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Studien zum mittelhochdeutschen 'Wartburgkrieg'
Literaturgeschichtliche Stellung - Überlieferung - Rezeptionsgeschichte. Mit einer Edition der 'Wartburgkrieg'-Texte
- 616 Seiten
- German
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Studien zum mittelhochdeutschen 'Wartburgkrieg'
Literaturgeschichtliche Stellung - Überlieferung - Rezeptionsgeschichte. Mit einer Edition der 'Wartburgkrieg'-Texte
Über dieses Buch
Die sogenannten 'Wartburgkrieg'-Texte bilden innerhalb der deutschen Literatur des Mittelalters in formaler wie inhaltlicher Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung. Die vorliegenden Studien verbinden die übergreifende Frage nach der adäquaten literaturgeschichtlichen Einordnung dieses Dichtungskomplexes mit exemplarischen Analysen der einzelnen Texte. Ergänzt werden die Untersuchungen durch eine Gesamtedition der erhaltenen 'Wartburgkrieg'-Texte.
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Information
1 Einleitung
Die Wartburg gehört seit dem frühen 19. Jh. zu jenen verklärend überhöhten, ideologisch umworbenen und politisch vereinnahmten deutschen Erinnerungsorten, die fest im kollektiven Bewusstsein verankert sind.1 Grund dafür ist an erster Stelle der Umstand, dass es sich bei der Wartburg, wie Herfried Münkler plastisch formuliert hat, um einen „Mythensammler par excellence“ handelt.2 Immer wieder scheint sie im Laufe ihrer Geschichte zum Schauplatz von Begebenheiten zu werden, in denen Geschichte sich in richtungsweisender Form verdichtet oder an denen sich in idealisierender Rückschau eine bessere Alternative zur eigenen Gegenwart festmachen lässt.
Am Beginn steht dabei jener sagenumwobene mittelalterliche Sängerstreit am Hof des thüringischen Landgrafen Hermann I., mit dem neben dem Herausforderer Heinrich von Ofterdingen und dem zaubermächtigen Klingsor auch so klangvolle Namen wie Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach verbunden sind. Vor allem im 19. Jh. entfaltete dieser Dichtermythos eine enorme Anziehungskraft.3 Zu den zahlreichen Adaptionen des Stoffes gehören neben prominenten Beispielen wie Novalis’ Heinrich von Ofterdingen, der Erzählung vom Kampf der Sänger in E.T.A. Hoffmanns Serapionsbrüdern, Richard Wagners Tannhäuser und nicht zuletzt dem Wandfresko Moritz von Schwinds auf der Wartburg auch eine ganze Reihe heute vergessener Werke, wie beispielsweise Christoph Kuffners Drama Die Minnesänger auf der Wartburg (1825) oder Friedrich de la Motte Fouqués Dichterspiel Der Sängerkrieg auf der Wartburg (1828). Die unmittelbare Faszination des Sängerstreits lag zweifellos in seiner Künstlerthematik begründet; darüber hinaus kam ihm aber auch eine entscheidende Bedeutung als Auftakt jener mit der Wartburg verbundenen historischen Reihe bedeutsamer Geschehnisse zu, die sich mit Luthers Aufenthalt auf der Wartburg und seiner dort verfassten Bibelübersetzung fortsetzte und mit dem Wartburgfest von 1817 bis in die jüngere Gegenwart hineinreichte.4
Die unter der Sammelbezeichnung Wartburgkrieg zusammengefassten mittelhochdeutschen Texte indes, welche die Grundlage jenes Mythos vom Sängerstreit auf der Wartburg bilden, sind heutzutage allenfalls Literaturwissenschaftlern ein Begriff und haben selbst hier, wie sich an der Forschungslage deutlich ablesen lässt, lange Zeit nur beiläufige Beachtung gefunden. So sind zwischen dem Anfang des 19. Jhs. und dem Beginn der 1990er Jahre nur gut zwei Dutzend Untersuchungen zusammengekommen, die sich dem Wartburgkrieg widmen, und mit Wachingers Sängerkrieg-Studie von 1973 liegt die Veröffentlichung der letzten von insgesamt vier im Laufe der vergangenen 150 Jahre zum Wartburgkrieg verfassten wissenschaftlichen Monographien inzwischen auch bereits vier Jahrzehnte zurück. Erst seit den letzten beiden Jahrzehnten beginnt sich ein zunehmendes Forschungsinteresse am Wartburgkrieg abzuzeichnen, wobei hier neben den Arbeiten von Tomasek insbesondere eine Reihe von Studien zu nennen sind, die im Rahmen des von Kellner und Strohschneider geleiteten Projekts einer kommentierten Neuausgabe ausgewählter Teile des Wartburgkriegs entstanden sind.5
Die Gründe für diese insgesamt recht überschaubare Resonanz dürften u.a. darin zu suchen sein, dass sich schon die Annäherung an den Wartburgkrieg als ausgesprochen mühsam erweist. Nicht zu Unrecht werden immer wieder die relativ unübersichtliche Überlieferungslage6 sowie das Fehlen einer umfassenden und verlässlichen Edition7 als Haupthindernisse der Beschäftigung mit dem Wartburgkrieg ins Feld geführt. Diese Schwierigkeiten scheinen zugleich aber auch symptomatischer Ausdruck einer grundsätzlicheren Problematik zu sein. Gemeint ist die Tatsache, dass der Wartburgkrieg innerhalb der deutschen Literatur des Mittelalters einen Sonderfall darstellt, der sich vertrauten Kategorisierungsmustern in hohem Maße entzieht, und es der Forschung bis heute nicht gelungen ist, eine befriedigende Lösung auf die Frage zu finden, was genau man eigentlich unter dem Wartburgkrieg zu verstehen hat und wie er sich sinnvoll in die Traditionszusammenhänge der deutschen Literatur des Mittelalters einordnen lässt.
Bei einem vergleichenden Blick in die erhaltenen Textzeugen präsentiert sich der Wartburgkrieg zunächst als ein ebenso amorphes wie thematisch uneinheitliches Sammelsurium strophischer Dialogsequenzen, in denen in wechselnden Konstellationen Wolfram von Eschenbach, Klingsor, Walther von der Vogelweide, Reinmar von Zweter, Biterolf, der Tugendhafte Schreiber und Heinrich von Ofterdingen als Akteure auftreten. Die frühe Forschung ging deshalb auch noch von der Vorstellung aus, man habe es beim Wartburgkrieg mit einer einzigen, mehrteiligen Dichtung zu tun, deren diffuses Überlieferungsprofil auf gravierende text- und überlieferungsgeschichtliche Wandlungsprozesse zurückzuführen sei. Karl Lachmann etwa betrachtete ihn als „ein meis-tersängerisches Volkslied“, das im Laufe der Zeit „vielfältig unter den Meistern umhergesungen, vermehrt und verändert“ worden war.8 Erst Simrock erkannte im Zuge seiner Edition von 1858, dass man es beim Wartburgkrieg in Wahrheit mit einer Gruppe in zwei verschiedenen Strophenformen, dem sogenannten ,Schwarzen Ton’ und dem ‚Thüringer Herrenton’‚ verfasster, zwischen dem 2. Viertel des 13. Jhs. und der Wende zum 15. Jh. entstandener Texte zu tun hat, die in den verschiedenen Handschriften in zum Teil beträchtlich voneinander abweichenden Fassungen und in variierenden Kombinationen überliefert sind.
Die beiden wohl bekanntesten dieser Dichtungen sind das im ,Schwarzen Ton’ abgefasste Rätselspiel und das Fürstenlob im ‚Thüringer Herrenton’. Gegenstand des Rätselspiels ist ein Disput zwischen dem als ungelehrtem, aber göttlich inspiriertem Laien gezeichneten Wolfram von Eschenbach und dem ungarischen Gelehrten Klingsor, der Wolfram verschiedene geistliche Rätselallegorien zur Lösung aufgibt, die dieser ausnahmslos richtig auszulegen vermag. Das Fürstenlob hingegen inszeniert die historische Fiktion eines Dichterstreits am thüringischen Landgrafenhof, bei dem es um die Frage geht, welchem Fürsten der höchste Rang unter den deutschen Herrschern zukommt. Herausforderer in diesem Dichterstreit ist Heinrich von Ofterdingen, der die Partei des Herzogs von Österreich vertritt, seine Kontrahenten sind Walther von der Vogelweide und der Tugendhafte Schreiber, die auf Seiten des thüringischen Landgrafen Hermann I. stehen und am Ende auch den Sieg davontragen. Fürstenlob und Rätselspiel wurden noch im 13. Jh. miteinander verknüpft und bilden auf dem Umweg über ihre narrative Adaption in der thüringischen Hagiographie und Chronistik des 13. bis 15. Jhs. auch die Grundlage des neuzeitlichen Sängerstreit-Mythos.
Daneben gehören zum Komplex der Wartburgkrieg-Dichtungen noch die beiden im ‚Schwarzen Ton‘ abgefassten Texte Aurons Pfennig und die Totenfeier sowie Zabulons Buch im ‚Thüringer Herrenton‘. Aurons Pfennig ist eine aus mendikantischer Perspektive formulierte Polemik gegen die Praxis des Weltklerus, Gebühren für die Spendung von Sakramenten zu erheben, im Mittelpunkt der Totenfeier steht eine vom Tugendhaften Schreiber berichtete Traumvision, die vom Schicksal eines verstorbenen thüringischen Landgrafen handelt, und Zabulons Buch bietet einen Erzählwettstreit zwischen Wolfram und Klingsor, in dem sich beide Kontrahenten gegenseitig mit ihrem Wissen über Entstehung und Geschichte eines Buchs zu übertrumpfen versuchen, das der heidnisch-jüdische Gelehrte Zabulon verfasste, um die Geburt Christi zu verhindern. Zum erweiterten Kreis des Wartburgkriegs kann darüber hinaus auch der Lohengrin gerechnet werden, der anstelle des herkömmlichen Prologs längere Sequenzen des Disputs zwischen Wolfram und Klingsor aus dem Rätselspiel übernimmt, um diese antagonistische Dialogsituation sukzessive in Wolframs Erzählung der Geschichte von Parzivals Sohn Lohengrin zu überführen.
Hinzu kommt eine Reihe jüngerer Texte, die durchweg im ‚Schwarzen Ton‘ verfasst und überwiegend nur in der Kolmarer Liederhandschrift (k) überliefert sind. Hierzu gehören Der Meister Lob, eine kurze Strophensequenz, in der sich die Akteure des Fürstenlobs der Reihe nach über die künstlerischen Fähigkeiten Wolframs und Klingsors äußern, der Stubenkrieg, eine Art Reinszenierung des Rätselspiels im bürgerlich-meistersängerischen Milieu, der Sonrat, der ebenfalls den durch das Rätselspiel vorgegebenen Antagonismus zwischen Wolfram und Klingsor aufgreift, um ihn mit der friedlichen Aussöhnung der beiden Kontrahenten enden zu lassen und schließlich der Hort von der Astronomie, ein Dialog zwischen einem anonymen meister und einem von ihm gebannten Teufel, in dem in umfassender Form kosmologische und heilsgeschichtliche Fragestellungen abhandelt werden.9
Die Einsicht, dass man es beim Wartburgkrieg mit einer Gruppe von Texten zu tun hat, die durch signifikante typologische Gemeinsamkeiten wie die beiden verwendeten Töne, ihre dialogische Struktur sowie das auftretende Personal eindeutig aufeinander bezogen sind, führte in der Forschung allerdings zunächst nicht zu einer differenzierteren Gesamtwahrnehmung, sondern im Gegenteil zu einem aufgrund eher willkürlicher ästhetischer und rezeptionsgeschichtlicher Kriterien vollzogenen selektiven Umgang mit diesem weitläufigen Dichtungskomplex. So klammerte bereits Simrock in seiner ansonsten auf Vollständigkeit bedachten Edition die unikale Textüberlieferung der späten Kolmarer Liederhandschrift (k) ganz bewusst mit der Begründung aus, dass es sich hierbei lediglich um „fast werthlose Um- und Zudichtungen aus der Hand späterer sogenannter Meister, die beßer Stümper hießen“ handele.10 Eine noch stärkere Eingrenzung erfolgte dann mit der erstmals explizit von Strack formulierten und von Fischer und Rompelman später dann auch editorisch umgesetzten Auffassung, dass als Wartburgkrieg im eigentlichen Sinne nur Fürstenlob und Rätselspiel gelten könnten,11 jene beiden Dichtungen also, die das Substrat des neuzeitlichen Mythos vom Sängerkrieg bilden.
Auch ansonsten hat die Forschung zum Wartburgkrieg sich von Beginn an vor allem auf die altüberlieferten Texte und hier insbesondere auf Rätselspiel und Fürstenlob konzentriert. Im Vordergrund standen dabei bis weit ins 20. Jh. hinein ganz im Sinne der damals dominierenden methodischen Ansätze vor allem zwei Aspekte: Das Augenmerk richtete sich zum einen auf die Frage nach der zeitlichen Einordnung und den entstehungsgeschichtlichen Kontexten der verschiedenen Dichtungen sowie der Erschließung ihrer Quellenbezüge und literarischen Anleihen. Einen ersten Beitrag lieferte in dieser Hinsicht Simrock, dessen mit ausführlichen Erläuterungen und Kommentaren versehene Edition auch heute noch ein nützliches Hilfsmittel darstellt. Gleiches gilt für ...
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Title
- Impressum
- Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung
- 1 Einleitung
- 2 Abgrenzungskriterien
- 3 Die Überlieferung des Wartburgkriegs
- 4 Der Wartburgkrieg als regional gebundener Texttyp
- 5 Klassifikatorische Schwierigkeiten
- 6 Die Poetik der Wartburgkrieg-Texte
- 7 Funktionen und Interessenbindungen
- 8 Funktionalisierung von Gattungsrekursen
- 9 Die literarische Wartburgkrieg-Rezeption des 13 bis 18 Jahrhunderts
- 10 Ausblick
- 11 Materialien zur Rezeptionsgeschichte
- 12 Edition
- 13 Literaturverzeichnis
- Fußnoten