Neuroorthopädie
  1. 646 Seiten
  2. German
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eBook - ePub

Über dieses Buch

Eingangs werden neurologische Leitsymptome und Syndrome sowie die Grundlagen der neurologischen und der orthopädischen Diagnostik beschrieben. Die folgenden Kapitel enthalten fundierte Informationen zu Erkrankungen und Schädigungen des Gehirns (z.B. Durchblutungsstörungen, tumoröse und entzündliche Veränderungen, Verletzungen, frühkindliche Hirnschäden, infantile Zerebralparesen, Stoffwechselstörungen), zu den Erkrankungen des Rückenmarks und der Cauda equina (z.B. traumatische Schädigungen, Querschnittslähmungen, Myelopathien, vaskuläre, entzündliche und tumoröse Veränderungen, Systemerkrankungen), zu spinalen radikulären Erkrankungen (zervikale, thorakale, lumbale Wurzelreiz- und Wurzelausfallsyndrome), zu den Läsionen und Engpasssyndromen aller peripheren Nerven, den Polyneuropathien und Myopathien sowie zu den Fehlbildungen der Wirbelsäule mit Auswirkungen auf das Myelon und die Cauda equina.

Wegen seiner weitreichenden Verknüpfungen mit anderen medizinischen Disziplinen ist das Buch nicht nur Orthopäden, Neurologen und Neurochirurgen zu empfehlen, sondern allen klinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten.

Häufig gestellte Fragen

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Information

Jahr
2017
eBook-ISBN:
9783110387766
Frank Hanisch

1Neurologische Syndrome

1.1Störungen des Pyramidenbahnsystems

1.1.1Zentrale oder spastische Lähmung

1.1.1.1Anatomische Grundlagen

Der zentrale Anteil des für Willkürbewegungen zuständigen motorischen Systems besteht aus dem primären motorischen Kortex (Gyrus praecentralis, Area 4 nach Brodmann) sowie den angrenzenden Kortexarealen (insbesondere der prämotorischen Rinde, Area 6) und den daraus hervorgehenden kortikobulbären und kortikospinalen Bahnen. Die motorischen Areale werden in der Area 4 als „kopfstehender Homunkulus“ im Sinne einer Somatotopie repräsentiert, wobei im Areal der Fissura interhemispherica und der Mantelkante die untere Extremität repräsentiert ist und sich nach lateral Rumpf, obere Extremität und Gesicht anschließen. Da die kortikalen Repräsentationsareale von Gesicht und Hand im Gefäßterritorium der Arteria cerebri media liegen, treten bei Ischämie in diesem Territorium häufig brachiofazial betonte Hemiparesen auf. Die motorischen Zellen der Area 4 kontrollieren die fein abgestufte Willkürmotorik, d. h. auch die einzelnen Muskeln der kontralateralen Körperhälfte. Reizungen im prämotorischen Kortex haben hingegen ausgedehntere Bewegungen zur Folge, z. B. eines ganzen Arms oder Beins. Die Willkürmotorik ist außerdem glättenden Einflüssen des Zerebellums unterworfen.
Unter dem Begriff Motoneuron (oder motorisches Neuron) werden die efferenten Nervenzellen zusammengefasst, die die Muskulatur des Körpers innervieren und somit Grundlage aktiver Kontraktionen sind. Man unterscheidet das obere (engl. upper motoneuron, UMN, oder 1. Motoneuron) und das untere Motoneuron (engl. lower motoneuron, LMN, oder 2. Motoneuron).
Das obere Motoneuron ist für die bewusste Auslösung von Bewegungen zuständig (Willkürmotorik) und steuert die Körperhaltung. Seine Zellkörper, die Betz’schen Riesenzellen, liegen in der motorischen Rinde im Gehirn. Die Axone bilden die Pyramidenbahn und ziehen zum unteren Motoneuron.
Der Tractus corticospinalis (Pyramidenbahn) verläuft von der motorischen Rinde durch die weiße Substanz (Corona radiata), drängt sich zusammen mit den kortikonukleären Bahnen durch die Capsula interna und zieht über den Hirnschenkel (Pedunculus cerebri) und den Pons zur Basis der Medulla oblongata, wo in der Decussatio pyramidum 80 bis 85% der Fasern auf die Gegenseite wechseln (Tractus corticospinalis lateralis). Die restlichen verlaufen als Tractus corticospinalis anterior neben der Kommissur und kreuzen überwiegend nicht. Dies ist der Grund für eine bilaterale Innervation im Bereich der Stirn-, Nacken-, Oberarm- und Rumpfmuskulatur und für die proximalen Massenbewegungen. Bei sehr früh auftretenden hemisphärischen Läsionen kann die ipsilaterale Innervation derart stark ausgeprägt sein, dass selbst im Bereich der Hand und der Finger kaum eine Parese vorliegt [Fiori et al. 2015]. Die Axone des oberen Motoneurons enden an den a-Motoneuronen (unteres Motoneuron) im spinalen Vorderhorn. Auf Rückenmarksebene ist das laterale System (überwiegend Tractus corticospinalis lateralis) für die Willkürbewegung der distalen Extremitäten, insbesondere die differenzierte Feinmotorik im Bereich der Hände, zuständig. Das mediale System besteht aus Retikulospinaltrakt, Vestibulospinaltrakt und Tektospinaltrakt und ist für die Innervation der Rumpf- und Beinmuskeln zuständig (Rumpf- und Standmotorik). Darin kann die Ursache für geringere Erfolge der Ergotherapie bei der Rehabilitation der Hand liegen (Abb. 1.1 und 1.2).
Abb. 1.1: Querschnitt durch das zervikale Rückenmark mit Darstellung der Lage und der somatotopen Verteilung motorischer, deszendierender Bahnen (rot, linke Bildhälfte) und sensibler, aszendierender Bahnen (grün, rechte Bildhälfte) [nach Sitzer u. Steinmetz 2011].
Einfluss auf die spinale Motorik besitzen noch weitere Bahnen. Dazu gehören kortiko-ponto-zerebelläre Bahnen und Verbindungen zu den Basalganglien. Über die Formatio reticularis können der supplementärmotorische und der prämotorische Kortex auf die Rumpf- und proximale Extremitätenmuskulatur einwirken (extrapyramidalmotorische Bahnen). Die kortikale Steuerung der Okulomotorik erfolgt überwiegend über das zentrale Augenfeld (Brodmann-Area 8).
Abb. 1.2: Motorisches System mit Verlauf der motorischen Bahnen vom Gyrus praecentralis durch die Capsula interna (innere Kapsel) und die Decussatio pyramidum (Pyramidenbahnkreuzung) zum Rückenmark und weiter zur Skelettmuskulatur [nach Sitzer u. Steinmetz 2011].

1.1.1.2Symptomatik

Beim Syndrom des oberen Motoneurons unterscheidet man Plus- und Minus-Symptome (Tab. 1.1). Zu den Plus-Symptomen zählen u. a. ein spastisch erhöhter Muskeltonus, Widerstand gegen passive Dehnung, gesteigerte Muskeleigenreflexe und (reversible) Kontrakturen. Zu den Minus-Symptomen gehören Paresen, eingeschränkte Koordination und Geschicklichkeit, reduzierte Beweglichkeit von Gelenken und Verlust der viskoelastischen Eigenschaften von Muskeln und Bindegewebsstrukturen mit Fehlstellungen und strukturellen (neurogenen) Kontrakturen, die hier in der Regel leicht von muskulären und arthrogenen sowie zikatriziellen Kontrakturen abgrenzbar sind.
Tab. 1.1: Syndrom des oberen Motoneurons mit Plus- und Minus-Symptomen.
Plus-Symptome Minus-Symptome
afferent: disinhibierte spinale Reflexe Parese
gesteigerte Dehnungsreflexe mit verbreiterter verminderte Geschwindigkeit der
Reflexzone (= Hyperreflexie der Muskeleigenreflexe) Kraftentwicklung
Kloni (Patellarklonus, Fußklonus) verminderte Dekontraktionsgeschwindigkeit
Wiederauftreten pathologischer Fremdreflexe (Pyramidenbahnzeichen) Störungen der Feinmotorik (dexterity)–auchder nicht betroffenen Hand
spastisch erhöhter Muskeltonus
Klappmesserphänomen gestörte Bewegungskoordination
Enthemmung vestibulospinaler Aktivität verminderte reziproke Hemmung (Dekontraktion der Antagonisten)
Flexor-Reflexe motor impersistance (vermindertes Aufrechterhalten der Kontraktionskraft)
mit Spastik assoziierte Schmerzen verminderte oder aufgehobene Fremdreflexe (z. B. Bauchdeckenreflex, Kremasterreflex)
efferent: veränderter supraspinaler Output
Massentendenz mit aufgehobener selektiver Beeinträchtigung physiologischer
Beweglichkeit einzelner Muskeln oder Extremitätenabschnitte Mitbewegungen (z. B. Mitschwingen der Arme beim Gehen)
Ko-Kontraktionen reduzierte Beweglichkeit von Muskeln und Gelenken
Synkinesien Kontrakturen und Fehlstellungen
Spiegelbewegungen (mirror movements) Fatigue
1.1.1.2.1Plus-Symptome
Das Hauptmerkmal des Syndroms des oberen Motoneurons (UMNS) ist die Muskeltonuserhöhung, d. h. der erhöhte muskuläre Widerstand gegen eine passive Bewegung. Eine spastische Bewegungsstörung ist gekennzeichnet durch langsame und kleinräumige Willkürbewegungen mit einer sogenannten Massentendenz, d.h. einer überschießenden synergistischen Aktivierung und einer vermehrten Ko-Kontraktion. So kann sich beispielsweise beim Versuch der passiven Dorsalflexion des Fußes eine gleichzeitige Beugung von Hüft- und Kniegelenk sowie eine Aktivierung der Flexoren von Ellenbogen und Handgelenk einstellen. Bei manchen Patienten mit halbseitiger Spastik beobachtet man spiegelbildartige identische Mitbewegungen der paretischen Extremität bei Bewegungen der gesunden (Spiegelbewegungen, mirror movements). Sie treten gehäuft nach Pyramidenbahnläsionen auf und setzen die Beteiligung ipsilateraler und kontralateraler kortikospinaler Bahnen voraus [Ohtsuka et al. 2015].
Wernicke-Mann-Gangbild: Das mit einer spastischen Hemiparese einhergehende Gangbild ist charakterisiert durch die Adduktion des Schultergelenks, die Beugung von Ellenbogen- und Handgelenk und die Pronation des Unterarms. Die Fingergelenke sind gebeugt, der Daumen in die Hand eingeschlagen. Das Kniegelenk ist extendiert, der Fuß plantarflektiert. Das Gehen ist nur unter Zirkumduktion des Beins möglich (Kap. 4.1.6). Der Scherengang beruht auf einem erhöhten Tonus der Adduktoren auf beiden Seiten (Kap. 4.1.6). Die Beine werden in den Hüftgelenken einwärts gedreht und adduziert, sodass sich die Kniegelenke berühren.
Eine Reflexsteigerung, d. h. eine pathologisch verstärkte Reflexantwort mit verbreiterter Reflexzone, beruht auf einer Unterbrechung der zentralen Efferenzen des Tractus corticospinalis, die am a-Motoneuron einwirken. Dabei kann es zur Verbreiterung der Reflexzone kommen und auch zur Reflexirradiation auf entfernte Muskelgruppen. Der monosynaptische Reflexerfolg nach Bahnung mithilfe des Jendrassik’schen Handgriffs ist auf die zentrale Aktivierung des α-Motoneurons zurückzuführen. Die Hyperreflexie stellt die Folge einer Enthemmung monosynaptischer Eigenreflexe dar. Gleichzeitig fallen zentral stimulierende Einflüsse auf die polysynaptischen Fremdreflexe aus, sodass diese schwächer werden oder erlöschen.
Als Kloni bezeichnet man rhythmische unwillkürliche Muskelkontraktionen in erschöpflicher oder unerschöpflicher Form, die häufig nach Auslösung eines Muskelreflexes vor allem an der unteren Extremität auftreten. Erschöpfliche Kloni sind nicht pathognomonisch für ein Syndrom des oberen Motoneurons, sondern können auch Ausdruck eines physiologisch lebhaften Reflexniveaus sein. Häufige Formen sind der Patellarklonus, der bei ruckartiger passiver Bewegung der Patella nach distal auftritt (M. quadriceps femoris), und der Fußklonus bei forcierter Dorsalflexion des Fußes (M. triceps surae). Unerschöpfliche Kloni besitzen in aller Regel Krankheitswert.
Abb. 1.3: Linke Bildseite monosynaptischer Reflex, rechte Bildseite polysynaptischer Reflex [nach Putz u. Pabst 2000].
Eine Läsion des oberen Motoneurons führt zum Wiederauftreten der am Lebensanfang physiologischen Reflexantworten, den Pyramidenbahnzeichen, bzw. zu pathologischen (Fremd-)Reflexen (Tab. 1.2 und Abb. 1.3). Als Fremdreflex, auch polysynaptischer Reflex genannt, bezeichnet man einen Reflex, bei dem die Reflexantwort nicht im reizwahrnehmenden Organ erfolgt. Der Reflexbogen verläuft hierbei über mehrere Synapsen, d. h. polysynaptisch. Physiologische Fremdreflexe sind Bauchhautreflex, Analreflex, Kremasterreflex (Bestreichen des medialen Oberschenkels führt zur Hebung des gleichseitigen Hodens) und Bulbokavernosusreflex (Zusammendrücken der Glans penis führt zum Zusammenziehen des Anus).
Spastik wird definiert als gesteigerter geschwindigkeitsabhängiger Dehnungswiderstand der Skelettmuskulatur, der als Folge eine...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. 1 Neurologische Syndrome
  7. 2 Kopfschmerzen und andere Leitsymptome
  8. 3 Grundzüge der Diagnostik
  9. 4 Schädigungen des Gehirns
  10. 5 Erkrankungen des Rückenmarks und der Cauda equina
  11. 6 Spinale radikuläre Erkrankungen
  12. 7 Läsionen peripherer Nerven
  13. 8 Polyneuropathien
  14. 9 Myopathien
  15. 10 Physiologische Varianten und Fehlbildungen der Wirbelsäule
  16. Stichwortverzeichnis