
- 251 Seiten
- German
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eBook - ePub
Natur und höfische Ordnung in Sir Philip Sidneys "Old Arcadia"
Über dieses Buch
Philip Sidney entwirft in seinem "Arkadien" eine höfische Ordnung, in der Natur als maßgebliche Berufungs- und Autorisierungsinstanz in politischen, rechtlichen und moralischen Belangen fungiert. Die Studie beschreibt die verschiedenen Naturkonzepte, die dabei zum Tragen kommen, und untersucht die Spannungsverhältnisse, die sich aus ihrer Koexistenz und Konkurrenz mit der Autorität von Gottesinstanzen und dem Walten der "Fortuna" ergeben.
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Information
1Einleitung
1.1Arkadien als politischer Ordnungsentwurf
In der Defence of Poesy (ca. 1580) legt Philip Sidney dar, dass einzig der Dichter dazu in der Lage sei, Dinge besser als in der Natur gegeben darzustellen oder neue Formen, wie sie nie in der Natur vorzufinden waren, zu erdichten:
Nature never set forth the earth in so rich tapestry as divers poets have done, neither with so pleasant rivers, fruitful trees, sweet-smelling flowers, nor whatsoever else may make the too-much-loved earth more lovely: her world is brazen, the poets only deliver a golden.1
Diesem locus classicus des Natur-Kunst-Dualismus zufolge hat nur der Dichter die Möglichkeit, das Goldene Zeitalter auferstehen zu lassen. Die Natur kann lediglich eine bronzene Welt schaffen.
Die Idee des Goldenen Zeitalters findet sich auch im literarischen Topos von Arkadien wieder. Ebenso wie mit dem Goldenen Zeitalter ist mit Arkadien seit Beginn der arkadischen Dichtung in der Antike die Vorstellung von einem friedlichen, weltabgewandten Idyll verbunden, einem locus amoenus mit blühenden, sattgrünen Wiesen und hohen schattenspendenden Bäumen, wie er in der Defence anzitiert wird. In diesem Arkadien leben Schäfer, die ihren Tag damit verbringen, im Schatten der Bäume an einem kühlen Bach zu lagern und zu dichten und singen.2
Sidney greift diese Vorstellungen von Arkadien und seinen Bewohnern in dem Titel seiner Romanze The Countess of Pembroke’s Arcadia auf. Er scheint in seinem fiktionalen Text eine goldene Schäferwelt entwerfen zu wollen, die besser ist, als die Natur es ermöglichen könnte. Und auf den ersten Blick bestätigt sich diese Annahme: Arkadien wird gleich zu Beginn der Old Arcadia als ein besonders schöner Ort vorgestellt, der von einem lobenswert friedliebenden Volk bewohnt wird:
ARCADIA among all the provinces of Greece was ever had in singular reputation […] for the sweetness of the air and other natural benefits […] [and] for the moderate and well tempered minds of the people who […] were the only people which, as by their justice and providence gave neither cause nor hope to their neighbours to annoy them, so were they not stirred with false praise to trouble others’ quiet, thinking it a small reward for the wasting of their own lives in ravening that their posterity should long after say they had done so (S. 4, Hervorhebung im Original).3
Außerdem wird über die Arkadier berichtet, sie vertrieben sich ihre Zeit mit Sport, Dichtung und Gesang. Sie entsprechen also ganz jenem Typus von Schäferdichtern, den der literarische Topos von Arkadien etabliert:
The manner of the Arcadian shepherds was, when they met together, to pass their time, either in such music as their rural education could afford them, or in exercise of their body and trying of masteries. But, of all other things, they did especially delight in eclogues (S. 50).
Unmittelbar im Anschluss heißt es aber: „[…] they would […] under hidden forms utter such matters as otherwise were not fit for their delivery“ (S. 50). Was könnten nun ‚such matters‘ sein? Wer weiterliest erfährt bald, dass es sich um politische Belange handelt, Belange, die in der Schäferwelt des klassischen Arkadiens eigentlich keinerlei Platz haben, in Sidneys Arkadien aber sehr wohl. Allerdings kann das politische Geschäft nur in versteckter Form kommentiert werden. Es scheint Zensurinstanzen zu geben, die aber nicht näher benannt werden. Dementsprechend stellt der Schäfer Philisides eindrücklich die Entstehung von Tyrannei und das Leid der Untertanen unter einer Gewaltherrschaft dar, verkleidet diese politische Erzählung aber als Tierfabel, sodass sein Schäferpublikum den Inhalt nicht versteht. Die politische Botschaft scheint hier also an die Rezipienten der Arcadia gerichtet zu sein, nicht an die Schäfer in der Arcadia.
Und nicht nur in den Gedichten der Eklogen4 werden politische Themen aufgeworfen. Sidneys Arkadien als Ganzes ist kein schäferliches, friedliches, von der Außenwelt abgeschnittenes Idyll, sondern ein System der Macht mit politischen Diskursen und mit einer Außenwelt.5 Nicht die Schäfer stehen bei Sidney im Vordergrund. Vielmehr sind die arkadische Herrscherfamilie – bestehend aus dem Herzog Basilius, der Herzogin Gynecia und den Prinzessinnen Pamela und Philoclea –6 sowie fremde Prinzen und Könige, namentlich Musidorus von Thessalien und Pyrocles und Euarchus von Makedonien, die zentralen Akteure.
Sidney entwirft in seiner Arcadia eine politische Ordnung, und zwar genauer: eine höfische Ordnung. Diese Ordnung, so die These dieser Arbeit, greift ‚Natur‘ in ihren verschiedenen Konzeptionen in paradigmatischer Weise als Begründungsinstanz auf. Sowohl die Ordnung als solche als auch Einzelerscheinungen in ihr – etwa das Gesetz, dem die Ordnung unterliegt oder die Menschen, die in ihr leben – werden auf Natur zurückgeführt. Die Arcadia erweist so das Potential von Berufungen auf Natur in politischen Ordnungsentwürfen in vielfältiger Weise.
1.2Gesellschaftliche Ordnungsentwürfe – Einige Leitbegriffe der Textinterpretation
Im Folgenden sollen zunächst die die Untersuchung leitenden Konzepte und Termini in einem ersten Zugang skizziert werden. Dieser soll im Sinne einer Begriffsheuristik die Begriffe ‚Hof‘, ‚das Politische‘, ‚die Politik‘, ‚Transzendenz‘ sowie ‚Kontingenz‘ als Interpretationsinstrumente der folgenden Textlektüre bestimmen.
Meine Verwendung der Begriffe ‚Hof‘ und ‚höfische Ordnung‘ orientiert sich an der neuen Forschung zum Thema.7‚Hof‘ im hier gemeinten Sinne liegt oberhalb von historischen Spezifikationen von Hoftypen (etwa Herrensitz, Fürstenhof, Königshof in Antike, Mittelalter oder Frühneuzeit) und ist als Formbegriff zu verstehen, der auf ein interpretatorisch aufschlussreiches Konzept für meine literaturwissenschaftliche Analyse abzielt. Der Ausdruck ‚höfisch‘ sagt demnach aus, dass es einen Fürstenhof gibt und also einen Fürsten, denn: „Hof ist vor allem anderen ein Fürst und die multitudo der ingredientes et exeuntes, die Präsenz bei ihm such(t)en“.8 Das heißt also, dass der Hof – anders als der Palast oder die Residenz – nicht auf einen bestimmten Ort festgelegt ist, sondern auf eine Person zentriert ist: Der Hof ist dort, wo der Herrscher ist.9 Die höfische Ordnung ist eine personale Ordnung und nicht etwa eine bürokratische. Amt und Person sind nicht getrennt. Neben diesem Ordnungsmerkmal der Personalität bestimmen vier weitere Charakteristika die höfische Ordnung: Zum einen ist sie zentralistisch. Alle Akteure sind dem Fürsten zugeordnet, der als Zentrum der Ordnung zugleich deren hierarchische Spitze bildet. Die Höflinge sind ihm untergeordnet und versuchen stets, so nah wie möglich bei ihm zu sein und nicht in der Peripherie zu verharren oder in die Peripherie abgedrängt und damit degradiert zu werden. Ein weiteres Attribut ist, dass innerhalb einer höfischen Ordnung Interaktion grundlegend ist: Die höfische Kommunikation findet unter Anwesenheit der Beteiligten statt, also des Fürsten und der multitudo: „Die personalen Beziehungsgeflechte […] beruhen auf Kommunikationen unter Anwesenden in Räumen reziproker Sichtbarkeit, so dass Präsenz im Regelfall zugleich Visibilität impliziert“.10
Eine höfische Ordnung, so wie sie für die Zwecke dieser Studie bestimmt wird, ist immer eine politische Ordnung, da sie sich um einen Herrscher gruppiert. Für diese Untersuchung ist es sinnvoll, zwischen ‚dem Politischen‘ und ‚der Politik‘ zu differenzieren. Im Bereich des Politischen werden – knapp formuliert – Fragen der Macht und Herrschaft und ihrer Legitimierung, Fragen der Gesetzesgeltung und staatlichen Institutionalisierung verhandelt. Oliver Marchart entwirft einen Begriff des Politischen, der auf die Paradoxie der Unverfügbarkeit eines Fundaments des Politischen bei gleichzeitiger Notwendigkeit fundierter Begründungen abzielt: „[…] der […] Begriff des Politischen der Gesellschaft [spiegelt] sowohl die Dimension ihrer eigenen Gründung als auch den Aspekt ihrer Ungründbarkeit zurück“.11 Die Politik hingegen kann mit Marchart „auf Administrationsaufgaben reduziert werden“.12
Für Marchart ist die Unterscheidung zwischen Politik und dem Politischen erst für die Moderne relevant,13 weil vormoderne Gesellschaften glauben, eine stabile Letztbegründung zu haben und damit keinen Begriff des Politischen benötigen:
Eine Welt, die sich um stabile Fundamente – z. B. um eine göttlich legitimierte Feudalordnung oder um unhinterfragte Klassenhierarchien – zu organisieren glaubt, benötigt keinen Begriff des Politischen. Erst einer Gesellschaft, der kein archimedischer Punkt, kein substanzielles Gemeingut, kein unhinterfragbarer Wert verfügbar ist, steht die eigene Institution immer aufs Neue zur Aufgabe. Und zwar deshalb immer aufs Neue, weil diese Gesellschaft nie letztgültig instituiert werden kann.14
Diese Aussage reduziert jedoch die Komplexität von vormodernen Gesellschaften, da sie nicht hinreichend zwischen gesellschaftlicher Selbst- und Fremdbeobachtung unterscheidet: In ihrer Selbstwahrnehmung meinen vormoderne Gesellschaften, dass sie auf unhinterfragbaren und unverfügbaren Werten beruhen. Betrachtet man diese Gesellschaften aber aus der Außenperspektive historischer Distanz, so zeigt sich, dass es trotz einer jeweils angenommenen allgemein gültigen Letztinstanz aller Ordnungsgeltung sehr wohl Diskurse über andere Ordnungs- und Begründungsmöglichkeiten von Gesellschaft gibt.15 Gesellschaftliche Ordnungen sind auch in der Vormoderne Entwürfe von Ordnungen, und als solche konkurrieren sie mit anderen Entwürfen, sind sie hinterfragbar oder änderbar. Anders wäre der Wandel von vormodernen Gesellschaften zum Typus jener modernen Gesellschaft kaum denkbar, den wir heute kennen und den Marchart in dem zitierten Passus von der Vormoderne unterscheidet.
Diskurse über die gesellschaftliche Ordnung werden auch (und vielleicht sogar maßgeblich) in der Literatur ausagiert.16 Dort scheint vieles denk- und sagbar zu sein, was in der realen politischen Ordnung nicht möglich wäre. Für die englische Frühe Neuzeit lassen sich so in den imaginierten Welten der Literatur beispielsweise Diskurse über klassenlose Gesellschaften feststellen (Thomas Morus’ Utopia) oder über verschiedene mögliche Begründungsfiguren einer gesellschaftli...
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titelseite
- Impressum
- Inhalt
- Vorwort
- 1 Einleitung
- 2 Natur als Schauplatz
- 3 Die Begründungsfiguren der arkadischen Ordnung
- 4 Menschennatur und politische Ordnung
- 5 Natur und Recht
- 6 Ausblick – Natur und die New Arcadia
- 7 Literaturverzeichnis
- Namenregister