
- 437 Seiten
- German
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Über dieses Buch
Die Studie widmet sich erstmals systematisch dem Konnex zwischen Poesie und Geschichte, der in Jean Pauls Romanen, aber auch in seiner Ästhetik allgegenwärtig ist. Die Weltgeschichte gilt ihm als eine "Epopoe" Gottes, doch bis zu ihrem Ende bleibt sie ein "unvollendeter Roman". Die Untersuchung analysiert den Unsterblichkeitsdiskurs, die totalisierende Rolle der Einbildungskraft, den Gattungsdiskurs um 1800 (Friedrich und August Wilhelm Schlegel, Goethe, Schiller, Herder, Schelling) sowie die geschichtsphilosophische Diskussion (Herder, Jacobi, Fichte) und erarbeitet in diesem Kontext eine Semantik der Zeit- und Geschichtsbegriffe Jean Pauls.
Der manichäische Gegensatz von Zeit und Zeitlosigkeit fällt für Jean Paul (1763-1825) mit dem Gattungsdualismus von Drama und Epos zusammen. Dabei erweist sich das Epos in geschichts- und stiltypologischer Perspektive als Modell zeittranszendierender Totalität, es wird zur Leitmetapher einer in sich erfüllten Geschichte. Jean Pauls epistemologische Kritik an Herders Geschichtsteleologie, der Gleichsetzung von mechanistischer Natur- und kontingenter Menschheitsgeschichte, läßt jedoch erkennen, daß die reale Historie für ihn auf unabsehbare Zeit ein "dramatischer" Roman bleibt. In seinen Romanwelten sucht er den Zustand einer nicht-defizitären Zeit poetisch zu antizipieren. In drei Einzelinterpretationen - "Hesperus", "Titan", "Flegeljahre" - beschreibt Ralf Berhorst den konstruktiven Aufwand, mit dem Jean Paul das Ideal einer in sich totalen, einer "epischen" Zeit in die Form des modernen Romans hinüberretten will.
Häufig gestellte Fragen
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Information
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Fortsetzen oder Vollenden
- 1. Der Roman als »geborne Ruine«: Divergenzen von Leben und Werk
- 2. Alter deus: Prometheische Autorschaft
- 3. Fortdauer oder Vervollkommnung: Das Leben als fragmentarisches »moralisches Kunstwerk«
- 4. Auflösungsversuche: Der Übergang »aus der Zeitlichkeit in die Ewigkeit«
- 5. »Etwas, dessen Lücken unser Denken und unser Anschauen entzweiet und trennt«: Die Anschauung des Ganzen
- II. »Vorgespiegelte Unendlichkeit«: Ästhetische Totalität
- 1. Doppelte Mimesis
- 2. Einbildungskraft anthropologisch und transzendental
- 3. »Das unendliche Bild«: Die Anschaulichkeit des Unendlichen
- 4. Die »Schöpfung-Ewigkeiten« Vergangenheit und Zukunft: Temporalisierung der Einbildungskraft
- III. »Die alte Geschichte ist mehr episch, wie die neuere mehr dramatisch«: Gattungsgeschichte
- 1. »Epopoe in einem höheren Sinn«: Die Geschichte als Kunstwerk Gottes
- 2. »Doch Homeride zu sein, auch nur als letzter, ist schön«: Die Unmöglichkeit eines modernen Epos
- 3. Das Epos der Geschichte
- 4. Das Epos vor und nach der Geschichte
- 5. Intensive und extensive Totalität
- 6. Friedrich Schlegel: Das Epos als »poetischer Polyp«
- 7. Goethe und Schiller: Epische Substantialität
- 8. Das Epos als Plastik
- 9. Friedrich Wilhelm von Schelling: Das Epos als Bild der Geschichte im Absoluten
- IV. Jean Pauls Gattungsbegriffe
- 1. Gattungstheorie
- 2. Epos und Drama: »Das ungeheure Ganze« und »dürftige Augenblickswesen«
- 3. Phantasie und Schriftlichkeit
- 4. »Ruhe der Vollendung«: Plastische versus musikalische Dichtkunst
- 5. Roman: Epischer und dramatischer Roman
- 6. Roman und Geschichte im 18. Jahrhundert
- V. Freiheit und Notwendigkeit: Die »Bewegmittel« der Geschichte
- 1. Charakter oder Verhängnis. Das Fundament der Geschichte
- 2. Die »Schutzgöttin aller Menschen-Geschichte«: Herders Nemesis
- 3. Homer, der erste Philosoph der Geschichte
- 4. »ist indessen ein Gott in der Natur: so ist er auch in der Geschichte«: Identität von Natur- und Menschengeschichte bei Herder
- 5. Jean Pauls Herder-Kritik
- 6. Das Epos »schafft die wahre, die vollkommene, die ewig- daurende Geschichte«: Herders Geschichtspoesie
- 7. Jean Paul über Charaktere
- 8. »Gott ist das wahreste und einzige Subjekt«: Jean Pauls Gottes-Begriff
- 9. Herders ›Gott‹
- 10. Jean Paul ›Über den Gott in der Geschichte und im Leben‹
- VI. ›Hesperus‹: Der Roman aus dem »Zeit-Stundenglase«
- 1. Der fortgesetzte Roman
- 2. Der Roman als Geschichte: Kontrafaktur des Staatsromans
- 3. Roman versus Geschichte
- 4. Romangeschichte: Das Telos der Ruhe
- 5. Die Ruhe des Todes
- 6. Das Ende als Anfang: Der Tod Emanuels
- 7. Die Ruhe der Tugend
- 8. Finalität: Das Ende des Romans
- VII. ›Titan‹: Im »elliptischen Gewölbe der Zeit«
- 1. Entstehungsgeschichte
- 2. »Zwei Welten zugleich«: Albano zwischen Vergangenheit und Zukunft
- 3. Präfigurationen
- 4. Das »elliptische Gewölbe der Zeit«: Anamorphosen der Zeit
- 5. »Spuren der Gegenwart«
- 6. Albano als »Gast der Gegenwart«
- 7. Nemesis-Tragödie
- 8. Archäologie der Zeit
- 9. Roquairol: »Schuldner der Vergangenheit«
- 10. Albano in der »schönsten Ruine der Zeit«
- 11. »Stereographische Projektionen der Vergangenheit«: Die Überblendung der Zeiten
- VIII. ›Flegeljahre‹: In der»Lettern-Zeit«
- 1. Der Roman als vollendetes Fragment
- 2. Das Leben im »poetischen Spiegel«: Roman-Autorschaft
- 3. Dichterische Geschichtsphilosophie
- 4. Poetische Freundschaft
- 5. Poetische Liebe
- 6. Kritik der »natürlichen« Poesie von Erinnerung und Antizipation
- 7. »Lettern-Zeit«
- Schluss
- Literaturverzeichnis
- 1. Quellen
- 2. Forschung
- Personenregister