Moskaus Spuren in Ostdeutschland 1945 bis 1949
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Moskaus Spuren in Ostdeutschland 1945 bis 1949

Aktenerschließung und Forschungspläne

  1. 151 Seiten
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Moskaus Spuren in Ostdeutschland 1945 bis 1949

Aktenerschließung und Forschungspläne

Über dieses Buch

Als sich Mitte der 1990er Jahre die Forschungsbedingungen in russischen Archiven verbesserten, setzten in der Bundesrepublik empirische Studien zur sowjetischen Besatzungspolitik in Deutschland und zur Sowjetischen Militäradministration als zentraler Institution ein. Der Sammelband präsentiert die wichtigsten Projekte in Form von Erfahrungsberichten, stellt die beteiligten Institutionen vor, resümiert die Ergebnisse, benennt Defizite und skizziert Perspektiven. Damit liegt nicht nur eine erste Bilanz der Forschung vor, auch die Chancen der internationalen Wissenschaftskooperation im Spannungsfeld der selten einfachen deutsch-russischen Beziehungen geraten in den Blick.

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Information

Detlev Brunner

Regionale SMA-Forschung

Ein Überblick

1. Forschungsdefizite

Die im Juli 1945 errichteten Sowjetischen Militäradministrationen in den Ländern und Provinzen der SBZ waren die Mittelinstanzen zwischen der zentralen Sowjetischen Militäradminisiration in Deutschland und den Re-gierungs- und Verwaltungsorganen der deutschen Länder und Provinzen wie auch den nachgeordneten sowjetischen Besatzungsinstanzen auf regionaler und kommunaler Ebene. Sie hatten dafür zu sorgen, dass die Beschlüsse der Alliierten und die Anweisungen und Befehle der SMAD umgesetzt wurden, und sie hatten die Aufgabe, die Landesverwaltungen und Landesregierungen anzuweisen und zu kontrollieren. Dazu dienlen analog zum zentralen Be-fehlssystem der SMAD Befehlssysteme auf Landesebene. Die SMA-Landes- verwaltungen waren mithin für die Verwaltung der Besatzungszone und für die Durchsetzung der Besatzungspolitik von elementarer Bedeutung.
Dieser Bedeutung entspricht der Forschungsstand zu den SMA-Landesver- waltungen nicht. Während mit dem seit 2009 vorliegenden SMAD-Handbuch die früheren Informationslücken über Aufbau, Personal und Strukturverän-derungen weitgehend geschlossen sind, zeigen allein die zu den jeweiligen Ka-piteln angefügten Literaturangaben, wie wenig die Landesverwaltungen der SMA bislang Gegenstand wissenschaftlicher Bearbeitung gewesen sind115. Für die nachgeordneten Kommandanturen auf Bezirks-, Kreis- und Ortsebene gilt dies noch mehr116. Lediglich bei den Artikeln zu den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind Titel nachgewiesen, die sich explizit mit den Quellenbeständen der jeweiligen SMA-Landesverwaltung befasst haben117.
Zu DDR-Zeiten war regionale SMA-Forschung kaum ein Thema. Die wenigen Aufsätze waren darauf angelegt, die positive Wirkung der SMAD und die Unterstützung der „sowjetitchen Freunde“ bei der „antifaschistisch-demokratischen Umwälzung“ herauszustellen118. Jenseits dieser auf Harmonisierung angelegten, „ideologisch korrekten“ Rahmensetzung gab es Ausnahmen. Zu nennen sind die Arbeiten Siegfried Kuntsches, der bereits 1974 am Beispiel der Bodenreform den Einfluss der SMA auf die deutsche Landesverwaltung quellengestützt konstatiert und damit wichtige Vorarbeiten zum Verhältnis zwischen SMA und deutscher Verwaltung auf Landesebene geliefert hat119. Für die westdeutsche Forschung ergaben sich angesichts des restriktiven Archivzugangs Quellenprobleme. Dennoch bot der Überblick über die SMAD, den Jan Foitzik im 1990 erstmals aufgelegten SBZ-Handbuch lieferte, grundlegende Informationen auch zu den SMA-Landesverwaltungen120.

2. Der Forschungsstand seit 1990

Die Einheit der beiden deutschen Staaten und die damit einhergehende Wiedererrichtung der Länder im östlichen Teil Deutschlands 1990 boten den Anlass, sich mit deren Geschichte zu beschäftigen. Mit der Errichtung der „neuen Bundesländer“ trat die Tatsache in das Bewusstsein der Öffentlichkeit wie auch der zeitgeschichtlichen Forschung, dass diese Länder ja schon einmal auf dem Territorium der SBZ/DDR existiert hatten, bis sie 1952 durch die neuen Bezirke ersetzt worden waren. Welche Rolle spielten diese Länder nach 1945? Wie gestaltete und entwickelte sich ihre Verwaltung unter sowjetischer Besatzung, welcher Einfluss ging von den Besatzungsorganen aus? Dies waren Fragen, die sich nun erneut stellten. Von Interesse war zudem, inwieweit deutsche Landesverwaltungen trotz der umfassenden Regulierung der SMAD und ihrer Landesverwaltungen über Handlungs-spielräume verfügten. Bedeutsam war diese Frage nicht zuletzt für die Debatte, ob im föderalen Aufbau der SBZ Elemente erkennbar waren, die gegen den Aufbau einer Diktatur standen, ja vielleicht sogar eine „demokratische Vorgeschichte“ der DDR verkörperten.
Der Zugang zu bislang verschlossenen Aktenbeständen ließ auf neue Antworten hoffen. Dies galt insbesondere für die Möglichkeit, in sowjetische Aktenbestände Einsicht zu nehmen. Allerdings wurden alle SMAD-Unter- lagen 1992 durch einen unveröffentlichten Erlass des russischen Präsidenten Boris Jelzin bis zum Abzug der russischen Truppen im August 1994 wieder gesperrt und blieben auch danach der Forschung vorerst verschlossen121. Erst 2001 wurden die Bestände von SMA-Landesverwaltungen zur Benutzung freigegeben. Aber auch die in den ehemaligen DDR-Archiven überlieferten Bestände boten (und bieten) bislang kaum ausgewertete Quellen. Für Mecklenburg-Vorpommern lässt sich feststellen, dass die im Schweriner Landeshauptarchiv liegende Empfängerüberlieferung der SMA-Befehle und sonstiger Korrespondenzen reichhaltiges Material zum sowjetischen Einfluss auf die Regierungs- und Verwallungsarbeit bereithält122. Interne Vorgänge und Strukturen in der SMA-Verwaltung lassen sich angesichts dieses Schwerpunkts der Quellen allerdings nur ansatzweise erschließen.
Jan Foitzik hat in seiner 1999 veröffentlichten Monografie zur SMAD den deutschen Entscheidungsrahmen auf Landesebene angesichts der umfassenden sowjetischen Regel ungstätigkeit als „in der Regel“ gering eingeschätzt123. Ähnlich lautete das Ergebnis Stefan Creuzbergers, der in seiner 1996 publi-zierten Dissertation die Einflussnahme der Besatzungsorgane auf das politische System der SBZ und ihrer Länder untersucht hat, allerdings noch weitgehend ohne Zugang zu den SMAD-Akten. Creuzberger konstatierte ein bewusstes Vorgehen mit dem Ziel, ein kommunistisch dominiertes Nachkriegsdeutschland sowjetischer Prägung zu errichten124. Es lagen also bis zum Ende der 1990er Jahre durchaus Einschätzungen zur Wirkungskraft der SMA-Landesverwaltungen auf der erreichbaren Quellengrundlage vor. Eine systematische Untersuchung der SMA-Landesverwaltungen und insbesondere ihrer Befehlssysteme weist allerdings nach wie vor große Lücken auf.
Das erste Inventar, das die sowjetische Befehlsüberlieferung in einem deutschen Landesarchiv erfasste, war das von Klaus Geßner erarbeitete und 1997 veröffentlichte Inventar der SMA-Befehle der Provinz/des Landes Brandenburg125. 2002 folgte die Ergänzung, die die SMA-Befehlsüberlieferung im Staatsarchiv der Russischen Föderation inventarisierte. Im folgenden Jahr erschien das Inventar der Befehle der SMA Mecklenburg-Vorpommerns, das sowohl die Überlieferung im Schweriner Landeshauptarchiv wie auch jene im GARF umfasste126. Die genannten Inventare enthalten statistische Aus-wertungen der Befehlsgebung nach Themen, Anzahl, Häufung pro Monat, ferner Angaben zum Leitungspersonal und Mitarbeitern in den einzelnen Abteilungen – Angaben, die mit Ausnahme der Zahl und Inhalte der Befehle mit den Informationen des SMAD-Handbuchs abgeglichen und korrigiert werden können. Eine inhaltl iche Auswertung erfolgte im brandenburgischen Fall nur rudimentär, wobei der Aspekt der „Befehlsgebung“, also der Hierarchie zwischen Befehlsgeber (SMA) und Befehlsempfänger (deutsche Landesregierung) stark betont wurde. Dies sollte auf geringe Handlungs-spielräume der deutschen Seite verweisen127.
Nur für Mecklenburg-Vorpommern liegen neben dem erwähnten Inventar eine umfassende Untersuchung und Dokumentation der landespolitischen Akteure – Verwaltung, Partei (KPD/SED), Besatzungsmacht – und des vielschichtigen Komplexes von Kompetenz und Einfluss vor128. Als zentrales Ergebnis lässt sich festhalten, dass ein überbordender Reguiierungs- und Kontrollanspruch der SMA faktisch zwar nicht generell umzusetzen war, aber die formal bestehenden Kompetenzen der deutschen Verwaltung ad absurdum geführt hatte. Die einzige Monografie, die die Besatzungssituation aller SBZ-Länder beschreibt, stammt aus der Feder des 2005 verstorbenen US-amerikanischen Historikers Edward N. Peterson. Seine Studie aus dem Jahr 1999 weist allerdings deutliche Mängel auf, insbesondere hat Peterson keine Analyse der SMA-Befehlsgebung geliefert129.
Bei den Forschungen zu den Ländern Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen sind hinsichtlich der SMA-Landesverwaltungen entweder Leerstellen oder eine selektive Perspektive festzustellen. für die Provinz Sachsen, ab 1947 Land Sachsen-Anhalt, existiert keine Untersuchung zur SMA-Landesverwaltung. Hinweise zum Verhältnis zwischen der Landesregierung und der SMA sind in den biografischen Studien zu Erhard Hübener zu finden, jenem Ministerpräsidenten, der nicht nur als LDP-Mitglied, sondern auch wegen seiner selbstbewussten Haltung gegenüber der SMA aus dem Kreis der Ministerpräsidenten der SBZ-Länder herausragte130. Manfred Wille hat das „Spannungsfeld“ von sowjetischer Besatzung, SED-Machtstreben und Eigenverantwortung der Landesregierung lediglich skizziert131. Zur SMA Thüringen liegt nur ein Heft der Landeszentrale für politische Bildung vor, das Stefan Creuzberger verfasst hat132.
Stärkere Beachtung hat die sowjetische Besatzung auf Landesebene in Sachsen erfahren. Andreas Thüsing hat einleitend zur Edition der Proto- kolle der sächsischen Landesverwaltung kurz das Verhältnis zur Besatzungsmacht behandelt, das durch „Anleitung und Kontrolle“ gezeichnet gewesen sei. Bei der 1946 gewählten Landesregierung sei dies in dem Maße zurückgegangen, in dem sich die SMAD zunehmend der SBZ-Zentralverwaltungen als Weisungsinstanz gegenüber den Ländern habe bedienen können. Außer kurzen Verweisen auf die Befehlsstruktur sind jedoch weitere Erläuterungen zur SMA-Landesverwaltung nicht enthalten; die Edition berücksichtigt nur Protokolle der deutschen Landesverwaltung133. Bereits 1995 hat Alexander Haritonow seine Dissertation über die Hochschulpolitik in Sachsen veröffentlicht und darin ausführlicher über den Aufbau der sächsischen SMA sowie der Dresdner Stadtkommandantur informiert134. Haritonow zeichnet ein differenziertes Bild: „In der Anfangszeit (bis 1947) bildeten erfahrene Pädagogen die Mehrheit der Mitarbeiter. Sie versuchten die Losung von Aufgaben weniger von politischen Doktrinen, als vielmehr von den Erfordernissen von Lehre und Forschung abhängig zu machen.“ 1947 jedoch habe im Zuge des Kalten Kriegs einen Wendepunkt gebildet. Die erste Generation (die Frontgeneration) in den SMA-Organen sei weitgehend durch speziell geschulte Kader ersetzt worden, „die eine wesentlich härtere politische Linie vertraten“.
Die Abteilungen für Volksbildung können sicher nicht stellvertretend für die Politik und Praxis der SMA generell gewertet werden. Im Unterschied zu den „weichen“ Bereichen der Volksbildungspolitik waren den für politische und ideologische Fragen zuständigen Abteilungen innerhalb der SMA-Strukturen andere Rollen zugewiesen. Genau diesem Komplex widmete sich Johannes Raschka 2001 in einem Aufsatz zur SMA in Sachsen, mit dem Titel „Sowjetisierung in der Region“. Neben einem kurzen Überblick über den allgemeinen Aufbau ging Raschka auf die Abteilung für innere Angelegenheiten und auf die Propaganda- beziehungsweise Informationsabteilung ein. Raschka kam zu dem Ergebnis, dass der Anspruch von umfassender Steuerung und Kontrolle allein wegen der geringen Personaldecke an Grenzen gestoßen sei – ein Ergebnis, das generalisierbar ist.
Weitere Arbeiten beschäftigten sich mit dem Verhältnis der SMA zur CDU in Sachsen, mit ihrer Rolle bei der Kaderpolitik und generell mit der Frage des „Diktaturaufbaus“135. Dabei spielte die Perspektive „Sowjetisierung“ eine zentrale Rolle. Diese Fokussierung erfordert differenzierende Nachfragen. Denn was ist unter „Sowjetisierung“ eigentlich zu verstehen? Sollten die sowjetischen Besatzungsinstanzen Verhältnisse nach sowjetischem Muster errichten? Michael Lemke hat darauf verwiesen, dass sowjetischer Einfluss nicht gleich Sowjetisierung bedeutet136.
Die administrativen Aufgaben der SMA-Landesverwaltungen, ihre Funktionen der Kontrolle, das Administrieren per Befehl – all dies ist bekannt und nicht umstritten. Doch bei der Frage, nach welchen Vorgaben die Besatzungsinstanzen vorgingen, scheiden sich die Geister. Der These, die Sowjetunion und mithin die SMAD habe über kein geschlossenes Konzept für die Besatzung und vor allem keinen Masterplan für eine Sowjetisierung vor Augen gehabt, stehen Thesen gegenüber, die im Grunde das Gegenteil behaupten und wie Mike Schmeitzner von einer ge...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. I. Einleitung
  6. II. Die Archivsituation
  7. III. Kooperationsprojekte – Erfahrungen und Ergebnisse
  8. IV. Forschungsstand, Probleme, Perspektiven
  9. Fußnoten
  10. Abkürzungen
  11. Autorinnen und Autoren