Royal Babylon
Im Jubeljahr der Königin spähten wie üblich Touristen
Durch die Gitterzäune des Palasts von Buckingham,
Nur war die königliche Fee da schon recht flügellahm, die Schwingen arg gerupft
Vom Punk der Sex Pistols, die Monarchie fest im Visier.
»Gott schütze die Queen«, posaunten sie, »ein faschistisches Regime!«
Und der Kehrreim ihres Lieds schwang sich zu einer neuen Hymne auf –
Bestürzend für die fahnenschwenkenden Pulks entlang der Straßen,
Entsetzlich für die Daily Mail und Englands Mittelschicht.
»Sie ist kein Mensch«, verkündeten die Sexpistolen,
Und auf ihren subversiven Plattenpostern
War der anstößige Name der Band auf der Königin Mund geklebt,
Während die Spinnen zweier Swastika die Augäpfel maskierten.
Sie sangen: »Ich glaub’ keinen Illusionen, zu viel ist real«,
Gaben der Royalvisage, wie einer Voodoopuppe halt,
’ne Sicherheitsnadel zum Dekor, und beklebten ihre Züge
Mit ausgeschnittenen Lettern wie eine Erpressungsbotschaft an die Welt.
»Oh nein«, stöhnten die Leute, » man tastet doch die Königin nicht an«
Und schnaubten laut, zur Vorsicht mahnend.
»Oh nein, doch nicht die Königin – die Queen, verstehen Sie, schwebt über aller Politik.
Die Royals dürfen sich nicht wehren, stimmt’s, deswegen ist’s ja auch nicht fair.«
»So steht’s in der Verfassung, etwa nicht?«, behaupteten sie allen Ernstes,
Und vergaßen, dass Großbritannien so ein Schriftstück nie besaß.
Trotz ihres eitlen Stolzes auf die eigene Geschichte können die Briten eben
Auch beweisen, dass sie davon weniger wissen als der Rest der Welt.
Das Land hält sich trotz, nicht wegen seiner eigenen Vergangenheit,
Und sein infantiler Wunsch nach gütigen Eltern jenseits aller Politik
Verleitet es, unliebsame Fakten zu übersehen, so etwa der Monarchin Unterstützung
Für den hässlichsten politischen Akt von allen, das Töten.
Denn des Staatsoberhaupts allererste Rolle ist die Musterung,
Der bewaffneten Streitkräfte des Landes, Reih’ um Reih’ –
In der Ausbildung gebrochen, von Grund auf neu zusammengesetzt
Und dann zum Töten auf Befehl gedrillt.
Die Monarchie ist das Schmierfett der Kriege Großbritanniens,
Denn sie überzeugt ihre Soldaten, allzeit pflichtbewusst fürs Vaterland zu sterben,
Um schließlich, nach Ehrung der Opfer staatlichen Gemetzels,
Die Profite der Waffenhändler zu vermehren.
Waffenhersteller und ihre Kunden werden auf Schloss Windsor
Gern zum Tee geladen – Flugschauehrung inklusive –,
Denn Monarchie und Militärgeschäft sind eng verwoben:
In Großbritannien ist »Rüstungsindustrie« ein royaler Markenname.
Eine gutsbesitzende Verschwörerbande mit Wappen als Zeichen ihrer Privilegien,
Bildet noch immer ein elitäres Netz von Spezis, die sich das Land abstecken
Und sich den Monarchen als ihren Gott bewahren, um die zu täuschen,
Die hier leben und deren Gemeindeland sie einstmals stahlen und umzäunten.
Der Militarismus der Monarchie ist Echo einer Zeit, als Hohn auf Majestäten unbekannt,
Als Kritik am Königshaus Verrat noch war, und wer den Status quo damals bedrohte,
Der konnte ergriffen und mit den Gliedmaßen an Pferde festgebunden werden,
Die in alle Richtungen stoben, wenn sie die Peitschenhiebe spürten.
Nach dem Spektakel des lebendigen In-Stücke-Reißens
Zerschnitten Kronlakaien die Herzen der königlichen Opfer
Und versandten sie sodann ins ganze Land zur öffentlichen Schau,
Als Warnung an alle, die sich mit Aufstandsplänen trugen.
In der Vergangenheit war die Brachialgewalt der Monarchie
Ganz ohne Grenzen, während sie sich heutzutage, ausgefallen kostümiert,
Schon schicklicher geriert, sich selbst mit unverdienten Orden lamettiert,
Und Kränze niederlegt für all die Toten, die in ihrem Namen ihr Leben ließen.
Denn ihr politisiertes Charisma sorgt noch immer für eine Riesenzahl von Leichen;
Menschenleben vom Zauberspruch »Für Königin und Vaterland« dahingerafft.
Die Royals vergelten’s ihren toten Untertanen mit ’nem Defilee,
Wenn die, in Kisten eingesargt, dahin zurückgeliefert werden, wo sie einst lebten.
Der Patriotismus der Königlichen selbst hält sich dagegen arg in Grenzen,
Wie man im Ersten Weltkrieg sah, im Jahr 1915, als der Monarch,
Während in Flandern Millionen für König und Vaterland der Tod ereilte,
Selbst lieber zum Rodeln in St. Moritz weilte.
Er kehrte heim, um eine Rekordzahl von Sandringham-Fasanen abzuknall’n,
Teil der blutigen Schneise, die er alljährlich durch den Wildbestand des Gutes schlug,
Ebenso beschloss George VI. 1939 zum eigenen Gemach, dass es nicht erquicklich sei,
Wenn der Krieg die »Jagdsaison auf Moorhühner in Balmoral« unterbrach.
Großbritanniens militärisch-monarchischer Komplex ist eine zynische Industrie,
Weshalb denn auch ein General, Frederick Browning, die Königin unter die Fittiche nahm;
Desgleichen war der Mentor von Prinz William gleichzeitig Kriegsapparatschik von Tony Blair:
David Manning, der ehemalige Botschafter des Königreichs in Washington.
»Es ist Manning, der den Konflikt mit dem Irak betreibt«,
Schrieb John Kampfner, Autor von Blair’s Wars.
So wird der Thronfolger des Thronfolgers von einem Mann dirigiert,
Der Drahtzieher ist in Großbritanniens jahrhundertealtem Blutrausch.
Die Majestäten profitier’n die ganze Zeit auch selbst vom Geschäft mit Waffen,
Dank ihrer Kronagenten, die ihre Unternehmensbeteiligungen verwalten
Und mit Lockheed und BAE Systems ungerührt Anteile
an Streubomben-, Uranmunition und Landminenproduzenten halten.
Die neuesten Landminen sind so gebaut, dass sie aus dem Boden schießen,
Ausgelöst von in der Nähe gehenden oder spielenden Kindern,
Sie detonieren mitten in der Luft und zerfetzen alle ihre Glieder,
Zum Nutzen der Superreichen, deren Beteiligungen weiter steigen.
Laut Reichenliste der Sunday Times hatte das Vermögen der Königin 2010
Um 20 Millionen zugelegt, sie kröne »ein erfolgreiches Jahr ihres Beteiligungsportfolios
Mit einem persönlichen Vermögen von 290 Millionen Pfund«.
Andere schätzten dagegen, dass ihr Reichtum leicht in die Milliarden geht.
Doch mit den wahren Kosten der britischen Waffenexporte konfrontiert,
Zum Beispiel den...