Sprachbildung im Biologieunterricht
eBook - ePub

Sprachbildung im Biologieunterricht

  1. 313 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Sprachbildung im Biologieunterricht

Über dieses Buch

Da Fach- und Sprachlernen untrennbar sind, müssen Lehrende des Fachunterrichts an Schulen auch sprachliche Arbeit im Unterricht leisten. Sie tragen nicht nur für die fachliche Bildung der Lernenden die Verantwortung, sondern auch für die sprachliche Kompetenzentwicklung in Richtung Bildungssprachlichkeit. Die vorliegende Studie befasst sich aus diesem Grund mit den Vorstellungen von Biologielehrenden zum Fachunterricht, der Sprache des Faches und Sprachförderung. Zunächst werden die sprachlichen Anforderungen des Faches Biologie umrissen, ehe im empirischen Teil die Sichtweise und Argumentation der Lehrenden dargestellt wird. Dabei steht im Vordergrund, welche Maßnahmen durch die diese im Fachunterricht Biologie bereits getroffen werden, ohne dass sie dazu ausgebildet wurden, Sprachkompetenz zu fördern. Damit wird der Ist-Zustand im Fach Biologie exemplarisch dargestellt, um daran Ansatzpunkte für Aus- und Weiterbildung aufzuzeigen.

Häufig gestellte Fragen

Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
  • Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
  • Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Beide Pläne können monatlich, alle 4 Monate oder jährlich abgerechnet werden.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Sprachbildung im Biologieunterricht von Sandra Drumm im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Sprachen & Linguistik & Deutsch. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

1Einleitung

Im Zuge der ersten PISA-Studie (vgl. Baumert et al. 2001) wurde die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Forschung auf die Tatsache gelenkt, dass große Unterschiede in der schulischen Leistung von SchülerInnen deutscher Schulen im Vergleich zum europäischen Durchschnitt bestehen. Zum einen erwiesen sich die Lernenden in den Lese- und Schreibtests als schwächer, zum anderen schien dieses Problem insbesondere SchülerInnen aus Zuwandererfamilien zu betreffen. Daraus entstand eine umfassende Diskussion um den Zusammenhang zwischen Sprachkenntnissen und dem Erfolg im Fachunterricht (vgl. Baumert et al. 2001). Die Erkenntnis, dass Schulerfolg, Spracherwerb und Fachunterricht in engem Zusammenhang stehen, war zu diesem Zeitpunkt jedoch keine neue. Steinmüller und Scharnhorst schreiben bereits 1987: „Jeder Fachlehrer ist zugleich Sprachlehrer“ (Steinmüller & Scharnhorst 1987: 9).
Fach- und Unterrichtssprachen spiegeln Denkstrukturen wider, die durch die Methoden der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin bestimmt sind. Aus den Erkenntnis- und Forschungsinteressen des wissenschaftlichen Faches heraus entstehen Mitteilungsstrukturen, die der Kommunikation über die erforschten Sachverhalte dienen. Solche Sachverhalte werden in Termini zusammengefasst (vgl. Rösch 2005: 50). Biologie gehört zur Fachgruppe der Naturwissenschaften und weist enge Bezüge zu den Fächern Physik und Chemie auf. Diese Fächer werden häufig als die spracharmen (vgl. kritisch Schmellentin, Schneider & Hefti 2011: 9) oder nichtsprachlichen Fächer bezeichnet, was jedoch beide irreführende Begriffe sind. Biologie ist nicht sprachärmer als der Deutschunterricht, wird hier doch ebenso sprachlich gehandelt, sprachlich vermittelt und kommuniziert. Auch der Begriff nichtsprachlich erweckt einen falschen Eindruck, da er das Bild aufkommen lässt, in naturwissenschaftlichen Schulstunden würde ohne Sprache gelernt. Dabei wird außer Acht gelassen, dass selbst Formeln, wie sie in Chemie und Physik, aber auch im Biologieunterricht der Oberstufe auftreten, Teil der Sprache sind. Zwar handelt es sich dabei um sehr abstrakte, formalisierte Sprache, aber wie in den vorangegangen Kapiteln gezeigt werden konnte, ist es gerade steigende Grad der Abstraktion, der Probleme verursacht.
Bei genauer Betrachtung findet im Fachunterricht stets und ständig Kommunikation statt: Texte werden gelesen und deren Inhalt wird wiedergegeben, Schaubilder diskutiert, Fragen beantwortet, Lehrvorträge gehört, Aufgaben schriftlich bearbeitet, Filme angesehen und gehört usw. Sprache ist das Medium der fachlichen Vermittlung und begleitet jeden Lernprozess. Auch die Durchführung von Experimenten, bei denen die Lernenden aktiv sind, – selbst wenn sie dabei konzentriert und still arbeiten – werden durch Sprache gerahmt, indem Aufträge erteilt und die Ergebnisse später mündlich zusammengetragen und schriftlich festgehalten werden. Es ist also ersichtlich, dass Sprache und damit auch Bildungssprache auch im naturwissenschaftlichen Unterricht eine zentrale Rolle spielt. Um dies zu unterstreichen, ist in den Standards der Kultusministerkonferenz (KMK) für das Fach Biologie formuliert:
Naturwissenschaftliche Bildung ermöglicht dem Individuum eine aktive Teilhabe an gesellschaftlicher Kommunikation und Meinungsbildung über technische Entwicklung und naturwissenschaftliche Forschung und ist deshalb wesentlicher Bestandteil von Allgemeinbildung. Ziel naturwissenschaftlicher Grundbildung ist es, Phänomene erfahrbar zu machen, die Sprache und Historie der Naturwissenschaften zu verstehen, ihre Ergebnisse zu kommunizieren sowie sich mit ihren spezifischen Methoden der Erkenntnisgewinnung und deren Grenzen auseinanderzusetzen (KMK 2004: 6).
Hier wird die bereits diskutierte Literacy angesprochen, die das Ziel des Unterrichts in allen Fächern darstellt. Es geht dabei um ganzheitlichen Kompetenzerwerb, der die Aufnahme, Nutzung und Bewertung von fachlichen Inhalten umfasst. Laut der KMK stellt Sprache in diesem Prozess eine zentrale Bedingung dar:
Kommunikationskompetenz ist die Grundlage menschlichen Zusammenlebens sowohl in der privaten Sphäre als auch in der Arbeitswelt. Kommunizieren ermöglicht den Lernenden die Auseinandersetzung mit der Lebenswirklichkeit und damit auch das Erfassen und Vermitteln biologischer Sachverhalte. Formen von Kommunikation sind einerseits direkter Lerngegenstand, andererseits Mittel im Lernprozess. Erkenntnisgewinn und fachbezogener Spracherwerb bedingen sich gegenseitig (KMK 2004: 11).
Dieses Zitat zeigt, dass die KMK fachliches und sprachliches Lernen als zusammengehörig begreift. Mittlerweile wird diese Abhängigkeitsthese, die niedrige Fachleistungen mit geringen Zweitsprachenkompetenzen in Verbindung bringt, allgemein akzeptiert: Zwischen Fachtests und Lesetests in naturwissenschaftlichen Fächern konnten eindeutige Korrelationen aufgezeigt werden, die belegen, dass sich Lesedefizite kumulativ in den Sachfächern auswirken (vgl. Gogolin & Schwarz 2004: 835f.; Grießhaber 2010: 37). Da beides nicht unabhängig voneinander geschehen kann, kann daraus geschlossen werden, dass, wenn der Sprache im naturwissenschaftlichen Unterricht Aufmerksamkeit geschenkt wird, dies zu einer Qualitätsverbesserung des Unterrichts an sich führt (vgl. auch Tajmel 2010b: 139). Außerdem klingt in den Ausführungen der KMK an, dass für jedes Schulfach eigene Besonderheiten gelten, was die sprachliche Ausgestaltung angeht. Unterschiede lassen sich feststellen bei den Diskursen und Textsorten, die eng mit den Vermittlungsabsichten des Faches zusammenhängen. Damit ist zwar aufgezeigt worden, dass Sprache in allen Fächern eine zentrale Rolle spielt, es konnten jedoch noch keine Aussagen darüber getroffen werden, welcher Art die Beziehung von Sprach- und Sachkompetenz ist und welche sprachlichen bzw. fachlichen Phänomene Schwierigkeiten für die Lernenden mit sich bringen. Mögliche Ursachen können, insbesondere bei Familien mit Zuwanderungsgeschichte, in differenten familiensprachlichen Erfahrungs- und Wissensbeständen gesucht werden (vgl. Grießhaber 2010: 37). Dies erklärt aber nicht, warum auch immer mehr SchülerInnen aus herkunftsdeutschen Familien mit dem Lesen, Schreiben und der Sprache der Schule Probleme haben. Aktuell wird der Umstand diskutiert, dass die Schule die Beherrschung bestimmter sprachlicher Formen voraussetzt, den Umgang mit diesen aber nicht explizit macht und nicht als Lerngegenstand behandelt. Wie bereits angesprochen, hängen sprachliches und fachliches Lernen aber untrennbar zusammen. Übereinstimmend mit dem gesellschaftlichen Diskurs haben ForscherInnen festgehalten, dass die Fertigkeiten Lesen und Schreiben fächerübergreifende Schlüsselqualifikationen darstellen, die Partizipation am Unterricht, das Verstehen von Texten und die Produktion eigener (prüfungsrelevanter) Inhalte ermöglichen (vgl. Morek & Heller 2012: 67). Dazu ist aber der Erwerb bestimmter sprachlicher Phänomene durch die Lernenden notwendige Bedingung. Um Lehren und Lernen zu ermöglichen, muss Schule also ihre eigenen sprachlichen Anforderungen erkennen und fächerübergreifend zum Ausgangspunkt für Lernprozesse machen.
Hier klingt bereits die besondere Rolle der Lehrenden, die an Schulen unterrichten, an. Da die sprachlichen Anforderungen der Institution zunehmend von den sprachlichen Kompetenzen der Lernenden entfernt sind, zählt es zu den Aufgaben der Lehrkräfte, diese Kluft überwindbar zu machen, Lernende zu fördern und notwendige (sprachliche) Kompetenzen zu vermitteln. Die Forschung und LehrerInnenbildung fokussiert in den letzten Jahren vermehrt diese Tatsache. Konzepte zur Sprachbildung sind entwickelt worden, werden diskutiert und verbessert, neue kommen hinzu und durchlaufen denselben Prozess. Auch bildungspolitisch zeigen sich Entwicklungen – sei es, indem verpflichtende DaZ-Anteile in der universitären Ausbildung verankert werden, Praxisphasen und Projekte in diesem Bereich angesiedelt sind oder Weiterbildungen für Lehrende gezielt diese Thematik aufnehmen. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass viele Lehrende, besonders der nichtsprachlichen Fächer, die seit einigen Jahren im Schuldienst tätig sind, wenig über die Problematik wissen. In ihrem Fachstudium wurde das Thema Sprache nicht behandelt und die allgemeine Haltung der Lehrenden tendiert dazu, sprachbezogene Probleme dem Deutschunterricht zu überlassen (vgl. u.a. Tajmel 2010a: 167). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die genannten Lehrenden sich als in sprachbezogenen Fragen nicht kompetent und nicht verantwortlich begreifen.
Dieser Sachlage will die vorliegende Studie auf den Grund gehen. Ausgangspunkt war die Überlegung, dass Lehrende – besonders der naturwissenschaftlichen Fächer, die in den Schuldienst eintraten, bevor das Thema Sprachkompetenz Teil der Ausbildung wurde – vielleicht in Studium und Referendariat1 nicht mit den genannten Themen konfrontiert wurden, vielleicht aber trotzdem Kompetenzen aufweisen. Diese Idee fußt auf der Tatsache, dass Lehrende über verschiedene Wissensbereiche und Kompetenzen verfügen, die ihnen ermöglichen, Unterricht zu halten und Inhalte zu vermitteln, beispielsweise das Fachwissen, die pädagogische Kompetenz, Problemlösestrategien usw. (vgl. dazu ausführlich u.a. Shulman 1986; Weinert 2000; Helmke 2012). Wenn sprachliche Probleme, die im Unterricht auftreten, als Probleme wahrgenommen werden, kann es sein, dass Lehrende aus dieser Wahrnehmung eigene Lösungen ableiten. Möglicherweise übertragen sie Wissen aus anderen Bereichen oder Fächern, aus der eigenen Lernhistorie oder anderen Quellen auf die wahrgenommenen Schwierigkeiten, entwickeln Deutungsmuster, um sich Probleme zu erklären, und gelangen so zu Strategien. Diesen will die vorliegende Studie nachspüren.
Für die Forschung sind solche Strategien und auf Reflexion basierende Vorstellungen insofern interessant, als dass sie darlegen, wie sich der Ist-Zustand der Sprachbildung ohne diesbezügliche Ausbildung der Lehrpersonen darstellt. Dies ist gerade aus der Sichtweise von Lehrenden nicht-sprachlicher Fächern bedeutsam, da diese sprachbezogene Erkenntnisse weniger aus dem Studium als aus dem schulischen Alltag ableiten. Deshalb fokussiert die vorliegende Studie naturwissenschaftliche Lehrende, speziell die Lehrkräfte des Faches Biologie2. Auf diese Weise lässt sich erheben, was ohne Ausbildung bereits gut funktioniert und wo sich Grenzen ausmachen lassen. Dies kann zum Ausgangspunkt für Aus- und Weiterbildung werden, um dort anzuknüpfen, wo die Lehrpersonen stehen. Subjektive Vorstellungen, die aus dem eigenen Handeln heraus erwachsen, erweisen sich als erstaunlich stabil, was Fortbildungen problematisch macht: Menschen von etwas zu überzeugen, was sie tagtäglich anderes erleben, ist kaum möglich. Schließt man aber an die konkreten Erfahrungen an, können Wege zur Vermittlung alternativer Sichtweisen gefunden werden. Die vorliegende Studie will einen Beitrag zur Aus- und Weiterbildung von Lehrenden leisten, indem sie deren Erleben nachspürt, deren Perspektive übernimmt und deren Sichtweise auf ihr Fach, die Sprache des Faches und Sprachförderansätze nachzeichnet. Dabei sollen Argumentationslinien aufgedeckt und Beziehungen zwischen Vorstellungen transparent gemacht werden. Diese können später als Ansatzpunkt für Weiterbildungen nutzbar gemacht werden.
Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptteile: Theorie, Empirie und Ergebnisse. Im ersten Abschnitt werden die theoretischen Grundlagen präsentiert, die sich wiederum in drei Teile untergliedern lassen. Zu Beginn steht eine Auseinandersetzung mit dem Begriff Bildungssprache, da dieser das Bindeglied zwischen den schulischen Anforderungen und den Leistungen der Lernenden darstellt. Bildungssprache lässt sich in Bezug auf diesen Sachverhalt aus verschiedenen Perspektiven betrachten, die den Gegenstand unterschiedlich akzentuieren und mit Bedeutung belegen. Nach einer kurzen historischen Einordung des Begriffs erfolgt aus diesem Grund eine Analyse von Bildungssprache aus linguistischer, erziehungswissenschaftlicher, lernpsychologischer und schulpolitischer Sicht. Dies stellt die Basis für alle weiteren Überlegungen zur Problemstellung der mangelnden Bildungsbeteiligung einiger SchülerInnengruppen dar.
Im zweiten Unterkapitel des Theorieteils wird der Begriff Bildungssprache verengt auf den Bereich Fachunterricht Biologie bzw. Bildungssprache der Naturwissenschaft. Dabei werden die Ebenen der lexikalischen, morphologischen und syntaktischen Besonderheiten dargestellt, gefolgt von einer Behandlung des Bereichs Text und Textsorte. Schließlich folgt ein kurzer Abschnitt zur Sprache des Faches als Spiegel des biologischen Verständnisses. Nachdem damit die Bildungssprache bezogen auf das Fach Biologie spezifiziert und eingeordnet ist, wird das letzte Unterkapitel zur Sprachbildung eingeleitet. Dieses behandelt verschiedene Zugänge zur Sprachbildung, die sich in der Vergangenheit als zielführend erwiesen haben. Schwerpunkte werden hier im Bereich der expliziten und der impliziten Sprachbildung gesetzt, ehe auf Probleme bei der Umsetzung von Sprachbildung im Unterricht und umfassendere Sprachbildungskonzepte, beispielhaft Scaffolding, eingegangen wird.
Aus dem theoretischen Teil ergeben sich das Erkenntnisinteresse und die Forschungsfragen, die den empirischen Teil der Arbeit einleiten. Die kurze Darlegung des Forschungsstandes mündet in erste forschungstheoretische und forschungsmethodische Überlegungen, um den Gegenstand der Studie zu präzisieren. Dem folgt eine Einordnung in qualitative Verfahren und die Darstellung der verwendeten Erhebungsmethoden, Kriterien der ProbandInnenauswahl sowie Darstellung und Begründung der Auswertungsverfahren.
Abgeschlossen wird die vorliegende Arbeit vom dritten großen Abschnitt der Ergebnispräsentation. Im Zuge größtmöglicher Transparenz und Nachvollziehbarkeit werden die Daten jeder einzelnen befragten Person detailliert und möglichst wertfrei dargestellt. Dabei bezieht sich die Darstellung auf die im empirischen Teil genannten Forschungsfragen und gliedert die Ergebnisse anhand dieser in fünf Bereiche – Besonderheiten des Biologieunterrichts, Sprache im Biologieunterricht, SchülerInnenkompetenzen, Lesen im Biologieunterricht und Schreiben im Biologieunterricht. Dem schließen sich eine Interpretation und eine Fallcharakterisierung an, um die bisher unkommentierten Ergebnisse zu präzisieren und an die Ergebnisse der theoretischen Grundlagen rückzubinden. Dies wird im Anschluss fallübergreifend diskutiert. Abgeschlossen wird die vorliegende Studie durch ein Fazit und einen Ausblick.

2Theoretische Grundlagen

Um sich dem Gegenstand der vorliegenden Arbeit zu nähern, ist es notwendig zunächst die theoretische Basis zu klären, auf der die Forschungsfragen aufbauen. Außerdem dient diese Basis dazu, die Aussagen der Lehrenden im Ergebnisteil dieser Arbeit im Hinblick auf Sprachförderung und Sprachbildung zu verstehen und zu hinterfragen. Im Zuge dessen muss den Fragen nachgegangen werden, was die Sprache der Schule überhaupt ist, welche Funktionen sie im schulischen Rahmen erfüllt, was sie auszeichnet und wo die Schwierigkeiten für sprachschwache Lernende liegen. Mit dem Begriff sprachschwache Lernende werden im Folgenden zwei Gruppen bezeichnet: herkunftsdeutsche, die aus bildungsfernen Familien stammen, sowie die Lernende mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ), die aufgrund eines Migrationshintergrundes Schwierigkeiten mit der schulischen Sprache haben. Eine wichtige Unterscheidung in der Debatte um DaZ und schulische Sprachkompetenz betrifft die Aufenthaltsdauer der betreffenden Lernenden im Zielsprachenland. Sogenannte SeiteneinsteigerInnen (Ahrenholz & Maak 2013: 2f.), die allein oder mit ihren Eltern zuwandern und ins Bildungssystem integriert werden, stehen vor anderen Problemen als Lernende, die im Zielsprachenland geboren sind, in der Familie aber eine oder mehrere andere Sprachen als die Umgebungssprache sprechen. Diese Unterschiede basieren auf Faktoren, die im Folgenden nicht vertieft erläutert werden sollen, da sie für das in der vorliegenden Studie fokussierte Thema keine Rolle spielen. Stattdessen wird festgehalten, dass die Ausführungen sich im Folgenden auf Lernende beziehen, die in Deutschland geboren sind. Dies ist darin begründet, dass einerseits jene in der PISA-Studie als Risikogruppe dargestellten Kinder und Jugendlichen in der Regel ihre gesamte Schulzeit in Deutschland absolviert haben (vgl. Gogolin 2004: 103). Andererseits weisen diese Kinder dieselben Probleme auf wie sprachschwache herkunftsdeutsche Lernende, nämlich gute mündliche Sprachfertigkeiten, aber gravierende Probleme im Lesen und Schreiben. Zudem konnte Eckhardt (2008) zeigen, dass der Faktor der sozialen Herkunft, verglichen mit dem mehrsprachigen Hintergrund, den stärkeren Einfluss auf die Sprachkompetenz ausübt (vgl. Eckhardt 2008: 152). Lernende mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren sind und in Familien mit ausreichend kulturellem Kapital aufwachsen, sind sprachlich ebenso stark oder schwach wie herkunftsdeutsche Lernende mit demselben sozialen Hintergrund. Gravierende Schwierigkeiten treten bei SchülerInnen auf, die – mit und ohne Migrationshintergrund – aus bildungsfernen Familien stammen.
Im Gegensatz zu den Sprachkompetenzen und -problemen der SeiteneinsteigerInnen bleiben die spezifischen Schwierigkeiten der in Deutschland geborenen Lernenden den Lehrenden oft verborgen. Auch wenn sie die deutsche Sprache auf einem Niveau beherrschen, das ihren alltäglichen Kommunikationsbedürfnissen entspricht, stellt die Schule dennoch sprachliche Anforderungen, die die SchülerInnen mit der genannten alltagssprachlichen Kompetenz nicht erfüllen können (vgl. Gogolin 2004: 103). Gerade die Tatsache, dass sie die mündliche Alltagssprache auf einem Niveau beherrschen, das ihren Kommunikationsbedürfnissen entspricht, kann dazu führen, dass mangelnde bildungssprachliche Fähigkeiten verschleiert und schlechte Leistungen z.B. auf Unlust zurückgeführt werden (vgl. Gantefort & Roth 2010: 578). Schließlich ist als Grund anzuführen, dass die reine Bezugnahme auf DaZ-Lernende als Sprachschwache zu einer Stigmatisierung von SchülerInnen mit Migrationshintergrund allgemein führen kann. Hierbei ist zu bedenken, dass der Migrationshintergrund eine mögliche, aber keine hinreichende und nicht die einzige Bedingung für Sprachschwäche ist. Eine ausschließliche Fokussierung auf DaZ suggeriert, alle SchülerInnen mit Migrationshintergrund hätten identische Probleme, und schenkt denjenigen herkunftsdeutschen Kindern mit sprachlichen Schwächen sowie den MigrantInnen ohne sprachliche Defizite keine Beachtung.
Um greifbar zu machen, welche Kompetenzen von Lehrenden in Bezug auf die Förderung sprachschwacher Lernender notwendig sind, muss die Sprache der Schule beleuchtet werden, um so dem auf die Spur zu kommen, was als Anforderung im Raum steht und bei Nicht-Erreichen als sprachliche Schwäche bei den Lernenden diagnostiziert wird. Der Terminus Bildungssprache ist, seit er in die Diskussion um sprachschwache Lernende aufgenommen wurde, vielfach aufgegriffen, genutzt, akzentuiert, kritisiert und ergänzt oder ganz verworfen worden. In seinen Facetten und Gewichtungen im Laufe dieser Diskussion zeigt sich jedoch der ganze Umfang der Beschäftigung mit dem Problem der Verbindung von Sprach- und Fachlernen an sich. Es erweist sich daher als sinnvoll, zunächst eine umfassende Begriffsbestimmung vorzunehmen, ehe eine Annäherung an das Feld der Sprachbildung erfolgen kann. Aufgrund der Tatsache, dass sich im Begriff Bildungssprache und seinen Ausrichtungen, verwandten Termini und Konzepten die gesamte Diskussion um Sprachförderung abbildet, lassen sich daraus die fachbezogenen Problemfelder und Sprachbildungsansätze ableiten.

2.1Bildungssprache

Bildungssprache ist nicht nur in der Schule bedeutsam, sondern in jedem Bildungskontext, da diese sowohl die sozialen und kulturellen Praktiken der Sprachverwendung einer Gesellschaft als auch die Form, in welcher Wissen in dieser vermittelt und erworben wird, bestimmt (vgl. Schmölzer-Eibinger 2013: 25). Berendes et al. (2013) greifen bei ihrer Suche nach ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. 1 Einleitung
  6. 2 Theoretische Grundlagen
  7. 3 Empirische Studie
  8. 4 Ergebnispräsentation
  9. 5 Diskussion der Ergebnisse
  10. 6 Fazit und Ausblick
  11. Literaturverzeichnis
  12. Index
  13. Fußnoten