1Einführung
Nicht erst seit dem VW-Abgasskandal 2015, den vielen Banken-Skandalen der letzten Jahre, der Explosion der BP Ölbohrplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko 2010 oder der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Unternehmen sowie deren offener und ehrlicher Kommunikation. Fast täglich wird über Wirtschaftsskandale, Datenmissbrauch oder gar Schadstoffe in Spielzeug und Lebensmitteln berichtet.
Ganz offensichtlich driften die Werthorizonte und Werteerwartungen der Öffentlichkeit (als Bürger, Kunden, Mitarbeiter etc.) einerseits und der Unternehmen bzw. deren Management andererseits zunehmend auseinander. Also wird der Ruf nach moralisch einwandfreiem Verhalten der Unternehmen auf Basis ethischer Standards immer lauter, um einen wahrgenommenen Verlust von Anstand und Moral zu korrigieren.
Spätestens nach der Finanzmarktkrise 2007/08 und der nachfolgenden Weltwirtschaftskrise machte sich die Erkenntnis breit, dass Gier die falsche Triebfeder der Wirtschaft sei und nun mehr Bodenhaftung sowie veränderte Wertmaßstäbe gefragt sind. Selbst vermeintlich seriöse Banken wie die schweizerische UBS oder die Deutsche Bank haben inzwischen Milliardensummen an Strafen gezahlt und sind noch in viele Rechtstreitigkeiten verwickelt, allein die Deutsche Bank in weiteren ca. 7000 Fällen.
Nach gewissenlosen Heuschrecken (Finanzinvestoren), Turbo-Kapitalisten, gierigen Bankern oder sogar Rambo-Managern ohne soziale Verantwortung wird das Idealbild des früher üblichen „ehrbaren Kaufmanns“ wieder zum bestimmenden Wunsch-Leitbild für anständiges unternehmerisches Handeln.
Selbst nationale und internationale Sportorganisationen stehen zunehmend im Fokus öffentlicher Kritik. Doping ist ein Beispiel für extrem unfaires Verhalten nicht nur im Radsport oder in der Leichtathletik, das von vielen korrupten Funktionären und Organisationen gedeckt und vertuscht wird. Auch der weltweit beliebte Fußball bekleckert sich nicht mit Ruhm in dieser Frage, sondern weist ganz offensichtlich korrupte, vielleicht sogar mafiöse Strukturen auf. Die FIFA bietet seit Jahren ein Bild, das mit Fairness im Sport nichts mehr zu tun hat. Und auch der DFB scheint keine weiße Weste im Zusammenhang mit der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft nach Deutschland zu haben.
Und das alles, obwohl Nachhaltigkeit, CSR, CS, Corporate Citizenship, Corporate Governance, Compliance, Wirtschaftsethik, Moral und viele weitere Schlagworte angeblich seit Jahren in praktisches Handeln der Unternehmen und Organisationen umgesetzt sind bzw. umgesetzt werden sollen. Aber vielleicht macht es diese verwirrende Begriffsvielfalt auch schwer, den Überblick zu bewahren und es allen neu artikulierten Ansprüchen und Anspruchsgruppen Recht zu machen.
Mit der Occupy-Wall-Street Bewegung (OWS) formierte sich 2011 öffentlichkeitswirksam eine weltweit agierende Organisation gegen soziale Ungerechtigkeit, gegen eine zu stark banken- und wirtschaftsfreundliche Politik und für mehr Transparenz. Transparency International prangert schon seit Jahren korruptes Verhalten in aller Welt an. Auch Verbraucher- und Umweltorganisationen fordern immer lauter ein faireres und offeneres Verhalten der Wirtschaft ein. Aufgrund mangelnder Transparenz und Bürgerbeteiligung stoppen Bürgerproteste inzwischen viele Großprojekte. Sei es Stuttgart 21, die Elbvertiefung, Flughafenerweiterungen, Neubau von Straßen oder der notwendige Ausbau der Stromnetze - Bürgerinteressen werden zukünftig sicherlich bei allen Großprojekten stärker zu berücksichtigen sein. Eine erstarkte Zivilgesellschaft fordert mehr Mitsprache und Rechenschaft.
Gingen früher fast alle Volkswirte davon aus, dass die Akteure des Wirtschaftslebens eher materialistisch eingestellte Eigennutzmaximierer seien, ist diese Sichtweise heute zumindest in Zweifel zu ziehen. Zwar wird immer noch der Eigennutz als eine wichtige Triebfeder wirtschaftlicher Prosperität betrachtet (z. B. die sogenannte Almende-Problematik), aber für die Menschen zählen offensichtlich nicht nur der Egoismus, sondern auch Gerechtigkeit und Fairness.
Selbst Menschen, die finanziell oder hierarchisch ganz oben stehen, verhalten sich fair. In den letzten Jahren zahlten z. B. viele Unternehmer und Unternehmensführungen höhere Löhne, als dies nach der Arbeitslage notwendig wäre. Dies wurde stets damit begründet, dass geringere Löhne ungerecht seien und dadurch die Arbeitsmoral untergraben werden könnte. Eine solche Fairness kann als eine Investition in die Reputation angesehen werden, ebenso wie dies durch Fairplay im Sport geschehen kann.
Auch spieltheoretische Experimente zeigen, dass Gerechtigkeitsvorstellungen eine wichtige Rolle bei wirtschaftlichen Entscheidungen spielen. Viele Menschen streben eine faire Verteilung an und handeln entsprechend fair, in der Erwartung, später ebenfalls fair behandelt zu werden. Daraus lässt sich schließen, dass Menschen neben materiellem Erfolg häufig auch andere Ziele anstreben, wie zum Beispiel eine Reputation aufzubauen und ein akzeptiertes Mitglied einer Gemeinschaft zu sein. Gesellschaften erziehen offensichtlich zur Fairness, denn es hat sich durch Studien herausgestellt, dass faire Gesellschaften bessere Überlebenschancen haben, als solche voller Egoisten.
Auch in Unternehmen lassen sich ähnliche Erkenntnisse gewinnen. Viele Mitarbeiter wollen auf keinen Fall weniger verdienen als andere, empfinden es aber als unangenehm deutlich mehr zu erhalten, als angemessen wäre. Lohnkürzungen werden generell als unfair empfunden und können sogar zur Arbeitsverweigerung führen. Generell gilt: wenn Menschen unfaire Dinge wahrnehmen, verzichten sie oft auf eigene Vorteile, um unfaire Praktiken zu bestrafen, z. B. durch einen Boykott. Fairness bzw. Gerechtigkeit zahlt sich also auch in der Wirtschaft langfristig immer aus. Dies wird übrigens auch durch viele aktuelle Branchen- oder Wirtschaftsstudien bestätigt.
Menschen wollen weltweit auf die Fairness der Unternehmen, Organisationen und anderen Menschen vertrauen können und von diesen weder übervorteilt noch ausgebeutet werden. So wird der Ruf nach einem fairen und respektvollen Umgang innerhalb der Wirtschaft und zwischen der Wirtschaft und den Kunden, Mitarbeitern etc. immer lauter. Auch werden ein fairer und nachhaltiger Umgang mit dem Klima und den natürlichen Ressourcen sowie der Schutz der Kulturen, der Menschenrechte und der Menschenwürde als Grundstandards eingefordert.
Also suchen inzwischen immer mehr Menschen nach Produkten und Dienstleistungen, die sie als fair, umwelt- und ressourcenschonend, sozial gerecht oder moralisch unbedenklich empfinden, sei es beim Kauf von Kaffee oder T-Shirts, von Teppichen oder Urlaubsreisen, von Strom oder Waschmaschinen. Wenn immer möglich soll dabei der Wunsch nach einem guten Gewissen bedient werden: Niemand will ein schlechtes Gefühl bei der Nutzung der erworbenen Produkte oder Dienstleistungen haben.
Verhaltensweisen dieser Art machen selbstverständlich auch vor der beruflich-geschäftlichen Ebene nicht halt: Geschäftspartner werden zunehmend nach ihrer Behandlung der Umwelt, der Mitarbeiter oder der Allgemeinheit bewertet. So kommt der positiven Reputation eines Unternehmens im gesamten Wirtschaftsleben eine steigende Bedeutung zu. Unternehmenskultur und Leitwerte, Corporate Identity und Corporate Image sind dabei zentrale Indikatoren eines Unternehmens, egal ob es um den Verkauf seiner Leistungen, seine Glaubwürdigkeit als Geschäftspartner oder seine Attraktivität als Arbeitgeber geht. Und engagierte Menschen zwingen über die sozialen Netzwerke die Unternehmen zu größerer Offenheit und Ehrlichkeit. Vermeintliche Betrüger und Lügner werden im Netz an den Pranger gestellt und durch Reputations- und Umsatzverlust abgestraft.
Selbst bei der Buchung einer Messe- oder Geschäftsreise wird heute oftmals ein Reiseangebot gewählt, das ein faires Verhältnis zwischen Erfüllungsgrad der eigenen Wünsche bzw. Erwartungen und den aufzuwendenden Kosten einer Reise erwarten lässt. Dabei wird immer häufiger die Frage nach dem sog. „CO2-Footprint“ oder nachhaltiger Geschäftspolitik gestellt. Ähnliches gilt inzwischen für die Anschaffung von Geschäftswagen, Büroausstattung oder PCs und dem damit verbundenen Energie- und Wasserverbrauch. Auch beim Bezug von Rohstoffen, bei der Erstellung von Vor- und Halbfertigerzeugnissen wird ein fairer Umgang mit Mensch und Natur erwartet, andernfalls werden andere Zulieferer für die Supply Chain gewählt.
Immer mehr private und geschäftliche Kunden möchten ihren Wunsch nach einem guten Gewissen befriedigen, wenn dies ohne allzu große Einschränkungen oder zu hohe Zusatzkosten möglich ist. Denn auch hinsichtlich der Preise und Konditionen besteht der Wunsch nach Fairness. Bei Privatkunden gibt es eine noch immer wachsende, an fairem Handel, Gesundheit, Umweltschutz und Nachhaltigkeit interessierte und zahlungskräftige Kundengruppe, die sog. „LOHAS“ (Lifestyle of health and sustainability – jüngere Menschen mit einem Lebensstil, der auf Gesundheit und Nachhaltigkeit basiert). Und diese LOHAS entscheiden nicht nur privat sondern auch in Unternehmen nach gleichen Maßstäben über ihre Geschäftsbeziehungen. Auch die sogenannte „Generation Y“ setzt in Berufs- und Privatleben auf andere Maßstäbe als frühere Generationen.
Darüber hinaus gibt es viele Menschen, die (auch ohne gläubig zu sein) gern christliche Werte auf das heutige Wirtschaftsleben übertragen wollen. Bei ihnen geht es vorrangig um die von Jesus verkündete Nächstenliebe, die später auch die heiligen Samariter praktizierten: Nächstenliebe ggf. bis zur Selbstaufgabe.
Die notwendige Gewinnorientierung lässt sich dadurch wohl nicht ersetzen. Man kann das letzte Hemd kaum hergeben, ohne die wirtschaftliche Basis für unsere heutige Gesellschaft zu zerstören. Insofern bedarf es immer einer funktionstüchtigen und langfristig profitablen Wirtschaft (ökonomische Nachhaltigkeit), um ausreichend Steuern und Sozialabgaben zu erzielen, mit deren Hilfe auch zum Wohle der Gesellschaft agiert werden kann.
Dennoch spielen das christliche Prinzip der Nächstenliebe, das Teilen des letzten Hemdes des Heiligen St. Martins oder das Bild des Wange Hinhaltens eine bedeutsame Rolle bei der heutigen moralischen Bewertung wirtschaftlichen Handelns in der westlichen Welt. Und es liefert gleichzeitig die Begründung für das Engagement selbsternannter Weltenretter, vieler Initiativen oder Nichtregierungsorganisationen (NGOs).
Gerade die katholische Kirche zeigt sich ziemlich empört über unmoralisches Handeln in der Wirtschaft, wie der Papst in seinem „Evangelii Gaudium“ Ende 2014 darlegte. In seiner Enzyklika „Laudato si“ (Öko-Enzyklika) Mitte 2015 geht der Papst mit der Industrialisierung und Globalisierung ins Gericht. Er prangert die menschliche Gleichgültigkeit und die Plünderung der Ressourcen an und plädiert stattdessen für Verzicht. Im Sommer 2015 präsentierten die beiden christlichen Kirchen in Deutschland eine gemeinsame Sozialinitiative unter dem Titel „Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft“, worin vor generell eigennutzorientiertem Verhalten, Gier und Maßlosigkeit gewarnt wird.
Solche moralischen Werte und Apelle stoßen schnell an ihre Grenzen, wenn es beispielsweise um die Gründung von Tochterfirmen im Ausland oder die Beschaffung von Vorerzeugnissen oder anderen Waren von Anbietern aus weniger entwickelten Staaten geht. Dann plötzlich greift nicht mehr das Prinzip der Nächstenliebe, sondern eher das der Eigenliebe. Es wird nicht selten nach protektionistischen Schutzmaßnahmen gerufen, ebenso wie z. B. bei Firmen-Übernahmen durch ausländische Unternehmen. Hierbei tun sich insbesondere die einheimischen Gewerkschaften hervor, denen es vermeintlich um den Erhalt gut bezahlter Arbeitsplätze geht.
Das Feld der internationalen Beschaffung, beispielsweise durch Outsourcing, bietet auch viel Stoff für konkurrierende Interessenslagen. Im Vordergrund steht dabei meist die Frage nach menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und auskömmlichen Entgelten, wie dies beispielsweise von den Fair Trade Organisationen aufgegriffen wird. Es geht aber auch um Wettbewerbsfähigkeit und internationale Konkurrenz sowie um den Zugriff auf bezahlbare Ressourcen bzw. deren Ausbeutung. Dabei polarisieren insbesondere die Themen Palmöl und Frischwasser, die von Firmen nachgefragt werden, aber vor Ort oft große Probleme bereiten, z. B. durch die Brandrodungen für neue Palmölplantagen mit ihren ökologischen Auswirkungen.
Die Globalisierung ist in ihrer gesamten Breite ein sehr polarisierendes Thema, das von den Anhängern hochgelobt und von den Gegnern in Bausch und Bogen u. a. wg. Moral-, Sozial-und Preisdumping abgelehnt wird. Dabei haben wir alle und insbesondere die weniger entwickelten Länder auch viele Vorteile durch die Globalisierung, die internationale Arbeitsteilung und einen möglichst ungehinderten Handel. Die Globalisierung und das Internet sind aber auch Wegbereiter einer Anonymität bzw. Entfremdung, die so manch „schwarzes Schaf“ anzieht.
Die gegenseitige Kenntnis der (Geschäfts-)Partner hingegen fördert Ehrlichkeit, Loyalität und Achtung und trägt damit oftmals zum Aufbau und Erhalt von Vertrauen und langfristigen (Geschäfts-)Beziehungen bei. Die Rückbesinnung auf das Leitbild eines „ehrbaren Kaufmann“ könnte dabei helfen, inzwischen aufgetretene Schwierigkeiten zu bewältigen.
Also liegen die Herausforderungen für ein auch zukünftig erfolgreiches Management und Marketing in der Bewerkstelligung eines regelrechten Spagats: Neben Gewinnerwartungen werden dabei Anforderungen an hohe Glaubwürdigkeit, gesellschaftliche Verantwortung, Nachhaltigkeit und Gesundheitsorientierung bei gleichzeitig respektvollem Umgang mit den Menschen, ihrer Kultur und der Natur gestellt. Kurz gesagt: Unternehmensleitungen und Mitarbeiter müssen in jeglicher Hinsicht so handeln, dass dies von allen Menschen im und außerhalb des Unternehmens als fair empfunden wird. Es geht dabei im Wesentlichen um die Berücksichtigung des sog. „Common Sense“, der in der Wirtschaft offensichtlich in den letzten Jahren etwas aus dem Blick geriet.
Ein unternehmensinterner Wertekodex, der die Richtung zu fairem Verhalten vorgibt, könnte als ethischer Kompass für jedes Unternehmen und alle Mitarbeiter dienen. Breit akzeptierte Werte müssen ein nachhaltiges Fundament bilden und als solide Basis des täglichen unternehmerischen Handelns dienen. Solche Wertvorstellungen müssen fest in der jeweiligen Unternehmenskultur verankert sein und selbstverständlich durchgehend praktiziert werden.
Dies sind die wichtigsten Herausforderungen für das Management von Unternehmen und anderer Organisationen, die über die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen entscheidet. Was aber bedeutet dies für die strategische Ausrichtung, das tägliche Geschäft der Unternehmen und ihrer Führungskräfte? Droht nicht eine Übervorteilung in einer Ellbogengesellschaft bzw. einer Wirtschaft, in der vermeintlich jeder nur auf seinen Vorteil ausgerichtet ist? Sicher nicht, denn offensichtlich ist auch der vielzitierte „Homo Oeconomicus“ nicht nur auf den kurzfristigen Eigennutz ausgerichtet, wie neuere Forschungsansätze belegen. Stattdessen zahlen sich Kooperation und Mitgefühl auch ökonomisch aus, zumindest mittel- und langfristig (nur so konnte sich die Menschheit überhaupt so weit entwickeln!).
Ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein auf der Unternehmens- und Gesellschaftsebene, die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung, ein faires Verhalten gegenüber Kunden, Mitarbeitern und allen anderen Stakeholdern, die Einhaltung der Gesetze und Achtung der moralischen Normen heißt fair zu handeln. Fair zu handeln bedeutet, sich zukunftsfähig aufzustellen, denn Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Gewissenhaftigkeit erzeugen eine stabile positive Reputation.
2Rahmenbedingungen und Entwicklungen
In Deutschland, in der gesamten westlichen Welt sowie zunehmend in den Schwellenländern hören wir die Forderung nach ethisch einwandfreiem Handeln in der Wirtschaft, einem Agieren nach moralischen Maßstäben und einer stärkeren Werteorientierung. Denn nicht alles, was möglich und legal ist, ist aus Sicht einer aufgeklärten Gesellschaft auch ethisch und moralisch vertretbar. Es wird quasi eine geistige und moralische Wende erwartet. Und die Forderung nach tugendhaftem und fairem Verhalten sollte nicht nur für die vielfach gescholtenen Politiker gelten, sondern auch für alle Unternehmensführungen und jeden, der ein gewisses Maß an Macht oder Einfluss besitzt.
Der Wunsch nach einem Stopp des Werteverfalls und nach einem mentalen Wandel in der Wirtschaft klingt zunächst einleuchtend und niemand wird dem ernsthaft widersprechen wollen. Was ist aber konkret mit ethischem Handeln und moralischen Maßstäben gemeint? Beinhalten diese Begriffe vielleicht das gleiche und wie hängen diese zusammen? Ist die Bedeutung dieser Begriffe weltweit gleich oder sind Ethik und Moral je nach Weltregion und Kultur mit unterschiedlichen Inhalten belegt? Gibt es überhaupt einen weltweit übereinstimmenden „Common Sense“?
Der Begriff der Ethik lässt sich von dem altgriechisch Wort „ethike“ ableiten, was sittliches Verständnis bedeutet, oder von dem ebenfalls altgriechischen Wort „ethos“, was Gewohnheit, Sitte oder Brauch bedeutet, heute aber als gelebtes Wert- und Normgefüge eines Individuums betrachtet wird. Ethik ist eine der großen Teildisziplinen der Philosophie, die sich im Wesentlichen völlig wertfrei mit der Herkunft und Begründbarkeit der Moral bzw. moralisch geprägter Aussagen und Ansprüche befasst.
Im Gegensatz zur „theoretischen Philosophie“ (Logik, Erkenntnistheorie oder Metaphysik) wird Ethik oftmals als „praktische Philosophie“ bezeichnet, da diese sich mit dem Handeln der Menschen befasst. Ethik beschreibt theoretisch den normativen Grundrahmen des Menschen zu sich als Individuum (Individualaspekt), zu seinen mit Menschen (Personalaspekt) und zu seiner ihn umgebenden ökologischen Umwelt (Umweltaspekt). Die praktische Moral gibt dabei vor, was in einer Gesellschaft als gutes oder schlechtes Verhalten betrachtet wird. Während die Ethik offensichtlich bei allen Menschen ...