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Die Volksrepublik China
Über dieses Buch
In einzigartiger Weise bewegt sich die Geschichte der Volksrepublik China in einem Spannungsfeld zwischen Kommunismus, Kapitalismus und Tradition. Dabei hat das Land einen rasanten Aufstieg vom kommunistischen Entwicklungsland zur einer der größten globalen Wirtschaftsmächte durchlaufen. Das Lehrbuch bietet einen anschaulichen, leicht verständlichen Überblick über die wechselhafte Geschichte Chinas von 1949 bis zur Gegenwart, führt in die Forschungsdebatten zur Innen- und Außenpolitik sowie zur Entwicklung von Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur ein und enthält eine ausführliche Bibliographie.
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Information
1Darstellung
Seit ihrer Gründung im Jahre 1949 durchlief die Volksrepublik China weitreichende und oft dramatische Veränderungen. Auf Phasen des Aufbaus folgten Perioden der Zerstörung. Heftige Führungskämpfe, regelmäßige Wechsel der Politikrichtung sowie Systemkrisen führten zu einem wiederholten Neustart auf der Grundlage divergierender Modernisierungsmodelle. Doch ungeachtet dessen hat sich mit präzedenzloser Geschwindigkeit eine zunehmend moderne und globalisierte Gesellschaft herausgebildet.
Vier Phasen
Die Geschichte der VR China lässt sich in vier große Phasen unterteilen: In der ersten Phase von 1949 bis 1956 erfolgte der Aufbau der grundlegenden Institutionen der sozialistischen Gesellschaft. Die zweite Phase von 1957 bis 1976 war geprägt von sich vertiefenden politischen und gesellschaftlichen Spannungen und Auseinandersetzungen in der sozialistischen Gesellschaft um den richtigen Kurs. Die Abkehr von der Planwirtschaft, die marktwirtschaftlichen Reformen und die Öffnung des Landes zum Westen standen im Mittelpunkt der dritten Phase von 1977 bis 1990. Die Zeit seit 1990 steht vor allem im Zeichen des rasanten wirtschaftlichen Wachstums, des Aufstiegs Chinas in den Rang einer Supermacht und der tiefgreifenden Auswirkungen dieser Prozesse auf die chinesische Gesellschaft.
Der folgenden Darstellung der Geschichte der Volksrepublik China liegt ein breiter sozialhistorischer Ansatz zugrunde. Im Mittelpunkt stehen weniger die politische Führung oder einzelne Parteiführer, sondern vor allem die Grundlagen, Ursachen und Muster der gesellschaftlichen Entwicklung in China. Zugleich wird die Geschichte der VR China systematisch im globalen Kontext verortet und es werden die vielfältigen Bezüge und konkreten Verbindungen Chinas mit anderen Regionen in der Welt thematisiert.
1.1„Neues China“: Der Aufbau einer sozialistischen Gesellschaftsordnung (1949–1956)
Anbruch einer neuen Ära?
Als der Führer der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) Mao Zedong am 1. Oktober 1949 auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen) die Gründung der Volksrepublik China verkünden konnte, glaubten viele Zeitgenossen an den Anbruch einer neuen und verheißungsvollen Ära. Auf den Trümmern des Bürgerkrieges und den Ruinen einer jahrtausendalten Zivilisation sollte ein vollkommen „Neues China“ (xin zhongguo) entstehen: Durch die Beseitigung der Übel der Vergangenheit wie Ausbeutung, Ungleichheit und Krieg sowie durch die Bildung einer Gesellschaft ohne Klassen und einer neuen Kultur geprägt von Wissenschaft, Fortschritt und Solidarität würde China von Grund auf neu erschaffen werden. Eine neue Zeitrechnung sollte eingeführt und neue internationale Bündnisse geschmiedet werden. Ambitionierte Staatsinitiativen strebten danach, Eigentum, Landbesitz, die Ehe, die Organisation von Arbeit und täglichem Leben, das eigene Selbstverständnis und die eigene Vergangenheit grundlegend umzugestalten. Drei Jahrzehnte später, am Ende der 1970er Jahre, waren diese Hoffnungen auf Erneuerung jedoch gründlich zerstört. Die Kämpfe der Kulturrevolution enthüllten, dass diese Bemühungen auf dramatische Weise zu Chaos, interner Zwietracht, Verwirrung, Isolation und Zerstörung geführt hatten. Die Entwicklung der ersten drei Jahrzehnte der VR China ist eine Geschichte von großen Ambitionen und bitteren Enttäuschungen, von neuen Anfängen und harten Landungen, von Experimenten und deren Scheitern.
1.1.1Der Machtwechsel 1949
Neue Demokratie
Die 1921 gegründete KPCh errang die Macht in China als Ergebnis von mehr als drei Jahrzehnten des revolutionären Kampfes gegen diverse Gegner, darunter vor allem die nationalistische Partei Guomindang (GMD). Der Sieg wurde auch erreicht, weil einige der ursprünglichen radikalen Ziele und Schlüsselwerte der Revolution angepasst und modifiziert worden waren. In den 1940er Jahren mäßigte die Parteiführung unter Mao Zedong alle politischen Maßnahmen, die auf einen zu abrupten Wandel abzielten. Anstelle von politischer Diktatur, Abschaffung von Privateigentum, Kollektivierung und strikter zentraler Planung versprach die KPCh eine „Neue Demokratie“, in der man die Zusammenarbeit mit anderen politischen Kräften suchen würde. Die Partei hatte sich auch dem Nationalismus geöffnet und die Bildung einer nationalen Einheitsfront gebilligt, um China gemeinsam mit der GMD gegen den japanischen Angriff im Zweiten Weltkrieg zu verteidigen. Das Ziel des radikalen gesellschaftlichen Wandels rückte damit in den Hintergrund und wurde durch die Notwendigkeit der nationalen Vereinigung und des Widerstands gegen Japan ersetzt. Die Partei, die 1949 an die Macht kam, war also pragmatisch und hatte seit den späten 1930er Jahren eher Zurückhaltung in Bezug auf radikale transformative politische Maßnahmen gezeigt.
Es ist daher nicht überraschend, dass die Führung der eng verbündeten Sowjetunion gelegentlich das Engagement der KPCh für den Kommunismus bezweifelte. Im Dezember 1949 nannte Stalin den chinesischen Kommunismus „nationalistisch“ und beschuldigte Mao, „dem Nationalismus zugeneigt“ zu sein. Erst nachdem die Gründung der VR China offiziell ausgerufen worden war, erkannte Stalin zögerlich die neue chinesische Regierung an.
Der militärische Sieg der KPCh
Der militärische Sieg der KPCh wurde durch zwei Faktoren ermöglicht: den unerwarteten Zerfall der Armee der nationalistischen Regierung sowie die widerwillige, aber wichtige Unterstützung der Sowjetunion. Auch wenn die KPCh unter bestimmten Gruppen in der Bevölkerung, wie z. B. städtischen Arbeitern, Studenten und liberalen Intellektuellen, durchaus Sympathie genoss, hatte die Partei am Vorabend der Revolution wohl kaum die Unterstützung oder auch nur die Akzeptanz einer Mehrheit der Bevölkerung. Die meisten Berichte aus dieser Zeit deuten darauf hin, dass der Großteil der Bevölkerung die KPCh mit wenig mehr als Neugierde betrachtete. Die fehlende allgemeine Akzeptanz war auch einer der Gründe dafür, dass Stalin und die Sowjetberater die KPCh konstant dazu drängten, eine „Koalitionsregierung“ mit den sogenannten „demokratischen Parteien“ in China einzugehen und innerhalb der vorhandenen politischen Strukturen und Institutionen zu agieren.
Legitimität
Das grundlegende Fehlen von Legitimität kennzeichnete die Herrschaft der KPCh von Anfang an. Zusammenbruch und Flucht der nationalistischen Regierung nach Taiwan machten China nicht über Nacht kommunistisch. China war ein riesiges, überaus fragmentiertes und vielförmiges Land, das großen sozialen Problemen gegenüberstand und die denkbar ungünstigsten Voraussetzungen für einen nahtlosen Übergang zum Sozialismus bot. Es gab geschätzt zwei Millionen demobilisierte Soldaten. Große Teile der Bevölkerung waren vor den Kriegshandlungen ins Landesinnere geflohen. Die ländliche Wirtschaft war durch den Krieg und die Zerstörung der Infrastruktur ruiniert. Die städtische Wirtschaft litt unter drastischer Inflation und unzureichender Versorgung mit Lebensmitteln und Baumaterial. Die Regierungsstrukturen waren weitgehend lahmgelegt. Als die VR China gegründet wurde, hatte die Partei ca. 4,5 Millionen Mitglieder als Kern eines neuen Regimes, das eine Nation von 541 Millionen Chinesen regieren wollte. Der Sieg machte daher nur der viel größeren Herausforderung Platz, wie China regiert werden solle.
Regierungsansatz
Experimente und Versuchsreihen
Um mit diesen Herausforderungen fertig zu werden, entwickelte die KPCh einen spezifischen Ansatz des Regierens. Basierend auf den pragmatischen Erfahrungen während der Revolution veränderte die Partei auch nach 1949 die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen nur schrittweise, zu günstigen Zeitpunkten und aus konkreten Gründen. Ländliche kommunistische Parteikomitees arbeiteten mit den Dorfgemeinschaften und anfangs sogar mit den religiösen Institutionen wie Tempeln zusammen. In den wirtschaftlich entwickelten Städten kooperierten kommunistische Organisatoren mit Vertriebs- und Transportverbänden. Sie förderten zunächst den Absatz von Produkten und versuchten dann die Aufmerksamkeit der Kaufleute auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Produzenten und Konsumenten zu lenken. Selbst das Programm der Bodenreform wurde auf dieser Grundlage schrittweise und pragmatisch ausgeführt. Die Partei vertraute auf Experimente und Versuchsreihen und testete politische Maßnahmen wie die Landreform zunächst in wenigen ausgewählten Landkreisen, bevor sie landesweit eingeführt wurden.
Lokale Initiativen
In der Anfangsphase führte die KPCh Änderungen stufenweise und in verschiedenen Geschwindigkeiten in unterschiedlichen Teilen Chinas ein. Ihre Strategie war es, mit den existierenden Strukturen und Institutionen zu kooperieren und die „Massen“ zur aktiven Beteiligung aufzurufen. Die Partei entwickelte das Regieren als einen Prozess des ständigen Wandels, des pragmatischen Konfliktmanagements und von ad-hoc Kompromissen. Sie ermutigte lokale Initiativen innerhalb des Rahmens einer sich allmählich herausbildenden zentralisierten bürokratischen Macht.
1.1.2Konsolidierung und Wiederherstellung der Ordnung
Nach der Machübernahme bemühten sich die neuen Machthaber zunächst um die Wiederherstellung stabiler Verhältnisse, besonders in den Städten. Die Partei bewältigte diese Aufgabe mit einem relativ hohen Maß an Planung, intensiver Vorbereitung und systematischer Durchführung.
Kriegsrecht
In den ersten beiden Jahren stand das chinesische Festland faktisch unter Kriegsrecht. Militärische Kontrollkomitees (junguan hui) regierten China. Militäroffiziere und militärische Politkommissare waren für die Befriedung der meisten Provinzen verantwortlich. Mit Ausnahme der Inneren Mongolei und Tibets wurde China in sechs große Regionen eingeteilt, die separat verwaltet wurden. Vier von diesen Regionen – Zentral-Süd, Ost-China, der Nordwesten und der Südwesten – wurden von militärisch-administrativen Komitees geleitet, während Nord-China und der Nordosten, die als erste „befreit“ worden waren, Volksregierungen bekamen, um die erfolgreiche Beendigung der militärischen Aufgaben in diesen Regionen zu signalisieren.
Konsolidierung der Städte
Auf Grund der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung hatte die Konsolidierung der Städte zunächst Priorität. Mao Zedong schlug dazu eine Doppelstrategie vor. Erstens: Organe der politischen Macht der GMD – Regierungsstellen und -ämter, Polizei, Militär, Finanzämter und dergleichen – sollten ihrer Macht enthoben und durch entsprechende KPCh-geführte Organe ersetzt werden. Zweitens: Wirtschaftseinheiten wie Fabriken, Geschäfte, Elektrizitätswerke, Transportfirmen etc. sollten in ihrer existierenden Form konsolidiert werden, damit die Produktion so schnell als möglich wieder aufgenommen werden konnte.
Volkserhebung (fanshen)
Die ersten Maßnahmen zielten darauf ab, die offensichtlichsten Anzeichen des Chaos, das der sogenannten „Befreiung“ vorangegangen war, zu beseitigen. Dieses Chaos war nicht nur durch die unmittelbaren Folgen des Bürgerkriegs, sondern auch durch die Hoffnungen der armen und benachteiligten sozialen Gruppen auf schnelle revolutionäre Gerechtigkeit und soziale Kompensation entstanden. Die Armen unter der städtischen Bevölkerung folgten dem Ruf der KPCh zur Volkserhebung (fanshen) bereitwillig und verstanden die Bedeutung dieses Slogans als Berechtigung dafür, Essen und Geld von den wohlhabenderen Stadtbewohnern zu verlangen.
Durchsetzung von Ordnung
Nach 1949 unterband die Partei alle spontanen revolutionären Aktionen und bemühte sich um die Durchsetzung von Ordnung. Die hohe Zahl von mittellosen Flüchtlingen und Bettlern stellte dabei das größte Problem dar. Da einige Kader zögerten, die mittellosen Teile der Bevölkerung, die lange Zeit als natürliche und zuverlässige Verbündete der Partei angesehen worden waren, zu inhaftieren, wurde zunächst eine interne „ideologische Mobilisierung“ (sixiang dongyuan) für alle Kader in Form von Studiensitzungen und politischen Veranstaltungen durchgeführt. Die öffentlichen Sicherheitskräfte wurden dann aufgerufen, das Verbot des Bettelns konsequent durchzusetzen, indem sie jeden Bettler und Flüchtling, den sie fanden, festnahmen. Diese wurden zunächst in vorübergehende „Bettler-Gefangenenlager“ gebracht. Dort wurden sie registriert, „erzogen“, untersucht und es wurde entschieden, wie mit ihnen verfahren werden sollte. Die meisten wurden entweder Gewahrsamszentren oder Arbeitsbrigaden zugewiesen.
Städtische Kriminalität
Um die städtische Kriminalität zu bekämpfen, wurden ähnliche Maßnahmen angewandt. Nach der Befreiung hatte die Polizei uneingeschränkte Macht, um Kriminelle festzunehmen und zu verurteilen. Es wurden Razzien gegen Gelegenheitsdiebe, Prostituierte, Zuhälter, Drogenhändler und Vagabunden durchgeführt. Sie wurden festgenommen und „entkriminalisierenden“ Reformmaßnahmen unterzogen. Ein anderes Problem, das die Regierung lösen wollte, waren die Spekulationen und Manipulationen des Marktes. Währungsbetrug, insbesondere in Form von Geldfälschung, wurde energisch unterdrückt.
Soziale Reformen
Als nächster Schritt wurden in den Städten soziale Reformen durchgeführt. Im Mittelpunkt stand die Beseitigung traditioneller Laster wie Prostitution, Glücksspiel und Drogenkonsum, indem die Betroffenen zwangsweise zu produktiven Mitgliedern der Gesellschaft erzogen werden sollten. Das Hauptanliegen der KPCh galt dem Kampf gegen das Opium, das als sozial zerstörerische Krankheit und jahrhundertelanges Symbol der chinesischen kolonialen Diskriminierung galt. Die Partei unterschied zwischen Opium-Großhändlern, Dealern auf den Straßen, Besitzern von Opiumhöhlen und den Abhängigen. Große Opiumhändler wurden oft hingerichtet, kleinere Dealer wurden festgenommen und umerzogen. Gewöhnliche Opiumnutzer sowie Prostituierte wurden als sogenannte „schmarotzerhafte Bevölkerung“ oder später „schlechte Elemente“ (huai fenzi) angesehen, die durch Arbeit umerzogen werden sollten. Sie wurden in Gewahrsamszentren gebracht, um ihre medizinischen Probleme zu behandeln und sie zu produktiven Mitgliedern der Gesellschaft umzuerziehen. Innerhalb von zwei Jahren verschwand der Opiumkonsum. Auch die Prostitution wurde gezügelt.
Religiöse Sekten und Geheimgesellschaften
Nachdem die KPCh die grundlegende Ordnung wiederhergestellt hatte, begann sie, vorhandene Organisationen und soziale Gruppen in den Städten zu klassifizieren. Nützliche Vereinigungen und Institutionen wie Schulen, Waisenhäuser oder Heime für die Alten und Behinderten wurden zunächst beibehalten. Die Regierung wollte solche Organisationen übernehmen und sie schrittweise in die eigene Kontrolle überführen. Im Gegensatz dazu wurden huidaomen (religiöse Sekten und Geheimgesellschaften), die beschuldigt wurden, „feudale und abergläubische Ideen zu verbreiten“ und „beharrlich konterrevolutionäre Aktivitäten auszuführen“, ohne Ausnahme aufgelöst. Die KPCh war entschlossen, die städtischen Geheimgesellschaften zu unterdrücken. Diese Geheimgesellschaften organisierten bis zu 40 % der städtischen erwachsenen Bevölkerung.
Ausländische Organisationen
Die meisten ausländischen Organisationen mussten gleichermaßen ihre Arbeit beenden und das Land verlassen. Die KPCh-Regierung erhob hohe Bußgelder für Organisationen und Geschäfte, die zum Teil im ausländischen Besitz waren, solange bis der ausländische Besitz aufgelöst wurde. In einigen Fällen wurden Wohltätigkeitsorganisationen oder Unternehmen, die in ausländischem Besitz waren, einfach konfisziert. Die große Mehrheit der Ausländer verließ China freiwillig, der Rest wurde von 1950 bis 1951 schnell deportiert.
Verlagswesen
Auf dem sensiblen Gebiet des Verlagswesens wurde ein ähnlicher Ansatz verfolgt. Die Maßnahmen unterschieden zwischen GMD-kontrollierten und nicht GMD-kontrollierten Zeitschriften und Unternehmen. Boulevard- und Tageszeitungen, die früher der GMD nahe gestanden hatten oder von ihr kontrolliert worden waren, wurden entweder von Parteiorganen übernommen oder eingestellt. Unabhängige Zeitschriften wurden auf Einzelfallbasis untersucht und konnten bei positiver Einschätzung weiter betrieben werden. Innerhalb kurzer Zeit verschwanden viele Zeitschriften, aber einige unabhängige Periodika konnten weiterhin publizieren. Gleichzeitig wurden neue, von der KPCh kontrollierte Zeitungen wie die Jiefang Ribao, Guangming Ribao oder auch die Volkszeitung (Renmin Ribao) gegründet. Die Motivation hinter der Genehmigung für den Weiterbetrieb einiger Zeitungen war, die städtische Leserschaft dieser Zeitungen mit KPCh-konformen Informationen und neuen Inhalten zu versorgen, die ansonsten schwer zu erreichen waren.
Gewerkschaften
Arbeiter wurden in offiziellen Verkündigungen als „Herren des Landes“ (guojia de zhuren) angekündigt, als die „Führungsklasse“ (lingdao jieji) der neuen Gesellschaft. In städtischen Fabriken wurden sofort nach ihrer Übernahme durch KPCh-Behörden KPCh-geführte Gewerkschaftsorganisationen gegründet. Unter den Vorschriften der „Neuen Demokratie“ genossen die Gewerkschaften (vorübergehend) als offizielle Vertreter der Arbeiterklasse eine Stellung von beachtlichem Prestige und Einfluss. Es war ihnen sogar erlaubt, ihre eigenen bewaffneten Patrouillen aufzustellen, die die Sicherheit der Fabriken gewährleisten sollten. Im Juni 1950 fasste der All-Chinesische Gewerkschaftsbund alle unabhängigen Gewerkschaften zusammen. Dies brachte auch die Frage auf, wie man mit älteren Geschäftszweigen und Berufen umgehen sollte, die sich oft den klaren sozialen Kategorien der marxistischen Theorie entzogen. Wenige Berufe im städtischen China konnten klar als proletarisch kategorisiert werden. Z. B. wurden Fahrer von dreirädrigen Fahrrädern, dem wichtigsten Transportmittel in den Städten, in der Folge als Arbeiter kategorisiert und dementsprechend organisiert. Ähnliche Methoden wurden auch bei den zahlreichen städtischen beruflichen und professionellen Vereinigungen angewandt.
Geringer Widerstand
In den ersten Jahren an der Macht vermieden die neuen Machthaber drastische und plötzliche Interventionen. Sie kategorisierten vorhandene Institutionen, Organisationen und Vereinigungen im städtischen China und arbeiteten entsprechend dieser Kategorisierung mit einigen von ihnen zusammen, um die Bevölkerung weiterhin mit essentiellen Dienstleistungen zu versorgen, während andere, die als feindlich eingestuft worden waren, geschlossen wurden. Hauptsächlich stützte die Partei ihre politischen Maßnahmen auf die Mobilisierung des Volkes, aber auch auf Partizipation und freiwilliges Engagement. Ein intensiver Einsatz von Erziehung und Propaganda begleitete den Machtwechsel. Diese politischen Maßnahmen waren insgesamt effektiv und erfolgreich. In den meisten Städten war die Ordnung schnell wiederhergestellt und offener Widerstand gegen das neue Regime war minimal oder kurzlebig. Dieses ließ jedoch viele d...
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titelseite
- Impressum
- Vorwort der Herausgeber
- Vorwort
- Inhaltsverzeichnis
- 1 Darstellung
- 2 Grundprobleme und Tendenzen der Forschung
- 3 Quellen und Literatur
- Anhang
- Autorenregister
- Ortsregister
- Personenregister
- Sachregister