabhängigkeit, Selbstbestimmtheit und individuelle Lebenslust haben eine hohe Priorität.
Themen und Begriffe wie Life-Balance, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Unterstützung bei der Kinderbetreuung, Teilzeit, Lebensarbeitszeitmodelle, Elternzeit, Sabbatical und Homeoffice sind aus der heutigen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken und werden in ihrer Bedeutsamkeit noch weiter wachsen.
Neben den vielfältigen Teilzeit-Modellen etablieren sich immer mehr an der direkten Nachfrage orientierte Arbeitsverträge, die sogenannten Job-on-Demand-Modelle (Arbeit auf Abruf). Das wiederum fördert den sozialen Pragmatismus und nicht die gewünschte Loyalität. Die Fluktuation steigt. Die Leistungsträger von morgen sind nicht nur anspruchsvoller als ihre Vorgänger, sie sind auch unabhängiger. Erfüllt ein Arbeitgeber oder ein Arbeitsfeld ihre Erwartungen nicht, wechseln sie zu einem Wettbewerber.
Führungskräfte als Lernende
Obwohl die dazugehörigen Konzepte immer noch nicht voll akzeptiert und ausgereift sind, verlangen diese neuen Anforderungen der Mitarbeiter Veränderungen in den Arbeitsbedingungen und insbesondere ein völlig anderes Verständnis von Mitarbeiterführung. Um langfristig Zufriedenheit und Identifikation mit dem Unternehmen zu gewährleisten, sollte der Mitarbeiter nicht nur als Befehlsempfänger gesehen werden. Der Rückgang betriebsbezogener Bindungen verlangt nach Ausgleich durch personale transformationale Führung. Führungskräfte werden Mitarbeitern mehr Freiraum geben, sie aktiv in die Organisation einbinden und die intrinsisch motivierenden Aspekte einer Arbeitsaufgabe betonen müssen. Zudem müssen sie bereit sein, ihr eigenes (Führungs-)Verhalten zu hinterfragen. Oder anders formuliert: Die Führungskräfte müssen sich auch selbst als Lernende begreifen.
Nachwuchskräfte hinterfragen zunehmend die klassischen Arbeitsbedingungen und Strukturen, zudem wechseln sie immer öfter den Arbeitgeber. Um die Bindung der Mitarbeiter ans Unternehmen zu stärken, ist ein neues Führungsverständnis nötig, nach dem Mitarbeiter nicht mehr nur als Befehlsempfänger gesehen werden. | |
1.4 Management von Vielfalt
Bisher waren es die Modelle zur Anwerbung ausländischer Fachkräfte, jetzt sind es Versuche, Flüchtlinge und Neubürger mit Migrationshintergrund zu integrieren: Das Management von Vielfalt (Diversity Management) ist Herausforderung und Chance zugleich.
Die Herkunft der Mitarbeiter und kulturelle Unterschiede müssen berücksichtigt und die betrieblichen Möglichkeiten überdacht werden. Eine Führungskraft muss einem interkulturellen Team vor allem zu Beginn der Arbeit viel mehr Zeit zur Verfügung stellen. Unterschiede müssen von ihr thematisiert, gemeinsame Konsequenzen daraus abgeleitet und verbindliche Normen festgelegt werden.
Eine stärkere Auseinandersetzung mit anderen, unterschiedlichen Kulturen dürfte auch aus einem anderen Grund an Bedeutung gewinnen: Die stärkere Internationalisierung führt dazu, dass Unternehmen an vielen Standorten vertreten sind. Sie erobern neue Märkte, dehnen ihre Geschäfte ins Ausland aus oder fusionieren mit ausländischen Unternehmen. Mit der Globalisierung der Märkte geht eine Globalisierung der menschlichen Beziehungen einher.
Führung von interkulturellen Teams
Als positiv wird ein Unternehmen zukünftig dann gesehen werden, wenn es die Diversität fördert, eine kulturelle Vielfalt ermöglicht und sich durch eine vorbildliche, innovative Personalpolitik auszeichnet. Die Rolle der Führungskraft ist es deshalb, auf die unterschiedlichen Erwartungen, Wünsche und Vorstellungen bezüglich Führun...