
Wissen als Poesie
Ein Grundriss zu Formen und Funktionen der frühneuzeitlichen Lehrdichtung im deutschen Kulturraum des 16. und 17. Jahrhunderts
- 198 Seiten
- German
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Wissen als Poesie
Ein Grundriss zu Formen und Funktionen der frühneuzeitlichen Lehrdichtung im deutschen Kulturraum des 16. und 17. Jahrhunderts
Über dieses Buch
Das vorliegende Werk schließt in knapper Form, aber in weitem Überblick mit vielen Textbeispielen und wegweisenden Anregungen eine neuralgische Lücke der Geschichte der Lehrdichtung, also des versgebundenen, mehr oder weniger ästhetisch ambitionierten Schrifttums zur Vermittlung oder poetischen Nobilitierung von Sach-, Verhaltens- und Orientierungswissen, zwischen Spätmittelalter und Aufklärung. Etablierte Autoren wie M. Opitz und F. Dedekind wie auch fast vergessene deutschsprachige Exempel (etwa von J. G. Schottelius, W. Fabry und G. Wickram) kommen nach Gebühr zur Geltung, doch fällt neues Licht besonders auf das riesige neulateinische Textfeld unter Einschluss der Jesuitendichtung (z. B. Barth, Frischlin, Xylander, Maier, Hohberg, Bidermann, Balde und viele andere). Besonders wird Wert gelegt auf eine funktionale Differenzierung der diversen, oft hybriden Textgenres (vom Merkvers bis zur altepischen Großdichtung) sowie auf exemplarische Analysen der deutschen Rezeption, auch Übersetzung, bekannter antiker wie auch italienischer Modelle (zum Beispiel Palingenius und Vida). Den Rahmen bildet die Behandlung der einschlägigen, oft kontroversen poetologischen Diskussionen von Aristoteles bis Goethe sowie, vor der weitläufigen Bibliographie, ein abschließender Ausblick auf das 18. und frühe 19. Jahrhundert.
Häufig gestellte Fragen
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Information
Fußnoten
| 1 | Generell zu den deutschen Literaturverhältnissen im 16. Jahrhundert die Einleitung der Herausgeber in: Erzählen und Episteme 2011, S. 1–19. Zur Gattungsdiskussion der Lehrdichtung s. vor allem Fabian 1968, Jäger 1970 bzw. 1980 und Siegrist 1976 (2. Kap., S. 20–88); zum neulateinischen Sektor erhellend Czapla 1999 sowie die großen Monografien zur Romania, in erster Linie Roellenbleck 1975. In einem kürzlich erschienenen »interdisziplinärem Handbuch« zum Thema »Literatur und Wissen« (Borgards u. a. 2013) kommen gemäß dem detaillierten Inhaltsverzeichnis die historischen Dimensionen der Gattungen bzw. diversen Typen der Lehrdichtung bzw. des Lehrepos gar nicht vor. Mit genauer Not hat man diese spektakuläre Lücke irgendwann notdürftig mit einem Beitrag von Jörg Robert über Opitz’ Vesuv-Gedicht (S. 301–305) geschlossen. |
| 2 | Auf außerdeutsche Lehrdichtungen der frühen Moderne gehe ich nur in wenigen Streiflichtern ein, sofern die betreffenden Werke im deutschen Sprachraum rezipiert wurden. |
| 3 | Der Begriff ›Lehrdichtung‹ ist ein jüngeres wissenschaftliches Abstraktum für ein traditionsreiches Konzept. Spätestens seit Harsdörffer war (als Lehnübersetzung) der Terminus ›Lehrgedicht‹ möglich, rein funktional verstanden im Sinne fabulöser oder parabolischer Didaxe (Frauenzimmer Gesprächspiele VII, 1647, Nr. CCLVIII; dann im Titel der erbaulichen Sammlung Nathan und Jotham. Das ist Geistliche und Weltliche Lehrgedichte, 1659). In der Frühaufklärung überschnitt sich der Begriff im Sinne handlungsloser Poesie mit verwandten Bezeichnungen (Lehrlied, Lehrode, Lehrgesang, philosophisches oder moralisches Gedicht); Belege dazu bei Albertsen 1967, bes, S. 10–39; seine von Ignoranz gekennzeichnete Darstellung der »Neolatinisten« [!], d. h. nur zu Rapin und Heinsius (S. 58–63 [!]), und sein Kategoriensystem als ganzes bedürfen der gründlichen Revision; dazu trefflich auch schon Jäger 1970; zum genregeschichtlichen Überblick in Kurzform nützlich, jedoch noch sehr vorläufig, was die Frühe Neuzeit angeht, die Artikel Lehrdichtung von Liebermann u. a. 2001 sowie Kühlmann 2001. |
| 4 | Alsted 1630 (ed. 1989), hier Bd. 1 (Liber X, cap. II), S. 510. Zu Alsteds Poetik jetzt Hintzen 2013. |
| 5 | Zit. nach Opitz 1624 (ed. 2002), S. 17 (Umlaute hier in der Schreibung modernisiert). |
| 6 | Buchner 1665 (ed. 1966), S. 27 f. |
| 7 | Dazu und zu den in diesem Zitat erwähnten, von mir hier nicht nicht weiter kommentierten Verfassern s. im Folgenden. Für die antiken Autoren sei ein für allemal auf die neueren Artikel des Neuen Pauly (NP) verwiesen. |
| 8 | Gemeint ist das 10., in Hexametern verfasste Buch über den Gartenbau des römischen Agrarschriftstellers L. Iunius Moderatus Columella (1. Jahrhundert n. Chr.) als Teils seiner Rei rusticae libri, mit beträchtlichen Wirkungen in Mittelalter und Neuzeit. |
| 9 | Palladius Rutilius (um 400 n. Chr.); im Rahmen seiner agrarwissenschaftlichen Werke schrieb er eine in Distichen gefasste Abhandlung über die Veredlung von Bäumen, besonders im Mittelalter oft gelesen. |
| 10 | Marcus Aurelius Nemesianus (ca 280 n. Chr.), Verfasser hochgeschätzter bukolischer Dichtungen; gemeint ist hier aber das in Teilen (325 Verse) erhaltene Lehrgedicht Cynegetica, das sich in seinem Proömium bewusst an Lukrez und Vergil anschloss. |
| 11 | Grattius, Zeitgenosse Ovids, schrieb unter dem Titel Cynegetica ein Lehrgedicht über die Jagd mit Hunden sowie über deren Pflege und deren Krankheiten, nd 1976. |
| 12 | Das ist der schon im Alter von 25 Jahren 1596 oder Anfang 1597 verstorbenen Janus Dousa (van der Does) d. J. mit seinem an Buchanan und anderen angelehnten astronomischen Lehrgedicht (nur ein Buch der ursprünglich geplanten fünf Bücher ist erschienen) Rerum caelestium liber primus. Leiden. 1591; dazu wichtig Faller 2009. |
| 13 | Der berühmte Jurist und Historiker Jacques Auguste de Thou (1553–1617) mit seinem Werk Hieracosophiou sive De Re Accipitaria libri tres. Paris 1584. |
| 14 | Wohl der in Bologna lehrende Professor Scipione Bargelius (Bargagli). |
| 15 | Poetischer Trichter 1650 (Harsdörffer 1969), 3. Teil, S. 377 f. (unter dem Lemma »Poet/ Poeterey«). |
| 16 | Zit. nach der Edition und Übersetzung von Merklin 1991, S. 80–83: »Denn die Gelehrten sind sich doch darüber einig, dass Arat, ein Laie, auf astronomischem Gebiet, in Versen von besonderer Schönheit und hohem Rang den Himmel und die Sterne behandelte und dass Nikander von Kolophon, der nichts vom Ackerbau verstand, dank seiner Fähigkeiten als Dichter, nicht als Landmann, in glänzendem Stil über Fragen der Landwirtschaft geschrieben hat. Was gibt es da für einen Grund, weshalb ein Redner nicht besonders wortgewandt über die Dinge reden sollte, die er für einen ganz bestimmten Fall und eine ganz bestimmte Situation studiert hat? Der Dichter nämlich steht dem Redner nahe, etwas gebundener im Rhythmus, aber freier in der Ungebundenheit der Sprache; in vielen Formen schmückender Gestaltung ist er gar sein Gefährte und ihm fast gleich; in dem Punkte jedenfalls stimmt er gewiß beinahe mit ihm überein, dass er durch keine Grenzen sein Recht beschneidet und begrenzt, sich mit demselben Spielraum und Reichtum des Ausdrucks zu bewegen, wo er will.« |
| 17 | Unter anderem in der Diskussion der Schildbeschreibung bei Homer konstatierte Lessing, grundsätzlich gerichtet gegen das horazische »ut pictura poesis« (Horaz: Ars poetica 361), in Kap. XVI (ed. Vollhardt 2012, dort üppige Literaturhinweise, S. 115): »Gegenstände, die auf einander, oder deren Theile auf einander folgen, heissen überhaupt Handlungen. Folglich sind Handlungen der eigentliche Gegenstand der Poesie.« |
| 18 | Zit. nach Goethe 1999, S. 317 f., dazu der Kommentar S. 1141–1143; hier auch der Hinweis auf eine der Anregungen Goethes, das 1819 in London erschienene humoristisch-geognostische Epos von John Scafe († 1843): King Coal’s Levee or Geological Etiquette, das Goethe (so zu Eckermann am 18. Mai 1824) als gelungenes Beispiel der didaktischen Poesie ansah (ebd., S. 1143). |
| 19 | Aus diesem Projekt entstammte das auch poetologisch relevante berühmte Stanzengedicht Zueignung; dazu Otto 1982 sowie dies. in GHb 1 (1996), S. 205–209. |
| 20 | Zu Knebel s. den zusammenfassenden Artikel (sub verbo) von Otto in GHb 4/1. (1998), S. 613–616. Goethes Rezension ist abgedruckt in: Goethe 1998, S. 285–287, dazu der Kommentar mit Literaturhinweisen S. 871–877; zu dem der Rezension von Goethe beigedruckten anonymen lateinischen Gedicht auf Lukrez s. Bernays 2002. Das Gedicht stammte, wie mittlerweile entdeckt wurde, von dem holländischen Orientalisten Adrian Reland (1676–1718): Nachträgliche freundliche Mitteilung an mich von Herrn Bernays. – Goethe fühlte sich durch Knebels Arbeit an Lukrez (dazu Maltzahn 1929, bes. S. 212–218, ferner Schmidt 1962) auch zu seiner »Metamorphose der Pflanzen« angeregt. |
| 21 | Zit. nach Knebel’s literarischer Nachlaß (1835), S. 215 f., Nr. 7; dazu kommt später der Entwurf einer Vorrede zu Knebels Lukrez-Übersetzung, abgedruckt in: Goethe: Weimarer Ausgabe, Bd. 42 (1907), S. 448–452; s. auch die Stellensammlung von Grumach 1949, Bd. 1, S. 325–353, sowie die Studien von Nisbet 1986 und 1988, außerdem dessen Lukrez-Artikel (1996). Zur Bewertung des Lukrez bei Herder im Kontext der damals modernen Lehrdichtung: Haller, Pope u. a.) s. dessen »Fragmente über die neuere deutsche Literatur«, 3. Sammlung. 1767, abgedruckt in Herder 1985, S. 475–482. |
| 22 | Hegel 1971, Dritter Teil, 2. Tl./Bd., S. 114. |
| 23 | Zur der hier interessierenden weitläufigen Diskussion der aristotelischen Poetik in der Renaissance (am Beispiel der Dialogtheorie) hilfreich auch durch das Referat der Kommenare und der Forschungsliteratur Müller 2013 sowie Wels 2009, S. 11–21, hier passim zum Thema ›Lehrdichtun... |
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titelseite
- Impressum
- Dedication
- Vorwort
- Inhaltsverzeichnis
- I Historische und systematische Gattungsbestimmungen
- II Kernbereiche – Grenzformen – Ausstrahlungen – strukturelle und intentionale Interferenzen
- III Zur Ausbildung, Bandbreite und deutschen Rezeption der antiken und rinascimentalen außerdeutschen Lehrepik
- IV Poetik, Sprache und Nation
- V Poetische Verhaltensdidaxe im alten Reich Autoren und Paradigmen
- VI Scientifik und poetische Naturkunde
- VII Schwerpunkte des 17. Jahrhunderts
- VIII Ausblick
- IX Literaturverzeichnis
- X Namenregister
- Fußnoten