Menschheit 2.0
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Menschheit 2.0

Die SingularitÀt naht

Ray Kurzweil, Martin Rötzschke

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  1. 672 Seiten
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Menschheit 2.0

Die SingularitÀt naht

Ray Kurzweil, Martin Rötzschke

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Das Jahr 2045 markiert einen historischen Meilenstein: Es ist das Jahr, in dem der Mensch seine biologischen Begrenzungen mithilfe der Technik ĂŒberwinden wird. Diese als technologische SingularitĂ€t bekannt gewordene Revolution wird die Menschheit fĂŒr immer verĂ€ndern.Googles Chefingenieur Ray Kurzweil, dessen wahnwitzigen Visionen in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder genau ins Schwarze trafen, zeichnet in diesem Klassiker des Transhumanismus mit beispielloser Detailwut eine bunt schillernde Momentaufnahme der technischen Evolution und legt dar, weshalb diese so bald kein Ende finden, sondern im Gegenteil immer weiter an Dynamik gewinnen wird. Daraus ergibt sich eine ebenso faszinierende wie schockierende Vision fĂŒr die Zukunft der Menschheit.

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Information

Jahr
2015
ISBN
9783944203133

KAPITEL 1

Die sechs Epochen

Jeder hĂ€lt die Grenzen des eigenen Gesichtsfelds fĂŒr die Grenzen der Welt.
ARTHUR SCHOPENHAUER
Die SingularitĂ€t naht – ich kann nicht genau sagen, wann mir das klar wurde. Die Erkenntnis kam schrittweise. Fast ein halbes Jahrhundert habe ich mich eingehend mit Computertechnik* und Ähnlichem beschĂ€ftigt, und dabei versucht, Sinn und Zweck all der turbulenten Entwicklungen zu verstehen, die es auf so vielen Ebenen zu bestaunen gab. AllmĂ€hlich dĂ€mmerte mir, dass sich ein großer Umbruch in der ersten HĂ€lfte des 21. Jahrhunderts anbahnt. Die Gestalt von Energie und Materie wird bis zur Unkenntlichkeit verĂ€ndert, wenn sie sich dem Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs annĂ€hern. In gleicher Weise wird die bevorstehende SingularitĂ€t, auf die wir uns zubewegen, alle Bestandteile und UmstĂ€nde des menschlichen Lebens verĂ€ndern, von der SexualitĂ€t bis hin zum Geistigen.
Worin besteht also diese SingularitĂ€t? Es handelt sich um einen zukĂŒnftigen Zeitabschnitt, in dem der technische Fortschritt so schnell und seine Auswirkungen so tief greifend sein werden, dass das menschliche Leben einen unwiderruflichen Wandel erfĂ€hrt. Das ist weder utopisch noch dystopisch gemeint, aber diese Epoche wird viele, fĂŒr unseren Lebensinhalt grundlegende Konzepte und Vorstellungen umkrempeln – von GeschĂ€ftsmodellen bis zum menschlichen Lebenskreislauf, einschließlich des Todesbegriffs. Das Begreifen der SingularitĂ€t wird unsere Anschauung der Vergangenheit und der Zukunft verĂ€ndern. Wer wirklich verstanden hat, was uns da bevorsteht, sieht das Leben an sich und sein eigenes Leben fortan mit anderen Augen. Ein „Singularitarist“1 ist fĂŒr mich eine solche Person: Jemand, der die SingularitĂ€t verstanden und ĂŒber ihre Auswirkungen auf sein bzw. ihr eigenes Leben nachgedacht hat.
Ich verstehe nur zu gut, warum viele Leute die offensichtlichen Folgen dessen, was ich als Gesetz der Selbstbeschleunigung (inhĂ€rente Beschleunigung der Evolutionsrate, wobei die technische Evolution Fortsetzung der biologischen ist) bezeichnet habe, nicht wahrhaben wollen. Schließlich habe ich selbst vierzig Jahre gebraucht, um zu begreifen, was sich direkt vor meiner Nase abspielt – und ich kann mich immer noch nicht so recht damit anfreunden.
Der baldige Eintritt der SingularitĂ€t folgt aus der Tatsache, dass sich der Fortschritt menschengemachter Technik beschleunigt, wobei ihre LeistungsfĂ€higkeit exponentiell zunimmt – und exponentielles Wachstum ist ein Wolf im Schafspelz! Es beginnt kaum wahrnehmbar und explodiert dann mit unerwarteter Heftigkeit – unerwartet, falls man nicht genau hinsieht. (Siehe das Diagramm „Lineares vs. exponentielles Wachstum“ auf Seite 11).
Dazu eine kleine Geschichte: Der Besitzer eines Teiches sorgt sich um seine Fische und möchte sichergehen, dass der Teich nicht mit SeerosenblĂ€ttern zuwĂ€chst, deren Anzahl sich angeblich alle paar Tage verdoppelt. Monat fĂŒr Monat harrt er geduldig aus, doch auf dem Wasser sind stets nur kleine Seerosenflecken zu sehen, die nicht merklich zu wachsen scheinen. Da die BlĂ€tter weniger als ein Prozent der WasseroberflĂ€che bedecken, macht sich der Mann keine weiteren Sorgen und fĂ€hrt mit seiner Familie in die Ferien. Als er nach wenigen Wochen wiederkehrt, muss er bestĂŒrzt feststellen, dass die Seerosen den Teich vollstĂ€ndig ĂŒberwuchert haben und all seine Fische dahin sind. Alle paar Tage fand eine Verdopplung statt, und die letzten sieben Verdopplungen reichten aus, um die Abdeckung von einem Prozent auf den ganzen See auszudehnen (sieben Verdopplungen entsprechen einer 128-fachen VergrĂ¶ĂŸerung). Das ist die verhĂ€ngnisvolle Natur exponentiellen Wachstums.
Denken Sie an Gary Kasparov, der noch 1992 das jĂ€mmerliche Niveau damaliger Schachcomputer verhöhnte. Doch infolge der erbarmungslosen jĂ€hrlichen Verdopplung der Rechenleistung2 gelang es bereits fĂŒnf Jahre spĂ€ter einem Computer, den Großmeister zu schlagen. Die Liste von Disziplinen, in denen Computer die menschlichen FĂ€higkeiten ĂŒbertreffen, wĂ€chst schnell. Insbesondere das ehemals kleine Anwendungsgebiet von Computerintelligenz erweitert sich um eine TĂ€tigkeit nach der anderen. Computer diagnostizieren beispielsweise Elektrokardiogramme und medizinische Aufnahmen. Sie steuern und landen Flugzeuge, treffen taktische Entscheidungen fĂŒr automatische Waffensysteme, nehmen Kredite auf, treffen finanzielle Entscheidungen, und sind fĂŒr viele andere Aufgaben verantwortlich, fĂŒr die ehemals menschliche Intelligenz unentbehrlich war. Die LeistungsfĂ€higkeit solcher Systeme basiert zunehmend auf der Kombination verschiedener Arten kĂŒnstlicher Intelligenz (KI). Aber solange es noch Bereiche gibt, in denen die KI versagt, werden Skeptiker diese Bereiche zur unĂŒberwindlichen Bastion der menschlichen Überlegenheit ĂŒber die FĂ€higkeiten ihrer eigenen Schöpfungen erklĂ€ren.
In diesem Buch will ich jedoch zeigen, dass innerhalb weniger Jahrzehnte die Informationstechnik alles menschliche Wissen und Können erfasst, und letztendlich die Mustererkennungs- und ProblemlösungsfÀhigkeiten sowie die emotionale und moralische Intelligenz des menschlichen Gehirns selbst erlangt haben wird.
Dem Gehirn, obschon in vielerlei Hinsicht beeindruckend, sind klare Grenzen gesetzt. Wir nutzen seine enorme ParallelitĂ€t (einhundert Milliarden neuronale Verbindungen, die gleichzeitig arbeiten) um filigrane Muster schnell zu erkennen. Dennoch denken wir extrem langsam: Die elementaren neuronalen Operationen sind mehrere Millionen Mal langsamer als aktuelle elektrische Schaltkreise. Damit ist unsere physiologische Bandbreite zur Verarbeitung neuer Informationen Ă€ußerst beschrĂ€nkt, zumindest angesichts des exponentiellen Wachstums des gesamten menschlichen Wissens.
Ebenso ist auch unser biologischer Körper in seiner derzeitigen Version gebrechlich und fehleranfĂ€llig, ganz zu schweigen von den mĂŒhsamen Instandhaltungsroutinen, die er erfordert. Und obwohl sich die menschliche Intelligenz gelegentlich zu kreativen HöhenflĂŒgen aufschwingt, so ist doch das meiste menschliche Denken wenig originell, sondern belanglos und begrenzt.
Mit der SingularitĂ€t werden wir die Grenzen unserer biologischen Körper und Gehirne ĂŒberschreiten. Wir werden die Gewalt ĂŒber unser Schicksal erlangen. Unsere Sterblichkeit wird in unseren HĂ€nden liegen. Wir werden so lange leben können wie wir wollen (was nicht unbedingt heißt, dass wir ewig leben werden). Wir werden das menschliche Denken vollstĂ€ndig verstehen, erweitern und an neue Ufer fĂŒhren. Bis zum Ende des Jahrhunderts wird die nichtbiologische Komponente unserer Intelligenz Trillionen Mal mĂ€chtiger sein als bloße menschliche Intelligenz.
Wir befinden uns in der frĂŒhen Übergangsphase. Der Paradigmenwechsel (die Geschwindigkeit, in der wir grundlegende technische Herangehensweisen verĂ€ndern) und der exponentielle KapazitĂ€tszuwachs der Informationstechnik erreichen allmĂ€hlich den „Knick der Kurve“, das heißt, der Exponentialtrend beginnt sich abzuzeichnen. Kurz nach diesem Stadium kommt es zur Explosion. Noch vor der Mitte des Jahrhunderts wird sich unsere, vom Menschen selbst nicht mehr unterscheidbare Technik so rasant weiterentwickeln, dass die Wachstumskurve praktisch senkrecht ansteigt. Die – rein mathematisch zwar immer noch endliche – Wachstumsrate wird so extrem ansteigen, dass die Menschheitsgeschichte aus allen Fugen bricht. So wird es zumindest der nicht unterstĂŒtzten*, biologischen Menschheit erscheinen.
In der SingularitĂ€t werden unser biologisches Denken und Dasein mit unserer Technik verschmelzen. Das Ergebnis ist eine nach wie vor menschliche Welt, allerdings jenseits unserer biologischen Wurzeln. Danach wird kein Unterschied mehr sein zwischen Mensch und Maschine, oder zwischen physikalischer und virtueller RealitĂ€t. Falls Sie sich fragen, was dann ĂŒberhaupt noch einen Menschen ausmacht – nun, es ist einfach folgende QualitĂ€t: Unsere Spezies strebt von Natur aus danach, ihre physischen und geistigen FĂ€higkeiten ĂŒber alle gegebenen Grenzen hinweg zu erweitern.
Die meisten Kommentare zu diesen VerĂ€nderungen beziehen sich auf den vermeintlichen Verlust wesentlicher Aspekte unserer Menschlichkeit. Diese Sichtweise beruht jedoch auf einer falschen Vorstellung von der Zukunft der Technik. Noch keine der bisherigen Maschinen besaß dieselben raffinierten FĂ€higkeiten, die der biologische Mensch an den Tag legt. Die SingularitĂ€t hat vielerlei Konsequenzen, doch die wichtigste ist, dass unsere Technik die Feinheit und Eleganz der höchsten menschlichen FĂ€higkeiten erreichen und schließlich in den Schatten stellen wird.

Intuitiv-lineare versus historisch-exponentielle Betrachtung

Wenn die erste ĂŒbermenschliche Intelligenz, die sich selbst rekursiv zu verbessern beginnt, erschaffen sein wird, dann ist mit einem fundamentalen, nicht annĂ€hernd ĂŒberschaubaren Umbruch zu rechnen.
MICHAEL ANISSIMOV
John von Neumann, der legendĂ€re Pionier der Informatik, sagte in den 1950er Jahren: „Der immerzu beschleunigende technische Fortschritt [
] erregt den Anschein, dass sich die Geschichte unserer Rasse einer entscheidenden SingularitĂ€t annĂ€hert, nach welcher das menschliche Leben, wie wir es kennen, nicht weitergehen kann“.3 Von Neumann macht zwei wichtige Beobachtungen: Beschleunigung und SingularitĂ€t. Dahinter steckt erstens der Gedanke, dass der menschliche Fortschritt nicht linear (Wachstum durch wiederholte Addition einer Konstante), sondern exponentiell verlĂ€uft (Wachstum durch wiederholtes Multiplizieren mit einer Konstante).

Lineares vs. exponentielles Wachstum:
images

Linear versus exponentiell: Lineares Wachstum verlÀuft stetig; exponentielles Wachstum verlÀuft (ab einem gewissen Zeitpunkt) explosionsartig
Zweitens ist exponentielles Wachstum trĂŒgerisch: Es beginnt langsam und unscheinbar, nimmt aber nach der Biegung der Kurve explosionsartig an Fahrt auf. Die Zukunft wird weitgehend falsch gedeutet. In der Vorstellung unserer Vorfahren glich die Zukunft ungefĂ€hr der Gegenwart und diese ungefĂ€hr der Vergangenheit. Exponentialtrends gab es zwar auch schon vor tausend Jahren, aber in einem dermaßen langsamen, flachen Stadium, dass eigentlich gar nichts zu passieren schien – was die Annahme einer verĂ€nderungslosen Zukunft bestĂ€tigte. Heute sind wir uns des kontinuierlichen technischen Fortschritts und seiner sozialen Folgen durchaus bewusst. Trotzdem wird die Zukunft die meisten L...

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