Die Farbe des Granatapfels
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Die Farbe des Granatapfels

Roman

  1. 320 Seiten
  2. German
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Die Farbe des Granatapfels

Roman

Über dieses Buch

Eine große Geschichte von Liebe und Versöhnung, Krieg und Frieden, Ausgrenzung, Vereinnahmung und Entfremdung im Heranwachsen zwischen den Kulturen.Sommer für Sommer findet ein Mädchen sich fernab seiner österreichischen Heimat auf einer dalmatinischen Insel in der Obhut der Großmutter, nur einen Steinwurf vom Meer entfernt unter dem Blätterdach der Mandelbäume im Lärm der Zikaden. Es hat etwas Paradiesisches und ist zugleich doch auch das Andere, Fremde. Hier die archaische Inselwelt eines Fischerdorfs im Mutter- und Großmutterland, wo man Marschall Tito und seinen Partisanen huldigt und den Sieg über die Deutschen feiert, während die abermals über das Land kommen, diesmal willkommen - als zahlende Touristen. Dort das bürgerliche, behütete Leben in einer österreichischen Provinzhauptstadt (Vaterland), in der sich der nationalsozialistische Bodensatz lange hartnäckig hält und Jugoslawen hauptsächlich als Gastarbeiter in Erscheinung treten.In diesem Roman geht es um Identitätsfindung, Entfremdung, um das Heranwachsen zwischen zwei Kulturen und Kindheitsschauplätzen, nämlich der archaischen Inselwelt in Kroatien und der österreichischen Welt. Es geht auch um die geschlechtliche Identität, um die Widersprüchlichkeit der Erwartungen, Anforderungen und Zumutungen und um die Zugehörigkeit zu Muttersprache und Vatersprache und um die Großmuttersprache.

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Information

Atemlauern

Unsere Liebe war wie einer, der fortgegangen ist und über dessen Verbleib man nichts weiß. Es wäre besser, er wäre gestorben, sagen die Verwandten dann.
Die Tage wurden kürzer.
Im Oktober fällt der erste Schnee, fallen die ersten Bomben der Jugoslawischen Volksarmee auf Zagreb. Ich ziehe mit Ela nach Wien. Wieder Wien: zweiter Hieb, Hochparterre, Vierteltelefon, Klo am Gang. Ausländerfrei das Haus, wie der Vermieter mehrmals erwähnte – lobend, was sonst. Nadas Anruf dann. Das Mutterlandsheer sucht seine abspenstigen Länder einzufangen, sie wie ausgerissene Schafe ins Revier zurückzuscheuchen, ein mütterliches Recht, gewiss.
Ich legte den Hörer auf, zog den Parka über, trat in schweren Stiefeln vor die Haustür, zündete mir eine Zigarette an, verfluchte den Wind, der mir die Glut wegblies.
Dann ging ich los, ziellos, ahnungslos, dass ich losgehen würde wie die Plattenspielernadel, an immer derselben Stelle stockend, sich festfahrend in immer tieferen Rillen, ein Rotieren ohne Ankunft oder Absicht, ein tagediebisches Zeitvertreiben und Zeittotschlagen – wochenlang, winterlang, in den stundenlangen Märschen durch Häuserschluchten und Parks, im Herumtreiben auf den Märkten und in Kaufhäusern, immer leicht nach vorne gebeugt, als ginge ich gegen den Wind, immer den Kragen hoch, die Mütze tief im Gesicht, trotzig gegen die Ermüdung und den Schmerz der wundgelaufenen Füße – Schau auf deine Füße beim Gehen! –, trotzig gegen den Verdacht, dass mir das Müßiggehen nicht zustünde, denn obschon eine eifrige Art der Untätigkeit, war es doch Untätigkeit vor der Tatsache, dass ich hier war, um mich in den stickigen Lehrsälen und Laboratorien zu beschäftigen, anstatt dem Ruf zu folgen, der aus der immer gleichen Ferne erklang, wie weit ich auch gegangen sein mochte, einem Ruf, der nicht nur ein Laut war, sondern ein Aufgehen in Rost und Metall, im Geschmack der Bratkartoffeln und Maronen, im Bouquet von nassem Laub, Gummiabrieb, Teer und stinkenden Kanälen, in den Scherbenprismen der Kristalle auf dem Boden einer demolierten Telefonzelle, darin das Licht der Leuchtreklamen und Laternen tausendfach gebrochen. In Bruchteilen von Sekunden löste ich mich auf und fand mich neu zusammengefügt in den Saatkrähenschwärmen, die sich im Flug zu bizarren Wolken ordneten, im Krächzen der Lautsprecherdurchsagen, in den Schausälen des Anatomischen Instituts mit seinen Vitrinen aus venezianischem Glas, den Wachsmodellen aufgeschnittener Körper, den Organen und Föten in verkorkten Flaschen, im Fauchen und Rumpeln der Straßenbahngarnituren, vor denen alles erzitterte und vor denen die Stadtvögel aufflogen, in Blaulicht und Sirenengeheul, eins geworden mit den Beleuchtungskörpern, die einem zu den Dämmerstunden in die Bindehaut fuhren und im Tränenspiegel der Augen flimmerten, wie damals, auf Mutters Arm, das Gesicht in ihrem Fellkragen verborgen, während die Lichter der Stadt vor den beschlagenen Linsen zu flackernden Bildern verrannen, erstaunt über die komplizierten Koordinaten auseinandergehender, zusammentreffender, sich kreuzender blanker Schienenstränge, die den Asphalt wie ein Blitzgeflecht durchäderten, und erdpechgrau der Himmel über der Stadt, zu dem alles empordrang.
Von dieser Art war meine Tatenlosigkeit, ein Aus-der-Zeit-Fallen, Irren und Schweifen, ein Schauen fernab vom Zur-Schau-Gestellten und dem, was als sehenswürdig gilt, die Suche nach Ablenkung abseits des nur augenscheinlich Schönen, das einen bald langweilt und beirrt, begierig nach den Sensationen des Alltags, ein Ausschauen auch nach den Geächteten, Straßenräubern, Herumtreibern, Huren, Exhibitionisten.
An manchen Tagen fuhr ich mit der Straßenbahn zum Südbahnhof, um mir Aufbruch und Ankunft vorzumachen, die Langeweile zu spüren, die keine ist, um mir diesen einen kleinen Sprung aufs Gleis auszumalen, der erforderlich wäre, um ein Ohr aufzulegen. Die Stunden machten, dass sie fortkamen, wie Kinder, die etwas ausgeheckt haben, alles war als ob – ein Sichverlieren in den Tonbanddurchsagen, im Zugbremsenkreischen, im Geruch von Eisen, in den Hochstromleitungen, die in der Sonne blitzten, ein endloses Abschreiten der Perrons, die Aufregung, wenn sich die Waggontüren ruckelnd auftaten und die ersten Reisenden die steilen Stufen herabtraten, die Ausschau dann nach der einen, die bedächtiger und schwerer hervorkam als die übrigen, auch nach dem großen Koffer, der ihre Kostbarkeiten barg – gleich würden wir einander entgegeneilen, mit ausgestreckten Armen, einander wiegen und küssen, wie sich alles ringsum wog, in Abschiedsweh und Wiedersehenstaumel, unbeteiligt nur die, denen das Reisen bloß Zweck war und die ihre lärmenden Rollkoffer geradewegs zu den Schaltern, Buden und Taxiständen zogen.
Gelang das Maß an Verzweiflung, das einen zur Erfindung drängt, nahm ich Füllfeder und Papier, sah die sich in Wellen und Schlaufen schlingenden oder in Sporen auszuckenden Tintenlinien, die sich auf eigene Art der Anatomie der Schriftzeichen fügten, vergaß darüber fast den Zweifel, der mich das Notierte früher oder später durchstreichen, vernichten und neu beginnen ließ, denn vielleicht gab es eine andere Wahrheit, eine bessere, und dann: alles nur Gekritzel und jedes Blatt vergeudet – niemals abgeschickte Briefe, geheime Aufzeichnungen und Entwürfe, die ich am Ende verwarf, zerriss, zerknüllte und in der Duschtasse verbrannte, weil auch das Löschen und Radieren nicht half gegen die Bedenken, die erst in den frühen Morgenstunden in jenem milden Licht aufgingen, in dem auch die leeren Rotweinflaschen und vollen Aschenbecher traulich erschienen, dass ich endlich Schlaf fand über dem Zerstörungswerk der Nacht.
Im Frühjahr brandete die Flüchtlingsflut an, kam als Schwirren über die Stadt, veränderte ihren Grundton. Die von dort unten, wie die Eingesessenen sagen, mit nichts als ihren Leidensminen und Plastiksäcken am Südbahnhof gestrandet, sah man in losen Grüppchen stehen, rauchend und harrend in zugigen Wartehallen, unentschieden, worauf es überhaupt zu warten galt, verloren vor den Zeitungsständern – Kriegsschauplätze jetzt mit ihren Tagesblättern und Gazetten, deren scharfgestochene Fotografien nackter, ausgezehrter Kriegsgefangenenkörper die blanken Brüste nebenan als Blickfang übertrafen – und angebettelt selbst die Ärmsten von den Bettelkindern, die filzhaarig und dreckig durch jene Fremde zogen, in der es kein Ankommen gab, nur ein Sichgedulden auf das Ungewisse.
Ich drängte mich an sie heran, beseelt vom Klang ihrer Sprache, die mich vertraut umspann mit ihren Worten, Modulationen, Silben, die, wo sie die eine Sehnsucht stillten, sofort eine andere, tiefere aufrissen, und wie ich so horchte, verdichteten sich alle Flüche und Klagen zu einem Zirpen, zum fröhlichen Gezwitscher, das an den Hochsommerabenden aus den Schwalbennestern in der Kapelle des heiligen Antonius drang, zum Plätschern kleiner Brecher, zum Glockengebimmel, das die auf unwegsamen Distelweiden zwischen den Steinschlichtungen grasenden Maulesel schon von weitem verriet, Čuš tovare! – und endlich die Gewissheit, dass mir die Seele da beheimatet war, in der Muttersprache, die ich immer noch sprach wie ein Kind und die ich mir im Vaterland versagte, um nicht gehört zu werden, um nicht verhöhnt zu werden, um nicht mitgemeint zu sein mit denen von dort unten, nicht mitgemeint zu sein in den Schimpfworten, den Worten für das Böse, den Worten für das Fremde in mir, das nur Nada liebte.
Ich sehe die Bilder im Fernsehen, Nada, sehe durch sie hindurch und dort, im Narrenkasten, deine brennende Zigarette, die aus dem überquellenden Aschenbecher neben dem Notenbrett in den Klavierbauch rollt. Unter dem Sargdeckel quillt Rauch hervor. Der Flügel geht in Flammen auf. Keiner scheint es zu bemerken. Meine Finger fangen Feuer. Ich spüre es nicht. Du lockerst deine Zahnprothese, lachst. Jetzt nur noch das Schreibmaschinentastenspiel, ein leises Rattern, ehe es zu Musik wird, wie mir immer alles zu Musik wird, auch der über das Papier kratzende Bleistift, auch das Lachen meines Teufels. Der lässt mir keine Ruh: Du schreibst, weil du nicht reden kannst, kichert er, weil du dein Maul nicht aufkriegst, nicht einmal zum Kuss! Dann heult er auf: Dassagtmannicht! Ich erfinde Geheimschriften, Spiegelschriften, Schriftlabyrinthe – mein Teufel enträtselt sie alle. Er bricht in Lachen aus, als ich wieder alles zerreiße und verbrenne, die Worte, die Sätze, das verfluchte Papier. Über allem deine Augen, die nach den Zeilen spähen, sich nach mir verdrehen wie die Augen eines Leguans. In meinen Träumen hältst du sie mir drohend vors Gesicht, die Ansichtskarten an Vater und Mutter: Ist das wahr? Ist das alles wahr? Ich will die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, verdammtnochmal! Und wieder: Wie kannst du mir das antun, Kind! Dann zerreißt du sie, ratsch! und Jebem ti boga!, zerreißt die Mördersprachenkrakel, die du nie entziffern konntest, zerfetzt auch die Insellandschaften und Dorfansichten auf der Rückseite, wirfst die Schnipsel in die Luft, dass sie wie Konfettiregen auf uns herabfallen, und dann dein verrücktes Lachen, in das ich einstimme, zuerst zögerlich, dann wie durchgedreht, dann plötzlich ernst: Ich scheiß auf deine Wahrheit!
Deine Wahrheit ist ein flacher Atemzug, der mir nicht zum Leben reicht, doch immer obenauf, ein Schwimmstein – Kamen koji pliva.
Ich betrachte die sich in der Hitze krümmenden Notizblätter, sehe, wie sich das Feuer in die Zeilen einfrisst, sehe Menschen fliehen, entkommen, vielleicht weil das Erschießungskommando am Schicksalstag nicht genügend Handfesseln und Augenbinden hatte, ich sehe sie stürzen und liegen. Dann Asche und Ruß auf weißem Email – Wo siehst du Asche, wo? – und alle Gedanken bei der, der ihr Papier so heilig war, eine Kostbarkeit, die sie jedes Mal mit den großen Gesten einer trotz allen Mangels Herzensguten aus der untersten Schublade der Kommode gegenüber dem Spiegel nahm, immer nur ein Blatt, und wehe, wenn man es leichthin bekritzelte, und wehe, wenn man sich selbst eines nahm, denn das Gewissen selbst wog schon schwer, auch wenn sie einem gar nicht auf die Schliche kam.
Immer behaupte ich die Liebe und kann doch nicht lieben. Keiner soll es wissen. Du musst immer die Wahrheit sagen, immer! Niemals! Wer gibt dir das Recht zu schweigen?
Was war in Bleiburg, Nada?
Schulterzucken.
Die Wahrheit ist eine Erfindung.
Nada ruft an, Du kannst mir alles erzählen, will nichts wissen von mir: Geht es dir gut? Sie kann bedenkenlos fragen, denn Ja ist stets die Antwort, sie genügt.
Wir wissen: Geteiltes Leid ist doppeltes Leid, auch wenn meines nicht an ihres heranreicht, wie alles nichtig wird neben den Feldzügen, Überfällen und Operationen – Kugelblitz, Treibjagd, Schneesturm, Morgenwind – und dem, was sie am eigenen Leib erfahren hat in den vier Jahren, von denen sie immerfort spricht, selbst wenn sie nicht davon spricht oder nur andeutungsweise, lückenhaft, nur in einem Seufzen, einem ungläubigen Kopfschütteln. Nona je svašta prošlaNona hat viel erlebt. Da war das Leben verdichtet, ein unentwirrbares Knäuel, das, mochten seine Fasern auch in die Gegenwart reichen, doch nur Geschichte war – nicht wahrer als ihre Märchen, nicht schlimmer als das Nimmersatt bei vollen Schüsseln, das Aufessen, auch das Übriggebliebene und Aufbewahrte, das Fingerindenhals bis zum Erbrechen, denn der Zaunkönig, sooft ich ihn auf den Boden spucke und tottrample, beginnt sein Scharren und Wühlen von vorne. Ich speie Granatapfelkerne, blute aus dem Mund, blute ins Trinkglas, huste das Blut aufs Tischtuch. Blut ist dicker als Wasser. Nada würde nichts davon wissen wollen, genauso wenig wie ich von ihrem Magengeschwür oder von den Ohnmachtsanfällen und Albträumen des guten alten Beppe, gegen den sie sich nicht aufzumucken traut, obwohl sie insgeheim auf ihn herabsieht, ihn, den Bauernsohn, von dessen Heldentum man nicht ein ganzes Leben lang zehren kann – eine Dame gilt neun Bauern.
Ich will nichts wissen von den Sternennächten, deren Schönheit alles übertraf und doch nicht ankam gegen Beppes Worte – Hinterhalt, Vergeltungsschläge –, gegen salzigsteife Laken, in die der Nachtschweiß perlte und das Frauenblut, gegen die Schwüle und Schwere des Mittags, gegen Hanins Mut. Wenn’s nicht wahr ist, ist’s doch gut erfunden, genauso gut wie meine Linkshändigkeit, denn siehst du nicht: Ich bin die linke Hand, sie ist es, die die Dunkeltöne spielt!
Natürlich geht es mir gut.
Hielte ich mich nicht an unser stilles Übereinkommen, ihr meinen Kummer zu ersparen, wäre Nada schnell dabei, ihn durch die Vorhaltung ihres Schicksals geringzuschätzen: Glaubst du, mir geht es besser?
Sie hält das Unglück besetzt wie ein Schulmädchen, das einem den Platz neben sich verwehrt, auch wenn ich mich niemals beschwere, um zu verhindern, dass sie ihr Leid wie ein kostbares Tuch vor mir ausbreitet und abwiegt, als preise sie sein Gewicht, als halte sie es mir halb stolz, halb angewidert hin, damit ich es sorgsam befühlen und mich seiner Schwere vergewissern kann. Ich gehe in Deckung, vermeide das Fragenstellen, weil ich keine Antwort auf meine Fragen will. Manchmal fahre ich ihr scharf ins Wort,...

Inhaltsverzeichnis

  1. Umschlag
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. [Zwei Jahre nach Hanins Tod ...]
  6. Die Zunge des Basilisken
  7. Das Lieben der anderen
  8. Minderjahre
  9. Atemlauern