Jeremia – Fürbitter oder Kläger?
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Jeremia – Fürbitter oder Kläger?

Eine religionsgeschichtliche Studie zur Fürbitte und Klage im Jeremiabuch

  1. 305 Seiten
  2. German
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Jeremia – Fürbitter oder Kläger?

Eine religionsgeschichtliche Studie zur Fürbitte und Klage im Jeremiabuch

Über dieses Buch

Die ältesten Stücke des Jeremiabuches, die sich den Arbeiten von K.-F. Pohlmann (1978), C. Levin (1985) und K. Schmid (1996) zufolge u.a. im Bereich von Jer 4-6; 8-10 befinden, beklagen die Verwüstung des Landes durch einen von Norden kommenden Feind. Sie nennen allerdings weder den Namen Jeremia, noch lassen sie sich im altorientalischen Sinn als "prophetisch" bezeichnen.

Unter diesem Aspekt werden die Klagen in Jer 4, 19-22; 6, 9-15; 8, 18-23; 10, 19-25 historisch-kritisch untersucht und einem umfassenden Vergleich mit der altorientalischen Klageliteratur des kalû unterzogen. Die Ergebnisse aus der komparatistischen Untersuchung sowie die Erkenntnisse zum außerbiblischen, altorientalischen Verhältnis von Klage- und Prophetenliteratur präsentieren eine neue Sicht auf die Entstehung des Jeremiabuches. Davon auszugehend, dass der Kern des Buches auf kultischen Klagen basiert, lassen sich redaktionsgeschichtliche Linien einerseits in die jeremianische Gerichtsprophetie und anderseits in die Weiterentwicklung des Klagethemas bis hin zu den sogenannten "Konfessionen" ziehen. Ferner liefern die untersuchten Texte in Jer 4-6; 8-10; 7; 11; 14-15 neue Aufschlüsse über die Darstellung des literarischen Jeremias als Fürbitter und Gerichtspropheten.

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Information

Kapitel 1:Die Klagen der Kapitel 4, 6, 8 und 10

1.1Jeremia 4,19-22

19Mein Leib, mein Leib! Ich muss mich winden. [Oh] die Wände meines Herzens! Meine Seele ist unruhig in mir, ich kann nicht schweigen. Denn die Stimme des Horns höre ich, das Geschrei des Krieges.
20Zusammenbruch über Zusammenbruch wird ausgerufen. Denn das ganze Land ist verwüstet, plötzlich verwüstet sind meine Zelte, in einem Augenblick meine Zeltdecken.
21Wie lange noch muss ich das Feldzeichen sehen und hören die Stimme des Horns?
22Denn töricht ist mein Volk und sie kennen mich nicht. Dumme Söhne sind sie, sie sind nicht einsichtig. Weise sind sie, Böses zu tun und Gutes zu tun, wissen sie nicht.

1.1.1Der Text

In Jeremia 4,5 beginnt mit einer Reihe von Imperativen ein neuer Abschnitt im Buch, der sich auch inhaltlich deutlich vom vorherigen unterscheidet. Während das erste Kapitel von der Berufung Jeremias berichtet, das zweite und dritte Israels Sünde thematisieren, beginnt mit 4,5 das vierte Kapitel, das von einem Feind erzählt, der von Norden her kommen wird. Diese Thematik vom drohenden Unheil wird in der alttestamentlichen Wissenschaft auch als ‚Feind aus dem Norden‘ bezeichnet. Innerhalb dieser thematisch verbundenen Texte setzt in V.19 die Klage durch einen abrupten Personenwechsel von einer dritten Person Singular zu einer ersten ein. Jer 4,19–22 ist in sich geschlossen und lässt sich gut von seinem nachfolgenden, textlichen Umfeld separieren.40 So grenzen sich die Folgeverse in 4,23–26 dadurch ab, dass sie allesamt mit רָאִיתִי beginnen und eine Aufzählung von aus Gen 1 entlehnten Motiven zum Schöpfer und dem Zustand der Erde vor ihrer Erschaffung bilden.41 Die Abgrenzung nach vorne hin, so wird sich in der folgenden Untersuchung zeigen, ist weniger eindeutig.
Der Personenwechsel zwischen 4,18 und 19, von der dritten Person Singular zur ersten, weist zwar die Klage als eigenen Abschnitt aus, initiiert jedoch auch die Frage nach dem sich hinter der ersten Person befindlichen Sprecher. Insbesondere diese Frage wird in der Forschung kontrovers diskutiert.42 Ihre Beantwortung unterliegt der literarkritischen Analyse und soll an dortiger Stelle ausführlich besprochen werden.
Das erste und zweite Wort der Klage ist das Lemma מֵעֶה (Herz), ein nicht nur seltenes in der Hebräischen Bibel, sondern auch ein in der in 4,19 vorliegenden Doppelung singulär vorkommendes Wort. Der Bedeutungsumfang von מֵעֶה ist umfassend, jedoch in drei große Bereiche einzuteilen. Zunächst gibt es eine rein anatomische Konnotation mit der Übersetzung ‚Eingeweide/Gedärme‘, welche vermutlich als Ableitung des akkadischen Wortes amūtu (Schafsleber) zu verstehen ist.43 Des Weiteren kann mit מֵעֶה der ‚Leib‘ als Ganzes gemeint sein, verstanden als Ort von dem die Nachkommen stammen.44 Zuletzt umfasst der Begriff die Übersetzung als ‚Inneres‘, worunter der Sitz der Emotionen gedacht wird. Welche der Übertragungen für den vorliegenden Text geeignet ist, kann auf Basis einer Kontextanalyse entschieden werden.
Der Dopplung des Nomes מֵעֶה (Herz) folgt die Verbform אחולה. Diese Form weißt zum einen interessante textkritische Varianten auf, zum anderen vermag sie zur Übersetzung von מֵעֶה beizutragen. Im Text wird die Ketib-Form mittels angegebener Qere vokalisiert, so dass die BHS
bietet. Exakt vokalisiert wäre die Ketib-Form אָחוּלָה und somit als Kohortativ Singular der Wurzel חול mit der Bedeutung ‚tanzen, sich wenden‘ oder als Nebenform von חיל mit der Bedeutung ‚kreißen, in den Wehen liegen‘ zu identifizieren. Letzeres Verb kann auch die Konnotation ‚sich winden‘ haben. Die korrekte Form des Kohortativs von חיל (sich winden) ist jedoch אָחִילָה. Dieser Ableitung der Wurzel חיל folgen nur wenige masoretische Handschriften. Der Hapax-Schreibung אָחוּלָה folgen hingegen viele hebräische Manuskripte. Auf eine dritte Möglichkeit der Deutung verweist die neben dem Masoretentext angebotene Qere-Form אוֹחִילָה des Verbes יחל (warten, verzweifeln). Dieser Vorschlag beruht auf der Form אוֹחִילָה (ich will warten) aus Mi 7,7. Der Versuch diese Deutung auch für den vorliegenden Text in Jer 4,19 zu nutzen, scheitert bei der Betrachtung der vorhandenen Quellen. Eine Verbform die sich von יחל (warten, verzweifeln) her ableiten lässt, findet sich an dieser Stelle in Jer 4,19 in keiner hebräischen Handschrift. Es handelt sich nicht um eine durch Quellen gestützte Textvariante, daher vermag sie nicht zur Deutung der Form אחולה beizutragen. Die angebotene Qere-Form muss folglich als Lesung deklariert werden. Das Problem um die richtige Lesung der in MT vorhandenen Form אחולה kann nur gelöst werden, indem man die Überlieferungen genauer betrachtet.
Die aramäischen Übersetzungen von Targum und Peschitta lösen die Frage um אחולה durch substantivierte Formenmit Präpositionen, denen der textkritische Apparat der BHS die Entsprechung יָחִילוּ gegenüberstellt.45 Bei näherer Betrachtung der jeweiligen Texte in Peschitta und Targum wird deutlich, dass diese vorgeschlagene hebräische Entsprechung den Sachverhalt inkorrekt wiedergibt. Der Targum schlägt
vor, die Peschitta das syrische Äquivalent
.46 Auf der Suche nach dem, diesen Formen zugrundeliegenden, Verb bieten sowohl die Wörterbücher für den Targum als auch die für die Peschitta eine als Verlegenheitslösung zu bezeichnende Form. So wird eine Nebenform der Wurzel kʾb konstatiert, die כֵיב oder
gelautet haben muss.47 Beide Vorschläge sind offenbar Derivative von כאב, jeweils in der Form eines Partizips passiv maskulin Plurals. Eine mögliche Entstehung der derivativen Wurzeln kʾb wäre mittels Schwund des Alefs bei כאב zu erklären.48 In Form und Herkunft ist diese Nebenform einmalig und nur in Jer 4,19 anzutreffen. Eine adäquate Übersetzung für die Variante aus Peschitta und Targum wäre folgende: „Sie (die Eingeweide) schmerzen mir“.
Die Übersetzungen der Septuaginta und Vulgata bieten jeweils Formen, die mit „Ich habe Schmerzen“ zu übersetzen sind.49 Diese Übertragungen veranlassen ein hebräisches Verb in den Blick zu nehmen, das bisher noch nicht besprochen wurde. Es handelt sich um das Verb חלה (schwach/müde sein, Schmerz empfinden). Es sollte nicht außer A...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Jeremia
  6. Inhalt
  7. Fragestellungen und Methodik
  8. Kapitel 1: Die Klagen der Kapitel 4, 6, 8 und 10
  9. Kapitel 2: Die Jeremia-Texte im altorientalischen Kontext
  10. Kapitel 3: Fürbitte als Element der Klagen
  11. Kapitel 4: Jeremia Fürbitter oder Kläger?
  12. Zusammenfassung der Ergebnisse
  13. Abkürzungsverzeichnis
  14. Abbildungsverzeichnis
  15. Literaturverzeichnis
  16. Bibelstellenregister