Predigten 1820-1821
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Predigten 1820-1821

  1. 1,165 Seiten
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Predigten 1820-1821

Über dieses Buch

Der angezeigte Band enthält Predigten zu 106 Terminen aus den Jahren 1820 und 1821 sowie ergänzend zugehörige Liederblätter Friedrich Schleiermachers. Als Quellen dienen neben einigen Drucktexten und Autographen Schleiermachers überwiegend Mitschriften von fremder Hand. Zu 60 der hier gebotenen Predigttermine gibt es bislang keine Veröffentlichung, zu 46 liegen bereits Drucke vor. Mehrere Predigtreihen konnten erstmals erschlossen und dokumentiert werden.

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Information

Predigten 1821

Am 1. Januar 1821 früh

Termin:Neujahrstag, 7 Uhr
Ort:Dreifaltigkeitskirche zu Berlin
Bibeltext:Kol 4,2-6
Textzeuge:Nachschrift; SAr 77, Bl. 1r-18r; Slg. Wwe. SM, Andrae
Texteditionen:Keine
Andere Zeugen:Nachschrift; SAr 52, Bl. 61r-64r; Gemberg
Besonderheiten:Beginn der vermutlich bis zum 25. Februar 1821 gehaltenen Predigtreihe zu Christi Beispiel (vgl. Einleitung, I.4.B.)
Liedangabe (nur in SAr 52)
Tageskalender: „Erste Frühpredigt"
Frühpredigt am Neujahrstage 1821. |
Text. Koloßer IV, 2–6.
Haltet an am Gebet, und wachet in demselbigen mit Danksagung; und betet zugleich auch für uns, auf daß Gott uns die Thür des Worts aufthue, zu reden das Geheimniß Khristi, darum ich auch gebunden bin, auf daß ich dasselbige offenbare, wie ich soll reden. Wandelt weislich gegen die die draußen sind und schiket euch in die Zeit. Eure Rede sei allezeit lieblich und mit Salz gewürzet, daß ihr wißet, wie ihr einem jeglichen antworten sollt.
M. a. F. Es ist eine schöne Sitte vieler Khristen gleich in der ersten Morgenstunde ihr Auge zu werfen auf irgend ein kräftiges Wort | der Schrift, und dasselbe zum Leitstern zu haben für den Tag den sie beginnen, und gewiß geht dies aus innerer Erfahrung und Erleuchtung, und um uns zu bewahren vor dem, was uns sonst wider den göttlichen Willen bestechen könnte, hervor. Wie wir uns nun heute hier in der frühen Morgenstunde eines neuen Jahres mit einander bewillkommnen, so habe ich uns dieses kräftige Wort des Apostels ausgewählt zum Wahlspruch für unser ganzes Thun und Treiben in dem Jahre, welches wir jezt beginnen. Es scheint zu viel darin zu sein; aber es greift alles genau zusammen, und von dem Größten bis zu dem Kleinsten läßt sich nichts trennen. Denn | das Erste bezieht sich auf die geistige Gemeinschaft der Khristen untereinander: Gebet und Danksagung und Verkündigung des göttlichen Worts. Das Andre scheint freilich wenn wir lesen, "wandelt weislich gegen die die draußen sind“ eigentlich nur zu gehen auf das Leben der Khristen, welche keine sind. Solche nun haben wir unter uns und unter andern nicht mehr, wie es in der ersten Zeit der Verkündigung des Khristenthums der Fall war, und ihr wißt es ist nicht meine Art die Zahl der Gläubigen auf ein kleines Häuflein zu beschränken, sondern alle, die den Namen unsers Herrn Jesu Khristi bekennen, die sind hier, | und ist auch etwas in ihren Gedanken und in ihrem Leben, was uns mit dem Bilde welches wir haben von dem Zustande des Menschen, der durch den Sohn die Kindschaft mit dem Vater erlangt hat, nicht zu stimmen scheint, so sehen wir sie an als schwache Brüder, die wir in Liebe tragen sollen, und hoffen zu Gott, er werde ihnen je länger je mehr das Wahre offenbaren, und ihnen aufschließen immer mehr die reine Erkenntniß seines Willens nicht nur, sondern sie auch befestigen in der Erfüllung derselben, damit so immer mehr aus ihrem Leben weiche, was noch nicht durchdrungen | ist von seinem Geist. Aber in dem Leben auch der Khristen ist vieles was sich nicht so unmittelbar auf ihre geistige Gemeinschaft bezieht. Freilich können wir auch hier keine bestimmte Gränze ziehen; und alles in unserm Leben sollen wir geistig behandeln nach dem Ausspruch, daß hier schon unser Wandel im Himmel ist. Aber doch giebt es in unserm Leben im Verkehr und Handeln mit andern vieles, wobei es keinen Unterschied machen würde, ob sie Khristen sind oder nicht; und darauf müßen wir die zweite Hälfte der Rede des Apostels beziehen. Dies beides zusammen umfaßt unser ganzes Leben. Laßt uns | in das neue Jahr unsers Lebens schauen: was wir darin thun können wird zu Einem von beiden gehören. Und so haben wir hier ein Wort des Apostels, woran wir gedenken können alle Tage unsers Lebens, und so wollen wir es in dieser Stunde der Andacht mit einander erwägen.
I.
Zuerst in Beziehung auf die khristliche Kirche sagt der Apostel "haltet an am Gebet und wohnet in demselbigen mit Danksagung“. Gebet und Danksagung, m. g. F., ist wie der beständige Pulsschlag, wie das Ein- und Ausathmen in dem geistigen | Leben des Khristen, empfangend und nachdem wir was wir empfangen verarbeitet wiederfühlend, daß wir bedürftig sind; das ist der beständige Wechsel zwischen Gebet und Danksagung in unserm Leben. Gott ist es, zu dem wir beten und dem wir Dank sagen, unser Herr Khristus ist es, in deßen Namen wir zu Gott beten und ihm Dank darbringen für Alles; und beide sollen uns in Allem, wodurch der Sohn uns zu dem Vater zieht, und wodurch der Vater das Bild des Sohnes in uns verklärt, gegenwärtig sein im Innern. Und wie nicht nur alle guten Gaben von oben herabkommen von dem Vater der Liebe, sondern wir auch fühlen, daß alles was von oben kommt, | gute Gabe ist und ein Strahl des Lichtes, das unsre Seele erleuchten soll, und sie Gott immer näher bringen: so ist alles was uns in unserm Leben begegnet, ja auch alles was wir zu thun berufen werden durch die Stimme des Geistes, ein Gegenstand des Gebets wenn es beginnt, der Danksagung wenn es vollendet ist, und unser erstes Gefühl soll sein dieser beständige Wechsel zwischen Gebet und Danksagung; das heißt was der Apostel sagt: "haltet an am Gebet“. Aber er ermahnt auch die Khristen, an welche er schreibt "wachet in demselbigen mit Danksagung“. Und wir fühlen, daß wir auch diese Ermahnung nöthig haben; denn es beschleicht uns oft in diesem Leben | mit Gott und dem Erlöser der Schlummer. In jedem Augenblik wo wir scheinen andern Menschen am thätigsten zu sein, wo unsre Thätigkeit am größten ist und sich am weitesten verbreitet, aber wo wir die Dinge betrachten ohne Beziehung auf Gott; da ist die Wachsamkeit aufgehoben, da nähert sich die Seele dem Schlummer, der die Nacht ist, wo sie nicht wirken kann was aus Gott ist, und seinem heiligen Willen entspricht. Wer aber im Begriff ist einzuschlummern, der kann sich nicht lange wach erhalten. Aber eben deßhalb stehen wir nicht einzeln in diesem Leben, sondern sind Glieder Eines Leibes, und alle verbunden durch die Beziehung | auf das gemeinsame Haupt, welches Khristus der Herr ist. Und wenn der Apostel sagt "und wachet in demselbigen mit Danksagung“ so meint er, daß jeder der wachsam ist den hüten soll der schlummern will; den soll er erweken nachdem ihm Gott Gnade giebt; und so soll das ganze Leben der Khristen eine gemeinsame Wachsamkeit sein, so soll der eine dem andern beistehen, daß das wahre Gebet des Herzens und die lebendige Danksagung gegen Gott nie aufhöre. O möchten wir uns so das neue Jahr unsers Lebens denken und gestalten können, wäre es nicht die Gemeine der Vollendeten droben, in der auch | Gebet und Danksagung nicht erstirbt? Aber wohl betrachtet können wir uns das Anhalten des Gebets alleine nicht denken das Leben eines geistigen Wesen wie wir sind ausfüllend, aber mit dem thätigsten Wirken in dem Reiche Gottes, mit der treusten Erfüllung des göttlichen Willens kann das Gebet begleitet sein; und so soll dies nicht etwa ein Bild sein, welches wir in die Ewigkeit hinausrüken, und dem wir dort erst nachstreben werden, sondern hier in dem gegenwärtigen Leben ist es, wo wir beständig Dank zu sagen haben Gott für alle Führungen und Leitungen. Und wenn der Apostel hinzufügt "und betet zugleich auch für uns, daß Gott uns die Thür des Wortes aufthue, damit wir das Geheimniß | Khristi reden, darum wir auch gebunden sind, und dasselbige offenbaren wie wir reden sollen“ – so ist das, m. g. F., zunächst ein Wunsch für alle diejenigen, welche in der Gemeine der Khristen den Dienst der Verkündigung des göttlichen Wortes versehen; und wer wohl mehr als sie bedürfte des gemeinsamen Gebets aller Khristen, damit sie ihren heiligen Beruf in dem Sinn und Geist unsers gemeinschaftlichen Herrn und Meisters führen mögen, und das Amt des Wortes nie aufhöre in reichem Segen zu stehen. Aber es ist nicht ein Wunsch für diese allein, sondern wie derselbe Apostel an einem andern Ort sagt, in Beziehung auf das heilige Mahl des Herrn, welches | wir alle theilen "so oft ihr von diesem Brot eßet und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen bis daß er kommt“, und ja doch die Verkündigung seines heilsamen Todes das Größte und Herrlichste ist von aller Verkündigung des Worts: so sieht der Apostel die Verkündigung des Worts nicht an als ein abgesondertes Geschäft einzelner weniger sondern als das gemeinsame Geschäft aller Khristen. Und gewiß das muß unser gemeinsames Geschäft sein; denn es sind nur wenige Stunden des Jahres, in denen die Diener des Wortes das Wort des Herrn verkündigen auf die ihren Beruf ausnehmend eigenthümliche Weise; sie sollen es nicht nur da sondern überall | in ihrem Leben verkündigen, aber da nicht anders als alle Khristen es sollen, die mit ihnen Einen Herrn erkennen, und durch ihn zur Gemeinschaft mit dem himmlischen Vater zu gelangen suchen. Und wir können, wenn wir den Worten des Apostels nachgehen "leben wir so leben wir in dem Herrn; und alles was ihr thut das thut zur Ehre Gottes“, so müßen wir unser ganzes Leben in allen Beziehungen desselben ansehen als eine Verkündigung des göttlichen Wortes. Ueberall liegt es uns ob, in demselben den Herrn zu preisen, und seinen Namen dadurch zu verherrlichen, daß wir durch Wort und That es bezeugen, | wie alles Gute was wir hier genießen sein Werk ist, ja wie von ihm nur kommen kann was wahrhaft gut ist und förderlich in Beziehung auf unser Heil. Was aber das Nächste in den Worte des Apostels betrifft, so ist es ein herrlicher Wunsch wohl geziemend allen denen, die darauf gewiesen sind anzuhalten an Gebet und in demselbigen mit Danksagung zu wachen, daß so wie diese das Innerste ihres Lebens mit Gott und mit dem Erlöser ausmacht, so auch der Herr ihnen Gnade geben möge, und ihnen aufthue die Thür des Wortes, damit sie mit ihrem ganzen Leben von dem Geheimniß Khristi zeugen. Aber der Apostel, m. g. F., der redet von einer besonderen Art und Weise | das Wort zu verkündigen "damit wir von dem Geheimniß Khristi reden, darum ich auch gebunden bin, auf daß ich dasselbige offen-bare wie ich soll reden“. Wie sollen wir von dem Geheimniß Khristi reden? O, m. g. F., wie könnten wir das schöner beschreiben als mit den Worten des Propheten, die auch einer von den Evangelisten des Herrn auf ihn angewendet hat "er wird das geknikte Rohr nicht zerbrechen, und das glimmende Docht nicht auslöschen; er wird nicht schreien und zanken, und man wird sein Geschrei nicht hören auf den Gaßen.“ Das, m. g. F., ist die rechte Art, wie wir alle unsern Herrn und Meister ehren, und ihm treu nachfolgend sein Wort verkündigen, und das Geheimniß Khristi offenbaren, | wie wir reden sollen, nicht mit Zank und Geschrei, nicht mit öffentlichem Lärm und Aufsehen, sondern in der Stille eines Gott ergebenen Gemüths, in der treuen Erfüllung des Gott gefälligen Willens und alles deßen was das gemeinsame Leben ausmacht. Denn eben deßwegen ist die Gemeine der Khristen eine so große und herrliche Versammlung von Seelen, damit so wie der kirchliche Gesang seinen Wohllaut erst bekommt in einer zahlreichen Gemeine eben dadurch, daß man in der heiligen Musik die Stimme der innern Andacht erkennt, welche jedes einzelne Herz erfüllt, so weil auch ihrer viele sind und ein großes Heer, die ihre Knie beugen vor dem Erlöser, | dem Gott alle Gewalt gegeben hat im Himmel und auf Erden, es hinreicht, wenn jeder in der Stille Khristum bekennt, und dann erst, wenn vermieden wird alles Geschrei, der ganze Wohllaut des khristlichen Lebens und Denkens in dieser Verkündigung des Geheimnißes Khristi offenbar werde. Wo am meisten Ruhe ist, wo jeder still hervortritt mit den Gaben die ihm der Herr verliehen hat, ohne irgend ein Aufsehen machen zu wollen, wo jeder in Sanftmuth und Demuth zeugt von Khristo und von dem was sein Geist in der Welt und in allen einzelnen an ihren gläubigen Herzen wirkt: da ist das was der Apostel will, daß wir das Geheimniß Khristi offenbaren | sollen, das ist das was der Herr in seinem Leben nicht nur so oft empfohlen sondern auch öffentlich durch sein eigenes Beispiel dargestellt hat. Und dann o daß durch uns nie ein gekniktes Rohr zerbrochen, nie ein glimmendes Docht erlöscht werde, daß wir nicht durch rasches heftiges unüberlegtes Hin- und Herfahren irgend ein schwaches Gemüth verführen, sondern überall das aufrichten was kraftlos hingesunken, das tragen was noch keine Selbstständigkeit gewonnen hat, denen zu Hülfe eilen, die unsrer Hülfe bedürftig sind, damit wir wie es uns obliegt das Geheimniß Khristi reden. Wie der Herr sagt, daß er gekommen sei zu suchen und selig zu machen was verloren war, so soll jede Verkündigung des göttlichen Wortes in dem Leben | seiner Verehrer dazu beitragen, daß gesucht und gefunden werde was verloren ist, daß geleitet werde, was allein den Weg nicht finden kann, und durch die gemeinsame Kraft gestärkt und unterstüzt was für sich selbst erliegen würde. Und wenn so beides zusammenkommt, das Anhalten am Gebet und an der Danksagung, und die gemeinschaftliche Unterstüzung mit allen Kräften, die uns durch die Gnade des Herrn zu Theil geworden sind: dann ist das innere Leben der khristlichen Kirche das was es sein soll nach dem göttlichen Willen, und dann wird auf die herrlichste und segensreichste Weise überall in der Welt das Geheimniß Khristi offenbart.
II. |
Und nun laßt uns zweitens auch den Ausspruch des Apostels betrachten in Beziehung auf dasjenige, was sonst noch zu dem menschlichen Leben gehört. Da sagt er "wandelt weislich gegen die die draußen sind“; und dies weislich wandeln erklärt er durch zwei Worte: "schiket euch in die Zeit; und eure Rede sei lieblich und mit Salz gewürzet, daß ihr wißet was ihr einem jeglichen antworten sollt”. Das Erste, m. g. F., bezieht sich mehr auf das, was in unserm Leben von uns selbst unmittelbar ausgeht; das Andre auf die Art, wie unser Leben und Dasein in das Leben und Dasein unsrer Brüder eingreifen soll. Von dem Ersten sagt der Apostel, "schiket euch in die Zeit“. Das ist freilich ein oft gemißbrauchtes Wort. Aber | wenn wir den Apostel kennen, diesen muthigen Verkünder des göttlichen Worts, diesen nie zaghaften Helden des Khristenthums: so können wir über den Sinn desselben nicht zweifelhaft sein. Es ist auch in dem gemeinsamen Leben welches wir führen, ein Nichttheilnehmen für jeden, dem es am Herzen liegt nach Gottes Willen zu handeln; viel giebt es da zu schaffen des Guten, zu beßern des Unvollkommnen, auszutreiben des Bösen und Verkehrten; und das alles umfaßt der Mensch Gottes mit innigem und regen Eifer. Aber vermögen wir alles? Können wir alles thun und leisten, was unser Auge sieht, und wozu uns auch die Kräfte gegeben sind? Nein; und darum sagt der Apostel eben "schiket euch in die Zeit“; | das heißt nichts anderes als, von allem was ihr Gutes und Gottgefälliges thun möchtet, thut das was am meisten die Zeit, in welcher ihr lebet, gebietet, was am meisten mit den Bedürfnißen der Menschen, unter welche ihr gestellt seid, übereinkommt, von allem Guten und Gottgefälligen thut das was ihr am wenigsten müßt mit einem hartnäkigen Eigensinn gegen die Menschen durchsezen. Der Apostel will in unserm ganzen geschäftigen Leben durch dieses Wort uns warnen wie auf der einen Seite war der Trägheit des menschlichen Herzens, so auf der andern war der eigensinnigen Willkühr und der thörichten Hartnäkigkeit. Schiket euch in die Zeit, das heißt | das Eine eben sowohl als das Andre: thut das wozu ihr am meisten aufgefordert werdet durch die Verhältniße und Bedürfniße des menschlichen Lebens, und wobei euch die Zeit am meisten zu Hülfe kommt; greift aber auch kräftig ein in die Zeit; wo ihr wirken könnt, da thut das, wobei euch die Unterstüzung andrer zu Hülfe kommt, und wobei ihr sicher rechnen könnt auf die Empfänglichkeit derer, auf die ihr wirken wollt. Wenn wir so handeln, dann werden unsre Bemühungen immer weniger fehlschlagen, und wir werden wenn auch nur einiges Erfolgs | derselben uns zu freuen haben, und dann wird in einem Abschnitt des Lebens wie der heutige ist des Guten am meisten geschehen. Versäumen wir aber diese große Regel khristlicher Weisheit uns in die Zeit zu schiken, sezen wir uns nur eigensinniger Weise auf dasjenige, dem die Richtung der Menschen entgegensteht, und wollen wir demjenigen unsre Kräfte in thätiger Liebe nicht widmen, was sich als ein tiefgefühltes Bedürfniß der Menschen, an welche wir mit unsrer Wirksamkeit gewiesen sind, ausspricht: so wird eben dadurch der Lauf des gemeinsamen Lebens gehemmt.
Was aber zweitens die Art betrifft, wie unser Leben und | Thun in das Leben und Thun andrer eingreift, so sagt der Apostel: "eure Rede sei allezeit lieblich und mit Salz gewürzet, daß ihr wißet, wie ihr einem jeglichen antworten sollt.“ Freilich spricht er hier nur von der Rede; aber, m. g. F., zwischen Rede und That ist ein so großer Unterschied nicht wie wir oft meinen, sondern nur wo das menschliche Leben verkehrt ist stellt sich dieser Unterschied ein; aber sonst ist jedes lebendige und wahre Wort eine That, und alle That wird in dem menschlichen Leben am meisten vermittelt durch die Rede, und alles Eingreifen in das Leben andrer ist eine Antwort | auf dasjenige was in ihnen angefangen hat. Und in diesem Sinne laßt uns das Wort des Apostels in das neue Jahr, welches wir jezt beginnen, hinübernehmen "eure Rede sei lieblich und mit Salz gewürzet, daß ihr wißet wie ihr einem jeglichen antworten sollt“. Das Antworten, m. g. F., sollen wir nie unterlaßen. Wo ein befreundetes Gemüth uns anfragt, da soll es eine Antwort geben in uns, eine Antwort sei es durch Rath in den schwierigen Verhältnißen des Lebens, sei es durch Belehrung bei seinen Irrthümern, sei es durch Beistand wo seine eigene Kraft gebunden ist, sei | es durch Trost in der Stunde der Trübsal, sei es durch Erhebung zum Ewigen unter dem Druk der irdischen Dinge. Und wir wißen, wie wir antworten sollen das hängt davon ab, daß unsre Rede lieblich sei; lieblich aber das heißt überall verkündigend, daß sie hervorgeht aus einem liebevollen zum Helfen bereiten Herzen, und immer mehr durch das Innere des Bruders hervorgelokt sei, damit wir genau erfahren können, was in jedem Falle seinen Bedürfnißen angemeßen ist, und seinen reinen Wünschen entspricht. Aber auch mit Salz soll unsre Rede gewürzt sein, das heißt durch|drungen von der Kraft, durch welche alle Jünger des Herrn das Salz der Erde sind. O welch ein erfreuliches und schönes Leben, welch ein Zusammenschließen der Gemüther, die nach dem Willen des Herrn sich verbinden sollen für seine Sache, welch ein Gelingen aller Gott gefälligen Handlungen, welch eine Belebung und Kräftigung des innersten Daseins würde daraus hervorgehen, wenn überall es so wäre wie der Apostel sagt! Aber das Eine wie das Andre, sich schiken in die Zeit, und durch eine allezeit liebliche und mit Salz gewürzte Rede wißen wie wir einem jeden antworten sollen, hängt davon ab, daß wir selbst erfüllt | sind von Wahrheit und Liebe, daß der Geist der Liebe uns überall belebt und leitet, daß die Kraft der Wahrheit uns tief durchdringt, daß der Geist der Wahrheit uns überall frei gemacht hat von Allem was uns hindert bei unsern Bemühungen für das Reich Gottes auf Erden. Und so führt uns das Ende unsrer Betrachtung auf den Anfang derselben zurük. Denn wo nehmen wir das her als allein aus der Fülle deßen, in dem wir die Herrlichkeit des Ewigen schauen, als allein aus der Fülle deßen, von dem wir nehmen können Gnade um Gnade. Und wohin führt uns dieses Wort zurük als zum | Gebet und zur Danksagung? Wohlan so laßt uns betend mit einander uns Gott nahen. Ja Herr segne und schüze du auch in diesem Jahre die Gemeine deines Sohnes auf Erden, und wohne reichlich unter ihr mit aller Kraft deines Geistes. Segne du die Verkündigung seines Wortes und die Offenbarung des Geheimnißes Khristi so wie die Darreichung der Sakramente in seiner Kirche, und stelle sie unter uns als ein Zeugniß, welches jeder von uns täglich überbringen soll von unserm Herrn und Meister deinem Sohn. Segne den König in seinem Regimente und in seinem Hause; umgieb ihn mit treuen und redlichen Dienern, erhalte ihm treue und gehorsame | Unterthanen: damit alle vereint zu einem dir wohlgefälligen Leben immer mehr erkennen mögen und vereint ausführen was recht ist vor dir. Vor allem gütiger Gott segne die Erziehung der Jugend in der Zucht und Vermahnung zu dir, damit in dem künftigen Geschlecht das Geheimniß deines Wortes und die Kraft deines Geistes noch wirklicher wohne als unter uns. Dir empfehlen wir unser gemeinsames Leben für das neue Jahr, in welches wir jezt eingetreten sind. Segne uns nach deiner Weisheit; und wenn freilich auch in diesem Jahr deine Wege uns oft unerforschlich sein werden, o so befestige uns dem Glauben, daß alles was du uns schikst und verordnest | eine Gabe deiner Liebe ist. Und alles was die Menschen treffen möge von gemeinsamer Noth und Gefahr, du wirst es alles leiten zu ihrem ewigen Wohl. Aber laß uns auch den Glauben daran und das Vertrauen auf den Beistand deines Geistes nie in unserm Herzen untergehen. Und so stärke du in diesem Jahre des vergänglichen Lebens alle die du niederdrükst, und segne mit deutlicher und heilsamer Selbsterkenntniß alle die du erhebst, und laß alle mit einander dich preisen, damit unser ganzes Leben sei ein Wachen zum Gebet und zur Danksagung. Amen.

Am 7. Januar 1821 vormittags

Termin:1. Sonntag nach Epiphanias, 9 Uhr
Ort:Dreifaltigkeitskirche zu Berlin
Bibeltext:Mt 2,1-10
Textzeuge:Drucktext ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Einleitung der Bandherausgeberin
  6. Predigten 1820
  7. Predigten 1821
  8. Verzeichnisse
  9. Fußnoten