III
Best-Practice-Beispiele
Globale Kommunikationssteuerung und Controllingsystem bei Henkel
Ernst Primosch und Simone Gleumes
| Projektsteckbrief | |
| Unternehmen | Henkel AG & Co. KGaA |
| Projekt | Globale Kommunikationssteuerung und Controllingsystem |
| Fokus | • Nachweis des Wertbeitrags der Kommunikation zum Gesamterfolg des Unternehmens |
| | • Steuerung und Controlling des globalen Kommunikationsnetzwerks, bestehend aus über 60 Ländern in vier Regionen |
| Controlling-Tool(s) | • Strategy Map |
| | • Balanced Scorecard |
| | • Target Dialogue |
| | • Agency Reporting |
| | • Com Evaluation |
| Implementierung | • Zentralisierung des Budgets und Benennung von regionalverantwortlichen Kommunikationsmanagern |
| | • Definition von KPIs für die Kommunikation |
| | • Erfassung von relevanten Performance-Daten (zum Beispiel PR Ad Value) durch regelmäßige Erhebungen oder systematische Auswertung von Sekundärdaten |
| | • Implementierung eines botschaftenbasierten Communication Performance Management Systems |
Das Unternehmen
Der internationale Konsumgüterhersteller Henkel, der zu den Fortune-Global-500-Unternehmen zählt, ist in drei Geschäftsfeldern aktiv: Wasch- und Reinigungsmittel, Kosmetik und Körperpflege sowie Adhesive Technologies (Klebstoff Technologien). Mit mehr als 55.000 Mitarbeitern sowie Marken und Technologien, die in 125 Ländern verfügbar sind, erzielte Henkel im Geschäftsjahr 2008 einen Umsatz von 14,1 Milliarden Euro.
Mit dem Verkauf des klassischen Chemiegeschäfts im Jahre 2001 (heute „Cognis“) wurde die strategische Neuausrichtung des Unternehmens als Markenartikler – und damit das Fundament für die konsequente Stärkung der Dachmarke Henkel und ein entsprechendes Corporate Brand Management – gelegt. In der Folge wurde eine eindeutige, unverwechselbare Unternehmenskultur mit einer klaren Vision („Henkel ist führend mit Marken und Technologien, die das Leben der Menschen leichter, besser und schöner machen“) und verbindlichen Unternehmenswerten aufgebaut, hieraus eine Corporate Identity (mit einheitlichen Symbolen, Verhaltens- und Kommunikationsrichtlinien) abgeleitet und Henkel als weltweite Corporate Brand mit dem Claim „Henkel – A Brand like a Friend“ etabliert (vgl. Swoboda/Giersch/Primosch 2007: 24 ff.). Dies hatte weitreichende Auswirkungen auf die Bedeutung und Struktur der Unternehmenskommunikation, die unter anderem mit der Markenführung der Dachmarke Henkel betraut ist.
Globale Kommunikationssteuerung als Controllingaufgabe
Anlass für die Entscheidung, bei Henkel ein Kommunikations-Controlling in der heute vorliegenden Systematik aufzubauen, war die Zentralisierung der bis 2004 lokal geführten Kommunikationsbudgets der Länder. Mit dieser Abkehr von einer zuvor dezentralen Budgetplanung stiegen die Möglichkeiten der konsequenten Steuerung und Professionalisierung der weltweiten Kommunikation und damit der Stärkung der Dachmarkenkommunikation signifikant. Andererseits erhöhten sich damit die formalen Anforderungen an das Kommunikationsreporting aus Sicht des klassischen Unternehmens-Controllings. Gleichzeitig stiegen die Erwartungen des Topmanagements, den Wertschöpfungsbeitrag der Kommunikation zu dokumentieren und die Zuteilung relevanter Budgets zu legitimieren.
Zentrale Zielsetzung war und ist es, den Markenwert der Unternehmensmarke durch die Steigerung des Bekanntheitsgrades und die Verbesserung von Image und Reputation durch externe und interne Kommunikationsmaßnahmen zu stärken (vgl. Primosch/Swoboda/Giersch 2007). Durch diese Fokussierung auf die Dachmarke und das uneingeschränkte Commitment des Vorstandsvorsitzenden und des Vorstands konnte das weltweite Kommunikations-Budget fortan zentral gesteuert und die Kommunikationsstruktur auf weltweiter Ebene weiter ausgebaut und professionalisiert werden. Während das interne Netzwerk der PR-Verantwortlichen im Jahr 2000 rund 25 Länder umfasste und nur im Bereich der internen Kommunikation lückenlos war, stützt sich die Henkel Kommunikation inzwischen auf ein Netz von mehr als 60 Ländern mit einer nahezu vollständigen Struktur in allen Kern-Kommunikationsbereichen.
Da die lokale PR auf Produktebene in den Ländern mehrheitlich vom Marketing gesteuert wird, war eine flächendeckende Präsenz der Marken-PR in den Händen der Unternehmenskommunikation nicht von primärer Bedeutung. Obwohl alle Kommunikations-Controllinginstrumente den wichtigen Bezug zwischen Dachmarke und Produktmarken herstellen, behandeln die nachfolgenden Ausführungen zum Kommunikations-Controlling daher in erster Linie die Dachmarkenkommunikation.
Wichtige Erfolgsfaktoren für die systematische Ausweitung und die weltweite Steuerung der Kommunikation sind die regionalen Kommunikationsverantwortlichen, die ihre jeweilige Region in allen Kommunikationsfragen leiten. Zusammen mit den Regionalverantwortlichen bilden die Bereiche Communications and Information, Corporate Branding & Communications Strategy, Issues Management und CSR/Sustainability Management die grundlegenden Säulen der Kommunikationsstruktur. Dabei umfasst der Bereich Communications & Information die gesamte Kommunikation nach außen und innen. Außer der internen Kommunikation und der Corporate PR auf nationaler und internationaler Ebene beinhaltet Communications & Information auch Sponsoringmaßnahmen, Produktmarken-PR und Unternehmenspublikationen. Alle Aktivitäten, die die Markenführung der Dachmarke Henkel und die weltweite Kommunikationsstrategie und -steuerung betreffen, werden von Corporate Branding und Communications Strategy gesteuert. Issues Management entwickelt konkrete Handlungsoptionen zu unternehmensrelevanten Chancen- und Risikothemen, koordiniert die zielgruppenadäquate Kommunikation bei Stakeholderanfragen im Rahmen der One Voice Policy und leistet Ad-hoc-Beratung und -Unterstützung in Krisensituationen. Der Bereich CSR/Sustainability Management steuert die Entwicklung von Konzepten, Positionen und Instrumenten für die Henkel-Nachhaltigkeitsstrategie und ist die unternehmensweite Schnittstelle für zentrale CSR- und Nachhaltigkeitsfragen.
Im „Communications Executive Committee“ – dem Hauptentscheidungsgremium innerhalb der Henkel Unternehmenskommunikation – sind, zusätzlich zu den Regionalverantwortlichen, auch die Leiter der Kommunikationsbereiche im Headquarter vertreten. Das „Communications Executive Committee“ (Communications ExCom) ist eine zentrale kommunikationsstrategische Institution, die den Chief Communications Officer maßgeblich unterstützt und berät, Ziele formuliert, Informations- und Kommunikationsstrategien entwickelt und Koordinations- und Kontrollfunktionen ausübt.
Zudem hat Henkel vor mehr als zwei Jahren begonnen, die Kommunikationsagentur-Landschaft für die externe Kommunikation international zu konsolidieren und das so entstandene Agenturnetzwerk als Parallelstruktur zum internen Kommunikationsnetz aufzubauen. Derzeit arbeiten 28 Länder mit einer einheitlichen, internationalen Leitagentur zusammen. Weitere Länder, die mit lokalen Agenturen oder Töchteragenturen anderer Kommunikationsnetzwerke arbeiten, sind in das Leitagenturnetzwerk integriert, so dass Informationen kontinuierlich auch auf diesem Wege zwischen der Kommunikationszentrale in Düsseldorf und den Ländern ausgetauscht werden.
Strategy Map und Balanced Scorecard
Die Steuerung der Kommunikation auf weltweiter Ebene erfolgt über ein geschlossenes System aus strategischen Management- und Controllinginstrumenten, die mit dem bei Henkel generell eingesetzten Mitarbeiterführungsinstrument des bonusrelevanten Zielvereinbarungsgesprächs (Target Dialog) verknüpft sind (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Steuerungsinstrumente der Henkel Kommunikation.
Kernstück der Steuerung sind die beiden aufeinander aufbauenden Managementinstrumente Strategy Map und Balanced Scorecard (BSC) (vgl. Kaplan/Norton 2004: 8 ff.; Kaplan/Norton 1996: 29 ff.). Beide Instrumente wurden bei Henkel speziell auf die Anforderungen und Bedürfnisse der Kommunikationsabteilung zugeschnitten und schaffen innerhalb des weltweiten Kommunikationsteams Klarheit darüber, welchen Wertbeitrag die Kommunikationsabteilung zur Gesamtstrategie von Henkel liefert. Obwohl es zahlreiche Weiterentwicklungen des BSC-Modells gibt – auch in Hinblick auf die Anforderungen des Kommunikationsmanagements (vgl. zum Beispiel Hering/Schuppener/Sommerhalder 2004) –, hat sich Henkel bei der Implementierung am Ursprungsmodell von Kaplan und Norton orientiert, um die Anschlussfähigkeit an die strategische Planung für das Gesamtunternehmen sicherzustellen.
Beschreibung des Controllingsystems: Kennziffern und Kommunikations-Controlling
Die BSC-Methode hilft bei der Generierung von eindeutigen, verbindlichen Zielen und der Ziel-Transparenz. Dies ist insbesondere für die Steuerung der Kommunikationsmanager außerhalb der Henkel-Zentrale von hoher Bedeutung. Eine besondere Herausforderung bei der Implementierung der BSC bestand darin, valide Kennziffern für die Unternehmenskommunikation zu definieren. Die Bandbreite der bei Henkel verwendeten Kennziffern reicht von rein quantitativen, einfach messbaren Größen wie der Anzahl der Pressemeldungen oder Presseveranstaltungen über komplexere Kennziffern wie qualitative Inhaltsanalysen, Werbeäquivalenzwerte, Bekanntheitsgrad des Unternehmens, Rankings, Reputationsstudien oder Ergebnisse aus der Führungskräftebefragung, bei der zum Beispiel das Wissen der Führungskräfte über Vision und Werte des Unternehmens oder die Mitarbeiterbindung abgefragt wurden (vgl. Swoboda/Giersch/Primosch 2007: 32 ff.).
Eine der zentralen Kennziffern ist dabei der Werbeäquivalenzwert. Um diesen zu bestimmen, wird die Berichterstattung weltweit nach Kriterien wie zum Beispiel Art des Mediums, Platzierung, Länge und Tonalität ausgewertet. Dann werden die Kosten erfasst, die eine vergleichbare Werbeschaltung in diesen Medien verursacht hätte. Dabei werden positive Berichte addiert, negative Berichte subtrahiert. Der sich so ergebene Werbeäquivalenzwert wird zudem mit einem Glaubwürdigkeitsfaktor multipliziert – das Ergebnis ist der sogenannte „PR Ad Value“. Das zugrunde gelegte Vorgehen zur Bestimmung dieses Wertes, das von PRIME Research International definiert wurde, wird in der Henkel-Kommunikation weltweit als Standard verwendet.
Der Werbeäquivalenzwert und weitere Kennziffern fließen in die Zieldefinition der jährlichen Budget- und Projektanträge ein. Die Key Performance Indicators (KPIs) dienen der Dokumentation und Evaluation und sind eine wichtige Basis für die Budget- und Projektplanung der Länder. Auch die lokalen Kommunikationsagenturen sind aufgefordert, ihren Wertschöpfungsbeitrag anhand dieser Kennziffern zu dokumentieren und im Rahmen des monatlichen Agenturberichts an die lokalen Kommunikationsverantwortlichen und das Headquarter auszuweisen.
Die Umsetzung auf Landesebene läuft dabei wie folgt ab: Der lokale PR-Verantwortliche erhält die Strategy Map und die Leit-BSC aus der Zentrale und erstellt auf dieser Basis seinen Kommunikationsplan für das Folgejahr. Dabei w...