Von der Lehrperson zur Lehrerpersönlichkeit
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Von der Lehrperson zur Lehrerpersönlichkeit

Erwin Rauscher, Erwin Rauscher

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  1. 396 Seiten
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Von der Lehrperson zur Lehrerpersönlichkeit

Erwin Rauscher, Erwin Rauscher

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Über dieses Buch

Im Band 6 der Reihe "Pädagogik für Niederösterreich" begeben sich die Autoren auf die Spur der "Lehrerpersönlichkeit".Im modernen Schulalltag stehen LehrerInnen vor einer Reihe von Herausforderungen: Problemlösung im Alltag, Strukturreformen, Vernetzung und Kooperation, Kreativität und Innovation, Inklusion, Weiterbildung und die allezeit präsente Forderung nach weitreichenden Kompetenzen.- Ist das Idealbild einer solchen Lehrerpersönlichkeit überhaupt erreichbar?- Wie können die Lehrenden die Schwierigkeiten, die dieses Idealbild mitbringt, meistern?- Wie von der "Lehrperson" zur "Lehrerpersönlichkeit" werden?Die Autoren des Bandes gehen den Menschen hinter den Methoden und Systemen auf den Grund: In 40 spannenden, informativen und anregenden Aufsätzen setzen sich nationale und internationale SpezialistInnen des Themas mit den Herausforderungen an die Lehrerpersönlichkeiten von heute auseinander, sprechen von ihren Erfahrungen und präsentieren innovative Ansätze und Lösungsvorschläge.

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Information

Jahr
2015
ISBN
9783706558082

1

Von der Lehrperson zur Lehrerpersönlichkeit

Vom Ich zum Wir: Wenn Netze werken
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Christian Wiesner

Von der Unbelehrbarkeit der Theorien

Konkurrenz anstatt Wechselbeziehungen oder die Vielfalt der Teile anstatt der Wahrnehmung einer Gestalt

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Ich machte es mir zur strengen Aufgabe, nichts auszusagen, was ich nicht aus meiner Erfahrung belegen und beweisen konnte. (...) Dabei befleißigte ich mich, sachliche Argumente anderer kaltblütig zu prüfen, was ich um so leichter tun konnte, da ich mich an keine strenge Regel und Voreingenommenheit gebunden glaube, vielmehr dem Grundsatz huldige: alles kann auch anders sein.
Welchen Weg soll eine Lehrerpersönlichkeit einschlagen? Gibt es wirklich die eine richtige Antwort oder nicht eher viele geeignete Möglichkeiten? Auf der Suche nach der idealen, wirksamen und stimmigen Lehrpersönlichkeit stellt sich auch die Frage nach der Persönlichkeit selbst und deren Grenzen und Möglichkeiten des Lehrens und Lernens. Mit dem Erkunden der Persönlichkeit ergibt sich die Nachfrage nach den integralen Bestandteilen des Lehrens und Lernens. Durch den Einblick in Aspekte und Bestände der Persönlichkeit zeigen sich Systeme, Funktionen, Teile und Dialoge, die wiederum scheinbar Ungleiches aus unterschiedlichen Blickwinkeln wahrnehmen und beobachten. Aus den Unterschieden und Gemeinsamkeiten entsteht womöglich eine Gesamtheit, eine Ganzheit, um das Verhalten, Handeln, Wissen und Können durch Erleben und Erfahrung beschreibbar zu machen.
Betrachten wir zunächst eine häufig gestellte Frage im Zusammenhang mit der Persönlichkeit: „Wie viele Ichs bin ich?“ Ein Mensch besteht aus vielen bewussten Ich-Zuständen: Wir nehmen wahr und empfinden (Vorgänge im eigenen Körper und der Umwelt werden wahrgenommen bzw. empfunden), wir fühlen unseren Körper (die „Meinigkeit“ des Körpers), wir empfinden Emotionen, Gefühle sowie Stimmungen und haben Durst, Hunger u.a.m. (Affekte, Triebe, Bedürfniszustände, Temperament), wir denken, erinnern uns oder stellen uns etwas vor (mentale Zustände des Denkens, Erinnerns und der Vorstellung), wir erleben uns in unserer Identität (Erleben von Gemeinsamkeiten, Unterschiedlichkeiten, Grenzen, Du und Ich, des Selbstwerts und deren Kontinuität), wir verhalten uns und handeln (die Autorenschaft der eigenen Handlungen und des Denkens) und wir kennen die Uhrzeit, den Tag, das Jahr, den Ort u.a.m. (Verortung in Raum und Zeit). Für alle Module der Ich-Zustände liegen unterschiedliche Gehirn-Systeme zugrunde. Die Lehrpersönlichkeit als Ich entspricht somit einer Ganzheit, einer dynamischen Gestalt aus einer Vielheit von Bewusstseinsperspektiven in Verbindung mit dem Gedächtnis und den Möglichkeiten zu Lernen und Lehren. Die Vielfalt der Ich-Zustände entspricht der Mannigfaltigkeit des Denkens, der Erfahrung und der Reichhaltigkeit möglicher Kommunikationsformen. Im weiteren Verlauf versuche ich eine Annäherung an die Vielfalt und Buntheit einer Lehrpersönlichkeit auf Basis von vier Orientierungen und vier Ich-Zuständen.
Aber zunächst etwas scheinbar ganz anderes: Wir bauen eine Bienenkiste. Wer an eine Bienenkiste denkt, hat Informationen und Bilder zu Bienen im Kopf – womöglich schmecken wir Honig und erinnern uns an Erlebnisse mit Bienen. Wer eine Bienenkiste bauen möchte, dem genügt diese Vorstellung alleine nicht. Er muss einen Plan entwerfen, langfristige Zielvorstellungen entwickeln, die Elemente für den Bau der Kisten systematisch erfassen, einkaufen oder Holz selbst zuschneiden. Sowohl der Zusammenbau als auch der Innenausbau einer Bienenkiste benötigen ein Verständnis darüber, wie die Teile zusammengehören und welchen Zweck sie erfüllen. Planen ist eine Aufgabe der Vorstellungskraft, benötigt jedoch auch vernünftiges Vorgehen nach altbewährten und üblichen Standards, das Aufrechterhalten des Ziels aber auch die Flexibilität umzudenken oder auch neu zu denken. Damit die Vorstellungen am Ende wirklichkeits- und anwendungstauglich werden, benötigen wir Wissen, Erfahrung, Entscheidungen und Handeln. In das Wechselspiel zwischen anerkanntem, kritischem und kreativem Denken mischen sich Urteile und Bewertungen, Unklarheiten sowie emotionale Empfindungen vor, während und nach dem Bau. Der Bau einer Bienenkiste benötigt somit Problemerkennung, Verstehensprozesse, Problemlösefähigkeit, Anwendbarkeit, Gestaltbarkeit, Kooperation, Flexibilität, Hinterfragen von Vorgängen sowie unterschiedliche Denk- und Kommunikationsprozesse. Eine Bienenkiste zu bauen, benötigt viele Facetten von Ich-Zuständen, es braucht eine Lehr-Lernpersönlichkeit.
Auf der Suche nach der Lehr- und Lernpersönlichkeit ist die Erforschung des Selbst unentbehrlich, um den inneren Ort der eigenen Lehr- und Lerngestalt zu erkennen und zu verstehen, um dann diese sowohl selbst gestalten zu können als auch sich in der Folge selbst in einem lebenslangen Prozess zu hinterfragen. Die Wissenschaft entwickelte dazu mehrere Paradigmen, um beispielsweise Lehren und Lernen zu charakterisieren. Dabei wurde ein Bündel an theoretischen Leitsätzen, Fragestellungen und Methoden entwickelt, die aktuell auch in Konkurrenz zueinander auftreten. Die Paradigmen bieten wiederum Werkzeuge, Tools, Ratschläge u.a.m., die oftmals sehr erfolgreich sind, jedoch in anderen Fällen bei der Anwendung derselben Methode kaum etwas oder sogar nichts bewirken. Die Qualität der Ergebnisse (Wirkkraft) scheint demnach eher nicht von den Werkzeugen, den Tools abzuhängen, sondern von der Qualität der Haltung sowie der Agilität und Plastizität möglicher Ich-Zustände, aus denen heraus eine Lehr- und Lernpersönlichkeit handelt.
Als Übersicht über die jeweiligen Herangehensweisen an das Lehren und Lernen und um den jeweils inneren Ort der eigenen Lehr-Lerngestalt zu bestimmen, zeigt das Konfluenzmodell unterschiedliche Paradigmen (siehe Tabelle 1). Der Übersichtlichkeit wegen sind die Paradigmen in Forschungs- und Themenbereiche (kurz: „Orientierungen“) strukturiert und stellen die Herangehensweisen der Denkmodelle (so weit wie möglich) voneinander unabhängig dar, obwohl die Orientierungen aktuell in der Lehr-Lernforschung nebeneinander und auch gemeinsam vorzufinden und die Übergänge oft fließend sind. Beachtlich erscheint mir an dieser Stelle, dass wohl aufgrund der Funktion und Struktur des menschlichen Gehirns unterschiedliche wissenschaftliche Forschungsrichtungen und Denktraditionen auf unterschiedliche Weise dasselbe erforschen und jeweils einen bestimmten Fokus – die höheren oder die tieferen Ebenen – näher beleuchten (siehe Abbildung 4).
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Tabelle 1: Konfluenzmodell der Lehrpersönlichkeit (in Anlehnung an Wiesner, 2010; Scharmer & Käufer, 2013; Wiesner, George, Kemethofer & Schratz, 2015)
Die Akteure dieser Lehr-Lern-Paradigmen – wie in Tabelle 1 dargestellt – gehen dabei von divergierenden Denkmodellen in ihren Forschungsansätzen aus und erstellen Befunde, die auf den ersten Blick als kaum integrierbar erscheinen. Vermutlich denken die Akteure in jeder Orientierung (1.0, 2.0, 3.0, 4.0) auch sehr unterschiedlich über ein Gesamtsystem, wodurch ihr Handeln maßgeblich bestimmt wird. Die Denkrichtungen fördern und bevorzugen wiederum Denksysteme, die unterschiedliche Ergebnisse, Erlebnisse und Erfahrungen ermöglichen. Kommunikative Prozesse sind dabei für die Entwicklung des Gehirns besonders bedeutsam, da die differenzierte Entwicklung von höheren und komplexeren Funktionen „ganz wesentlich von den Kommunikationsfähigkeiten und -möglichkeiten“ abhängt.
Die folgenden Abschnitte werden sich nun ausführlicher mit den zentralen Aspekten einer Lehr-Lernpersönlichkeit beschäftigen und dabei die vier Orientierungen des Konfluenzmodells darin verorten. Die Grundannahme basiert darauf, dass wenn die unterschiedlichen Ich-Zustände beginnen miteinander in Wechselbeziehungen zu stehen, sich eine Verbindung zu zukünftigen Möglichkeiten und Entwicklungen aufbaut. In Anlehnung an Carl Rogers (1902–1987) sehe ich vier no...

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