MEINE BILDER UND IHRE ENTSTEHUNG
Im zweiten Teil möchte ich euch eine Zusammenstellung persönlicher Lieblingsbilder und ihre Entstehungsgeschichte präsentieren. Da wären zum einen technische Anmerkungen, wie die Exif-Daten. Auch wenn diese oft nicht wirklich wichtig sind, so weiß ich doch, dass viele Fotografen sie sich gerne anschauen. Also bitte, es ist kein Geheimnis.
Zu einigen Bildern gibt es eine Geschichte, teilweise kleine Anekdoten. Andere wiederum sind eher unspektakulär entstanden. Teilweise steckt viel Arbeit in einem Bild, andere wiederum sind in Sekunden entstanden. Ich denke mir immer: Wenn ich das kann, dann können das andere auch. Man muss es nur ausprobieren. Bilder entstehen nicht, indem man darüber liest, wie man Bilder macht, sondern indem man die Kamera in die Hand nimmt und sie einfach macht.
01
Dieses Bild entstand bei einem meiner ersten Porträtshootings. Ich habe am Anfang des Buches darüber berichtet, wie ich mit einem Berg Equipment in der Speicherstadt auflief. Es war eine Materialschlacht.
An dem Tag habe ich sehr viel probiert, und einen Großteil der Bilder würde ich heute so nicht mehr machen. Dieses Foto gehört aber noch immer zu meinen Favoriten und es fällt mir auf, dass es eines der wenigen von diesem Tag ist, das mit Available Light gemacht wurde. Normalerweise bin ich auch kein Freund davon, die Kamera extrem schief zu halten. Hier passt es aber sehr gut. Die Linie vom Scheitel durch die Augen bis hinunter zum Arm ergibt eine Diagonale. Zugegebenermaßen habe ich darüber damals nicht bewusst nachgedacht.
Zu der Zeit arbeitete ich sehr viel mit dem 85-mm-Objektiv. Es erlaubt eine unglaublich gute Freistellung und ist für Porträts besonders geeignet. Wenn ich so nah an mein Motiv herangehe, blende ich ein klein wenig ab. Würde man das Bild mit f/1.4 machen, so wäre mir persönlich die Unschärfe zu extrem. Auch bei f/2.2 bleibt noch genug Freistellung.
85 mm, f/2.2, ISO 200, 1/800 Sek.
02
Diese Serie ist 2016 entstanden. Mein Studio besaß ich damals bereits seit sechs Jahren. Wenn man so lange in einem Studio arbeitet, hat man das Gefühl, jede einzelne Ecke zu kennen und bis zur Erschöpfung ausfotografiert zu haben. Gemeinsam mit dem Model kam an diesem Tag aber eine extrem kreative Stimmung auf. Wir probierten alles Mögliche aus. Auf die Idee, durch die Milchglasscheiben der Tür zu fotografieren, war ich aber bis dato noch nicht gekommen. Plötzlich sah ich Redsky hinter der Tür stehen und bat sie, einmal ganz dicht an die Scheibe zu gehen. Oha, wie geil ist das denn? Man erkannte Redsky nun plötzlich. Nicht zu hundert Prozent, denn noch immer wurde durch das Glas einiges verdeckt. Wir spielten: näher ran, weiter weg … Redsky füllte den Rahmen mit ihren Posen perfekt aus. Für mich bis heute eine besondere Serie.
Zusätzliches Licht kam nicht zum Einsatz. Die Küche, in der Redsky stand, war hell genug. Das Licht kommt dort durch ein Oberlicht. Man sieht, dass die Fotos oben rechts heller sind. Der leichte Lichtabfall nach unten links passte ganz gut.
Im Nachgang musste ich allerdings noch die Türklinke entfernen. Eine der wenigen Situationen, in denen ich Photoshop einsetzte.
Einzelbilder: 50 mm, ISO 640, F/2.4 und 1/180 Sek.
03
Es war ein richtig schöner Sommertag. Die Sonne knallte, was es schwierig machte, mit dem direkten Sonnenlicht zu arbeiten. Dann kamen wir an einem kleinen Aufgang mit Geländer vorbei. Dieses Geländer war mit einer Art Metallmatte verkleidet, die man links im Bild noch erkennen kann. Die Metallmatte erzeugte ein interessantes Schattenmuster auf der Haut des Models. Diese Schatten waren so nur möglich, weil die Sonne direkt durch die Matte schien. Leider war das Geländer nicht besonders hoch, sodass sowohl Maria als auch ich uns ziemlich tief auf den Boden kauern mussten. Besonders viele Posen und Bildausschnitte waren so nicht möglich. Dennoch bin ich von dem Bild total begeistert. Es ist diese Art von Bild, die man nicht planen kann, an die man niemals gedacht hätte. Dann sieht man plötzlich diese winzige Stelle mit dem Schattenwurf und freut sich anschließend wie ein kleines Kind über das Ergebnis.
Das Bild ist übrigens bei den Aufnahmen zu einem kostenlosen Video-Tutorial auf YouTube entstanden. Wenn ihr mal reinschauen möchtet, dann unter diesem Link:
https://youtu.be/5pJ72F8XHhU
Oder sucht einfach nach "Ugly Location Challenge" auf YouTube.
85 mm f/2.0, ISO 100 und 1/1250 Sek.
04
Bei diesem Foto handelt es sich um eine Aufnahme aus einer Reihe von Pressebildern, die ich für den Hamburger Sänger Lotto King Karl gemacht habe. Wir haben den Tisch direkt vor mein Fenster geschoben, sodass das Fensterlicht von vorne kommt. Im Hintergrund wurde nicht aufgeräumt. So sieht mein Studio aus. Dadurch bekommt das Bild etwas Echtes und Lebendiges. Es wirkt nicht so clean und gestellt. Durch den Lichtabfall nach hinten und die Unschärfe ist Lotto gut freigestellt. Die Linien auf dem Tisch geben dem Bild zusätzliche Tiefe und führen das Auge auf das Model im Fluchtpunkt.
50 mm, f/2.0, ISO 200, 1/180 Sek.
05
Diese Wand in meinem Studio habe ich von einem Wandkünstler bemalen lassen. Mein Wunsch war eine natürliche Wand, die vor allem etwas größer ist als meine mobilen Wände oder die typischen Papierhintergründe, die man aus dem Studiozubehör kennt.
Das Licht kommt von rechts durch das Studiofenster. Man sieht sehr schön die Schattenbildung und auch den Lichtabfall, besonders nach oben links hin. Die Schatten modellieren den zweifelsohne sehr schönen Körper des Models.
Auf dem Bild sieht man Akvile Jurksa, ein Model, mit dem ich seit vielen Jahren zusammenarbeite. Daraus hat sich eine echte Freundschaft entwickelt. An diesem Tag wollten wir Bilder machen, die etwas sexy sind. Aber eben auch nur etwas, denn ich bin kein großer Freund von Aktbildern. Teilakt und verdeckter Akt liegen mir viel mehr, weil ich es mag, wenn noch Raum für Fantasie bleibt. Das Foto sollte eine gewisse Lässigkeit ausstrahlen. Daher auch die relativ einfache Pose mit dem herunterhängenden Arm und dem Bein, das an die Wand gestellt ist.
Akvile schaut zur linken Seite, also vom Licht weg. Das ist für den Bildaufbau vorteilhaft, weil sie in das Bild schaut und nicht hinaus. Dass ihr Gesicht dabei nicht komplett im Schatten versinkt, liegt daran, dass durch das große Fenster auch noch genug Licht von vorne kommt.
Blende, ISO und Verschlusszeit sind bei diesem Bild relativ egal. Die Blende kann f/2 oder f/8 sein, das Bild hat sowieso kaum Tiefe. Da sich das Model nicht bewegt, ist die Verschlusszeit auch nicht so wichtig. Man sollte lediglich darauf achten, bei natürlichem Licht einen möglichst geringen ISO-Wert zu bekommen, um zu starkes Bildrauschen zu vermeiden.
50 mm, ISO 400, f/2.8 und 1/160 Sek.
06
Das Foto ist bei einer Porträtsession mit dem Schauspieler Jörn Schlönvoigt entstanden. Jörn benötigte eine ganze Reihe Fotos, sowohl für seine Agentur als auch für Social Media.
Hier sitzt er auf dem Boden in meinem Treppenhaus. Dort lassen relativ kleine Fenster von nur ca. 1 x 1 m sehr wenig Licht in den Flur. Zudem sind die Wände dunkelrot gestrichen. A...