Hoffnung in Bethlehem
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Hoffnung in Bethlehem

Innerbiblische Querbezüge als Deutungshorizonte im Ruthbuch

  1. 264 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Hoffnung in Bethlehem

Innerbiblische Querbezüge als Deutungshorizonte im Ruthbuch

Über dieses Buch

Weder mit emanzipatorischem Impuls noch als Integrationsgeschichte ist das Ruthbuch recht verstanden.Vielmehr legt sich die Geschichte selbst aus. Intendierte literarische Bezugnahmen und Anspielungen in Versen, die das bisher Erzählte deuten, prägen das inhaltlich-strukturelle Profil des Ruthbuches und verleihen ihm theologische Tiefenschärfe. Eine Analyse dieser Querbezüge nach Kriterien, die auf deren Einbindung in eine historisch-kritische Auslegung zielen, und eine literarische Analyse des Ruthbuches erhellen dessen inhaltliches und theologisches Profil und lassen Rückschlüsse auf seinen historischen und literarischen Kontext zu: Als Hoffnungsgeschichte in Gestalt einer Familiengeschichte präsentiert es in spätpersisch-frühhellenistischer Zeit kunstvoll eine Spielart weisheitlicher Theologie, in der Gottes und menschliches Handeln untrennbar und ununterscheidbar verbunden sind.

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Information

1 Einleitung

„Es ist höchste Zeit,
daß uns ein Kommissar der Gelehrtenrepublik
eine kohärente Terminologie vorschreibt.“1

1.1 Fragestellung und Aufbau der Arbeit

Das Ruthbuch wird gegenwärtig als Frauen- und Fremdengeschichte gelesen. Beides hat sein relatives Recht darin, dass zwei Frauen Hauptpersonen sind, von denen die jüngere eine Fremde ist. Doch geht es bei diesen Lesarten um viel mehr: Mit dem Ruthbuch werde ein Gegenmodell, wenn nicht gar eine Polemik zum wenig älteren Esr/Neh entworfen und dessen Ablehnung der sogenannten „Fremdehen“ kritisiert. Es erscheint damit als (bis heute) politisch hoch relevanter Text.
Für eine solche Sinnzuschreibung lassen sich jedoch kaum Argumente benennen, die einer genauen Lektüre des Ruthbuches standhalten würden; sie erweist sich bei näherer Betrachtung als ahistorisch und letztlich auch als schlechter Anwalt für die Interessen von Fremden und Frauen, denen sie allzu viel abverlangen würde. Worauf zielt die Erzählung aber dann?
Mit der Bezugnahme auf ältere, aus heutiger Sicht biblische Texte ist man bereits auf der richtigen Fährte. Spuren solcher Texte finden sich im Ruthbuch zahlreich. Als Einfluss- und Referenztexte legen sich aber statt Esr/Neh andere Textbereiche nahe: Hiob und die Weisheit, Davidsgeschichten und die Genesis.2 Um zu klären, auf welche Texte Ruth verweist, und welche weiteren Akzente des Verstehens die Verweistexte beitragen, ist ein methodischer Zugriff notwendig, mit dem sich literarische Einflüsse und Motivübernahmen feststellen und einordnen lassen. In Auseinandersetzung mit dem dabei häufig bemühten Paradigma „Intertextualität“ wird in Kap. 1 ein solcher Zugang für eine historisch interessierte Exegese entworfen. Dabei geht es nur um historisch wahrscheinlich intendierte literarische Querbezüge, für die als Vermutung und Axiom naheliegt, dass sie im Text erkennbar sind. Daher folgt auf einen Überblick über Lesarten des Ruthbuches in Kap. 2, der Vielfalt und Horizont der Deutungen skizziert, in Kap. 3 eine ausführliche Textanalyse. Deren Hauptaugenmerk gilt der Strukturierung der Erzählung durch Inklusionen im Geschehensablauf, Figurenkonfigurationen und Wortfelder. Die Untersuchung wird zeigen, dass durch Struktur und Wortwahl herausgehobene Textabschnitte maßgeblich zur Theologie des Ruthbuches beitragen und dazu meist auf Prätexte anspielen. Der genaueren Eingrenzung und inhaltlichen Deutung dieser Querbezüge widmet sich Kap. 4. Den Abschluss im Sinne von Zusammenfassung und Ausblick bildet in Kap. 5 eine Beschreibung des inhaltlich-theologischen Profils des Ruthbuches als Weisheitsliteratur.

1.2 Literarische Querbezüge und Intertextualität

Das Interesse an literarischen Querbezügen ist in der neueren Exegese weit verbreitet. Als Beispiele aus der Forschung zum Alten Testament in den letzten Jahren ließen sich ganze Gebiete wie die Psalterforschung3 ebenso wie zahlreiche Monographien 4 oder einzelne Aufsätze5 nennen. Dabei kann es hier nicht um eine Durchsicht der vielfältigen inner- und außerbiblischen Fortschreibungsprozesse gehen.6 Stattdessen soll das Phänomen der „Intertextualität“ im Zentrum stehen, auf das im Rahmen der Frage nach literarischen Querbezügen und deren Ausarbeitung recht regelmäßig verwiesen wird.7 Für das Ruthbuch ist dieser Referenzrahmen sogar weitgehend Konsens, wenn literarische Bezugnahmen festgestellt und ausgewertet werden. Dass die vorliegende Arbeit von diesem Konsens abweicht, bedarf einer Begründung. Diese wird sich zum einen aus der Frage ergeben, was sich hinter „Intertextualität“ verbirgt und wie es um die Anwendbarkeit dieses Konzepts auf alttestamentliche Texte bestellt ist. Dazu bieten sich mit Kristevas breitem poststrukturalistischem Ansatz und (etwas später) mit Genettes enger gefasstem, strukturalistisch geprägtem und stärker operationalisiertem Modell zwei wirkmächtige und jeweils typische Exemplare der beiden bis heute vertretenen Hauptkonzepte von Intertextualität an.8 Zum anderen sollen, freilich nur in einem flächigen Querschnitt, übliche Schwerpunktsetzungen alttestamentlicher Wissenschaft in der Arbeit mit Intertextualität diskutiert werden. Danach steht mit Gérard Genettes Ansatz ein literaturwissenschaftlicher Versuch, das Phänomen „Intertextualität“ methodisch greifbar zu machen, im Zentrum; hieran lässt sich zeigen, dass – nicht in der Freiheit eines rezeptionsästhetischen Ansatzes, aber im Rahmen eines historisch interessierten Textverständnisses – die Stärken einer Lektüre innerhalb des Paradigmas Intertextualität schon im Rahmen des historisch-kritischen Methodenkanons erfragt werden können.

1.2.1 Julia Kristevas Konzept der „Intertextualität“

Den Begriff „Intertextualität“ prägte Julia Kristeva 1967 in ihrem Aufsatz „Bakhtine, le mot, le dialogue et le roman“.9 Ihr Aufsatz ist, quasi als „Genotext“,10 Referenzpunkt der seitdem erfolgten Weiterentwicklungen. Sie greift Gedanken des russischen Literaturwissenschaftlers Michail Bachtin auf, dem es aus ihrer Sicht darum geht, dass die literarische Struktur eines Textes „nicht ist, sondern sich erst aus der Beziehung zu einer anderen Struktur herstellt.“11 Ein Text ist damit nie für sich allein; diese „Dynamisierung des Strukturalismus“12 setzt voraus und macht deutlich, dass Texte grundsätzlich dialogisch sind. In Kristevas Worten, dass „das ‚literarische Wort‘ nicht ein Punkt (nicht ein feststehender Sinn) ist, sondern eine Überlagerung von Text-Ebenen, ein Dialog verschiedener Schreibweisen: der des Schriftstellers, der des Adressaten […], der des gegenwärtigen oder vorangegangenen Kontextes.“13
Wichtig ist dabei, dass Kristeva unter Berufung auf Bachtin einen weiten Textbegriff formuliert: Auch „die Geschichte und die Gesellschaft“ sind Texte, „die der Schriftsteller liest, in die er sich einfügt, wenn er schreibt.“14 Diese Gleichsetzung ist insofern plausibel, als die Bedeutung eines Wortes oder Textes von ihnen allen abhängt: Der Text steht im „Schnittpunkt von Sprache“ (verstanden als „real[e] Praxis des Denkens“15) und den zwei Achsen des „Raum[es]“,16 die Autor/ Subjekt und Adressat einerseits und Text und Kontext andererseits bilden,17 und die im Text zusammenfallen.18 So ist „das Wort (der Text) […] Überschneidung von Wörtern (von Texten), in der sich zumindest ein anderes Wort (ein anderer Text) lesen läßt.“19 Diese Dialogizität der Texte, die schon der Sprache an sich inhärent ist, da sie letztlich immer mit schon gebrauchten Worten arbeitet20 und so schon weitere Bedeutungsgehalte in sich trägt, bezeichnet Kristeva als „Intertextualität“: „[J]eder Text baut sich als Mosaik von Zitaten auf, jeder Text ist Absorption und Transformation eines anderen Textes. An die Stelle des Begriffs der Intersubjektivität tritt der Begriff der Intertextualität, und die poetische Sprache läßt sich zumindest als eine doppelte lesen.“21 Die Betonung der Verbundenheit der Texte untereinander löst sie zugleich von ihrer historischen Situierung und reduziert die Rolle, die der Autor spielen könnte: Die Barthes’sche Rede vom „Tod des Autors“ ist in Julia Kristevas Aufsatz schon angelegt.22
Wohl mit Bedacht schreibt Kristeva schon hier nur von der „poetischen Sprache“. Obwohl eigentlich eine grundlegende Eigenschaft von Sprache, Wort und Text, „veräußerlicht sich dieser Dialog, diese Inbesitznahme des Zeichens als eines Doppelten, diese Ambivalenz der Schreibweise erst durch bestimmte Strukturen der Erzählung in der Organisation des (poetischen) Diskurses, auf der Ebene der Erscheinung des (literarischen) Textes.“23 Diese Strukturen liegen im „dialogischen Diskurs: 1) des Karnevals, 2) der Menippea, 3) des polyphonen Romans“ 24 vor. Dessen Gegensatz bildet der „monologische Diskurs, der sich zusammensetzt aus: 1) dem darstellenden Modus der Beschreibung und der (epischen) Erzählung; 2) dem historischen Diskurs; 3) dem wissenschaftlichen Diskurs“.25 Bei diesen Diskursen wird der grundsätzlich „jeglichem Diskurs immanente Dialog durch ein Verbot erstickt, durch eine Zensur“26 – zum Beispiel „durch den absoluten Standpunkt des Erzählers“.27
Bereits diese Sortierung von Gattungen macht es höchst unwahrscheinlich, dass Kristevas Modell auf biblische Texte im Allgemeinen und das Buch Ruth im Besonderen übertragbar ist. Sie selbst benennt als Ausgangspunkt dialogischer Diskurse den Sokratischen Dialog und die Menippea als älteste satirische Gattung. 28 Ruth als Erzählung und Novelle29 dürfte aus ihrer Perspektive zu den monologischen Texten gehören.30 Schon daraus ergibt sich die Frage, ob für Ruth von Intertextualität im Sinne Kristevas die Rede sein kann.
Des Weiteren „macht Kristeva zunächst eher eine sprachphilosophische oder psychologische Grundaussage, als dass sie ein literaturwissenschaftliches Instrument zur Verfügung stellt.“31 Ihre Überlegungen geschehen dabei in einem poststrukturalistischen Rahmen und aus der Perspektive einer Psychoanalytikerin.32 Diese Weltsicht lässt sich ebenso wenig einfach von ihrem sonstigen Modell subtrahieren wie der damit zusammenhängende weite Textbegriff, den sie voraussetzt. Beide sind grundlegende Bestandteile ihres Konzeptes. Ein Text- und Intertextualitätsbegriff, der jedoch nur annähernd die Weite dessen von Julia Kristeva hat, ist methodisch weder handhabbar noch im Sinne der Nachvollziehbarkeit kontrollierbar33 – der Mangel an ihrerseits bereitgestelltem literaturwissenschaftlichem Instrumentarium mag schon darin begründet sein. Die Bedeutungsverschiebungen (nicht nur in der anwendungsorientierten Rezeption) sind daher kaum Zufall.
Da Worte tatsächlich ein Eigenleben haben, wurde „Intertextualität“ schnell zu einem Modewort unterschiedlichster inhaltlicher Füllungen – was allenthalben konstatiert und oft beklagt wird.34 Dabei spielt der philosophische Referenzrahmen Kristevas in der Rezeption für gewöhnlich keine Rolle. Kristeva selbst benannte ihr Konzept schon sieben Jahre später in „Transposition“35 um und kritisierte in diesem Zusammenhang die Verwendung des Begriffs in der Literaturwissenschaft und ihr benachbarten Disziplinen, wie sie sich bis heute findet: „Der Terminus Intertextualiät bezeichnet eine […] Transposition eines Zeichensystems (oder mehrerer) in ein anderes; doch wurde der Terminus häufig in dem banalen Sinne von ‚Quellenkritik‘ verstanden, weswegen wir ihm den der Transposition vorziehen; er hat den Vorteil, daß er die Dringlichkeit einer Neuartikulation des Thetischen beim Übergang von einem Zeichensystem zu einem anderen unterstreicht.“36
Die frühesten literaturwissenschaftlichen Entwürfe zur Anwendung des Kristevaschen Konzeptes dürften ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Widmung
  5. Dank
  6. Inhaltsverzeichnis
  7. 1 Einleitung
  8. 2 Lesarten des Ruthbuches – zugleich ein kurzer forschungsgeschichtlicher Überblick
  9. 3 Die kompositionelle Struktur des Buches Ruth
  10. 4 Inhaltliches Profil und Theologie des BuchesRuth – Innerbiblische Querbezüge
  11. 5 Inhaltliches Profil und Theologie des BuchesRuth – Auswertung und Ausblick
  12. Literaturverzeichnis
  13. Bibelstellenregister (in Auswahl)
  14. Stichwortregister